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  • · Fachbeitrag · Schadenabwicklung

    Versicherer erklärt Reparaturkostenübernahme und verweist auf billigere Kfz-Werkstatt

    | Seit Langem erwarten die Beobachter der Schadenwelt, dass Versicherer auch bei der konkreten Abrechnung von Unfallschäden den Verweis auf billigere Kfz-Werkstätten versuchen. Die Vorboten sind jetzt erkennbar, wie die folgende Frage eines Lesers zeigt. |

     

    Frage: In unserer Region (Umland von Berlin) häufen sich folgende Fälle: Der Geschädigte stellt sein unfallbedingt nicht mehr fahrfähiges Fahrzeug in der Kfz-Werkstatt ab. Weil er selbst nicht in der Lage ist, die Reparaturrechnung im schlimmsten Fall aus eigenen Mitteln zu bezahlen, bittet er die Werkstatt, mit der Reparatur erst zu beginnen, wenn der gegnerische Haftpflichtversicherer die Reparaturkostenübernahme (RKÜ) erklärt hat. Entsprechend wird die Kostenübernahmeerklärung unter Beifügung des Schadengutachtens angefordert. Die kommt dann irgendwann auch, aber mit dem Hinweis, die Kosten würden nur gemäß beigefügtem Prüfbericht übernommen. Und der verweist auf eine preisgünstigere Werkstatt. Wie ist in einem solchen Fall die Rechtslage?

     

    Unsere Antwort: Das ist eine vielschichtige Frage. Am Ende läuft sie darauf hinaus, ob ein Verweis auf eine günstigere Werkstatt nur bei der fiktiven Abrechnung erfolgen kann oder ob das auch bei einer konkreten (beabsichtigten) Reparatur möglich ist.

     

    Es spricht manches dafür, aber auch einiges dagegen. Die Beantwortung dieser Frage wird von der Fachwelt mit großer Spannung erwartet. Irgendwann wird sie dem BGH vorliegen, denn offenbar beginnen die Versicherer nun den Angriff, wie auch Ihre Frage zeigt. Und bis zur BGH-Entscheidung wird die Rechtsprechung in den Instanzen gewiss nicht einheitlich sein.

    Die Ausschlusskriterien gelten auch hier

    Sicher ist: Die Schranken, die bei der fiktiven Abrechnung der Verweisung Grenzen setzen, gelten auch hier.

     

    • Die Verweiswerkstatt muss in erreichbarer Nähe sein, wobei der BGH sich da großzügig gezeigt hat („ ... im unmittelbaren Einzugsbereich von Frankfurt/Main…“, wobei die Verweiswerkstatt in einem der Orte außerhalb von Frankfurt lag (BGH, Urteil vom 13.7.2010, Az. VI ZR 259/09; Abruf-Nr. 102865).
    • Das LG Berlin verlangt echte Angebote der Verweiswerkstätten und lässt Prüfberichte aufgrund der Erfahrung der Berliner Justiz nicht genügen, dass die darin angegebenen Stundenverrechnungssätze vielfach einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Verantwortlichen aus den Werkstätten nicht standhielten (LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 22.10.2012 in Verbindung mit berufungszurückweisendem Beschluss vom 16.1.2013, Az. 43 S 136/12; Abruf-Nr. 130564).

    Zeitliche Schranke ist der Reparaturauftrag

    Sicher scheint auch: Hat der Geschädigte seiner Werkstatt den Reparaturauftrag erteilt, kommt ein Verweis des Versicherers zu spät. Für die von Ihnen beschriebenen Fälle kommt es also entscheidend darauf an, ob der Reparaturauftrag bereits erteilt ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Werkstatt geht in einem solchen Fall sicher, wenn der Kunde den Auftrag bereits mit der Maßgabe unterschreibt, dass mit der Reparatur erst begonnen werden soll, wenn die Eintrittspflicht des Versicherers feststeht. Aber auch mündlich ist ein solcher Auftrag gültig. Dann muss der Kunde aber auch unter dem Druck einer Beweisaufnahme dazu stehen. Eine Unterschrift ist also allemal besser.

     

    Mit der RKÜ erklärt der Versicherer ja, dass er im Grundsatz für den Schaden einzutreten hat. Dabei bleibt es. Sein Verweis geht aber ins Leere, wenn der Auftrag schon vorlag.

     

    Hartleibige Versicherer werden dann trotzdem auf den Betrag gemäß der Verweiswerkstatt kürzen. Da müssen Sie mit dem Kunden dann durch. Spätestens, wenn eine RKÜ mit dem Verweis eintrifft, sollte der Kunde einsehen, dass er einen qualifizierten Rechtsanwalt braucht.

    Randfrage: Ausfallschaden für die Wartezeit?

    Am Rande gehört zu Ihrer Frage noch der Problemkreis: Muss der Versicherer die Kosten für den Ausfallschaden (Mietwagen oder Nutzungsausfallentschädigung) übernehmen, wenn der Kunde den Reparaturbeginn auf den Eingang der RKÜ verschiebt. Die Antwort lautet: Es kommt darauf an.

     

    Wenn der Geschädigte nachweislich nicht zur Zahlung der Reparaturkosten aus eigenen Mitteln in der Lage ist, und der Versicherer gemäß § 254 Abs. 2 BGB gewarnt wurde, ist der Versicherer in der Pflicht.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „Der Versicherer hat im Haftpflichtfall kein Regierecht gegenüber dem Geschädigten“, UE 7/2013, Seite 10
    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 7 | ID 42246553