Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

04.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121396

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 17.02.2012 – 7 U 102/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


7 U 102/11

Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. April 2011 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft, es zu unterlassen, die nachfolgende oder inhaltsgleiche Bestimmungen in Bezug auf Rechtsschutzversicherungsverträge zu verwenden oder sich auf sie zu berufen, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

„Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds).“

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 238 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.9.2010 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor Beginn ihrer Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils vollstreckten Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe
I.

Die Klägerin, eine qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG, will mit der Verbandsklage nach dem UKlaG der Beklagten die Verwendung folgender Ausschlussklausel in von ihr verwendeten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Rechtsschutzversicherungsverträge untersagen lassen:

Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds).

Anlass ist u.a. die Weigerung der Beklagten, in Streitigkeiten ihrer Versicherungsnehmer mit Banken aus Anlass des Kaufs von Lehmann-Zertifikaten Versicherungsschutz zu gewähren. Die Klägerin hält die beanstandete Klausel für intransparent und in ihrer Gesamtheit für unangemessen. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der dort zuletzt gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Die Klägerin meint, der durchschnittliche Verbraucher könne nicht erkennen, dass es sich bei dem Begriff „Effekten“ um einen Bestandteil juristischer, betriebswirtschaftlicher und bankentechnischer Terminologie handle. Es handle sich nicht um einen alltagssprachlichen Begriff. Der Begriff werde in rechtwissenschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen unterschiedlich verwendet. Welche Bedeutung der Versicherer der Ausschlussklausel zugrunde legen wolle, sei für den Verbraucher nicht zu erkennen. Eine weite bankwirtschaftliche Auslegung ermögliche einen ausufernden Ausschluss von Schadensfällen, insbesondere einer Vielzahl von Finanzgeschäften, mit dem der Versicherungsnehmer nicht rechnen müsse. Insbesondere sei aus dem Wortlaut nicht erkennbar, dass Streitigkeiten um Zertifikate ausgeschlossen sein sollten. Der Begriff sei auch nicht mit Hilfe von Lexika zu klären, weil sich dort häufig nur der Hinweis finde, es handle sich um einen Sammelbegriff für fungible/handelbare Wertpapiere. Kenntnisse darüber, welche Wertpapiere fungibel oder handelbar seien, seien von einem Laien aber nicht zu erwarten. Auch die Aufzählung von Beispielen trage nicht zur Verständlichkeit bei, zumal nicht zu erwarten sei, dass Verbraucher eine präzise Vorstellung von Anleihen und Investmentanteilen hätten. Der Begriff Effekten werde auch synonym für Wertpapiere verwendet. Die Verwendung in gesetzlichen Bestimmungen stelle regelmäßig auf die Vertretbarkeit oder Handelbarkeit der Papiere ab. Jedenfalls handle es sich um einen unvertrauten Begriff, der in AVB nicht verwendet werden dürfe.

Durch die Verwendung dieses Begriffs sei auch Irreführung zu befürchten, weil ein Versicherungsnehmer, der sich über den Begriff informiere, zu dem Verständnis gelangen könne, dass Effekten an Börsen handelbare Wertpapiere seien. Das könne dem Verbraucher die Vorstellung vermitteln, dass er für Wertpapiergeschäfte, die er nicht selbst an der Börse vornehme, Rechtsschutz erhalte.

Intransparent sei auch die Erstreckung des Ausschlusses auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen „in ursächlichem Zusammenhang“ mit der Anschaffung und Veräußerung von Effekten, weil davon auch die Finanzierung solcher Geschäfte betroffen sein könne. Der durchschnittliche Verbraucher erwarte aber nicht, dass er bei einem Rechtsstreit wegen eines Darlehens, mit dem er den Erwerb von Wertpapieren finanziert habe, keinen Rechtsschutz erhalte, wenn er z.B. mit dem Darlehensgeber über die Frage streite, ob der Darlehensvertrag der Schriftform genüge. Zu welchem Ergebnis eine kundenfeindlichste Auslegung der Klausel gelange, habe das Landgericht nicht geklärt.

Bezüglich des zweiten Teils des Ausschlusses habe das Landgericht den Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung verletzt. Es habe das Bestehen einer Prospektpflicht mit der Möglichkeit des Bestehens von Prospekthaftungsansprüchen gleichgesetzt. Es treffe aber nicht zu, dass die Klausel nur Anlagen, für die eine Prospektpflicht bestehe, vom Versicherungsschutz ausnehme. Die Unklarheit des Inhalts der Klausel werde auch daran deutlich, dass das Landgericht zur Auslegung der Klausel auf weitere rechtliche Differenzierungen, nämlich auf die eigentliche und uneigentliche Prospekthaftung, zurückgreife. Die Anwendung der Klausel bürde dem Verbraucher die Prüfung auf, ob im Einzelfall eine Prospektpflicht bestehe; das sei mitunter nicht weniger schwierig zu beantworten als die Frage, ob eine Prospekthaftung bestehe. Unklar sei auch, ob der Ausschluss auch bei Privilegierungen (§§ 3,4 WpPG, § 8 f Abs. 2 VerkProspG) gelte. Schließlich umfasse der Begriff neben der spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftung auch die zivilrechtliche Prospekthaftung, bei der eine Prospektpflicht nicht vorausgesetzt sei. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass dieses Rechtsinstitut noch ständigem Wandel unterliege. Ein Verbraucher müsse nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kennen.

Das Landgericht habe auch die Bedeutung des Begriffs „Prospekt“ entgegen dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung nicht auf Werbematerial außerhalb prospektpflichtiger Geschäfte beziehen wollen. Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und dem Wortsinn. Der weit gefasste Wortlaut berge die Gefahr, dass Kunden von der Geltendmachung vertraglicher Ansprüche abgehalten würden.

Der Ausschluss auch solcher Interessen, die nur „in ursächlichem Zusammenhang“ mit der Beteiligung an bestimmten Kapitalanlagen stünden, müsse kundenfeindlich auch auf Steuerfragen aus solchen Anlagemodellen, Streitigkeiten aus Finanzierungsgeschäften für solche Modelle, Ansprüche gegen Vermittler, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten aus der Beteiligung und Schadensersatzansprüche wegen eines Unfalls anlässlich von Beratungs- und Besichtigungstermin zur Vorbereitung der Anlageentscheidung erstreckt werden.

Ergänzend weist die Klägerin auf ihre Auffassung bestätigende Urteile des Landgerichts und Oberlandesgerichts München hin.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. April 2011 - 2-24 O 169/10 - wie folgt zu erkennen:

Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft, es zu unterlassen, die nachfolgende oder inhaltsgleiche Bestimmungen in Bezug auf Rechtsschutzversicherungsverträge zu verwenden oder sich auf sie zu berufen, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

„Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds).“

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 238 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und betont, dass aus Verbrauchersicht das entscheidende Kriterium der Anlagemodelle die Prospekthaftung sei, weil darauf in der Regel Ansprüche gestützt würden. Der Ausschlusstatbestand knüpfe nicht an die Frage an, gegen wen Ansprüche erhoben werden könnten. Der Begriff „Prospekt“ sei auch für einen durchschnittlichen Verbraucher zu erschließen.

II.

Die Berufung ist, soweit die streitgegenständliche Klausel Rechtsschutz hinsichtlich der Anschaffung und Veräußerung von Effekten ausschließt, unbegründet. Soweit bestimmte Kapitalanlagemodelle ausgeschlossen werden sollen, hat die Berufung Erfolg.

Gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist eine Bestimmung wegen Intransparenz nichtig, wenn sie auch nach Auslegung erhebliche Unklarheiten aufweist, also nicht im Rahmen des Möglichen klar, einfach und präzise die vereinbarten Rechte und Pflichten erkennen lässt. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein, nach dem die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden müssen, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner soll ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird (BGH U.v. 26.9.2007, Az. VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632; U.v. 5.3.08, Az. VIII ZR 95/07; BGHZ 164,11,16). Bei der Beurteilung der Transparenz kommt es ebenso wie bei der Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen darauf an, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer die Klausel bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (BGH U.v. 12.3.2003, Az. IV ZR 278/01; U.v. 11.5.05, Az. IV ZR 25/04).

Nach diesen Maßstäben ist die Klausel, soweit sie Wertpapiergeschäfte vom Rechtsschutz ausschließt, nicht intransparent.

Der Begriff „Effekten“ ist ein geschäftsüblicher Fachbegriff, mit dem Wertpapiere bezeichnet werden, die Mitgliedschafts-, Forderungs- oder Anteilsrechte beurkunden, leicht übertragbar und deshalb Gegenstand des Handels, insbesondere an Börsen sind und der Kapitalanlage dienen. In diesem Sinne wird der Ausdruck unter Herausstellung verschiedener Nuancen, aber im Kern übereinstimmend in der Brockhaus Enzyklopädie (20. Aufl.), in Gablers Bank-Lexikon (12. Aufl.), in Meyers Enzyklopädischem Lexikon (9. Aufl.), im Deutschen Rechtslexikon (3. Aufl.), in Wikipedia und im FAZ.net-Börsenlexikon definiert. Vereinzelt wird noch bemerkt, dass in der Praxis die Ausdrücke Wertpapier und Effekten nahezu synonym benutzt würden (Gablers Bank-Lexikon; Meyers Enzyklopädisches Lexikon). In der Alltagssprache wird der Ausdruck wenig verwendet; in gesetzlichen Vorschriften wird der Ausdruck nicht definiert. Er kommt insbesondere in dem zusammengesetzten Wort „Effektengeschäft“ in § 1 KWG mit der Legaldefinition „Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren für andere“ vor. Die von der Klägerin behauptete Mehrdeutigkeit des Begriffs je nach juristischer, betriebswirtschaftlicher oder bankgeschäftlicher Verwendung ist daher empirisch nicht belegbar. Eine Unklarheit kann sich daher nicht aus verschiedenen Wortbedeutungen und Zweifeln, welche Bedeutung maßgeblich sein sollte, ergeben. Dass die veraltete Bedeutung „bewegliche Habe“ nicht gemeint ist, ist schon anhand der im Klammerzusatz genannten Beispiele, bei denen es sich ausschließlich um Wertpapiere handelt, für jedermann offensichtlich.

Dass überhaupt ein nicht jedermann geläufiger Begriff verwendet wird, ist unbedenklich, weil es, jedenfalls wenn die Bedeutung des Begriffs sich ohne weiteres aus jedem Lexikon ergibt, nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen ist, dass aus einem speziellen Lebensbereich entnommene Ausdrücke jedermann sofort verständlich sind. Ein solcher Ausdruck ist auch nicht geeignet, den Versicherungsnehmer über den Umfang des Versicherungsschutzes in die Irre zu führen, denn der Ausdruck ist, soweit er einem Versicherungsnehmer nicht ohne weiteres verständlich ist, auch nicht geeignet, unzutreffende Vorstellungen über die Reichweite des Versicherungsschutzes hervorzurufen und den Verbraucher dadurch von der Geltendmachung tatsächlich bestehender versicherungsvertraglicher Rechte abzuhalten.

Aus der synonymen Verwendung der Begriffe Effekten und Wertpapiere kann ein Zweifel über die Einbeziehung auch nicht vertretbarer und deshalb nicht auf dem Kapitalmarkt handelbarer Wertpapiere (z.B. Hypothekenbriefe oder Schecks) nicht entstehen. Denn die Ausschlussklausel bezieht sich gerade auf „Anschaffung und Veräußerung“ und stellt damit klar, dass nur Wertpapiere gemeint sein können, die überhaupt gehandelt werden können. Diese Gemeinsamkeit weisen auch die drei beispielhaft genannten Wertpapiere Aktien, Anleihen, Investmentanteile auf.

Die Verwendung des Begriffs „Effekten“ begründet auch nicht die Gefahr, dass der Versicherungsnehmer den Risikoausschluss irrtümlich nur auf Geschäfte bezieht, die unmittelbar an der Börse erfolgen, also glaubt, dass Geschäfte, die über eine Bank abgewickelt werden, mangels Börsenbeteiligung vom Rechtsschutz erfasst sind. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, der Wertpapiere als Kapitalanlage erwirbt, weiß, dass Verbraucher nicht selbst an einer Wertpapierbörse handeln können, dass er selbst daher solche Geschäfte nicht selbst in unmittelbarem Kontakt mit einer Wertpapierbörse vornimmt, sondern dass er mit dem Kauf und Verkauf eine Bank oder einen Makler beauftragt. Er wird daher nicht davon ausgehen, dass die Ausschlussklausel nur die Berufsausübung von Börsenhändlern betreffen soll.

Intransparenz oder eine Gefährdung des Vertragszwecks ergeben sich auch nicht daraus, dass die Klausel Interessenwahrnehmungen ausschließt, die „in ursächlichem Zusammenhang“ mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten stehen. Diese in allgemeinen Versicherungsbedingungen der Rechtsschutzversicherer verbreitete Erweiterung des Ausschlusses kann ihrem Wortlaut nach auf jede Rechtsstreitigkeit bezogen werden, zu der es ohne die Anschaffung oder Veräußerung nicht gekommen wäre, insbesondere auch auf Kreditgeschäfte zur Finanzierung der Anschaffung von Effekten, aber auch auf die Interessenwahrnehmung wegen eines Unfalls, den der Versicherungsnehmer auf dem Weg zu oder von der Beratung über den Abschluss eines solchen Geschäfts erleidet. Den Ursachenzusammenhang im Sinne einer bloßen conditio sine qua non zu verstehen, entspricht aber nicht dem Verständnis, das ein durchschnittlicher, verständiger Versicherungsnehmer von der Bedeutung der Klausel haben wird.

Denn auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer erkennt, dass der Versicherer mit dem Abstellen auf einen bestimmten, als „ursächlich“ bezeichneten Zusammenhang nicht jeden Kausalzusammenhang beschreiben will, sondern den Risikoausschluss über Interessenwahrnehmungen aus den ausdrücklich genannten Geschäften hinaus auch auf solche Fälle erstrecken will, deren Eintritt gerade wegen ihres sachlichen Zusammenhangs mit den ausdrücklich genannten Geschäften wahrscheinlicher ist als bei vergleichbaren, nicht mit ausgeschlossenen Umständen zusammenhängenden Versicherungsfällen. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer berücksichtigt den erkennbaren Zweck der Klausel, bestimmte Geschäfte wegen der damit möglicherweise verbundenen besonders kostenträchtigen oder besonders häufigen Rechtsstreitigkeiten auszuschließen. Dieser Zweck erfordert nicht den Ausschluss zufällig, wenn auch im Sinne einer conditio sine qua non erforderlich werdender Interessenwahrnehmungen, etwa wegen eines Wegeunfalls zu oder vom Kaufgeschäft. Die Möglichkeit, bei bloßem Wortlautverständnis auch Interessenwahrnehmungen einzubeziehen, die sich auf Angelegenheiten beziehen, die zufällig in kausalem Zusammenhang mit den ausdrücklich genannten Geschäften stehen, ist deshalb als Ergebnis sinnvoller Auslegung nicht in Betracht zu ziehen. Sie muss daher auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. kundenfeindlichsten Auslegung als möglich berücksichtigt werden.

Auch wenn die abstrakte Formulierung im Einzelfall Abgrenzungen zwischen noch einbezogenen Rechtsschutzfällen und schon ausgeschlossenen Sachverhalten erfordert, handelt es sich nicht um ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume. Die Erstreckung eines Ausschlusses über den ausdrücklich genannten Bereich hinaus auf damit zusammenhängende Geschäfte ist als solche in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht beanstandet worden. Insbesondere hat der Bundesgerichtshof bei der Baurisikoklausel die Erstreckung auf sachlich mit dem ausdrücklich genannten Risiko zusammenhängende Umstände hingenommen (BGH VersR 2004, 1596; 2005, 682; 2008, 1105). Auch früher gebräuchliche Klauseln, die auf einen „unmittelbaren Zusammenhang“ abgestellt haben, sind, obwohl ihre Reichweite in Schrifttum und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt wurde, trotz dieser Unsicherheiten nicht als intransparent bezeichnet worden (vgl. etwa BGH VersR 1986, 132; VersR 1989, 470). Mit der Beschränkung auf sachlich mit dem ausdrücklich genannten Geschäft zusammenhängende Vorgänge wird die Klausel auch im Schrifttum verstanden und als wirksam angesehen (Prölss/Armbrüster, 27. Aufl., ARB 94, § 3 Rdn. 2, 3; Prölss/Armbrüster, 28. Aufl., ARB 2008/II, § 3 Rdn. 5-7; Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl., § 3 ARB 2000 Rdn. 14; v. Bühren/Plote, ARB, 2. Aufl., § 3 Rdn. 2).

Dass über die Frage, in welchen Einzelfällen ein sachlicher Zusammenhang noch angenommen werden kann, Streit entstehen kann, ist, wie dargelegt, kein entscheidender Einwand gegen die Transparenz der Klausel. Der Senat muss daher auch nicht entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang Interessenwahrnehmungen aus der Beratung über solche Geschäfte, aus deren Vermittlung und Finanzierung ausgeschlossen sind.

Intransparent ist dagegen der Ausschluss, der sich auf die Interessenwahrnehmung in ursächlichem Zusammenhang mit der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds), bezieht. Welcher Lebensbereich damit gemeint sein soll, ist für einen Laien mit zumutbarem Aufwand nicht zu klären.

Die Klausel verwendet bereits mit dem Ausdruck „Kapitalanlagemodell“ einen schillernden Ausdruck, der weder in der Alltagssprache noch in der Fachsprache des Kapitalmarkts eine klare Bedeutung hat. Als „Modell“ wird im fraglichen Zusammenhang ein aus verschiedenen Verträgen bestehendes, häufig gesellschaftsrechtliche Beteiligungen einschließendes Geschäft verstanden, das dem Anleger als Ganzes angeboten wird, dessen steuerliche und bzw. oder sonstige Vorteile für eine bestimmte Gruppe von Anlegern unabhängig von individuellen Unterschieden zutreffen und das deshalb den Bedürfnissen solcher Anleger „modellhaft“ entspricht. In dieser Bedeutung kann aber nahezu jede einer Vielzahl von Anlegern angebotene Kapitalanlage, die über den bloßen Erwerb von Wertpapieren oder den Abschluss eines Spar- oder Versicherungsvertrags hinausgeht, als „Anlagemodell“ bezeichnet werden, so dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die mögliche Reichweite der ausgeschlossenen Geschäfte kaum übersehen kann.

Eine transparente Einschränkung wird durch die Beschränkung auf solche Geschäfte, für die die Grundsätze der Prospekthaftung gelten, nicht erreicht, weil der durchschnittliche Versicherungsnehmer die Bedeutung dieses Sammelbegriffs nicht mit zumutbarem Aufwand erschließen kann. Aus dieser Einschränkung kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnehmen, dass nur bestimmte „Modelle“ ausgeschlossen sein sollen. Es handelt sich aber nicht um einen feststehenden Ausdruck der Gesetzes- oder Rechtssprache, sondern um eine zusammenfassende Bezeichnung, die an die auf das fragliche Geschäft zutreffenden Haftungsregeln anknüpft, also um eine an ein besonderes Rechtsphänomen anknüpfende Sammelbezeichnung.

Die Gesetze, die eine Prospekthaftung anordnen, sind das Börsengesetz und das Verkaufsprospektgesetz. Selbst wenn ein Versicherungsnehmer diese Vorschriften ermitteln und aufsuchen würde, fände er in diesen Vorschriften keinen klaren und übersichtlichen Zugang zu den ausgeschlossenen Anlagegeschäften. Insbesondere § 13 VerkProspG verweist auf § 8f Abs. 1 VerkProspG. Einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer wird aber nicht klar, ob sich der Ausschluss auf alle in Abs.1 genannten Geschäfte beziehen soll, oder ob die von der Prospektpflicht ausgenommenen Geschäfte (Abs. 2) auch vom Ausschluss ausgenommen sein sollen. Denn ohne nähere rechtliche Erkundigung kann er nicht wissen, ob die Geschäfte, die nach Abs. 2 von der Prospektpflicht ausgenommen sind, zugleich von der Haftung ausgenommen sind, wenn z.B. bei ihrem Vertrieb gleichwohl ein Prospekt verwendet wird. Insbesondere vermag aber nicht einmal die Lektüre von Gesetzesbestimmungen die Geschäfte, für die die „Grundsätze der Prospekthaftung“ gelten, den Kreis der in Frage kommenden Geschäfte zuverlässig einzugrenzen, weil es auch eine richterrechtlich entwickelte Prospekthaftung gibt, deren Anwendungsbereich im Einzelfall über die in § 8f VerkProspG genannten Geschäfte hinausgeht (vgl. Palandt-Grüneberg, 71. Aufl., § 311 Rdn. 68). Schließlich wird in der Rechtswissenschaft zwischen „echter“ und „unechter“ Prospekthaftung unterschieden, wobei es sich bei der unechten Prospekthaftung um die Anwendung der Grundsätze des Verschuldens beim Vertragsschluss handelt, wenn Prospekte verwendet werden. Der Anwendungsbereich dieser Haftungsformen ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht überschaubar.

Insgesamt ist daher die an eine bestimmte Haftungsform anknüpfende Beschreibung der vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen Interessenwahrnehmung im Zusammenhang mit der Beteiligung an Kapitalanlagegeschäften intransparent und deshalb nichtig.

Da sich die Klausel sprachlich in zwei Teile zerlegen lässt und der intransparente Teil gegenüber dem wirksamen Ausschluss leicht abzugrenzen ist, hat die Teilnichtigkeit der Klausel nicht die Gesamtnichtigkeit zur Folge.

Die Kosten der Abmahnung hat die Beklagte zu tragen. Gemäß §§ 5 UKlaG, 12 Abs. 1 S. 2 UWG hat der berechtigt Abgemahnte die erforderlichen Aufwendungen, die der qualifizierten Einrichtung entstanden sind, zu ersetzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, auch dann, wenn die Abmahnung, wie hier, teilweise unberechtigt war (BGH NJW 2008, 3055). Gegen die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen hat die Beklagte keine erheblichen Einwände vorgebracht. Ihre Einwände beziehen sich lediglich darauf, dass eine Einrichtung, die Ziele des Verbraucherschutzes verfolgt, selbst in der Lage sein müsse, die erforderlichen Abmahnungen zu verfassen und keinen Rechtsanwalt beauftragen müsse. Die Klägerin macht aber auch nicht die Kosten eines externen Rechtsanwalts geltend, sondern eine auf den einzelnen Abmahnungsfall bezogene Kostenpauschale.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der maßgeblichen Fragen für zahlreiche Rechtsschutzversicherungsverträge und aufgrund der teilweisen Abweichung gegenüber dem Erkenntnis des Oberlandesgerichts München (U. v. 22.9.2011, Az. 29 U 589/11) die Revision zugelassen.

RechtsgebieteWpPG, KredWG, UWG, VerkaufsprospektG, UKlaG, BGBVorschriften§ 3 WpPG, § 4 WpPG, § 1 KredWG, § 12 UWG, § 8f Abs 2 VerkaufsprospektG, § 13 VerkaufsprospektG, § 5 UKlaG, § 307 BGB