10.10.2012 · IWW-Abrufnummer 123074
Landgericht Münster: Urteil vom 19.07.2012 – 015 S 27/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Münster
015 S 27/11
Tenor:
Die Berufung der Klägerin und der Streithelferin gegen das am 09.12.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Klägerin und die Streithelferin tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und die Streithelferin können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 € abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Die Streithelferin unterhielt bei dem Beklagten eine Versicherung unter der Nummer ########. Am 24.09.2008 schloss die Streithelferin einen Vertrag mit der Klägerin, einer selbständigen Versicherungsmaklerin, der sie u.a. Vollmacht erteilte, sie gegenüber dem Versicherer zu vertreten, alle die Versicherungsverträge betreffenden Willenserklärungen abzugeben und bestehende Versicherungsverträge zu kündigen. Die Klägerin legitimierte sich durch Vorlage dieser Vollmacht gegenüber dem Beklagten und forderte ihn auf, ihr die dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Informationen zu übersenden. Der Beklagte erteilte Vertragsinformationen bezüglich eines ebenfalls bei ihm bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages, lehnte jedoch die Überlassung von Unterlagen für den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag an die Klägerin mit Schreiben vom 26.07.2010 ab, in dem er mitteilte: „Wir gehen grundsätzlich keine courtagepflichtige Zusammenarbeit mit Maklern ein und versenden auch keine Vertragsinformationen. Dennoch werden wir Willenserklärungen, die Sie im Namen des Kunden und unter Vorlage einer auf sie lautenden Vollmacht aussprechen, so behandeln, als seien diese Willenserklärungen vom Kunden selbst ausgesprochen worden. Den Schriftwechsel werden wir ausschließlich mit unseren Kunden führen“.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Münster Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, in Sachen der Versicherungsnehmerin I GmbH zukünftig die eigene Korrespondenz in dem Versicherungsvertrag ######## gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin auch über die Klägerin zu führen und
den Beklagten zu verurteilen, an sie 316,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2011 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und hierzu ausgeführt, die Klage sei mangels Prozessführungsbefugnis der Klägerin unzulässig. Eine gewillkürte Prozessstandschaft sei eine Prozesshandlung, die in einer § 80 ZPO entsprechenden Form zu erklären sei, was vorliegend nicht der Fall sei. Die Nebenintervention der Streithelferin sei zwar zulässig, führe aber nicht zu einem Parteiwechsel, mit der Folge, dass nunmehr eine Klage des Rechtsinhabers im eigenen Namen vorläge.
Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Eine Nebenpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB, sich zur Korrespondenz an einen von dem Vertragspartner verschiedenen Dritten zu wenden, bestehe nicht. Eine solche Nebenpflicht sei weder zum Schutz absoluter Rechtsgüter der Streithelferin erforderlich, noch diene diese der Vorbereitung, Durchführung und Sicherung der Hauptleistungspflicht des Vertrages in der Weise, dass ohne eine solche der vertraglich vereinbarte Leistungserfolg gefährdet oder eingeschränkt wäre. Das Interesse der Streithelferin, durch ein fachkundiges Unternehmen bzw. eine fachkundige Person eine umfassende Beratung in Versicherungsangelegenheiten zu erlangen, diese Angelegenheiten durch das Maklerunternehmen verwalten und betreuen und zur Vereinfachung der Abläufe die Korrespondenz mit dem Beklagten über die Maklergesellschaft führen zu lassen, sei nachzuvollziehen. Von dem Beklagten fordere sie dafür aber eine zusätzliche, von ihm nach den vertraglichen Regelungen nicht geschuldete Leistung. Den für den Vorteil der Streithelferin erforderlichen zusätzlichen Aufwand könne sie nicht auf den Beklagten abwälzen und von diesem verlangen und über die Konstruktion der Verpflichtung zur Korrespondenz mit Versicherungsmaklern das Vertriebsorganisationssystem des Beklagten unterlaufen, das auf den Vertrieb über sogenannte Ausschließlichkeitsvertreter organisiert ist . An dem Bestehen eines Handelsbrauchs im Sinne einer verpflichtenden Regel, die auf einer gleichmäßigen und freiwilligen Übung der beteiligten Kreise für vergleichbare Geschäftsvorfälle über einen angemessenen Zeitraum hinweg beruhe, bestünden Zweifel.
Hiergegen wenden sich die Klägerin und die Streithelferin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
Die Klägerin und die Streithelferin sind weiterhin der Ansicht, die Klage sei zulässig und die Ermächtigung formlos wirksam. Im Übrigen sei der Beklagte infolge einer Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet, mit der beauftragten Klägerin zu korrespondieren. Die Streithelferin sei versicherungsrechtlich Laie und deshalb, um sich selbst auf dem Versicherungsmarkt zurechtzufinden, auf die Unterstützung eines geeigneten Beraters angewiesen, dessen Auswahl ihr allein obliege. Durch sein Verhalten verhindere der Beklagte dies gerade. Sollte selbst die Korrespondenz mit einem Versicherungsmakler vom Versicherer verweigert werden dürfen, so würde sich kein Versicherungsmakler mehr bereitfinden, für einen Versicherungsnehmer tätig zu werden. Zudem sei der Versicherungsnehmer nach den Bestimmungen des VVG und der allgemeinen Versicherungsbedingungen oftmals zu einem unverzüglichen Tätigwerden verpflichtet und müsste sich gerade im Schadensfall mit einer schwierigen rechtlichen und tatsächlichen Materie auseinandersetzen, wobei er darauf angewiesen sei, dass er schnellstmöglich und unverzüglich Unterstützung erfahre. Eine Prüfung sei dem jeweiligen Vermittler jedoch nur bei zeitnaher und vollumfänglicher Information möglich, die bei einer Verhinderung des Versicherungsnehmers nicht stets sichergestellt sei. Im Übrigen führe die Einbindung eines zusätzlichen Bindegliedes zwischen den Beteiligten zu einer Anfälligkeit für Störungen. Im Übrigen ergebe sich die Korrespondenzpflicht auch aus einem entsprechenden Handelsbrauch, wozu der als erstinstanzlich benannte Zeuge K, Vorstands des Verbandes Deutscher Versicherungsmakler, Angaben machen könne.
Die Klägerin und die Streithelferin beantragen,
unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Münster vom 09.12.2011 (Aktenzeichen 28 C 2433/11) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, in Sachen der Versicherungsnehmerin I GmbH zukünftig die eigene Korrespondenz in dem Versicherungsvertrag ######## gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin auch über die Klägerin zu führen und
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 316,18 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2011 zu zahlen.
Der Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Klage sei von Anfang an unbegründet. Eine Korrespondenzverpflichtung mit einem Vertreter sei in der Rechtsprechung des BGH ausdrücklich verneint worden; eine derartige Pflicht lasse sich auch weder als leistungssichernde Nebenpflicht, noch als Schutzpflicht begründen, da sie weder notwendig sei, um den Leistungserfolg zu gewährleisten oder nicht zu gefährden, noch um das Integritätsinteresse zu schützen, sondern lediglich der Bequemlichkeit der Maklerin diene. Ihm sei es zum Schutz seiner Vertriebsstruktur nicht zuzumuten, mit Maklern zu korrespondieren. Er arbeite seit Jahrzehnten nur mit Ausschließlichkeitsvertretern zusammen und lehne deswegen jedwede courtagepflichtige Zusammenarbeit mit Maklern konsequent ab. Das Ausschließlichkeitsprinzip sei Herzstück und Fundament des Außendienstes bei dem Beklagten. Im Übrigen treffe ihn auch nach Abschluss des Versicherungsvertrages während der gesamten Dauer eine Beratungs- und Betreuungspflicht gegenüber seinem Versicherungsnehmer, die nicht durch die Einschaltung eines Maklers ende. Zudem führe Korrespondenz mit Maklern zu einem nicht unerheblichen Zeitaufwand, weil mit dem Bestand anderer Versicherungsverträge, nach früheren Versicherungsfällen, nach Bedingungen, nach Prämien, Beiträgen etc. gefragt werde und im Übrigen die Berechtigung zur Auskunftserteilung zu prüfen sei.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Allerdings ist die Klage entgegen der Ansicht des Amtsgerichts zulässig. Die Klage ist ausdrücklich in gewillkürter Prozessstandschaft erhoben. Dies setzt zum einen voraus, dass der Prozessführende ermächtigt ist, den geltend gemachten Anspruch in eigenem Namen einzuklagen, und zum anderen, dass er ein eigenes rechtliches Interesse an der Prozessführung hat. Beides ist vorliegend der Fall. Die Ermächtigung zur Prozessführung in eigenem Namen braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden; sie kann sich sogar aus schlüssigem Verhalten des Rechtsinhabers ergeben (BGH, NJW 89, S. 1933; NJW-RR 2002, S. 1377). Die Streithelferin hat die Klägerin vorliegend umfassend mit der Aktiv- und Passivvertretung gegenüber den jeweiligen Versicherern beauftragt. Mit ihrem Beitritt zum Rechtsstreit und der Vertretung durch den bereits von der Klägerin zugezogenen Prozessbevollmächtigten hat sie hinreichend deutlich gemacht, dass sie auf die Einbindung der Klägerin in die Korrespondenz mit dem Versicherer Wert legte.
Die Klägerin hat auch ein eigenes rechtlich beachtliches Interesse an der erstrebten Feststellung. Die Klage dient der Abklärung des Umfangs ihrer Rechte und Befugnisse als beauftragter Maklerin gegenüber dem Versicherer, wobei sich die Stellung der Klägerin im konkreten Fall zwar erst aus dem Auftragsverhältnis zum Versicherungsnehmer ableitet. Diese Klärung ist desungeachtet jedoch auch für die Vertretung anderer Versicherungsnehmer von Belang, da eine Änderung der generellen Verfahrenspraxis -zumindest des Beklagten - angestrebt wird. Dies betrifft nicht nur wirtschaftliche Erwägungen, sondern auch die rechtliche Stellung als Vertreter des Versicherungsnehmers insgesamt.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Insoweit hat das Amtsgericht die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Angesichts der unstreitig erklärten Bereitschaft des Beklagten zur Entgegennahme der von der Maklerin im Namen der Streithelferin abgegebenen Willenserklärung besteht Streit nur über eine aktive Korrespondenzpflicht des Beklagten, insbesondere über die Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin Auskünfte, Informationen und Unterlagen zu übermitteln.
Ein Anspruch auf Informationserteilung und Übermittlung von Unterlagen als Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertragsverhältnis ist jedoch nicht gegeben. Eine ausdrückliche Regelung hierzu ergibt sich weder aus Gesetz noch aus Vertrag. Auch aus § 241 BGB ist eine derartige Verpflichtung nicht herzuleiten.
In § 241 BGB werden keine konkreten Pflichten bestimmt, sondern lediglich mit Leistungs- und Rücksichtspflichten die beiden Grundtypen von Pflichten genannt, die sich aus dem Schuldverhältnis ergeben können. Bei der umstrittenen Korrespondenzpflicht handelt es sich nicht um eine Leistungspflicht. Eine der Hauptpflichten des Versicherungsvertrages wird hierdurch nicht berührt. Die Nebenleistungspflichten dienen aber nur der Vorbereitung, Durchführung und Sicherung der Hauptleistung. Sie sind auf der Herbeiführung des Leistungserfolgs bezogen und ergänzen die Hauptleistungspflicht. Die Frage, ob Informationen und Mitteilungen an den Versicherungsnehmer selbst oder an seinen Vertreter zu adressieren sind, berührt jedoch den Leistungserfolg nicht, zumal in diesem Zusammenhang lediglich in Streit steht, bei wem der Bearbeitungsmehraufwand anfällt.
Gemäß § 241 Abs. 2 BGB kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt auf jeden Fall zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Dies zielt darauf, die Rechte und sonstigen Rechtsgüter der Gegenpartei zu schützen. Schutzgegenstand ist dabei das Integritätsinteresse des anderen Teils, d.h., sein personen- und vermögensrechtlicher Status quo (Palandt, BGB 71, 1. Aufl., § 241 Rdnr. 6).
Das Integritätsinteresse der Streithelferin wird jedoch nicht dadurch berührt, dass der Beklagte trotz der Beauftragung der Klägerin weiterhin nur bereit ist, die Streithelferin direkt anzuschreiben und eventuell auch nur auf eigene Auskunftsersuchen der Streithelferin zu reagieren. Hinsichtlich der Frage des Unterlassens einer direkten Kontaktaufnahme zu dem vertretenden Vertragspartner hat der BGH (Urteil vom 08.02.2011, VI ZR 311/09, NJW 2011, S. 1005 zu unerwünschten Mahnschreiben) eine Rechtsverletzung abgelehnt und hierzu Folgendes ausgeführt:
„(...) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt“.
Diese Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall heranzuziehen. Eine ausdrückliche Regelung, wonach die Streitverkündete als Versicherungsnehmerin dem Beklagten verbindlich vorschreiben könnte, mit wem dieser zu korrespondieren hätte, besteht nicht. Die Fälle, in denen zwingend nur der Bevollmächtigte zur Korrespondenz zuzulassen ist, sind als Ausnahme vom Regelfall ausdrücklich gesetzlich geregelt. Ein derartiger Ausnahmefall liegt vorliegend nicht vor.
Auch die Beauftragung der Klägerin durch die Streitverkündete führt nicht zu einer derartigen Verpflichtung. Die Streitverkündete kann nicht einseitig ihrem früheren Vertragspartner weitergehende zusätzliche Pflichten dadurch auferlegen, dass sie zu Lasten des früheren Vertragspartners weitere Verträge schließt. Der Beklagte ist nicht dazu verpflichtet, der durch die Streithelferin beauftragten Klägerin deren Tätigkeit zu erleichtern und durch aufbereitete Daten und Informationen die Übernahme des Maklerauftrags wirtschaftlich sinnvoll werden zu lassen. Im Rahmen der Verpflichtung zur Rücksichtnahme durfte der Beklagte seine eigenen Interessen an der Abwicklung der Informationserteilung gegenüber den Interessen des Klägers abwägen. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Weiterleitung von Informationen durch die Streithelferin an die Klägerin für die Streithelferin keine besondere Erschwernis bedeutet. Konkret ist hierfür nichts vorgetragen. Für den Beklagten wäre demgegenüber eine besondere Erschwernis gegeben, beginnend mit der Frage der Überprüfung des Umfangs und der Reichweite der erteilten Vollmacht, die in jedem Einzelfall einen unterschiedlichen Inhalt haben kann. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Versicherungsvertragsangelegenheiten betreffende Korrespondenz für den Beklagten im Gegensatz zu der Streitverkündeten im Regelfall um ein ausgesprochenes Massengeschäft handelt, bei dem Makleranfragen im Vergleich zu eigenen Anfragen der Versicherungsnehmer zu einem nicht unerheblichen Mehrunkostenaufwand führen. Denn die Anfragen der Makler beinhalten, wie der Kammer aus dem von dem Beklagten genannten Verfahren 115 O 186/11 LG Münster bekannt ist, auch eine Reihe von Punkten, die entweder den Versicherungsnehmern bekannt oder aus den dem Versicherungsnehmer bereits übersandten Unterlagen erkennbar sind, wie Übersichten über vorhandene Verträge, Leistungsübersichten, Fälligkeiten, Beiträge, Schadensquoten, Zweitschriften der Police, Auskünfte zu Nachfolgeverträgen, etwaige Nebenabreden und Sondervereinbarungen, Rentabilitätsberechnungen, Einzelaufstellungen oder Schadenaufstellungen der letzten 5 Jahre.
Eine Nebenpflicht des Beklagten, die Streitverkündete im Verhältnis zur Klägerin von der Vorlage vorhandener Unterlagen und der Beantwortung solcher Fragen zu entlasten, die für die Klägerin als Maklerin zur Beurteilung der versicherungsvertraglichen Situation des Streitverkündeten bedeutsam sind, kann dem Versicherungsvertrag, der zwischen den Parteien bestanden hat, nicht entnommen werden.
Die Berufungsführer können sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf einen Handelsbrauch berufen. Die Frage eines Handelsbrauchs ist für die Auslegung und die Rechtsfolgen von Willenserklärungen und anderen Handlungen und Unterlassungen bedeutsam. Wer sich einem Brauch nicht unterwerfen will, muss seiner Geltung vor oder bei Vertragsschluss ausdrücklich widersprechen (Baumbach/Hofft, HGB, 35. Aufl. 2012, Rdnrn. 1 und 8). Vorliegend geht es nicht um die Auslegung von Willenserklärungen oder Verhaltensweisen, sondern um zusätzliche Verpflichtungen. Der Beklagte hat unmittelbar nach der Meldung der Klägerin mit Schreiben vom 26. Juli 2010 unmissverständlich erklärt, dass er Willenserklärungen der Klägerin, die im Namen und mit Vollmacht der Streitverkündeten abgegeben seien, so behandeln werde, als seien diese Willenserklärungen vom Versicherungsnehmer selbst ausgesprochen worden. Im Übrigen werde er ausschließlich den Schriftwechsel mit dem Versicherungsnehmer führen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte, der für sich Kaufmann ist, auch Privatleute zu seinen Versicherungsnehmern zählt. Für eine unterschiedliche Verfahrensweise zwischen kaufmännischen Versicherungsnehmern und privaten Versicherungsnehmern ist ein sachlicher Grund nicht ersichtlich. Auf die Stellung der Klägerin kommt es insoweit nicht an. Auch nach dem Vorbringen der Berufungsführer sind vertragliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht existent.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Kammer lässt die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO zu, da die Frage nach einer Pflicht eines Versicherungsunternehmens, mit einem Makler anstelle des jeweiligen Versicherungsnehmers zu korrespondieren, über den zu entscheidenden Fall hinausgehende Bedeutung hat.