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20.02.2014 · IWW-Abrufnummer 140549

Amtsgericht Bremen: Urteil vom 30.04.2013 – 7 C 58/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Geschäfts-Nr.: 7 C 58/13
Verkündet am 30. April 2013

Geschäftsstelle

AMTSGERICHT BREMEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2013 durch Richter am Amtsgericht Dr. Dittmayer für Recht erkannt:

Es wird festgestellt, dass die im Gutachten der Beklagten vom 09.11.2011 festgestellten Schäden am Fahrzeug des Klägers, Skoda Yeti, Kennzeichen: HB-XX XXX, durch ein Schadensereignis verursacht worden sind.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

1. Euro 3.848,38 nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2012 und

2. weitere Euro 402,82 vorgerichtliche Rechtsanwaltkosten nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. September 2012 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistung aus einer Vollkaskoversicherung in Anspruch.

Hinsichtlich seines Fahrzeuges Skoda Yeti hat er per 3. November 2009 bei der Beklagten u.a. eine Vollkaskoversicherung mit Rabattschutz und einer Selbstbeteiligung von Euro 150,00 abgeschlossen (vgl. im Übrigen: Versicherungsschein vom 1. Dezember 2009 – Nr. xxx)..

Anlässlich eines Urlaubs in der Türkei im Sommer 2011 trat am versicherten Fahrzeug ein Schaden am Dieselpartikelfilter ein, so dass der Kläger mit dem Fahrzeug die Rückfahrt nicht mehr antreten konnte.

Im Rahmen einer gesonderten Schutzbriefversicherung mit der Firma Ö. GmbH musste das Fahrzeug aus der Türkei nach Deutschland transportiert werden.

Der Kläger stellte sein Fahrzeug hierzu am 11. August 2011 auf dem Zollgelände in Izmir ab. Das Fahrzeug wurde dann am 9. September 2011 in Bremen bei einem Autohaus abgeliefert.

Während des Rücktransportes aus der Türkei entstanden am versicherten Fahrzeug unstreitig die Beschädigungen, die der Sachverständige der Beklagten im Rahmen seines Gutachtens vom 9. November 2011 festgestellt und für deren Beseitigung er einen Netto-schaden von Euro 3.998,38 ermittelt hatte (H.a. Gutachten, Bl. 21 ff. d.A.;). Dies bestätigte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers auch noch einmal ausdrücklich mit Schreiben vom 5. Januar 2012 (Bl. 31 d.A.). In diesem Schreiben und auch bereits in dem Schreiben vom 3. November 2011 (Bl. 30 d.A.) hatte die Beklagte sich zu einer Regulierung des Schadens bereiterklärt, hierbei bei Ansatz von „drei Einzelschäden“ und den entsprechenden Rückstufungen sowie der dreifachen Berücksichtigung einer Selbstbeteiligung. Hierbei stellte die Beklagte auf die Einschätzung des Schadensbildes durch ihren Sachverständigen ab („Dokumentenprüfung vom 17.01.2012, Bl. 44 ff. d.A.), wonach es folgende „Einzelbeschädigungen“ bzw. Bereiche gegeben habe:

- Schaden an den Felgen,
- Streifschaden am rechten Kotflügel, Seitenwand und Stoßfänger hinten,
- Schaden am vorderen Stoßfänger.

Der Kläger macht mit seiner Klage den angeführten Nettoschaden von Euro 3.998,38 abzüglich einer Selbstbeteiligung von Euro 150,00 und damit einen Gesamtbetrag von Euro 3.848,38 geltend.

Er trägt hierzu vor, dass die Beschädigungen nur auf ein Schadensereignis zurückzuführen seien.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass die im Gutachten der Beklagten vom 09.11.2011 festgestellten Schäden am Fahrzeug des Klägers, Skoda Yeti, Kennzeichen: HB-xx xxx, durch ein Schadensereignis verursacht worden sind,

2. die Beklagte zu verurteilen,

a) an ihn Euro 3.848,38 nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 06.01.2012 zu zahlen,
b) an ihn weitere Euro 402,82 nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nachdem im Termin zur mündlichen Verhandlung der Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 5. Januar 2012 unstreitig gestellt worden war, wonach es unstreitig ist, dass die vom Sachverständigen L. in seinem Gutachten vom 09.11.11 festgestellten Schäden am Klägerfahrzeug auf dem Rücktransport des versicherten Fahrzeugs entstanden sind, trägt die Beklagte im Ergebnis nur noch vor, dass im Rahmen der Abrechnung drei Schadensereignisse bzw. Versicherungsfälle zu berücksichtigen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Leistung aus der streitgegenständlichen Vollkaskoversicherung auf Zahlung der Nettoreparaturkosten von Euro 3.998,38 gem. A.2.3 und A.2.7.1.b) iVm. A.2.9 der AKB 2008, §§ 1, 3 VVG iVm. mit dem Versicherungsschein abzüglich einer vereinbarten Selbstbeteiligung von Euro 150,00 gem. A.2.12 der AKB 2008, so dass die Klage in der geltend gemachten Höhe von Euro 3.848,38 auch begründet ist.

Es liegt nur ein Schadensereignis im Rechtssinne vor.

So hatte das Gericht bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit den Prozessbevollmächtigten der Parteien eingehend erörtert, dass bei dem hier vorliegenden Sachverhalt nur von einem einheitlichen Vorgang ausgegangen werden könne.

So ist es nicht einmal erforderlich, die Rechtsfigur des sogenannten „gedehnten Versicherungsfalles“ (vgl. hierzu nur: Prölss/Martin, 28.A., RdNr. 104 zu § 1 VVG) zu bemühen.

Ein Schadensereignis im Sinne eines einzigen einheitlichen Lebensvorgang liegt vielmehr bereits dann vor, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein einheitlicher Transportvorgang durchgeführt wird, während dessen auch kein Zugriff des Versicherungsnehmers auf das versicherte Fahrzeug erfolgt und erfolgen kann, und hierbei eine Beschädigung des Fahr-zeugs möglicherweise durch mehrere Einzelakte erfolgt.

Das Gericht hatte hierzu in der mündlichen Verhandlung auch auf die einschlägige Entscheidung des Landgericht Düsseldorf vom 20.04.2000 verwiesen (Az. 21 S 110/99 - Juris-Dokument, RuS 2002, S. 7 – 8). Hier hatte das Landgericht Düsseldorf zutreffend aus-geführt, dass der Kaskoversicherer den Selbstbehalt nur einmal berechnen darf, wenn sich das Schadensereignis als ein einheitlicher Lebensvorgang darstellt, weil die Beschädigungen vielfältiger Art an dem Kfz wie großflächige Kratzer und scharfkantige Eindellungen darauf zurückzuführen sind, dass Kinder mehrfach auf das Auto geklettert sind und darauf mit Baumaterialien wie Sand und Steinen gespielt haben. Auch hier das Gericht dem Versicherer versagt, die Gesamtbeschädigung in drei selbständige Schadensfälle aufzuteilen und einen dreifachen Abzug der Selbstbeteiligung in Ansatz zu bringen.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob tatsächlich technisch trennbare Einzelbeschädigungen vorlagen, doch sei vorsorglich festgehalten, dass es vorliegend auch nicht um die Trennung von Geschehensabläufen im Sinne eines Verkehrsunfallrekonstruktionsgutachtens hätte gehen können.

So ist es durchaus vorstellbar, dass bereits bei „Einzelaktionen“ innerhalb des mehrwöchigen Rücktransportes unterschiedlichste Einflüsse auf das Fahrzeug erfolgten und bereits hierdurch multiple Beschädigungen auftreten konnten. So z.B. bei der Verbringung des Fahrzeugs auf einem Hofgelände zur Aufnahme auf einen Sammeltransport ein-schließlich der Rangierarbeiten und der Fixierung des Fahrzeuges.

Wie aber bereits eingangs ausgeführt, verbietet es sich bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung einen Vorgang der vorliegenden Art in „Einzelakte“ zu „atomisieren“, auch wenn dies auf technischer Ebene darstellbar sein sollte.

Aus den vorgenannten Gründen ist auch der Feststellungsantrag des Klägers zulässig und begründet, § 256 ZPO.

Dieser hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass dem weiteren Versicherungsverlauf nur ein Schadensfall zugrunde gelegt wird.

Der Anspruch auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie die geltend gemachten Zinsen beruht auf den §§ 280, 286, 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.