01.06.2006 | Aktuelle Urteile zur Prozesskostenhilfe
Müssen Ihre Kunden ihr Vermögen zur Begleichung der Prozesskosten einsetzen?
Immer wieder werden Sie von Kunden mit der Frage konfrontiert, ob sie ihre Lebensversicherung zur Bestreitung ihrer Prozesskosten kündigen, verkaufen oder beleihen oder ob sie Fondsanteile veräußern müssen. Die Tendenz der Gerichte geht klar in Richtung Eigenverantwortung. Vermögen ist vorrangig einzusetzen. Nachfolgend drei aktuelle Entscheidungen im Überblick.
Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg zählt Lebensversicherungen zum verwertbaren Vermögen, und zwar selbst dann, wenn sie der Alterssicherung dienen sollen. Sprich: Der Kunde muss sie einsetzen. Selbst Vermögenseinbußen sind zumutbar, so das OLG (Beschluss vom 5.1.2006, Az: 9 WF 358/05; Abruf-Nr. 061254 ).
In die gleiche Richtung geht das OLG Braunschweig: Die um Prozesskostenhilfe nachsuchende Partei muss das in einer Kapitallebensversicherung gebildete Vermögen grundsätzlich einsetzen. Eine Vermögensverwertung in Form von Kündigung und Rückkauf, Verkauf an ein Unternehmen oder Beleihung durch ein Policendarlehen sei ihr zumutbar (Beschluss vom 23.8.2005, Az: 1 WF 186/05; Abruf-Nr. 061090 ).
Wichtig: Das Interesse der Prozesskostenhilfe beantragenden Partei, die private Vermögensbildung beeinträchtigungsfrei weiterzuführen, sei nachrangig. Es müsse hinter dem Interesse der Allgemeinheit zurückstehen, die sozialhilfeähnlichen Mittel der Prozesskostenhilfe nur tatsächlich Bedürftigen zu gewähren.
Ein Anleger muss seine Fondsanteile, die der Alterssicherung dienen, zur Begleichung der Prozesskosten einsetzen, solange er seine angemessene Altersversorgung bestreiten können wird, ohne dass er ergänzend Sozialleistungen in Anspruch nehmen muss (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 10.10.2005, Az: 5 W 283/05-83; Abruf-Nr. 061255 ).
Im Urteilsfall verfügte der Anleger zusätzlich über eine fondsgebundene Lebensversicherung (Versicherungssumme 68.784,93 Euro, Laufzeit: Mai 2034) sowie über eine Kapitallebensversicherung (Versicherungssumme: 85.642,95 Euro, Laufzeit: Mai 2044). Bei dieser Sachlage ist nach Auffassung des OLG weder ersichtlich noch dargetan, inwiefern der Einsatz der Fondsanteile den 1969 geborenen Anleger ab dem 65. Lebensjahr zwingen könnte, seine Altersversorgung durch ergänzende Sozialleistungen zu bestreiten.
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Tagespass
einmalig 12 €
- 24 Stunden Zugriff auf alle Inhalte
- Endet automatisch; keine Kündigung notwendig