15.12.2011 · IWW-Abrufnummer 122281
Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 25.05.2011 – 1 K 444/09
Der Handel (im Streitfall: mit Teufelskrallenwurzel) stellt mangels Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr keinen Gewerbebetrieb dar, wenn die Lieferungen jeweils auf Anforderung an nur einen einzigen Abnehmer erfolgen, der Steuerpflichtige über den Verkauf an diesen einzigen Abnehmer hinaus nicht am Markt in Erscheinung getreten ist und insbesondere keine Eigeninitiative für den Handel entwickelt hat.
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
hat der I. Senat des Thüringer Finanzgerichts durch … auf Grund mündlicher Verhandlung am 25. Mai 2011 für Recht erkannt:
1. Der Bescheid 2002 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 16. September 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2009 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vo r der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist bei dem Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2002, ob die Tätigkeiten des Klägers aus einem Handel mit der Teufelskrallenwurzel sowie Fleischverarbeitung mit dem nachgelagerten Betrieb von Bratwurstständen einen einheitlichen oder zwei selbstständige Gewerbebetriebe i.S.d. Gewerbsteuergesetzes dargestellt haben.
Der Kläger ist Fleischermeister. Er betrieb im Streitjahr 2002 Verkaufsstellen in Märkten Dritter und belieferte Dritte mit Bratwürsten, die er im Eigenbetrieb aus zugekauftem Fleisch hergestellt hatte.
Der Kläger hatte mit seiner Familie zuvor in Namibia gewohnt und dort persönliche Beziehungen aufgebaut. Er importierte seit 1997 die Wurzel der Teufelskralle, um sie zur Herstellung von Medikamenten an einen einzigen Abnehmer (Chemie GmbH & Co. in X-Stadt) zu verkaufen. Währenddessen seine Handelstätigkeit mit Tee und Kräutern im Laufe der Zeit unrentabel wurde, konnte er über die Jahre den Handel mit der Teufelskrallen-Wurzel aufrechterhalten. Einkauf, Verschiffung und Abnahme der Teufelskrallen-Lieferungen waren jeweils vom Abruf des einzigen Käufers abhängig. Die Lieferungen erfolgten am Freihafen Hamburg. Der Abnehmer übernahm die Abfertigung der Einfuhr, die Überprüfung der Ware und den Abtransport der Container. Die Anzahl der Lieferungen schwankte über die Jahre stark. Während im Streitjahr ca. 14 Lieferungen stattfanden, lieferte der Kläger in späteren Jahren keine oder nur vereinzelt Container.
Der Kläger schloss mit seinen Geschwistern am 6. Juni 2001 einen Vertrag über die Errichtung einer typisch stillen Gesellschaft, mit dem er seine Geschwister am Erfolg des Geschäfts mit der Teufelskrallen-Wurzel beteiligte (Blatt 2 der Einkommensteuerakte 2001). Im Rahmen des Klageverfahrens hat der Kläger eine Zusatzvereinbarung vom 1. Dezember 2001 zum Vertrag über die Errichtung einer typisch stillen Gesellschaft vom 6. Juni 2001 vorgelegt, auf die inhaltlich verwiesen wird (Bl. 39 der Gerichtsakte). Im Ergebnis besteht zwischen den Parteien jedoch insoweit Einigkeit, dass der Kläger den ursprünglichen Vertrag sowie die „Zusatzvereinbarung” nicht in der vereinbarten Form durchführte. Vielmehr nutze er in 2002 die aus dem Teufelskrallenhandel erwirtschafteten Gewinne, um mit ihnen Verluste aus dem Fleischereigeschäft auszugleichen und sich einen „Unternehmerlohn” zu gewähren. Den dann verbleibenden Überschuss schüttete er anteilig an seine Geschwister aus.
Der Kläger erstellte Rechnungen (in roter Schrift) im Fleischereibereich unter der Firmierung „XXX Fleischermeister Thüringer Wurst- und Feinkostspezialitäten, gegründet zu Thüringen”. Im Handelsbereich (mit Teufelskralle-Wurzeln) erstellte er Rechnungen (blaue Schrift) unter der Bezeichnung „XXX Import-Export”.
In der Bilanz des Kalenderjahres 2002 erfasste er die Anteile der stillen Gesellschafter (Geschwister) sowie die stillen Beteiligten unter dem Bilanzposten „Sonstige Verbindlichkeiten”. Wegen der Berechnung der Gewinnanteile wird auf die Bilanz des Kalenderjahres 2002 verwiesen. Der Kläger meldete für den Anteil der stillen Gesellschafter i.H.v. 44.177 EUR im Januar 2003 die Kapitalertragsteuer an.
Von August 2004 bis März 2005 führte der Beklagte bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durch. Nach Ansicht des Prüfers bildeten die geschäftlichen Aktivitäten des Klägers – Fleischereibetrieb/Imbiss sowie Großhandel mit Teufelskralle – jeweils gesonderte Gewerbebetriebe im Sinne des Gewerbesteuergesetzes. Der Prüfer ermittelte die Einkünfte aus dem Handel mit den Teufelskrallen-Wurzeln daher gesondert (vgl. Betriebsprüfungsakte I, Bl. 102 bis 103).
Auf der Grundlage der Betriebsprüfung erließ der Beklagte am 16. September 2009 erstmals für die Tätigkeitsbereiche des Klägers selbständige Gewerbesteuermessbetragsbescheide, mit denen er den bisherigen Bescheid vom 8. April 2004, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, änderte. Den Gewerbesteuermessbetrag 2002 für den Bereich der Fleischbearbeitung setzte er mit 0 Euro, den Gewerbesteuermessbetrag für den Betrieb aus dem Handel mit Teufelskrallen-Wurzeln i.H.v. 3.710 EUR fest. Gegen die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 2002 – und weitere hier nicht in Streit stehende Gewerbesteuermessbetragsbescheide der vorangegangenen Kalenderjahre – legte der Kläger Einspruch ein. Mit seinen Einsprüchen machte er insbesondere geltend, dass er lediglich einen einheitlichen Gewerbebetrieb mit unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen unterhalten habe, wovon sich die stille Beteiligung lediglich auf einen Teilbereich bezogen habe. Mit Entscheidung vom 5. Mai 2009 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Der Kläger macht mit der vorliegenden Klage geltend, er habe von Anfang an einen Gewerbebetrieb als Mischbetrieb mit den Tätigkeitsbereichen Fleischverarbeitung- und Verkauf sowie Handel mit Teufelskralle – neben geringem Handel mit Gewürzen und Tee – geführt. Die Umsätze und Erlöse aus der Zerlegung des zugekauften Fleisches mit geringer Verarbeitungstiefe und geringer Wertschöpfung seien nach einer erheblichen Investition nicht ausreichend gewesen, um die Betriebsausgaben zu decken. Der Handel mit Gewürzen und der Teufelskralle seien notwendiges Zusatzgeschäft gewesen, die er in einem einheitlich organisierten Unternehmen geführt habe. Seine Umsätze mit Fleischerzeugnissen seien rückläufig gewesen. Zu seiner einzigen Bezugsquelle in Namibia hätten persönliche Beziehungen bestanden. Er habe mit seiner Familie eine Zeit lang in Namibia gewohnt. Die Chemie GmbH & Co. in X-Stadt sei sein einziger Abnehmer gewesen. Seine Geschwister hätten den Handel mit der Teufelskrallen-Wurzel unterstützt.
Seine Geschäfte mit der Teufelskrallen-Wurzel hätten keiner Organisation bedurft. Die Abläufe seien stets gleich gewesen. Er habe lediglich mit wenigen Telefonaten die Preise ausgehandelt. Die Rechnungen habe er an seinem Arbeitsplatz seines Fleischwarenbetriebes erstellt. Er sei der Ansicht, über ein Dispositionsrecht zu verfügen, die Betriebe als einheitlichen Gewerbebetrieb oder getrennt zu führen. Dieses Recht dürfe ihm nicht genommen werden.
Darüber hinaus seien seine Geschäfte notwendigerweise finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich eng verbunden gewesen. Auch aus dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse habe sich nicht ergeben, dass er zwei selbständige Gewerbebetriebe unterhalten habe. Vielmehr sei der Handel mit der Teufelskrallen-Wurzel eine untergeordnete Hilfstätigkeit gewesen. Dabei komme es in diesem Zusammenhang nicht auf den wirtschaftlichen Erfolg seiner jeweiligen Tätigkeit an.
Er habe keine getrennten Aufzeichnungen geführt. Die Einrichtung der Konten Erlöse Teufelskralle und Warenbezug Teufelskralle seien schon der Aufzeichnungspflicht für die Umsatzsteuer geschuldet. Weitergehende Differenzierungen in der Bilanz und der Erfolgsrechnung seien nicht erfolgt. Der Prüfer habe die Gewinne der von ihm unterstellten einzelnen Sparten selbst „entwickelt” (Hinweise auf Anlage 7 des Betriebsprüfungsberichts vom 12. April 2005). Diese Vorgehensweise widerspreche der Abrede mit den stillen Gesellschaftern vom 1. Dezember 2001 (Zusatzvereinbarung zum Vertrag über die Errichtung einer Typisch Stillen Gesellschaft vom 6. Juni 2001, Bl. 39 der Gerichtsakte).
Er weise darauf hin, dass er und seine stillen Gesellschafter nicht nach § 5 des Gesellschaftsvertrags vom 6. Juni 2001 verfahren seien. Wegen der Berechnung des Vorgehens des Klägers wird auf Anlage 2 des Schriftsatzes vom 18. September 2009 (Bl. 40 bis 42 der Gerichtsakte) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid 2002 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 16. September 2005 Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zunächst auf seine Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2009. Dort hat er die Ansicht vertreten, dass der Kläger im gewerbesteuerrechtlichen Sinne zwei Betriebe im Kalenderjahr 2002 betrieben hat. Für die Frage, ob mehrere gewerbliche Betätigungen eines Einzelunternehmers zu mehreren selbstständigen Gewerbebetrieben führten, sei die sachliche Selbstständigkeit der einzelnen Betätigungen maßgeblich (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 25. April 1989, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH-BFH/NV 1990, 261), wobei letztlich das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse entscheidend sei. Die Abwägung des finanziellen, organisatorischen und wirtschaftlichen Zusammenhangs sowie des Auftretens im Geschäftsverkehr ergäbe vorliegend, dass von zwei getrennten Gewerbebetrieben auszugehen sei (vgl. die Gegenüberstellung Bl. 5 der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2009).
Auch die Beteiligung der stillen Gesellschafter ausschließlich an dem Handelsgeschäft „XXX Import-Export” spreche für einen gesonderten Gewerbebetrieb. Zwar sei eine derartige Beteiligung zulässig. Sie erfordere jedoch einen bestimmten selbstständig abgrenzbaren Geschäftszweig sowie eine besondere Ertragsbilanz für diesen Teil (Hinweise auf die Habilitationsschrift von Königs, die stille Gesellschaft, S. 192). Auch der Gesellschaftsvertrag vom 6. Juni 2001 enthalte entsprechende Regelungen in § 5 Abs. 2 und § 6.
Die Betätigungen des Kl ägers seien ungleichartig gewesen, so dass im Regelfall von selbständigen Gewerbebetrieben auszugehen sei (Sarrazin in Lenzki/Steinerberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, § 2 Rdz. 1707). Wegen der weiteren Einzelheiten der Argumentation wird auf die Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2009 ve rwiesen.
Der Kläger habe nach außen kenntlich gemacht, in unterschiedlichen gewerblichen Bereichen zu handeln. Dem Umstand, dass er auf den farblich unterschiedlichen Rechnungsformularen dieselbe Bankverbindung angegeben habe, führe zu keiner anderen Beurteilung. Für den Betrieb „Teufelskralle” habe der Kläger folgerichtig ein separates Konto eingerichtet (Hinweis auf § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages). Einen finanziellen Zusammenhang der Betriebe könne er daher nicht erkennen.
Auch aus der Zusatzvereinbarung vom 1. Dezember 2001 ergäben sich keine neuen Erkenntnisse. Denn unverändert habe der Gewinn aus dem Handel mit der Teufelskrallen-Wurzel dazu gedient, die Verluste aus dem Fleischereibetrieb abzudecken. Dies sei nicht entscheidungserheblich. Denn die Gewerbesteuer sei als Objektsteuer ausgestaltet.
Auch nach erneuter Prüfung könne er keine Verflechtung zwischen den gewerblichen Tätigkeiten des Klägers erkennen. Insbesondere bestünde seiner Ansicht nach keine Ähnlichkeit der Situation mit Tankstellen, Tchibo- oder Tabakläden (mit Lottoannahmestelle). Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 3. November 2010 verwiesen.
Entgegen der Ansicht des Klägers sei er der Ansicht, dass allein der Umstand, dass die Gewinne aus dem Handelsbereich die Verluste aus dem Fleischereibetrieb gedeckt hätten, kein entscheidendes Argument für einen finanziellen Zusammenhang zwischen den Tätigkeiten des Klägers darstellen könne (Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts – FG Rheinland Pfalz – vom 1. Oktober 2009 – 4 K 1016/07). Der Verlustausgleich sei vorliegend rein persönlich motiviert gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Tätigkeit des Klägers aus dem Handel mit der Teufelskrallenwurzel stellt keinen selbstständigen Gewerbebetrieb dar. Der insoweit ergangene Gewerbesteuerbescheid ist aufzuheben.
1. Die Tätigkeit des Klägers aus seinem Handel mit der Teufelskralle stellt nach Ansicht des Senats keinen Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) dar.
Kennzeichnend für eine gewerbliche Betätigung ist für eine selbstständige, nachhaltige Betätigung mit Gewinnabsicht, dass eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr stattfindet. Dies hat der Senat auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung nicht feststellen können.
Für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit aus dem Handel mit der Teufelskralle in 2002 wäre erforderlich gewesen, dass der Kläger am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teilgenommen hat. Er hätte insoweit in seiner Tätigkeit nach außen hin in Erscheinung treten müssen und sich mit seinem an eine – wenn auch möglicherweise begrenzte – Allgemeinheit richten müssen und zwar in der Weise, dass er sich mit seiner Absicht, Teufelskralle zu veräußern, an den allgemeinen Markt hätte wenden müssen. Seine Tätigkeit hätte sich an einen unabgeschlossenen Kreis von Personen richten müssen. „Allgemeinheit” in diesem Sinne bedeutet eine unbestimmte Anzahl von Personen, die von vornherein nicht durch bestimme Merkmale fest umgrenzt ist (Sarrazin in Lenski/Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, Stand Januar 2010, § 2 Anm. 244 m.w.N.).
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger sich nicht an einen unabgeschlossenen Kreis von Personen gewandt hat. Er hat die Teufelskrallenwurzel lediglich durch ein einziges Unternehmen anfordern lassen. Er und seine Geschwister haben sich zu keinem Zeitpunkt an dritte Abnehmer gewandt oder für ihr Produkt Werbung betrieben. Der Kläger ist über den Verkauf an den einzigen Abnehmer hinaus nicht in Erscheinung getreten und hat insbesondere keine Eigeninitiative für den Handel entwickelt. Vielmehr hat er auf die Bestellung gewartet, die kommen konnte, jedoch nicht musste. Zeugnis dafür ist auch die weitere Entwicklung dieser Handelstätigkeit. Denn in den Jahren, in denen keine Bestellung erfolgte, haben keine Umsätze stattgefunden.
Etwas anderes kann auch nicht daraus ersehen werden, dass sich die Geschwister des Klägers an seinem „Handelsunternehmen” beteiligt haben. Zwar hat der Kläger schriftlich ausgeführt, die Beteiligung habe wegen des Einsatzes seiner Geschwister stattgefunden. Der Senat hat jedoch keinen Anhaltspunkt für diese Behauptung gefunden. Denn der Kläger hat per Telefon die Angebote seines Abnehmers angenommen, die Ware bei einem befreundeten Anbieter bestellt und die weitere Abwicklung dem Käufer überlassen. Für eine Beteiligung seiner Geschwister war bei dieser Vorgehensweise kein Raum. Dafür spricht auch, dass die Verträge, die der Kläger mit seinen Geschwistern abgeschlossen hat, nicht durchgeführt wurden. Der Kläger hat sich vielmehr, das, was er benötigte, genommen und den verbleibenden Rest – nach eigenem Belieben an seine Geschwister ausgeschüttet. Welche Motive für dieses Vorgehen maßgeblich waren und wie dies im Weiteren rechtlich zu qualifizieren ist, braucht der Senat vorliegend nicht zu entscheiden. Denn vorliegend kommt es allein darauf an, dass die stille Beteiligung mit Wissen und Wollen sämtlicher „Beteiligter” nicht in der erforderlichen Art und Weise durchgeführt wurde.
2. Der Beklagte war auch nach allgemeinen Grundsätzen nicht dazu berechtigt, den Teufelskrallenverkauf des Klägers als selbstständigen Gewerbebetrieb zu behandeln, selbst wenn man davon ausginge, der Kläger hätte sich in gewerblicher Weise am Marktgeschehen beteiligt.
Dem Beklagten ist zunächst dahin zuzustimmen, dass eine Einzelperson mehrere Gewerbebetriebe unterhalten kann. Aus der gemeinsamen Leitung durch denselben Inhaber kann daher nicht auf einen einheitlichen Betrieb geschlossen werden. Ob mehrere gewerbliche Unternehmen, die sich in einer Hand befinden, einen gewerblichen Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz darstellen, beurteilt sich danach, wie eng die objektiv zwischen ihnen bestehenden organisatorischen, wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen sind. Entscheidend ist das Gesamtbild der im Einzelfall vorliegenden Umstände (BFH-Urteil vom 14. September 1965 I 64/63 U, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 83, 438, Bundessteuerblatt – BStBl – III 1965, 656).
Bei der Frage des Bestehens eines einheitlichen Gewerbebetriebes oder selbstständiger Gewerbebetriebe ist danach zu differenzieren, ob die verrichteten Tätigkeiten verschiedener oder gleicher Art sind. Gleichartige Tätigkeiten ein und derselben Person sind jedenfalls in der Regel ein und demselben Betrieb zuzuordnen, wenn sie zeitgleich und innerhalb einer gewissen räumlichen Nähe zueinander ausgeübt werden (BFH-Beschluss vom 31. Juli 1996 III B 38/96, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 1997, 229).
Nach Ansicht des Senats führen die allgemeinen Abgrenzungskriterien im vorliegenden Fall zu keinem eindeutigen Ergebnis. Festzustellen ist zunächst, dass zwischen der Fleischverarbeitung und dem Verkauf der Wurstwaren auf der einen sowie dem Handeln der Teufelskralle auf der anderen Seite in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang gestanden haben, Lieferanten- und Kundenkreis haben sich nicht überschnitten.
Hingegen bestand zwischen beiden Unternehmen ein finanzieller Zusammenhang. Denn die Ergebnisse der Tätigkeiten erfasste der Kläger in einer einheitlichen Bilanz, aus der Forderungen seiner vorgeblich still beteiligten Geschwister lediglich unter „sonstige Verbindlichkeiten” aufgeführt sind sowie aus der Gewinn- und Verlustrechnung, in denen die Umsatzerlöse nebst Wareneingang aufgeschlüsselt sind (vgl. Urteil des Finanzgerichts – FG – Rheinland-Pfalz vom 1. Oktober 2009 – 4 K 1016/07, Haufe-Index 2379488, Juris; nachfolgend BFH-Beschluss vom 27. Mai 2010 X B 182/09, BFH/NV 2010, 1658).
Die Tätigkeiten des Klägers standen auch in einem organisatorischen Zusammenhang. Die Telefonate, mit denen er die Bestellung entgegennahm und die Teufelskrallenwurzel bestellte, führte er in den betrieblichen Räumlichkeiten der Fleischerei. Der Kläger verwendete zudem eingehendes Geld aus dem Bereich des Handels mit der Teufelskrallenwurzel im Fleischereibetrieb.
In tats ächlicher Hinsicht standen die Tätigkeiten des Klägers im Verhältnis der Über- und Unterordnung zueinander. Der Kernbereich des gewerblichen Schaffens des Klägers lag in den Vorjahren, im Streitjahr und in den Folgejahren im Bereich der Fleischverarbeitung und des Verkaufs. Den Handel mit der Teufelskrallenwurzel betrieb er „nebenbei” und gelegentlich.
Auf Grund der vorgenannten Umstände kommt der Senat im Wege der Gesamtbetrachtung zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeiten des Klägers – soweit er sie überhaupt als selbstständige gewerbliche Betätigung begreift – vgl. oben unter 1. –, dass der Handel mit der Teufelskralle gegenüber der Fleischverarbeitung und dem häuslichen Verkauf keinen eigenständigen Gewerbebetrieb in 2002 dargestellt hat.
Die Entscheidung der Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird zugelassen, § 115 Abs. 2 FGO.