04.04.2011 | Alle Steuerspar-Chancen nutzen
Besteuerung von (Kapital-)vermögen - So profitieren Sie von den Verfahren anderer
Wer Vermögen hat oder Kapitaleinnahmen bezieht, sollte die steuerlichen Folgen kennen und sicherstellen, dass bei der jeweiligen Anlageform keine negativen steuerlichen Überraschungen drohen. Damit Sie und Ihre Kunden Ihre Rechte wahren, stellen wir Ihnen die wichtigsten Verfahren vor, die derzeit beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) oder Bundesfinanzhof (BFH) anhängig sind.
Vorgehen in der Praxis
Machen Sie sich bei den umstrittenen Fragen in Ihrer Steuererklärung die für Sie vorteilhafte Auffassung zu eigen. Entspricht das Finanzamt dem nicht - was sehr wahrscheinlich ist -, legen Sie Einspruch ein, verweisen auf das beim BFH oder BVerfG anhängige Verfahren und beantragen, dass Ihr Verfahren bis zur endgültigen Entscheidung ruht (§ 363 Absatz 2 Abgabenordnung).
Übersicht
Stichwort und Sachverhalt | Gericht |
Aktien im Betriebsvermögen: Ab wann ist Teilwertabschreibung zulässig? Weisen Anleger ihre Aktien als Selbstständige in der Bilanz aus, können sie eine gewinnmindernde Abschreibung vornehmen, wenn der Kurs am Bilanzstichtag unter den Anschaffungspreis gesunken ist. Fraglich ist jedoch, wie hoch dieses Minus ausfallen muss, damit dieser Minderungsposten überhaupt angesetzt werden darf. | Vorinstanz: Finanzgericht (FG) Münster, Urteil vom 31.8.2010, Az: 9 K 3466/09 K, G; Abruf-Nr. 104094 |
Devisengeschäft: Währungsverlust steuerlich abziehbar? Wurden Verbindlichkeiten in einer fremden Währung aufgenommen - oftmals Yen oder Schweizer Franken - und steigt die Devise bis zur Fälligkeit, darf der Umrechnungsverlust weder bei den Spekulationsgeschäften noch als negative Kapitaleinnahme unter der Abgeltungsteuer abgesetzt werden. Es ist zu klären, ob die Schuldaufnahme eventuell als Anschaffung und die Kredittilgung als Veräußerung eines Wirtschaftsguts einzustufen ist. Dann würde der Devisenverlust steuerlich zählen. | BFH, Az: VIII R 58/07 Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.5.2007, Az: 3 K 1667/04; Abruf-Nr. 073014 |
Erbfall: Doppelbesteuerung verfassungsgemäß? Gehören zum Nachlass Wertpapiere, auf die bis zum Todeszeitpunkt des Erblassers noch nicht fällige Zinsansprüche entfallen, fließen dem Erben diese aufgelaufenen Zinsen später durch die Auszahlung als steuerpflichtige Kapitaleinnahmen zu. Strittig ist, ob die doppelte Belastung der Zinsen mit Erbschaft- und Abgeltungsteuer zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung führt. | BVerfG, Vorinstanz: BFH, Urteil vom 17.2.2010, |
Kapitaleinkünfte: Besteuerung verfassungsgemäß? Bei der Besteuerung von erklärten Kapitaleinkünften ab 2007 ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Regelungen in § 20 Einkommensteuergesetz (EStG) verfassungswidrig sein könnten. Es ist daher unwahrscheinlich, dass der BFH zu einer anderen Einschätzung kommt. Aber durch einen Einspruch riskieren Anleger nichts. | Vorinstanz FG München, Urteil vom 14.10.2009, Az: 1 K 845/09; |
Quellensteuer: Erträge unterhalb des Sparerpauschbetrags zu erstatten? Die Quellensteuer auf Auslandsdividenden lässt sich nicht immer in voller Höhe abziehen, wenn etwa die Kapitaleinkünfte unter dem Sparer-Pauschbetrag liegen. In der Revision geht es um die Frage, ob dies gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt und ausländische Quellensteuer stets zu erstatten ist, wenn keine Anrechnung auf die deutsche Einkommensteuer möglich ist. | Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.2010, Az: 1 K 332/09; |
Steuerberaterkosten bei Steueramnestie als Werbungskosten? Waren im Rahmen der Steueramnestie Gebühren für die Erstellung der strafbefreienden Erklärungen angefallen, durfte man diese nicht steuermindernd geltend machen. Hier ist zu klären, ob es sich nicht doch um Werbungskosten handelt, weil sie im Zusammenhang mit der Erzielung von Kapitaleinkünften entstanden sind. | BFH, Az: VIII R 29/10 Vorinstanz: FG Köln, Urteil vom 22.12.2009, Az: 1 K 3559/06; Abruf-Nr. 100903 |
Termingeschäft: Stillhalterprämie mit Verlust aus Lieferung ausgleichbar? Die Stillhalterprämie für das Begeben einer Option und die nachfolgende Glattstellung sind keine einheitliche Transaktion, und der spätere Barausgleich gehörte vor 2009 zu den Spekulationsgeschäften. Daher konnte der Verlust aus der Wertpapierlieferung (§ 23 EStG) nicht mit den zuvor erhaltenen Prämien (§ 22 Nummer 3 EStG) verrechnet werden. Die Steuer auf erhaltene Optionsprämien lässt sich eventuell doch durch den Verlust aus dem späteren Barausgleich für das Termingeschäft reduzieren. Das BVerfG hat ein gegenteiliges Urteil des BFH wieder zurückgewiesen.
Praxishinweis: Anleger sollten ihre Fälle im Hinblick darauf offenhalten, dass es eine unbillige Härte darstellen kann, wenn Gewinne aus Stillhaltergeschäften und Verluste aus der Lieferung der Wertpapiere nicht ausgeglichen werden können. | BFH, Az: IX B 179/09 Vorinstanz: BVerfG, Beschluss vom 11.10.2010, Az: 2 BvR 1710/10; Abruf-Nr. 103825 |
Wertlosigkeit von Anleihen: Verluste doch steuerlich ansetzbar? Wird die Einzahlung des Anlegers in Teilschuldverschreibungen ganz oder teilweise wertlos, weil der Schuldner insolvent wird oder eine Umschuldung vornimmt, betrifft dies die Vermögensebene und der erzielte Verlust ist nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar. Strittig ist, ob diese Vermögensdifferenzen nicht doch steuerlich berücksichtigt werden müssen. | BFH, Az: VIII R 37/08 Vorinstanz: FG Köln, Urteil vom 4.11.2008, Az: 9 K 2206/07; Abruf-Nr. 104095 |
Wertlosigkeit von Derivaten: Wirklich ein nicht steuerbarer Vorgang? Verfallen Optionsscheine, Zertifikate oder eingegangene Termingeschäfte bei Laufzeitende wertlos, handelt es sich nach Ansicht der Finanzverwaltung um einen nichtsteuerbaren Vorgang auf der Vermögensebene. Folge: Keine steuermindernde Berücksichtigung der Verluste. Das gilt sowohl bei Spekulationsgeschäften als auch unter der Abgeltungsteuer.
Praxishinweis: Anleger sollten entsprechende Bescheide offenhalten und eine Berücksichtigung der Verluste beantragen. | BFH, Az: IX R 50/09 Vorinstanz: FG München, Urteil vom 8.10.2009, |
Zufluss von Zinsen auf Sperrkonto: Sofort als Kapitaleinnahme steuerbar Werden Zinsen auf einem Sperrkonto mit einer Verfügungsbeschränkung gebucht, werden diese sofort als steuerpflichtige Einnahme erfasst. Es ist zu klären, ob der Sparer die wirtschaftliche Verfügungsmacht darüber erst später erlangt. | Vorinstanz: FG Düsseldorf, Abruf-Nr. 100880 |
Weiterführender Hinweis
- Verfahren mit Versicherungsbezug finden Sie im „Archiv“ (www.iww.de) WVM Ausgabe 3/2011, Seite 15
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