· Fachbeitrag · Vergütung
So lassen sich IDD-konforme Vergütungsmodelle für Versicherungsmakler in der Praxis nutzen
von Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels-, Wirtschafts- und Europarecht, Humboldt-Universität, Berlin
| Lange Zeit waren für Versicherungsmakler alternative Vergütungsmodelle wegen des Verbots der Zahlung von Sondervergütungen tabu. Mit der Umsetzung der IDD am 23.02.2018 hat sich das grundlegend geändert. Nun können Makler zusätzliche Vergütungsvereinbarungen mit Kunden treffen. WVM erläutert Ihnen, welche vier IDD-konformen Vergütungsmodelle Sie in der Praxis nutzen können und was Sie dabei beachten müssen. |
Auswirkungen der IDD auf die Vergütung
Mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie“ (Abruf-Nr. 201307) hat der Gesetzgeber die Vorgaben der IDD im deutschen Recht verankert. Spielräume eröffnen sich so für Vergütungsvereinbarungen mit Kunden, und zwar vor allem durch
- die gesetzliche Änderung zur Sondervergütung in § 34d Abs. 1 S. 6 und 7 GewO sowie § 48b VAG und
- den Verzicht auf ein Honorarannahmeverbot.
Der neue gesetzliche Rahmen für Sondervergütungen
Das Verbot, Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen, wurde in § 34d Abs. 1 S. 6 und 7 GewO bzw. in § 48b VAG verankert und sieht zwei Ausnahmen vor. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
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Einem Versicherungsvermittler ist es untersagt, Versicherungsnehmern, versicherten Personen oder Bezugsberechtigten aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen. § 48b des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist entsprechend anzuwenden. |
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Die Neuregelungen eröffnen Ihnen Vergütungsspielräume:
- Geringwertige Sondervergütungen sind zulässig, wenn sie die Anbahnung oder den Abschluss eines Versicherungsvertrags belohnen und 15 Euro je Kunde, Vertrag und Jahr nicht überschreiten (§ 48b Abs. 2 VAG).
- Sondervergütungen sind auch zulässig, wenn sie verwendet werden, um dauerhaft die Leistung des vermittelten Vertrags zu erhöhen oder die Prämie des vermittelten Vertrags zu reduzieren (§ 48b Abs. 4 VAG).
PRAXISTIPP | Sie dürfen Ihre Courtage verwenden, um bei einem vermittelten Vertrag dauerhaft die Leistung zu erhöhen oder die Prämie zu reduzieren. |
Keine Honorarannahmeverbot
Der deutsche Gesetzgeber hat sich nach langen Diskussionen dazu durchgerungen, folgenden geplanten Satz zu streichen: „Der Versicherungsvermittler darf sich seine Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar nur durch ein Versicherungsunternehmen vergüten lassen“. Damit hat er die bisherige Rechtsprechung des BGH bestätigt, wonach auch Makler Vergütungsvereinbarungen direkt mit dem Kunden treffen dürfen (BGH, Urteil vom 12.03.2014, Az. VI ZR 95/13, Az. 133301, Urteil vom 05.06.2014, Az. III ZR 575/13, Abruf-Nr. 199944).
Wichtig | Durch diese Grundentscheidung des Gesetzgebers wird die Möglichkeit der Honorarberatung deutlich gefördert und Maklern erlaubt.
PRAXISTIPP | Daraus folgt für Sie als Makler, dass Sie
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Vergütungsmodelle nach IDD
Insgesamt dürften künftig folgende vier Vergütungsmodelle relevant werden.
Vergütungsmodell 1: Gesamte Courtage geht an VN
Sie können eine Vereinbarung mit Ihrem Kunden schließen, wonach Sie ihm Ihre gesamte Courtage dauerhaft und vollständig weitergeben, um die Prämie zu reduzieren. Im Gegenzug vereinbaren Sie mit dem Kunden ein Honorar. Die Vereinbarung muss sich auf den vermittelten Vertrag beziehen und dauerhaft sein ‒ es genügt also bei laufenden Prämien nicht, nur die erste Prämie zu reduzieren.
Für die Umsetzung des Vergütungsmodells haben Sie 2 Möglichkeiten:
- 1. Sie können die Vereinbarung dem Versicherer als Bote des Kunden zuleiten und den Versicherer bitten, die fällig werdende Prämie mit Ihrer Courtage zu verrechnen.
- 2. Sie können die Vereinbarung aber auch im Verhältnis mit Ihrem Kunden erfüllen, indem dieser die Prämie im vollen Umfang an den Versicherer zahlt und Sie ihm (zeitnah) die versprochene Courtage erstatten.
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Makler A erhält eine Courtage von 100 Euro für einen Versicherungsvertrag. Er vereinbart mit Kunde K, die 100 Euro dauerhaft an K abzugeben, um die Prämie zu reduzieren. Im Gegenzug vereinbart A mit K ein Honorar über 90 Euro.
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Vergütungsmodell 2: Teil der Courtage geht an VN
Sie können mit Ihrem Kunden vereinbaren, dass Sie einen Teil Ihrer Courtage an ihn weitergeben und den anderen Teil behalten, um die Prämie zu reduzieren. Dieser andere Teil ist „quasi“ das vereinbarte Honorar. Die Vereinbarung muss sich auch hier auf den vermittelten Vertrag beziehen und dauerhaft sein. Es genügt also bei laufenden Prämien nicht, nur die erste zu reduzieren.
Vergütungsmodell 3: Teil der Courtage geht an VN + Honorarvereinbarung
Um bei einem vermittelten Vertrag dauerhaft die Prämie zu reduzieren, können Sie auch einen Teil der Courtage behalten und den Rest an Ihren Kunden auskehren. Darüber hinaus können Sie dann mit dem Kunden ein Honorar vereinbaren. Dieser Weg entspricht einer Kombination aus Modell 1 und 2. Ein solches Mischmodell ist zulässig (§ 99 HGB). Der Regelfall sieht eine 50-prozentige Teilung der anfallenden Courtage vor.
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Die Courtage beträgt 100 Euro. Makler A gibt 50 Euro dauerhaft zur Prämienreduktion an Kunde B ab. B zahlt ein Honorar für die Beratung in Höhe von 100 Euro. A erhält insgesamt 150 Euro. |
PRAXISTIPP | Das Modell macht Ihre Leistungen transparent:
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Vergütungsmodell 4: Keine Courtage an VN + Honorarvereinbarung
Sie können auch die volle Courtage vom Versicherer nehmen. Zusätzlich vereinbaren Sie ein Vermittlungshonorar mit dem Kunden für die Fälle, in denen die Courtage den Aufwand für Ihre Beratungszeit nicht deckt. Ferner können Sie mit dem Kunden eine Jahres- oder Monatshonorierung für die Betreuung vereinbaren. Auch die Schadensabwicklung für den Kunden gegen Honorar ist zulässig.
Umsetzung der Vergütungsmodelle
Vereinbaren Sie mit Ihrem Kunden eines der Vergütungsmodelle, beschränken Sie sich nicht mehr darauf, ausschließlich vom Versicherer vergütet zu werden. In dem Fall müssen Sie Ihrem Kunden
- die Höhe der Courtage vom Versicherer und
- die Höhe des zusätzlich von ihm zu zahlenden Honorars mitteilen (Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 BGB).
Wichtig | Wie genau Sie Ihre Kunden beim ersten Geschäftskontakt informieren müssen, ergibt sich aus dem neuen § 15 Versicherungsvermittlungsverordnung. Diese liegt im Moment im Entwurf vor. Der Bundesrat hat am 27.09.2018 zugestimmt. Der Bundesrat muss noch zustimmen (Entwurf vom 02.07.2018, Abruf-Nr. 205040).
Sittenwidrigkeit beachten
Erst dann, wenn Ihr Kunde die Ihnen zufließende Honorierung in Euro und Cent kennt, kann er beurteilen, ob Sie ihm die Vergütung wert sind. Außerdem können Sie nur so ausschließen, dass die Vergütungsvereinbarung nicht sittenwidrig ist.
PRAXISTIPP | Es gibt zwar keine Wuchergrenze für die Höhe des Honorars. In der Rechtsprechung hat sich aber durchgesetzt, dass Honorierungen, die ca. 40 Prozent der Gesamtprämie ausmachen, mit § 138 BGB nicht mehr zu vereinbaren und folglich nichtig sind. |
Kein Interessenkonflikt durch Vergütungsmischmodelle
Sie müssen ‒ wie Versicherer und gebundene Vertreter auch ‒ im bestmöglichen Interesse der Kunden handeln (§ 48a Abs.1 VAG). Das bedeutet, durch die Vertriebsvergütung darf kein Anreiz geschaffen werden, einem Kunden eine Versicherung zu empfehlen, obwohl es eine den Bedürfnissen des Kunden besser entsprechende Versicherung gäbe.
PRAXISTIPP | Mit einer (gemischten) Vergütungsvereinbarung können Sie das bestmögliche Interesse des Kunden jedenfalls dann nicht verletzen, wenn Ihr Kunde genau erfährt,
sodass die Art und Weise und die Höhe der Honorierung für Ihren Kunden klar und verständlich wird. |