· Fachbeitrag · Haftung
Makler und Versicherer können gemeinsam für Beratungsfehler einstehen müssen
| Der Versicherer ist nicht immer in punkto Haftung aus dem Schneider, wenn ein Makler die Vermittlung eines Versicherungsvertrags übernommen hat und für einen Beratungsfehler einstehen muss. Das hat das OLG Saarbrücken in einer Entscheidung zum neuen Vermittlerrecht klargestellt. |
Kein Abraten von LV-Kündigung durch Makler
Die Richter haben im Urteilsfall einen Beratungsfehler des Maklers angenommen. Er hätte im Rahmen seiner Beratung einem ledigem Versicherungsnehmer die finanziellen Nachteile einer Kündigung eines bestehenden steuerbegünstigten Kapitallebensversicherungsvertrags vor Augen führen und von der Kündigung zugunsten eines Basisrentenvertrags abraten müssen. Denn der Versicherungsnehmer wollte seine Lebensgefährtin absichern. Eine Basisrentenversicherung ist nach Ansicht des OLG dafür ungeeignet (Urteil vom 4.5.2011, Az: 5 U 502/10 - 76; Abruf-Nr. 113386).
Keine Beseitigung des Irrtums durch Versicherer
Aber auch der Versicherer ist nach dem Urteil haftungsmäßig mit im Boot: Zwar treffen den Versicherer grundsätzlich keine Beratungspflichten, wenn der Vertrag von einem Makler vermittelt wird. Dies gilt aber nur hinsichtlich der Beratungspflichten in § 6 Abs. 1 bis 5 VVG; nicht aber, wenn der Versicherer erkennt, dass sich der Versicherungsnehmer trotz der Beratung durch den Makler im Irrtum befindet. In einem solchen Fall ist der Versicherer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu einer Richtigstellung verpflichtet.
So war es hier: Den Versicherer traf eine Beratungspflicht, weil er aus dem Antrag erkennen musste, dass der Versicherungsnehmer über den Inhalt der abgeschlossenen Basisrentenversicherung ohne Hinterbliebenenversorgung im Irrtum war. Der Versicherungsnehmer hatte im Antrag seine Lebensgefährtin als Bezugsberechtigte angegeben. Tatsächlich erhalten im Todesfall des Versicherungsnehmers nur Hinterbliebene im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG (Ehegatte, Kinder) Leistungen. Den Irrtum des Versicherungsnehmers hat der Versicherer nach Ansicht des OLG sogar noch durch Gestaltung des Antragsformulars begünstigt. Eine Richtigstellung wäre daher angezeigt gewesen.
Praxishinweise | |
Die Entscheidung ist - soweit ersichtlich - eine der ersten zum neuen Vermittlerrecht. Das OLG hat den Schadenersatzanspruch gegen den Makler aus dem neuen § 63 Abs. 1 VVG hergeleitet, weil der Maklervertrag 2008 abgeschlossen worden war und die Vermittlungs- und Abschlussphase des vermittelten Versicherungsverhältnisses nach dem 1. Januar 2008 liegen. Interessant ist, dass das OLG eine Beweislastumkehr zuungunsten des Maklers angenommen hat. Es hat dem Makler angelastet, dass er für das dritte Beratungsgespräch keine Dokumentation vorgelegt hatte. Begründung des OLG: Würde man die Beweislast nicht umkehren, liefe die Dokumentationspflicht nach § 61 Abs. 1 Satz 2 VVG ins Leere. Deren Zweck sei es, der Beweissicherung zu dienen. |