02.08.2012 · IWW-Abrufnummer 122366
Landgericht Dortmund: Urteil vom 18.04.2012 – 2 O 423/09
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Dortmund
2 O 423/09
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.500,00 € (i. W.: siebentausendfünfhundert Euro) nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.11.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden nach einem Streitwert in Höhe von 7.500,00 € der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei dieser genommenen Unfallversicherung, der die AUB 95 zugrunde liegen, in Anspruch. Ziffer 6 der mitvereinbarten Besonderen Bedingungen für den "Unfall-Top-Schutz" lautet:
"Erleidet der Versicherte einen Verkehrsunfall als Führer oder Insasse eines Kraft-, Schienen-, Wasserfahrzeugs oder als Insasse eines Luftfahrzeugs, so erhöht der Versicherer die bedingungsgemäß errechneten Leistungen um Prozent. Das gleiche gilt, sofern der Versicherte als Radfahrer oder Fußgänger am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt und durch eine Kollision mit einem Kraft- oder Schienenfahrzeug oder mit einem sonstigen Verkehrsmittel einen Unfall erleidet.
..."
Wegen der Einzelheiten des Versicherungsscheines und des Bedingungswerkes wird auf die Anlagen zum Schriftsatz der Klägerseite vom 26.11.2009, Blatt 14 ff. d. A., sowie auf die Anlage B 1 zur Klageerwiderung Bezug genommen.
Der Kläger behauptet, er habe am 02.09.2007 einen Unfall erlitten. An diesem Tag sei er auf dem Parkplatz der Spielstätte des Fußballbundesligisten I Sportverein (derzeitiger Name: J) als Ordner eingeteilt gewesen. Seine Aufgabe habe darin bestanden, die heranfahrenden Pkw bezüglich eines Parkscheins für den sogenannten "Vorstandsparkplatz" zu kontrollieren. Bei Ausführung dieser Tätigkeit sei ihm ein Besucher des Stadions mit seinem Pkw über den linken Fuß gefahren. Er habe sich durch einen Sprung zur Seite vor dem heranfahrenden Pkw in Sicherheit bringen müssen. Der Sprung sei jedoch nicht weit genug erfolgt, so dass der Fahrer mit dem Vorderrad über den noch etwas vorstehenden linken Fuß gefahren sei. Er habe dabei Bundeswehrstiefel getragen, welche eine harte Lederkappe, aber keine Eisenverstärkung gehabt hätten. Er habe eine massive Quetschung des linken Vorderfußes. Durch die massive Quetschung der Gewebestrukturen seien zudem zwei Endäste des nervus tibialis verletzt worden. Seit dem Unfalltag bestehe ein starker und einschießender Schmerz im linken Vorderfuß.
Mit Schadensanzeige vom 24.09.2007 (Anlage B 3 zur Klageerwiderung) meldete der Kläger der Beklagten den Unfall unter Beifügung einer ausführlichen Schilderung des Hergangs. Die Beklagte wies den Kläger zunächst mit Schreiben vom 02.10.2007 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.07.2010, Blatt 88 f. d. A.) und dann noch mit Schreiben vom 17.10.2009 (Blatt 90 d. A.) auf einzuhaltende Fristen für die ärztliche Feststellung einer Invalidität hin. Daraufhin legte der Kläger das von X ausgefüllte Formular der Beklagten "Invaliditätsattest" vom 11.01.2008 (B 6) vor. Die Beklagte erhielt zudem einen ärztlichen Bericht des behandelnden Arztes L vom 05.09.2008 (B 7). Sodann lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 19.09.2008 die Erbringung einer Invaliditätsleistung ab. Nachdem der Kläger dagegen unter Vorlage eines ärztlichen Berichtes des L vom 22.09.2008 (B 9) remonstriert hatte, holte die Beklagte von L eine weitere Stellungnahme vom 29.10.2008 (B 10) ein und lehnte sodann mit Schreiben vom 04.11.2008 erneut die Leistungserbringung ab, diesmal unter Setzung der Frist aus § 12 Abs. 3 VVG a.F..
Einige Zeit später teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 22.09.2009 mit, dass ihr erstmals mit Schreiben vom 04.09.2009 des X2 (Anlage K 5 zur Klageschrift) mitgeteilt worden sei, dass von diesem ein Dauerschaden in Höhe von 1/10 Fußwert festgestellt worden sei. Danach bestehe die Möglichkeit, ein erneutes Gutachten einzuholen. Gleichzeitig wurde das Angebot unterbreitet, zur endgültigen Erledigung einen Abfindungsbetrag in Höhe von 3.750,00 € zu zahlen. Der Kläger nahm dieses Angebot nicht an.
Die am 28.10.2009 eingegangene Klageschrift ist der Beklagten am 20.11.2009 zugestellt worden.
Der Kläger begehrt eine Zahlung, deren Höhe er auf der Grundlage von 1/10 Fußwert berechnet (1/10 von 50 % bei einer Versicherungssumme von 100.000,00 € = 5.000,00 €, erhöht gemäß Ziffer 6 der Besonderen Bedingungen auf 7.500,00 €, da sich der Unfall im öffentlichen Straßenverkehr ereignet habe).
Der Kläger beantragt daher,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.500,00 € nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.11.2009 zu zahlen,
2. ihm zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten die Geschäftsgebühr von 661,16 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.11.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, es läge ein prädisponierender Faktor im Sinne einer deutlichen Absenkung des Fußgewölbes mit Ausbildung eines Platt- und Spreizfußes vor. Sie beruft sich daher auf eine Mitwirkung gemäß § 8 AUB 95.
Die Beklagte macht ferner geltend, es läge keine fristgerechte ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität vor.
Sie beruft sich zudem noch auf die Versäumung der Frist gemäß §§ 12 Abs. 3 VVG a.F..
Demgegenüber macht der Kläger geltend, die Beklagte habe im Jahr 2008 die Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. nicht mehr wirksam setzen können. Die Beklagte habe im Übrigen durch ihr Verhalten deutlich gemacht, dass sie aus der Fristüberschreitung keine Rechtsfolgen herleiten wolle. Sie habe auf die aus dem Fristablauf folgende Rechtsposition verzichtet. Die Berufung auf die abgelaufene Klagefrist sei zudem im Hinblick auf das außergerichtliche Vergleichsangebot der Beklagten treuwidrig.
Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beschlusses vom 12.07.2010 (Blatt 80 d. A.) durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme insoweit wird auf das Gutachten des Sachverständigen T vom 29.06.2011 nebst der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme auf orthopädischem Fachgebiet des L2 vom 24.06.2011 Bezug genommen.
Das Gericht hat ferner Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen E. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2012 (Blatt 160 ff. d. A.) Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet.
Nur wegen der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen ist sie unbegründet.
I.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf eine Invaliditätsleistung in Höhe von 7.500,00 € aus §§ 1, 179 f. VVG a. F. in Verbindung mit § 7 I. (1) AUB 95 und den Besonderen Bedingungen zu.
1. Die formellen Voraussetzungen für eine Invaliditätsentschädigung liegen vor. Nach § 7 I. (1.) Satz 3 AUB 95 muss die Invalidität innerhalb von 18 Monaten nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf von einer Frist von weiteren 3 Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein.
Bei dieser Regelung handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine Anspruchsvoraussetzung, die prozessual nicht verzichtbar ist und die die Parteien allenfalls unstreitig stellen können (OLG Celle NJOZ 2004, 612; r+s 2002, 260; OLG Frankfurt, r+s 2004, 518; OLG Hamm NVersZ 2001, 551; LG Dortmund NJOZ 2009, 2980). An die bedingungsgemäße ärztliche Invaliditätsfeststellung sind allerdings keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Sie muss sich nicht abschließend zu einem bestimmten Invaliditätsgrad äußern. Die Feststellungen der Unfallbedingtheit eines bestimmten Dauerschadens muss auch nicht richtig sein und dem Versicherer nicht innerhalb der bestimmten Frist zugehen, sofern sie nur fristgerecht getroffen worden ist. Allerdings müssen sich aus der Invaliditätsfeststellung die ärztlicherseits dafür angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen ergeben. Sie muss damit die ärztliche Aussage enthalten, dass das Unfallereignis für den Dauerschaden ursächlich ist, wobei die bloße Möglichkeit der Kausalität nicht ausreicht (OLG Hamm r+s 2007, 74; MDR 2006, 1045; OLG Frankfurt, r+s 2003, 29). Auch muss die Feststellung eine Aussage zur Invalidität dem Grunde nach treffen (BGH r+s 1997, 84).
a)
Diesen Anforderungen genügt nicht schon das Invaliditätsattest des X vom 11.01.2008. Zwar wird in diesem Formular die Frage "Ist infolge der Unfallverletzung innerhalb von 18 Monaten seit dem Unfall ein Dauerschaden eingetreten?" mit "Ja" beantwortet. Es fehlt jedoch jegliche Angabe über die Art der Auswirkungen. Die Frage "… welche Körperteile oder Sinnesorgane sind gebrauchsgemindert?" wird von X sinnwidrig mit "Ja" beantwortet. Danach bleibt offen, welche Körperteile durch welche Auswirkungen beeinträchtigt sind.
Ausreichend für eine ärztliche Feststellung ist hingegen das Attest des X2 vom 04.09.2009 (K 5). In diesem sind die Feststellungen zu einem Dauerschaden am linken Fuß hinreichend konkretisiert. Der Dauerschaden wird auch auf den Unfall vom 02.09.2007 zurückgeführt.
b) Allerdings erfolgte die hinreichende ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität durch X2 erst nach Ablauf der Frist des § 7 I Satz 4 AUB 95. Denn die hier bedungene Frist von 21 Monaten endete bereits am 02.06.2009.
Die Beklagte ist jedoch aus mehreren Gründen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben daran gehindert, sich mit Erfolg auf die Fristüberschreitung zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Berufung des Versicherers auf den Ablauf der Frist zur ärztlichen Feststellung rechtsmissbräuchlich, wenn dem Versicherer ein Belehrungsbedarf des Versicherungsnehmers hinsichtlich der Rechtsfolgen der Fristversäumnis deutlich wird, er aber gleichwohl eine solche Belehrung unterlässt. Davon kann auszugehen sein, wenn der Versicherte Invaliditätsansprüche geltend macht, seine Angaben oder die von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste den Eintritt eines Dauerschadens nahelegen, die erforderliche ärztliche Feststellung der Invalidität aber noch fehlt (BGH VersR 2006, 352, ständige Rechtsprechung; a.A Jacob VersR 2007, 456 ff., der die Anwendung des § 242 BGB ablehnt und gegebenenfalls eine Schadensersatzverpflichtung des Versicherers gemäß § 280 Abs. 1 BGB annehmen will; derselbe, jurisPR-VersR 9/2011 Anm. 5, wobei Jacob sich für seine Auffassung zu Unrecht auf ein Urteil des Landgerichts Dortmund vom 22.06.2011 ( Az: 2 O 432/10) beruft, da dort unter Ziffer III lediglich in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung ausgeführt wurde, dass das Fehlen der schriftlichen ärztlichen Feststellung (selbst) nicht mit den Grundsätzen von Treu und Glauben überwunden werden kann (siehe dazu wiederum OLG Hamm r+s 2007, 74; Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., Ziffer 2 AUB 2008, Rn. 23)).
Treuwidrig kann ein Versicherer auch dann handeln, wenn er innerhalb der Frist zur ärztlichen Feststellung ein Gutachten einholt, ohne den Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass dieser unbeschadet dessen für eine fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität zu sorgen hat (BGH VersR 2005, 639).
Auch hier wurde anlassbezogen eine Hinweispflicht des Versicherers ausgelöst. Nachdem das Invaliditätsattest des X vom 11.01.2008 vorlag, durfte der Kläger zunächst davon ausgehen, die formellen Voraussetzungen erfüllt zu haben. Immerhin hatte X auf dem Formular der Beklagten bestätigt, dass Dauerfolgen des Unfalles vorliegen. Demgegenüber hat sich die Beklagte weder in dem Ablehnungsschreiben vom 19.09.2008 noch in dem Ablehnungsschreiben vom 04.11.2008 auf das Fehlen der formellen Voraussetzung einer schriftlichen ärztlichen Invaliditätsfeststellung berufen. Sie hat die Ablehnungen stets inhaltlich mit dem Nichtvorliegen einer Invalidität begründet. Zuvor ist sie für den Kläger erkennbar nach Vorliegen des Invaliditätsattestes X in die Leistungsprüfung eingetreten ist. Auch danach musste der Kläger nicht mehr damit rechnen, dass ihm noch entgegengehalten werde, das Invaliditätsattest des X sei unzureichend. Für die Beklagte musste demgegenüber deutlich werden, dass für den Kläger ein Belehrungsbedarf bestand.
Diesem Belehrungsbedarf wurde nicht dadurch genügt, dass die Beklagte bereits mit Schreiben vom 02.10.2007 sowie 17.10.2007 Hinweise erteilt hatte. Zwar ist es richtig, dass die Schreiben ausführliche und zutreffende Hinweise zu den einzuhaltenden Fristen und den Konsequenzen einer Fristüberschreitung enthalten. Jedoch können allgemein erteilte Hinweise dann nicht als ausreichend angesehen werden, wenn (später) ein konkreter Belehrungsbedarf aus einem bestimmten Anlass heraus entsteht. Dies wird jedenfalls dann zu gelten haben, wenn - wie hier - für den Versicherer erkennbar die Gefahr besteht, dass der Versicherungsnehmer über das zu ihm zu Veranlassende trotz des früher erteilten Hinweises im Unklaren sein könnte (Knappmann in Prölss/Martin, a.a.O., Rn. 28 zur parallel gelagerten Problematik nach neuem Recht; vgl. Landgericht Dortmund, Urteil vom 22.10.2010, Az: 2 O 283/09).
Die für die Beklagte erkennbare Belehrungsbedürftigkeit des Klägers folgt aus einem weiteren Anlass. Denn ein Versicherer, der vor Ablauf der Frist des § 7 I (1) AUB Ansprüche dem Grunde nach ablehnt und gleichzeitig auf die Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. hinweist kann bewirken, dass ein Versicherungsnehmer sich darauf konzentriert nur die mitgeteilten Gründe der Leistungsverweigerung innerhalb der als einschlägig mitgeteilten Frist anzugreifen, um seine Ansprüche weiter zu verfolgen. Damit, dass ihm seine Ansprüche später nicht aus den mitgeteilten Gründen, sondern wegen der Versäumung anderer und sehr viel kürzerer Fristen als der des § 12 Abs. 3 VVG abgesprochen werden, wird ein Versicherungsnehmer in einem solchem Fall nicht rechnen (OLG Hamm NJW-RR 2005, 539, vgl. NJW-RR 1996, 863). So liegt es hier. In beiden Ablehnungsschreiben wird die Leistungsverweigerung nicht mit dem Fehlen der formellen Anspruchsvoraussetzung der schriftlichen ärztlichen Feststellung unfallbedingter Invalidität begründet.
2. Zur Überzeugung des Gerichtes steht auch fest, dass der Kläger einen Unfall im Sinne des § 1 III. AUB 95 erlitten hat. Der Zeuge E hat das bereits von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und nachvollziehbar geschilderte Geschehen des Überfahrens des Fußes bestätigt. Wenn auch der Zeuge E nur noch eine geschwächte Erinnerung an das Geschehen hatte, so ist ihm doch der Kern des Sachverhaltes im Gedächtnis geblieben. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen steht zudem außer Zweifel. Die Bekundungen des Zeugen, die sich mit den Erklärungen des Klägers decken, stehen zudem im Einklang mit den ärztlichen Befundberichten. So wurde bereits in dem Durchgangsarztbericht vom 02.09.2007 die Diagnose Vorfußquetschung links gestellt. Auch der gerichtliche Sachverständige geht in seinem überzeugenden Gutachten davon aus, dass der Kläger eine Quetschung des Vorderfußes erlitten hat. Bei alledem haben sich weder Anhaltspunkte für einen fingierten noch für einen aufgebauschten Versicherungsfall ergeben, so dass nach alledem das Vorliegen eines bedingungsgemäßen Unfalls außer Zweifel steht.
3. Das Gericht folgt der Einschätzung des Sachverständigen T, der den Invaliditätsgrad mit 1/10 Fußwert bemisst. Das Gutachten ist in jeder Hinsicht erschöpfend, nachvollziehbar und überzeugend. Der Sachverständige hat die ärztlichen Berichte und Gutachten ausgewertet und den Kläger untersucht. Auch die weitere Begutachtung auf orthopädischem Fachgebiet durch L2 hat er durchführen lassen. Die Einschätzung eines Invaliditätsgrades mit 1/10 Fußwert erscheint angesichts des Schmerzsyndromes im linken Vorfuß, das vor allem unter Belastung zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit führt, nachvollziehbar. Soweit die Beklagte gegen das Ergebnis des Sachverständigengutachtens lediglich vorbringt, die Schäden an den Nervenästen seien nicht objektivierbar, so vermag sie hiermit nicht durchzudringen. Zwar ist es zunächst richtig, dass der Sachverständige einräumt, dass eine ausreichend sichere objektivierbare Bemessung der sensiblen Endäste aus methodischen Gründen häufig nicht gelingt. Der Sachverständige hat aber die Würdigung, dass eine unfallbedingte Schädigung der sensiblen Nervenendäste im linken Vorfuß vorliegt nach kritischer Sichtung der Krankengeschichte getroffen. Diese Würdigung erscheint nachvollziehbar, zumal andere Ursachen für die bestehende Schmerzsymptomatik nicht ersichtlich sind. Von dem Bestehen der Schmerzsymptomatik bei dem Kläger ist das Gericht überzeugt, im Hinblick auf deren vielfache Dokumentation in den ärztlichen Berichten und Gutachten, der - offenbar auch für die Gutachter - fehlenden Anhaltspunkte für eine Aggravation und nicht zuletzt auch den für das Gericht glaubhaften Angaben des Klägers bei seiner Anh örung im Termin zur mündlichen Verhandlung.
4. Eine Leistungskürzung gemäß § 8 AUB 95 ist nicht veranlasst. Die insoweit beweisbelastete Beklagte hat das Vorliegen einer Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen bei der durch das Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung nicht bewiesen. Der von dem Sachverständigen T mit der Prüfung auf orthopädischem Fachgebiet beauftragte Sachverständige L2 hat eine Mitwirkung nicht bestätigt. Vielmehr hat er ausgeführt, dass Krankheiten oder Gebrechen, insbesondere ein Spreizfuß oder ein Knick-Senkfuß bei den durch das Unfallereignis verursachten Gesundheitsbeschädigungen nicht mitgewirkt haben. Diese Ausführungen hat sich der Sachverständige T in seinem Gutachten zu Eigen gemacht.
5. Gemäß Ziffer 6 der Besonderen Bedingungen ist die von der Beklagten zu erbringende Invaliditätsleistung um 50 % zu erhöhen. Denn der Kläger erlitt den Unfall als Fußgänger, der am öffentlichen Straßenverkehr teilnahm. Der Unfallort unterfällt hier dem öffentlichen Straßenverkehr.
Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Wenn allerdings die Rechtsprache mit einem in den Bedingungen verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verwendet, so ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die Bedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen (BGH Urteil vom 29.10.2008, Az: IV ZR 128/07; BGH
r+ s 2002, 80; NJW 2000, 2103/4).
Der Begriff des Straßenverkehrs wird in §§ 142, 315 b StGB, dem StVG, der StVO und der StVZO übereinstimmend dahin verstanden, dass er sich auf Vorgänge im öffentlichen Verkehrsraum bezieht (BGH NZV 2004, 479; Heß in Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 21. Aufl., § 1 StVO Rn. 5). Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verkehrsraum dann öffentlich, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird (BGH a.a.O., m.w.N.; BGH NJW 1961, 1124). Öffentlich sind danach nicht nur Verkehrsflächen, die nach dem Wegerecht des Bundes und der Länder dem allgemeinen Straßenverkehr gewidmet sind, sondern auch solche, deren Benutzung durch eine nach allgemeinen Merkmalen bestimmte größere Personengruppe durch den Berechtigten ausdrücklich oder faktisch zugelassen wird. Dabei nimmt es der Verkehrsfläche nicht den Charakter der Öffentlichkeit, wenn für die Zufahrt mit Fahrzeugen eine Parkerlaubnis oder für die Nutzung ein Entgelt verlangt wird. Wird aufgrund von Zugangsbeschränkungen nur einem beschränkten Personenkreis Zutritt zu einem Gelände gewährt, so handelt es sich um eine nicht öffentliche Verkehrsfläche. Bleibt dagegen ein Betriebsgelände der Allgemeinheit, d. h. einem nicht durch persönliche Beziehungen miteinander verbundenen Personenkreis zugänglich, so handelt es sich um einen öffentlichen Verkehrsraum (BGH a.a.O.). Müssen beispielsweise Besucher eines Reitturnieres Kassen passieren, um auf das betreffende Gelände zu gelangen, so bleibt das Gelände öffentlicher Verkehrsraum, solange der Besucherkreis selbst nicht beschränkt ist. In einem solchen Fall kommt es auch nicht darauf an, dass der Zugang zu anderen Zeiten nicht öffentlich gewesen sein mag (OLG Celle ZfS 1996, 312).
An Vorstehendem gemessen ereignete sich der Unfall im öffentlichen Straßenverkehr. Das Gericht folgt den glaubhaften Bekundungen des Zeugen Dachs, wonach über den Vorstandsparkplatz auch andere Tribünenbesucher zu Fuß liefen, was auch geduldet wurde. Der Zeuge hat hierzu ausgeführt, dass sich der Vorstands- oder VIP-Parkplatz über die Länge des Stadions hinzog. Insofern erscheint es nachvollziehbar, dass dieser Bereich auch von den übrigen Stadionbesuchern frequentiert wurde. Diese waren nicht, wie z. B. Mitglieder eines Vereins, durch persönliche Beziehungen miteinander verbunden. Allein das gemeinsame Interesse dieser Fußgänger, ein Fußballstadion zu besuchen, reicht nicht aus, den Kreis der Berechtigten so eng zu beschreiben, dass er "deutlich aus einer unbestimmten Vielheit möglicher Benutzer ausgesondert werden kann" (vgl. hierzu BGH NJW 1961, 1124). Selbst wenn die Zuschauer, bevor sie zu dem Bereich des Vorstandsparkplatzes gelangen konnten, zuvor eine Karte erworben haben mussten, so ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Denn es bestand für jedermann die Möglichkeit, sich eine Eintrittskarte zu kaufen und sodann das Stadion aufzusuchen. Ob sich etwas anderes dann ergeben würde, wenn das Stadion ausschließlich von Dauerkartenbesitzern aufgesucht würde - was für den hier in Rede stehenden Bundesligisten auszuschließen ist - kann offen bleiben.
Ein nicht öffentlicher Verkehrsraum wäre dagegen hier nur anzunehmen, wenn lediglich die Personen, die mit einem besonderen Ausweis für den Vorstandsparkplatz ausgestattet werden, diesen betreten und befahren hätten. Der Personenkreis wäre dann hinreichend begrenzt gewesen, um das Vorliegen eines öffentlichen Verkehrsraumes zu verneinen.
Nach alledem ist der Leistungsanspruch des Klägers in Höhe von 7.500,00 € entstanden. Aus einem Fußwert von 1/10 bei einer verbesserten Gliedertaxe mit 50 % für einen Fuß und einer Versicherungssumme von 100.000,00 € ergibt sich zunächst eine Invaliditätsleistung in Höhe von 5.000,00 €. Diese ist aufgrund der Voraussetzungen der Ziffer 6 der Besonderen Bedingungen für den "Unfall Top-Schutz" auf 7.500,00 € zu erhöhen. Der Betrag ist gemäß §§ 288, 291 BGB ab Rechtshängigkeit mit 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
6.
Der Anspruch des Klägers ist nicht durch die Versäumung der Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. erloschen. Denn die Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. konnte nach dem 31. Dezember 2007 wirksam nicht mehr gesetzt werden. Der Bundesgerichtshof hat jüngst die in Rechtsprechung und Literatur lebhaft umstrittene Rechtsfrage im vorgenannten Sinne entschieden (BGH Urteile vom 08.02.2012, Az: IV ZR 2/11 = Beck RS 2012, 05383 und IV ZR 223/10). Das Landgericht Dortmund, das zuvor eine abweichende Auffassung vertreten hatte (VersR 2010, 193 (195 f.), 196 (197)) schließt sich dem nunmehr aus Gründen der Rechtssicherheit an.
Auf die weitere zwischen den Parteien strittige Frage, ob ein konkludenter Verzicht der Beklagten auf die Rechtsfolgen der Versäumung der Klagefrist vorliegt oder der Geltendmachung der Fristversäumnis die Grundsätze von Treu und Glauben entgegenstehen, kam es danach nicht mehr an.
II.
Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Der Kläger kann einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus dem Rechtsgrund des Verzuges nicht mit Erfolg gegen die Beklagte geltend machen. Denn der Kläger ist dem Einwand der Beklagten, es könne an der Aktivlegitimation des Klägers fehlen, wenn hinter ihm ein Rechtsschutzversicherer stehe, nicht entgegengetreten. Für das Bestehen einer eintrittspflichtigen Rechtsschutzversicherung spricht ohnehin auch , dass aus der Zahlungsanzeige vom 05.08.2010 für den Sachverständigenvorschuss als Einzahler die E Versicherung hervorgeht (Blatt III d. A.). Ist der Kläger aber rechtsschutzversichert, so fehlt es ihm wegen des Anspruchsüberganges nach § 67 VVG a.F. an der Aktivlegitimation, mag er auch Zahlung lediglich zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten beantragen.
Nach alledem war zu erkennen, wie geschehen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92, 709 ZPO.
Das Teilunterliegen des Klägers fällt bei wertender Betrachtung für die Kostenentscheidung nicht ins Gewicht, da sich der Klageantrag zu 2.) nicht streitwerterhöhend auswirkt.