16.07.2013 · IWW-Abrufnummer 132188
Oberlandesgericht Bamberg: Urteil vom 01.07.1994 – 3 U 77/92
Der Lagerhalter kann sich nicht auf den Haftungsausschluß gemäß § 41 ADSp berufen, wenn er entgegen einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung Waren nicht in einem abgeschlossenen Raum gelagert hat. Aus dieser vertraglichen Vereinbarung resultieren gesteigerte Sorgfaltspflichten.
Einer Schadensersatzpflicht des Lagerhalters steht nicht entgegen, daß dem Vertragspartner bekannt war, daß ein Teil seiner Waren außerhalb der geschlossenen Räume gelagert war. Ein Einverständnis im rechtsgeschäftlichen Sinne liegt hierin nicht.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.02.1992 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 04.03.1992 - 89 O 27/89 - teilweise abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 32.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch Vorlage einer Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.
Tatbestand
Die Beklagte beauftragte die Klägerin im Jahre 1987 mit der Einlagerung, Lagerung, Kommissionierung und Auslieferung von Hifi-Geräten und artverwandten Produkten. Dem Vertragsschluß lagen Besprechungen der Parteien und ein Angebot der Klägerin vom 02.06.1987, das sie durch Schreiben vom 22.09. und 23.09.1987 ergänzte, zugrunde. In dem Schreiben der Klägerin vom 02.06.1987 heißt es unter anderem wie folgt: "Die genaue Kontrolle der einzulagernden Ware, Lagerung in einem abgeschlossenen Raum sowie sorgfältige Kommissionierung durch unser geschultes Personal bei unserer Niederlassung in D. ist garantiert". Das Entgelt für die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen sollte 34,18 DM pro 100 kg betragen. Für die von ihr erbrachten Leistungen stellte die Klägerin der Beklagten eine Summe von 124.824,20 DM in Rechnung. Hierbei rechnete sie in der Weise ab, daß sie bei jeder Sendung den Preis von 34,18 DM für auch nur angefangene 100 kg in Ansatz brachte. Die Beklagte zahlte auf die Rechnungen insgesamt 18.028,76 DM. Den Differenzbetrag hat die Klägerin mit der Klage geltend gemacht.
Sie hat die Auffassung vertreten, die gebotene Auslegung der Preisvereinbarung "34,18 DM pro 100 kg" führe dazu, daß sie die jeweils angefangenen 100 kg auf volle kg aufrunden dürfe. Dies entspreche auch einem bestehenden Handelsbrauch. Sie hat beantragt,
Die Beklagte zu verurteilen, an sie 106.735,44 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 23.01.1989 und 50,-- DM vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Gegenüber der ihrer Berechnung nach verbleibenden Forderung von 84.935,02 DM hat sie mit Schadensersatzansprüchen wegen des Abhandenkommens von Lager- und Auslieferungsgut die Aufrechnung erklärt. In der Nacht vom 16. auf den 17.12.1987 ist - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - in die Lagerhalle der Klägerin eingebrochen worden. Hierbei sind Waren der Beklagten abhanden gekommen, deren Wert sie auf 29.652,50 DM netto beziffert hat. Die Beklagte hat behauptet, in dem Lager hätten chaotische Zustände geherrscht. Die Klägerin habe die Auflagen der Versicherung nicht eingehalten und nicht geprüft, ob der Versicherungsschutz ausreichend gewesen sei. Überdies seien die Waren entgegen den getroffenen Absprachen nicht in einem gesonderten, verschlossenen Raum gelagert worden.
Die Beklagte hat ferner mit Ansprüchen aus Inventurzählungen, bei denen Fehlmengen festgestellt worden sind, die Aufrechnung erklärt. Sie hat den Wert der in Verlust geratenen Waren auf 112.402,55 DM beziffert. Sie hat schließlich behauptet, bei ihren Kunden seien von der Klägerin transportierte Waren im Werte von 17.889,90 DM nicht eingetroffen. Der Umfang des Verlustes und der Wert der Waren sei bei allen Positionen zutreffend angegeben.
Die Parteien haben in diesem Zusammenhang darüber gestritten, ob sich die Klägerin gegen die Aufrechnung auf § 41 a ADSp berufen kann, ob das Aufrechnungsverbot des § 32 ADSp eingreift und ob die Ansprüche der Beklagten nach § 64 ADSp verjährt sind.
Das Landgericht hat durch ein erstes Urteil vom 25.08.1989 - 89 O 27/89 - der Klage nach Beweisaufnahme in Höhe von 67.185,91 DM stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten und Anschlußberufung der Kl ägerin hat der Senat durch Urteil vom 16.10.1990 - 3 U 220/89 - das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Landgericht habe zu Unrecht als unstreitig angenommen, daß die für gerechtfertigt angesehenen Aufrechnungsforderungen ihren Grund in auf dem Transport zu Kunden eingetretenen Verlusten hätten. Aus den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen folge, daß die KVO nur für den tatsächlichen Vorgang des Transportes Anwendung finden könne. § 32 ADSp greife vorliegend nicht. Ferner bedürfe die Frage der Sachaufklärung, ob ein Fall des groben Verschuldens eines leitenden Angestellten der Klägerin vorliege mit der Folge, daß sich diese nicht auf den Haftungsausschluß berufen könne. Gesichtspunkte der Treuwidrigkeit stünden der Anwendung von§ 41 a ADSp hingegen nicht entgegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Senats vom 16.10.1990 (Bl. 233 bis 237 d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat zu der getroffenen Preisvereinbarung erneut behauptet, bei den Vorgesprächen sei man übereingekommen, jeweils angefangene 100 kg voll zu berechnen.
Sie hat erneut beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 106.735,44 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 23.01.1989 sowie 50,-- DM vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat erneut die Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen wegen des Abhandenkommens von Lager- und Auslieferungsgut erklärt. Den ihr aus dem Einbruchsdiebstahl entstandenen Schaden hat sie auf 28.803,85 DM beziffert (Bruttobetrag abzüglich der Versicherungssumme von 5.000,-- DM), den aus den Fehlmengenmeldungen auf 88.130,97 DM. Sie hat behauptet, die bei dem Einbruchsdiebstahl entwendeten Güter seien abredewidrig zum größten Teil außerhalb des Verschlußraums gelagert gewesen. In dem Lager hätten chaotische Zustände geherrscht. Jedermann habe ungehinderten Zugang und damit Zugriff gehabt. Kontrollen habe es nicht gegeben. Die personelle Ausstattung sei völlig unzureichend gewesen. Hieraus folge, so hat die Beklagte die Auffassung vertreten, ein grobes Organisationsverschulden der Klägerin bei der Lagerhaltung. Den ihr aus Transportverlusten entstandenen Schaden hat die Beklagte auf 17.889,90 DM beziffert.
Sie hat beantragt,
hilfsweise,
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 67.185,91 DM nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit sowie weitere 39.549,53 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 23.01.1989 zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die Aufträge seien von der Beklagten durch persönlich überbrachte Lieferscheine erteilt worden. DieÜbernahme der Ware sei im Lager mit Stückzahlkontrolle durch den zuständigen Lagermeister erfolgt. In einem Fall seien bei derÜbernahme elf leere Kartons festgestellt worden. Der Beklagten sei ein abgeschlossener Raum mit einer Größe von 130 qm zur Verfügung gestellt worden, der aber bei weitem für die Lagerung ihrer Güter nicht ausgereicht habe. Der Teil der Ware, der dort nicht habe untergebracht können, sei in die geschlossene Lagerhalle verbracht worden. Die Bestandsführung des Lagers sei manuell erfolgt. Die Kommissionierung der einzelnen Aufträge sei von dem Lagerverwalter überwacht worden. Fehlbestände seien ausschließlich auf eigenmächtige Entnahmen der Geschäftsführer der Beklagten zurückzuführen.
Das Landgericht hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen K. M., D. W. und H. J. erhoben und die Beklagte unter Klageabweisung im übrigen zur Zahlung von 67.245,91 DM verurteilt. Die Kammer hat erneut bei angefangenen 100 kg den Preis von 34,18 DM pro rata kg zugrundegelegt. Die Aufrechnung hat das Landgericht zum größten Teil nicht für gerechtfertigt angesehen. Der Aufrechnung wegen der im Zusammenhang mit dem Einbruchsdiebstahl und den Inventurfehlmengen erlittenen Schäden stehe nämlich die Vorschrift des § 41 a ADSp entgegen. Ein grobes Verschulden eines leitenden Angestellten bei der Organisation, Überwachung und Durchführung des Lagerbetriebes stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht fest. Die Beklagte habe die Lagerung ihrer Waren außerhalb des verschlossenen Raumes geduldet und damit ihre faktische Zustimmung zu einer nicht getrennten Lagerung erteilt. Eine personelle Unterbesetzung stehe nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest. Zwar bestünden Anhaltspunkte für eine Überlastung des Lagerverwalters. Auch dies sei aber der Beklagten bekannt gewesen. Wegen Fehlbestände im Wert von 17.749,91 DM könne die Beklagte hingegen aufrechnen. Bezüglich dieser Waren sei ganz überwiegend von einem Verlust im Einflußbereich der Klägerin bei einem Transport im Fernverkehr auszugehen. Die Klägerin habe den ihr obliegenden Nachweis, daß die Waren an Kunden der Beklagten ausgeliefert worden seien, nicht erbracht. Etwas anderes gelte nur für eine Fracht im Werte von 140,79 DM zu der Firma H. nach Neuss, die dem Nahverkehrsbereich zuzuordnen sei.
Gegen das ihr am 11.03.1992 zugestellte Urteil hat die Beklagte unter dem 23.03.1992 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 19.06.1992 begründet. Sie meint, die Klägerin habe die Beweislast dafür, daß sie und ihre leitenden Angestellten nicht grob fahrlässig gehandelt hätten. Überdies stehe entgegen der Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil ein grober Organisationsmangel fest. Sie behauptet, der abgeschlossene Raum habe bei planvoller Sortierung für die Aufnahme aller von der Beklagten eingelagerter Waren ausgereicht. Jedenfalls sei die Klägerin gehalten gewesen, für eine getrennte, abgeschlossene Lagerung Sorge zu tragen.
Sie beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil für zutreffend. Jedenfalls, so vertritt sie die Auffassung, sei der Beklagten ein Mitverschulden anzulasten.
Der Senat hat zur Höhe des der Beklagten entstandenen Schadens Beweis durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Kfm. U. A. erhoben. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 18.01.1994 (Bl. 512 bis 536 d.A.) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die überreichten Urkunden Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht für die von ihr erbrachten Leistungen kein Anspruch auf Vergütung aus dem von den Parteien geschlossenen Lager- und Speditionsvertrag zu. Die in zweiter Instanz jetzt noch geltend gemachte Forderung der Klägerin von 67.245,91 DM, die den vom Landgericht abgezogenen Betrag (21.800,42 DM und 17.749,11 DM) nicht mehr angegriffen hat, ist in voller Höhe durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen. Der Beklagten stehen aus den Warenverlusten infolge des Einbruchsdiebstahles und den bei den Inventuren festgestellten Fehlmengen Schadensersatzansprüche in Höhe von insgesamt 78.734,31 DM zu,über die der Senat in Höhe von 67.245,91 DM zu befinden hatte. Das Begehren der Beklagten findet seinen rechtlichen Grund in §§ 417 Abs. 1, 407 Abs. 2, 390 HGB, 51 ADSp. Dem stehen weder das Aufrechnungsverbot des § 32 ADSp noch Gesichtspunkte der Treuwidrigkeit entgegen. Der Senat ist insoweit entsprechend dem Gedanken der §§ 318, 565 Abs. 2 ZPO an die in dem Urteil vom 16.10.1990 niedergelegte Rechtsauffassung gebunden (BGH, NJW 1992, 2831, 2832; Zöller/Vollkommer, ZPO, 18. Aufl., § 318 Rdz. 14). Die Klägerin ist von ihrer Haftung nicht gemäß § 41 ADSp freigestellt. Sie hat zwar eine Speditionsversicherung in der Form einer sogenannten Sp-Versicherung abgeschlossen, die den Anforderungen des § 39 ADSp genügt, weil sie denselben Versicherungsschutz wie die SVS/RVS bietet (vgl. Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 28. Aufl., § 39 ADSp Anm. 2; SVS/RVS Anm. 2). Die Berufung auf die Haftungsfreizeichnung nach § 41 ADSp ist der Klägerin aber vorliegend verwehrt, weil sie und ein leitender Angestellter grob fahrlässig gehandelt haben.
Der der Beklagten aus dem Einbruchsdiebstahl vom 16./17.12.1987 entstandene Schaden beruht auf einem grob fahrlässigen Organisationsmangel des Leiters der Niederlassung D., des Zeugen W., der der Klägerin zuzurechnen ist. Dieser Organisationsmangel liegt darin begründet, daß die von der Beklagten eingelagerten verhältnismäßig hochwertigen und damit in besonderem Maße Zugriffen Dritter ausgesetzten Waren nicht sämtlich in einem verschlossenen Raum untergebracht waren. Eine solche Pflicht wird unter Hinweis auf die im Speditions- und Lagergewerbe üblichen Gepflogenheiten zum Teil ohne weiteres bei elektronischen Waren, die besonders diebstahlsgefährdet sind, bejaht (LG Saarbrücken, TranspR 1991, 157, 158). Es kann dahinstehen, ob der vorgenannten Auffassung zu folgen ist. Die Verpflichtung der Klägerin zur Lagerung der Waren in einem abgeschlossenen Raum folgt vorliegend aus den von den Parteien getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Das Angebot der Klägerin vom 02.06.1987 verhält sich über die Lagerung der Güter in einem abgeschlossenen Raum. Hiervon ist auch in der an die Klägerin gerichteten hausinternen Mitteilung des Zeugen W. vom 09.09.1987 die Rede, wenn auch im Hinblick auf eine staubfreie Lagerung. Die Klägerin war sich indessen der Diebstahlsgefahr bewußt; anderenfalls wäre der Hinweis in Anm. 1 des vorgenannten Vermerks auf die Sicherheitsauflagen der Versicherung nicht verständlich. Dem steht auch nicht entgegen, daß der Beklagten die Lagerung eines Teils ihrer Güter außerhalb des verschlossenen Raumes bekannt war. Ein Einverständnis im rechtsgeschäftlichen Sinne liegt hierin nicht. Die Beklagte hat vielmehr schon vor dem Diebstahl darauf gedrungen, daß die Auflagen ihrer Versicherung eingehalten werden. In dem Schreiben vom 22.09.1987 sind die aus Sicht der Beklagten erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen für das Verschlußlager im einzelnen aufgeführt. Diese Vorkehrungen hat die Klägerin indes nicht getroffen. Es war aber ihre Sache, die Voraussetzungen für eine vertragsgerechte Lagerung der Güter zu schaffen, oder gegebenenfalls die Beklagte darauf hinzuweisen, daß sie dieses nicht vermag. Die vertragliche Abrede ist eindeutig. Abgerechnet wurden die Leistungen der Klägerin auch nicht etwa pauschal pro Monat nach der für das Lagern erforderlichen Fläche, sondern nach tatsächlich eingelagerten und kommissionierten kg ohne Rücksicht auf die Verweildauer. Abgesehen von dem Vorstehenden steht eine umfassende Einwilligung der Beklagten mit der tatsächlich praktizierten Lagerung ihrer Güter auch außerhalb des Verschlußraums nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht fest. Die Zeugen M. und W. haben übereinstimmend und glaubhaft bekundet, daß die Geschäftsführer der Beklagten die Art der Lagerung moniert und auf Abhilfe gedrängt haben. Mit Rücksicht darauf hält der Senat ein Einverständnis der Beklagten nicht für gegeben. Wegen der seitens der Beklagten erhobenen Beanstandungen ist das Schadensersatzbegehren auch nicht rechtsmißbräuchlich.
Die Pflichtverletzung der Klägerin ist für den eingetretenen Schaden auch kausal. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß die bei dem Einbruchsdiebstahl entwendete Ware in der fraglichen Nacht außerhalb des abgeschlossenen Raumes gelagert worden ist. Der Zeuge M. hat glaubhaft bekundet, Waren im Werte von 25.844,25 DM kommissioniert und außerhalb des Verschlußraumes abgestellt zu haben. Seine Aussage deckt sich mit den Bekundungen des Zeugen W..
Das Bestreiten der Klägerin mit Nichtwissen, daß bei dem Waren in dem von der Beklagten dargelegten Umfang gestohlen worden sind, ist zum einen unzulässig. Die Güter sind von der Klägerin nach einer Stückzahlkontrolle entgegengenommen worden und befanden sich in ihrem Gewahrsam. Überdies hat die Klägerin den Umfang des durch den Diebstahl entstandenen Verlustes ausweislich des Schreibens vom 12.01.1988 tatsächlich überprüft. Mit Rücksicht darauf wäre die Klägerin gehalten gewesen, zu dem Umfang des Diebstahls konkrete Einwendungen zu erheben. Zum anderen steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, daß Waren in der von der Beklagten geltend gemachten Größenordnung gestohlen worden sind. Das folgt aus denübereinstimmenden und glaubhaften Bekundungen des Zeugen M. und W..
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat steht auch fest, daß der Klägerin infolge des Einbruchsdiebstahls ein Schaden in Höhe von 20.101,88 DM entstanden ist. Der Sachverständige Dipl.-Kfm. A. hat in seinem schriftlichen Gutachten, das die Parteien nicht angegriffen haben, anhand der Lieferantenrechnungen einen Einkaufswert von 26.107,-- DM ermittelt. Unter Berücksichtigung des Inventurwertes, den der Sachverständige mit 96,15 % angesetzt hat, um - wie nach Auffassung des Senates ohne weiteres nachvollziehbar ist - Nachlässen und Rabatten Rechnung zu tragen, errechnet sich hieraus eine Summe von 25.101,88 DM ohne Mehrwertsteuer, von der die Mindestversicherungssumme von 5.000,-- DM in Abzug zu bringen ist.
Dem Anspruch der Beklagten steht die Einrede der Verjährung nicht entgegen. Bei Vorliegen eines grob fahrlässigen Organisationsverschuldens kann sich der Spediteuer hierauf nämlich nicht berufen (Baumbach/Duden/Hopt, a.a.O., § 64 ADSp Anm. 1 m.w.N.; OLG München, VersR 1989, 1108, 1109).
Wegen der bei den Inventuren festgestellten Fehlmengen steht der Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 58.632,43 DM aus §§ 417 Abs. 1, 407 Abs. 2, 390 HGB, 51 ADSp zu. Auch insoweit kann sich die Klägerin nicht auf den Haftungsausschluß berufen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nämlich ein grob fahrlässiges Organisationsverschulden der Klägerin fest. Die Beweislast hierfür trägt nach überwiegender Auffassung, der sich der Senat anschließt, die Beklagte (OLG Köln, TranspR 1992, 284 und 255; OLG Düsseldorf, TanspR 1992, 331; OLG Köln, Urteil vom 08.03.1994 - 3 U 174/92). Die gegenteilige Auffassung (OLG Hamburg, TanspR 1990, 444; 1992, 333), die dem Spediteur den Entlastungsbeweis aufbürdet, führt in den Fällen der unaufklärbaren Schadensursache regelmäßig zur vollen Haftung des Spediteurs und läuft damit dem Haftungssystem der ADSp zuwider. Indes oblagen der Klägerin im vorliegenden Fall gesteigerte Sorgfaltspflichten, weil sie sich vertraglich verpflichtet hat, die Waren der Beklagten in einem abgeschlossenen Raum zu lagern. Dies ist unstreitig nicht geschehen. Sie war abgesehen davon auch gehalten, der Ausgangskontrolle besondere Sorgfalt zu widmen. Bereits am 19.04.1988 wurde eine Fehlmenge mit einem Wert von etwa 7.389,23 DM netto festgestellt. Die Klägerin hat dies nicht zum Anlaß genommen, ihre Sicherheitsvorkehrungen bei der Lagerung der Güter und der Verladung zu erhöhen. Hierzu wäre sie aber in Anbetracht der festgestellten Fehlmengen, der hochwertigen Güter und der vertraglichen Absprachen gehalten gewesen. Denn es stand ab April 1988 fest, daß sich jemand Zugang zum Lagerbereich verschafft und Waren entwendet hat. Gleichwohl hat die Klägerin, obwohl die Beklagte mehrfach auf eine abgeschlossene Lagerung der Waren gedrängt hat, nichts unternommen. Der Zeuge W. hat dazu glaubhaft bekundet, einen Kostenvoranschlag betreffend die Errichtung eines verschlossenen Drahtgestells an die Klägerin weitergeleitet zu haben. Eine Reaktion seitens der Geschäftsführung der Klägerin hierauf sei indes nicht erfolgt.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch fest, daß die Klägerin die Verladung der Güter in der sogenannten großen Halle nicht hinreichend kontrolliert hat. Die kommissionierte Ware wurde zum Teil nachts in eine andere Halle gebracht und die Verladung dort von Mitarbeitern einer M.rischfracht vorgenommen. Ein Mitarbeiter der Klägerin war während dieses Zeitraumes nicht zugegen, wie der Zeuge W. hierzu glaubhaft bekundet hat. Die sogenannte große Halle verfügt über 16 Tore. Nach Einschätzung des Zeugen M. war bei einer Verladung der Güter über diese große Halle, in der sich ständig eine ganze Reihe von Mitarbeitern und Fahrern auch anderer Firmen aufhielten, die Gefahr des Abhandenkommens von Ware "enorm". Der Zeuge M. hat ferner bekundet, die Ware bei einer Verladung in der sogenannten großen Halle aus den Augen verloren zu haben. Es sei auch vorgekommen, daß in der großen Halle nicht alle Ware angekommen sei, obwohl sich der Zeuge M. völlig sicher war, die Ware zum Abtransport bereitgestellt zu haben. Hierin liegt ein grober Organisationsmangel der Klägerin. Sie wäre nach dem Auftreten von Fehlmengen gehalten gewesen, die Verladung in der von dem Zeugen M. verwalteten Lagerhalle vornehmen zu lassen oder aber in der sogenannten großen Halle, in der etwa 80 % der Waren der Beklagten abgefertigt wurden, zusätzliche Kontrollen anzuordnen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht fest, daß die festgestellten Fehlmengen auf eigenmächtigen Entnahmen der Geschäftsführer der Beklagten beruhen. Der Zeuge M. hat bekundet, daß die von den Geschäftsführern abgeholten Waren auf Listen erfaßt wurden und er die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Listen stets überprüft hat.
Der Umfang der Fehlmengen durch den Zugriff Dritter steht ebenfalls fest. Nach der Aussage des Zeugen M. haben er und die Geschäftsführer der Beklagten bei den Inventuren unabhängig voneinander die Fehlmengen erfaßt, ohne daß hierbei Differenzen aufgetreten sind. Der Zeuge M. hat ferner bekundet, daß die so festgestellten Fehlbestände von der Beklagten in Rechnung gestellt worden sind.
Der Wert der unter dem 19.04.1988, 30.06.1988, 08.09.1988 und 30.12.1988 in Rechnung gestellten Fehlmengen beläuft sich auf insgesamt 58.632,43 DM ohne Mehrwertsteuer. Aus der Rechnung vom 19.04.1988 steht der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 254,60 DM zu. Die in der Aufstellung vom 19.04.1988 genannten Waren haben nach den gut nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Kfm. A. einen Einkaufswert von 5.465,-- DM. Bei Berücksichtigung des Inventurwertes von 96,15 % errechnet sich ein Betrag von 5.254,60 DM, von dem die Mindestversicherungssumme von 5.000,-- DM abzuziehen ist. Betreffend die Rechnung vom 30.06.1988 stehen der Beklagten 910,34 DM zu, nämlich 96,15 % von 6.147,-- DM abzüglich 5.000,-- DM. Aus der Rechnung vom 08.09.1988 kann die Beklagte einen Betrag von 4.308,28 DM verlangen. Hierbei hat der Senat 96,15 % des vom Sachverständigen ermittelten Einkaufswertes (9.681,-- DM) in Ansatz gebracht und die Versicherungssumme von 5.000,-- DM abgezogen. Der Beklagten steht schließlich betreffend die Rechnung vom 30.12.1988 ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt 53.159,21 DM zu. In Höhe eines Teilbetrages von 41.670,81 DM hat die Beklagte in dem vorliegenden Verfahren die Aufrechnung erklärt und damit die restliche Klageforderung zum Erlöschen gebracht. Der Einkaufswert der in der Aufstellung vom 30.12.1988 im einzelnen bezeichneten Waren beläuft sich nach den gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Kfm. A. auf 60.488,-- DM. Unter Abzug des Inventurwertes und der Mindestversicherungssumme errechnet sich hieraus ein Betrag von 53.159,51 DM.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 67.245,91 DM Beschwer der Klägerin: über 60.000,-- DM