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27.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123603

Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 01.06.2012 – I-20 U 107/12

1.

In der Leitungswasserversicherung können in einem Gebäude zwei Wasserversorgungssysteme - eines für Wasser der öffentlichen Wasserversorgung und eines für Grundwasser - bestehen.
2.

Rohre der Wasserversorgung sind nur solche, die im Zeitpunkt des Wasseraustritts der Heranführung oder Ableitung von Wasser dienen. Verbliebene Rohre der früheren Wasserversorgung mit Grundwasser, die mit dem das Wasser aus der öffentlichen Versorgung führenden Rohren nicht (mehr) verbunden sind, sind nicht (mehr) solche der Wasserversorgung. Bei aus ihnen heraustretende Wasser handelt es sich nicht um Leitungswasser.


OLG Hamm, 01.06.2012

I-20 U 107/12

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe

Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts.

Das Landgericht hat die Klage zutreffend abgewiesen; die dagegen gerichteten Berufungsangriffe des Klägers bleiben ohne Erfolg.

1.

Der Kläger macht Ansprüche auf Entschädigung wegen eines am 26.08.2010 eingetretenen Wasserschadens in einem Kellerraum des vom Kläger angemieteten Wohnhauses aus der zwischen den Parteien bestehenden Hausratversicherung geltend. Zunächst war das Wohngebäude in früherer Zeit über einen Brunnen mit Grundwasser versorgt worden; nach Anschluss des Gebäudes an die öffentliche Wasserversorgung wurde kein Brunnenwasser mehr genutzt. Ein vom Brunnen in den Keller führendes Rohr blieb vorhanden, hatte jedoch keine Verbindung mehr zum Wasserversorgungssystem des Hauses. Am 26.08.2010 trat aufgrund einer Undichtigkeit an dem Rohrendstück Wasser aus.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es sich bei dem von dem Brunnen in den Kellerraum führenden Rohr um kein Zu- oder Ableitungsrohr der Wasserversorgung gehandelt habe, weil es mit dem Wasserversorgungssystem des Hauses nicht verbunden gewesen sei. Bei dem ausgetretenen Wasser handele es sich demnach auch um kein Leitungswasser.

Hier gegen richtet sich die Berufung des Klägers, der geltend macht, dass es nicht entscheidend sei, dass das fragliche Zuleitungsrohr nicht in Betrieb gewesen sei und nicht der aktiven Wasserversorgung gedient habe. Die Aktivität der Versorgungsleitung sei nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines Versicherungsfalls. Nach dem erkennbaren Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen sei Gegenstand einer Leitungswasserversicherung jedes wasserführende Rohr im Gebäude.

2.

Die angefochtene Entscheidung trifft zu. In dem Wasseraustritt aus dem Brunnenwasser führenden, nicht mit dem Wasserversorgungssystem verbundenen Rohrendstück liegt kein versicherter Leitungswasserschaden.

Nach § 3 der hier zunächst vereinbarten "Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 92 Fassung Januar 1995)" bzw. nach § 1 der hier sodann einbezogenen "Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen AHR 2004" werden versicherte Sachen entschädigt, die durch Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden. Leitungswasser ist nach § 7 Nr. 1 VHB 92 bzw. AHR 2004 - soweit hier von Bedeutung - nach lit a Wasser, das aus Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung oder damit verbundenen Schläuchen oder dass nach lit b aus mit den Rohren der Wasserversorgung verbundenen Einrichtungen oder aus deren wasserführenden Teilen bestimmungswidrig ausgetreten ist.

Ein Leitungswasserschaden nach § 7 Nr. 1 lit a VHB 92 bzw. AHR 2004 liegt nicht vor, weil das Brunnenwasser führende Rohrendstück kein Zu- oder Ableitungsrohr der Wasserversorgung bildete. Zwar lässt es der Bedingungswortlaut zu, dass in einem Gebäude zwei versicherte Wasserversorgungssystem - eines für Wasser der öffentlichen Wasserversorgung und eines für Grundwasser - bestehen (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2004, 1310 Rz 21 zitiert nach [...]). Ein solcher Fall war jedoch in dem vom Kläger bewohnten Haus nicht gegeben: Vielmehr erfolgte die Wasserversorgung zum Zeitpunkt des Schadensfalles allein über das öffentliche Leitungsnetz. Zwar waren die früher zur Wasserversorgung mit Grundwasser genutzten Rohre auch weiterhin vorhanden; mittels dieser Rohre wurde zum Vorfallszeitpunkt jedoch Wasser zur Wasserversorgung weder zu- noch abgeleitet. Damit hatte das früher Brunnenwasser heranführende Rohrsystem seine Funktion, der Wasserversorgung zu dienen, verloren. Das undicht gewordene Rohrendstück war damit keine Zuleitung der Wasserversorgung mehr, sondern lediglich ein Rohr, das mit Wasser gefüllt war.

Ein Leitungswasserschaden liegt auch nicht nach § 7 Nr. 1 lit b VHB 92 bzw. AHR 2004 vor. Denn dann müsste es sich bei dem Brunnenwasser führenden Rohrendstück um eine mit den Rohren der Wasserversorgung verbundene Einrichtung handeln. Mit diesen hat jedoch gerade keine Verbindung bestanden, weil diese das Vorliegen einer Maßnahme, die einen planmäßigen Wasserlauf zwischen den Einrichtungen und den Rohren gewährleistet, erfordert (vgl. Wälder in Halm/Engelbrecht/Krahe, Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 4. Aufl., 9. Kapitel Rz 613). Hieran fehlt es, weil das Brunnenwasser führende Rohrendstück mit den Wasserversorgungsrohren des Hauses zum maßgeblichen Zeitpunkt des Versicherungsfalls nicht mehr verbunden war.

Entgegen der Meinung der Berufung kommt dem Umstand, dass das fragliche Rohrendstück früher Teil der Wasserversorgung mittels Brunnenwassers gewesen ist, keine Bedeutung zu. Der Bedingungswortlaut lässt keinen Zweifel daran zu, dass die Zerstörung oder Beschädigung von versicherten Sachen nur dann einen Versicherungsfall darstellt, wenn diese "durch Leitungswasser" erfolgt. Leitungswasser kann jedoch bedingungsgemäß nur solches sein, welches zum Vorfallszeitpunkt aus einem Rohr der Wasserversorgung austritt.

Auf die Gebührenermäßigung bei Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222) wird hingewiesen.

Zumdick

Dr. Wohlthat

Kilimann

die Berufung ist auf den Hinweis des Senats zurückgenommen worden