Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

01.05.2006 | Umsatzbesteuerung

Neue Fragestellungen zur Besteuerung bei der Vermittlung von Finanzprodukten

von Georg Nieskoven, Troisdorf

Die Umsätze aus der Vermittlung von Finanzprodukten sind grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit (§  4 Nummer 8 Umsatzsteuergesetz [UStG]). Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden hat, dass die Ausgabe von Gesellschaftsanteilen gegen Bareinlage gar keine wirtschaftliche Tätigkeit ist, kursiert die Meinung, dass die Steuerbefreiung für die Vermittlung solcher Vorgänge nicht mehr anwendbar ist. Begründung: Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der vermittelte Vorgang überhaupt ein umsatzsteuerbarer Vorgang im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist. Wir sagen Ihnen im Folgenden, wie diese Meinung zu widerlegen ist.

Hintergrund

Steuerfrei sind "die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften" (§  4 Nummer 8f UStG) und die "Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und der Vermittlung dieser Umsätze" (§  4 Nummer 8e UStG).

Der Wortlaut beider Befreiungsvorschriften ist so zu interpretieren, dass die Vermittlung sich auf einen "Umsatz im Sinne des UStG" - also einen umsatzsteuerbaren Vorgang - beziehen muss. Bislang ist die Finanzverwaltung davon auch ausgegangen.

Beispiel

Die I-KG verwaltet eigene Immobilien in Form eines geschlossenen Immobilienfonds. Zur Beschaffung weiteren Kapitals nimmt sie planmäßig weitere Gesellschafter gegen Zahlung einer Bareinlage auf. Das Finanzamt wertet diese Anteilsausgabe als steuerfreien Vorgang im Sinne von §  4 Nummer 8f UStG und versagt daher aus emissionsbedingten Kosten den Vorsteuerabzug.

Der EuGH hat aber entschieden, dass die Ausgabe neuer Gesellschaftsanteile gegen Bareinlage keine "wirtschaftliche Tätigkeit" ist (EuGH, Urteil vom 26.6.2003, Rs. C-442/01; Abruf-Nr.  032024 ). Das heißt: Es liegt kein Umsatz im Sinne des UStG vor, so der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Folgeentscheidung (Urteil vom 1.7.2004, Az: V R 32/00; Abruf-Nr.  042152 ). Das gilt auch für den An- und Verkauf von Gesellschaftsanteilen, sofern nicht gewerbsmäßig mit solchen Anteilen gehandelt wird.

Beachten Sie: Investmentfonds-Anteile hat der EuGH den Gesellschaftsanteilen gleichgestellt (Urteil vom 29.4.2004, Rs. C - 77/01; DStRE 2004, 1095, Randziffer 62).

Folgen für die Besteuerung des Vermittlers

Stellt die Ausgabe von Gesellschaftsanteilen gar keinen Umsatz im Sinne von §  4 Nummer 8f UStG dar, ist fraglich, ob die Vermittlung dieses Vorgangs überhaupt noch umsatzsteuerfrei sein kann oder als umsatzsteuerpflichtiger Vorgang zu werten ist.

Umsatzsteuerpflicht oder -freiheit der Vermittlungsumsätze?