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13.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141406

Oberlandesgericht Karlsruhe: Urteil vom 11.07.2013 – 12 U 12/13

Der Unfallversicherer, der sich bei einer Schädigung durch eine Infektion darauf beruft, dass die Krankheitserreger durch eine Hautverletzung, die als solche geringfügig ist, in den Körper gelangt sind, obliegt der Nachweis, dass tatsächlich lediglich die Haut und nicht auch darunter liegendes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen worden ist.


Oberlandesgericht Karlsruhe

Urt. v. 11.07.2013

Az.: 12 U 12/13

Tenor:

1.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 4. Dezember 2012 - 2 O 336/12 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Das Versäumnisurteil vom 14. September 2012 wird aufrechterhalten, soweit die Beklagte darin zur Zahlung von EUR 15.000 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. März 2012 verurteilt worden ist.

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Leistungen aus einer Unfallzusatzversicherung, nachdem sich ihr verstorbener Ehemann beim Rosenschneiden verletzt hatte und an einer dadurch verursachten Infektion verstorben ist; ferner macht sie vorgerichtliche Anwaltskosten auch für einen mittlerweile erfüllten Anspruch auf Leistung aus einer Bestattungs-Vorsorgeversicherung geltend.

Der Ehemann der Klägerin hatte bei der Beklagten eine Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall mit einer garantierten Leistung im Todesfall in Höhe von 15.000,00 EUR abgeschlossen . Für den Fall des Unfalltodes war eine weitere Leistung in gleicher Höhe vereinbart. Es bestand außerdem seit dem 1. September 2008 eine Bestattungs-Vorsorgeversicherung mit einer garantierten Leistung im Todesfall in Höhe von 15.000,00 EUR, die nach einer Wartezeit von 36 Monaten zur Verfügung stehen sollte; davor sollten eingezahlte Beiträge erstattet werden . Bei Unfalltod sollte die Wartezeit entfallen. Die Klägerin ist Bezugsberechtigte beider Versicherungen.

Die der Unfall-Zusatzversicherung zugrunde liegenden Bedingungen enthalten unter anderen folgende Klauseln:

"§ 2. Was ist ein Unfall im Sinne dieser Bedingungen?

(1) Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. (...)

§ 3. In welchen Fällen ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen?

(...)

i) Infektionen.

Wir werden jedoch leisten, wenn die Krankheitserreger durch eine unter diese Versicherung fallende Unfallverletzung in den Körper gelangt sind. Nicht als Unfallfolgen gelten dabei Haut- oder Schleimhautverletzungen, die als solche geringfügig sind und durch die Krankheitserreger sofort oder später, in den Körper gelangen; für Tollwut und Wundstarrkrampf entfällt diese Einschränkung".

Der Ehemann der Klägerin verletzte sich beim Schneiden von Rosenstöcken am 28. September 2010 am linken Mittelfinger durch einen Rosendorn. Wegen dieser Verletzung wurde er zunächst vom 1. bis 19. Oktober 2010 stationär behandelt, wobei eine Infektion mit Staphylokokkus aureus festgestellt wurde. Wegen dieser Infektion kam es am 5. Oktober 2010 zu einer teilweisen Amputation des linken mittleren Fingers. Nach einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes begab sich der Ehemann der Klägerin ab dem 6. Februar 2011 bis zu seinem Tode am 6. April 2011 wiederum in stationäre Behandlung ins Klinikum der Stadt K und verstarb dort wegen einer Sepsis bei Staphylokokkus aureus Bakteriämie.

Die Klägerin informierte die Beklagte am 13. April 2011 über den Tod ihres Ehemanns und erteilte eine "Zahlungsaufforderung" zu der Bestattungsvorsorgeversicherung . Am 20. Juni 2011 schrieb die Klägerin der Beklagten und übersandte ihr die "gewünschten Unterlagen"; sie kündigte an, den ärztlichen Bericht nachreichen zu wollen . Am 12. Juli 2011 schrieb die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf das klägerische Schreiben vom 20. Juni 2011 zu beiden Versicherungen und kündigte die Beitragsrückgewähr aus der Bestattungsvorsorge-Versicherung sowie die Hauptleistung aus der Kapitalversicherung an. Weiter heißt es in dem Schreiben:

"Auf Grund des uns vorliegenden ärztlichen Bericht ist ein Unfallereignis als Todesursache nicht nachgewiesen.

Damit wir die Leistungspflicht wegen Unfalltod prüfen können, benötigen wir das Aktenzeichen und die Anschrift der ermittelnden Staatsanwaltschaft.

Bitte teilen Sie uns das Aktenzeichen und die Anschrift der ermittelnden Staatsanwaltschaft mit."

Ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren war zu keinem Zeitpunkt anhängig.

Am 13. Juli 2011 schrieb die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 13. April 2011 , dass die Zahlungen aus den beiden Versicherungen geleistet würden. Zur Prüfung des Unfalltodes benötige man die Krankenhausberichte seit Herbst 2010. Die Klägerin antwortete hierauf am 25. Juli 2011 und kündigte an, sich um nähere Informationen bemühen zu wollen.

Mit Anwaltsschreiben vom 14. Februar 2012 forderte der Klägervertreter unter Fristsetzung eine Zahlung aus der Unfallzusatzversicherung in Höhe von 15.000,00 EUR sowie den Rest aus der Sterbegeldversicherung in Höhe von damals 11.829,57 EUR.

Während die Beklagte in der Folgezeit den angeforderten Betrag aus der Sterbegeldversicherung bezahlte, weigerte sie sich, Leistungen aus der Unfallzusatzversicherung unter Bezugnahme auf die Ausschlussklausel in § 3 Absatz 2 Buchst. i) ihrer Versicherungsbedingungen zu erbringen; derartige Leistungen wurden mit Schreiben vom 20. Februar 2012 an den Bevollmächtigten der Klägerin abgelehnt .

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei dem Geschehen im September 2010 habe es sich um einen Unfall im Sinne § 2 Absatz 1 AUB gehandelt. Durch diesen seien Krankheitskeime in den Körper ihres Ehemanns gelangt, sodass die Ausschlussklausel in § 3 Absatz 2 i) AUB nicht eingreife. Es habe sich nicht nur um eine geringfügige Hautverletzungen gehandelt, sodass auch die Gegenausnahme, nach der Infektionen nach geringen Haut- oder Schleimhautverletzungen ausgeschlossen seien, nicht eingreife. Hinzu komme, dass diese Regelung, die auf Unfallfolgen Bezug nehme, in sich unklar sei und somit nicht zu Ungunsten der Klägerin ausgelegt werden könne.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte zur Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten verpflichtet sei, weil die Beklagte bei Einschaltung des Anwalts bereist in Verzug gewesen sei. Dies ergebe sich aus ihrem eigenen Schreiben vom 12. Juli 2011, in dem sie weitere Zahlungen abgelehnt habe.

Gegen die Beklagte erging wegen des Hauptsachebetrages zuzüglich Zinsen und wegen der außergerichtlichen Kosten am 14. September 2012 ein Versäumnisurteil , das der Beklagten am 18. September 2012 zugestellt wurde und gegen das sie am 20. September 2012 Einspruch eingelegt hat.

Die Klägerin hat beantragt,

das Versäumnisurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 14.09.2012 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 14.09.2012 die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, es liege schon kein Unfall vor. Es sei die Parallele zu einer Verletzung eines Versicherten durch eine ungeschickte Bewegung zu ziehen, bei der Leistungen aus der Unfallversicherung nicht beansprucht werden könnten. Hinzu komme, dass der Ausschlusstatbestand in § 3 Absatz 2 Buchstabe i) ihrer AUB bei geringfügigen Hautverletzungen, selbst wenn durch diese Krankheitskeime in den Körper gelangt sind, zu ihren Gunsten greife. Dieser Haftungsausschluss sei rechtlich nicht zu beanstanden, zumal er in der Versicherungswirtschaft langjährig praktiziert werde.

Für die Geltendmachung der außergerichtlichen Kosten fehle es an einem Verzug der Beklagten vor Einschaltung des Rechtsanwaltes durch die Klägerin.

Das Landgericht hat nach informatorischer Anhörung der Klägerin über die Verletzungen ihres Ehemanns unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass ihr Ehemann eine Verletzung erlitten habe, die über eine geringe Hautverletzung im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen hinausgegangen sei. Bei einem Eindringen eines Rosendorns in den Finger handele es sich ebenso wie bei dem Eindringen anderer Gegenstände, etwa von Holzspänen, um geringfügige Verletzungen, die eine ärztliche Versorgung in der Regel nicht erforderten und - wie auch hier - im Wege der Selbsthilfe behoben würden. Die Ausschlussklausel für Infektionen sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht wegen Intransparenz unwirksam. Ob es sich überhaupt um einen Unfall gehandelt habe, könne vor diesem Hintergrund dahin gestellt bleiben.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts, die ihren Prozessbevollmächtigten am 19. Dezember 2012 zugestellt worden ist , richtet sich die am Montag, dem 21. Januar 2013 eingegangene und nach Fristverlängerung bis zu diesem Tag am 19. März 2013 begründete Berufung der Klägerin.

Hinsichtlich der beanspruchten Leistungen aus der Unfallzusatzversicherung verfolgt die Klägerin ihre Auffassung weiter, dass bereits der Wortlaut der von der Beklagten verwendeten Klausel eine Leistung nicht ausschließe. Beurteile man dies anders, sei die Bedingung jedenfalls intransparent. Hier habe im Übrigen nicht nur eine geringfügige Hautverletzung, sondern eine echte und behandlungsbedürftige Verletzung vorgelegen.

Zu den vorgerichtlichen Anwaltskosten ist die Klägerin der Auffassung, dass sie aufgrund der Korrespondenz vor Einschaltung des Prozessbevollmächtigten davon habe ausgehen müssen, dass die Beklagte endgültig nicht zur Leistung bereit sei. Daran ändere auch das Schreiben der Beklagten vom 13. Juli 2011, mit dem weitere Unterlagen angefordert seien, nichts. Die Beklagte habe nämlich bereits mit Schreiben vom 12. Juli 2011 die Auffassung vertreten, dass ein Unfallereignis als Todesursache nicht nachgewiesen sei und habe daher eine Zahlung abgelehnt.

Die Klägerin beantragt ,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Karlsruhe vom 4. Dezember 2012 - 2 O 336/12 - das Versäumnisurteil vom 14. September 2012 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt ,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie ist der Auffassung, dass vom Landgericht mit Tatbestandswirkung festgestellt sei, dass der Ehemann der Klägerin lediglich geringfügig verletzt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird, soweit in diesem Urteil keine anderen Feststellungen getroffen sind, auf das angefochtene Urteil und die Schriftsätze der Parteien sowie die von ihnen vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist überwiegend begründet. Das in erster Instanz gegen die Beklagte erlassene Versäumnisurteil, gegen das sie rechtzeitig Einspruch eingelegt hat, ist gemäß § 343 Satz 1 ZPO überwiegend aufrecht zu erhalten; im Übrigen ist es gemäß Satz 2 dieser Vorschrift aufzuheben.

A.

1. Das Landgericht hat - da es die Leistungspflicht der Beklagten aus anderen Gründen verneint hat - die Frage offen gelassen, ob das von der Klägerin geschilderte Ereignis ein bedingungsgemäßer Unfall war. Diese Frage ist zu bejahen.

a) Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt ein "plötzlich von außen auf [den] Körper wirkendes Ereignis" vor. Der Begriff des von außen wirkenden Ereignisses soll rein körperinnere Vorgänge vom Unfallbegriff ausschließen. Klassische Fälle für das Merkmal "von außen" sind Zusammenstöße des Körpers mit Sachen, Tieren oder anderen Personen (Grimm, Unfallversicherung, 5. Auflage, AUB 1 2010, Rn. 29). Ein solcher Zusammenstoß mit einer Sache liegt auch bei einem Stich mit einem Rosendorn vor.

b) Dass eine gewollte Bewegung des Versicherten vorgelegen haben dürfte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Unfallbegriff ist nur dann nicht erfüllt, wenn die Eigenbewegung und die Kollision gewollt waren und dabei lediglich eine ungewollte Gesundheitsbeschädigung eingetreten ist (Grimm, a. a. O., Rn. 32). Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass es zu einer Schädigung durch den Zusammenstoß gekommen ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten muss die Klägerin nicht beweisen, dass der Versicherte die Gesundheitsbeschädigung unfreiwillig erlitten hat. Die Unfreiwilligkeit wird nämlich bis zum Beweis des Gegenteils vermutet (§ 178 Abs.2 S. 2VVG; § 180a VVG a.F.) Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte hier - auch im Hinblick auf die Verletzung - bewusst in einen Rosendorn gefasst haben könnte, gibt es nicht.

2. Nach den der Entscheidung zugrunde zu legenden tatbestandlichen Feststellungen ist der Ehemann der Klägerin durch eine Infektion aufgrund der Verletzung am Rosendorn verstorben.

a) Dass sich der Ehemann der Klägerin durch die Verletzung an einem Rosendorn infiziert hatte, hat die Beklagte erstinstanzlich ausdrücklich unstreitig gestellt . Soweit sie daher im zweitinstanzlichen Schriftsatz vom 17. Juni 2013 Vortrag dazu vermisst, dass "gerade das Einbringen des Stachels zu der hier interessierenden Infektion" geführt hat, kann dies zwar als ein Bestreiten eines solchen Ursachenzusammenhangs aufgefasst werden. Die Voraussetzungen für eine Zulassung dieses Bestreitens liegen jedoch nicht vor, da eine fehlende Kausalität nicht unstreitig geworden ist und die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen des § 531 Absatz 2 Satz 1 ZPO nicht aufgezeigt ist.

b) Das erstinstanzliche Urteil legt als unstreitig zugrunde, dass der Ehemann der Klägerin aufgrund der verletzungsbedingten Infektion verstorben ist. Festgestellt ist nämlich einerseits, dass sich der Ehemann der Klägerin "wegen dieser Verletzung" in stationärer Behandlung befunden habe, "wobei eine Infektion mit Staphylokokkus-aureus" festgestellt worden sei und andererseits, dass der Tod wegen einer "Sepsis bei Staphylokokkus aureus Bakteriämie" eingetreten sei. Eine Berichtigung der Feststellung dieses Vortrags als unstreitig im Tatbestand (§ 320 Absatz 1 ZPO) ist nicht beantragt worden.

3. Entgegen der von der Beklagten im Schriftsatz vom 17. Juni 2013 vertretenen Auffassung musste die Klägerin nicht zunächst beweisen, dass das behauptete Unfallereignis zu der ersten Gesundheitsbeschädigung geführt hat. Wie ausgeführt ist nämlich als unstreitig festgestellt, dass der Klägerin sich an einem Rosendorn verletzt und sich dadurch infiziert hat.

4. Der Auffassung des Landgerichts, dass eine Leistung aufgrund der Infektionsklausel ausgeschlossen sei, folgt der Senat nicht.

a) Die Beklagte und mit ihr das Landgericht legen die Infektionsklausel dahin aus, dass Versicherungsschutz nicht besteht, wenn Krankheitskeime durch eine unfallbedingte geringfügige Hautverletzung in den Körper gelangt sind. Ob dies richtig ist, ist zweifelhaft. Wäre das Verständnis der Beklagten und des Landgerichts richtig, so müsste das Wort "Unfallverletzung", das im ersten Satz der Klausel verwendet wird, im zweiten Satz wiederholt werden. Dort ist aber die Rede davon, dass entsprechende Hautverletzungen nicht als "Unfallfolgen" gelten. Der durchschnittliche Leser der Klausel wird wegen dieser Wortverschiedenheit annehmen, dass im ersten und zweiten Satz der Klausel unterschiedliche Bedeutungen gemeint sind; aus dem Klauselwortlaut erschließt sich aber nicht, worin diese unterschiedlichen Bedeutungen liegen sollen. Diese Unklarheit könnte nach § 305c Absatz 2 BGB zur Folge haben, dass wegen Unklarheit ein Versicherungsschutz nicht zu versagen ist, wenn Infektionen durch eine geringfügige Hautverletzung eingetreten sind. Allenfalls aus dem Zusammenhang der Klausel könnte der durchschnittliche Versicherungsnehmer ableiten, für welche Fälle ein Ausschluss bestehen sollte. Die verwendete Klausel ist auch - entgegen der Auffassung der Beklagten - in dieser Form nicht "seit Jahrzehnten in der Versicherungswirtschaft üblich". Zwar ist es richtig, dass die Musterbedingungen seit langem einschränkende Klauseln betreffend die Infektionsfolgen von Unfällen enthalten (etwa § 2 Absatz 3 AUB 61, § 2 Absatz 6 II. (3) AUB 88 und 94, jeweils zitiert nach Grimm, Unfallversicherung, 5. Auflage). Diese sind jedoch anders formuliert als die hier verwendeten Bedingungen, insbesondere wird dort das Wort "Unfallverletzung" im nächsten Satz der Klausel wiederholt. Die Auslegung der Klausel und ihre Wirksamkeit können jedoch letztlich offen bleiben, weil die Voraussetzungen - wie nachfolgend auszuführen sein wird - auch dann nicht vorliegen, wenn man das Verständnis der Beklagten und die Wirksamkeit zugrundelegt.

b) Nach dem Verständnis der Beklagten ist der Versicherungsschutz durch einen Wiederausschluss beschränkt, wenn die Krankheitserreger durch eine "Haut- oder Schleimhautverletzung" in den Körper gelangt sind, die als solche geringfügig ist. Davon ist das Landgericht ausgegangen, weil es sich um eine Verletzung gehandelt habe, die eine ärztliche Versorgung in der Regel nicht erfordere und - wie auch hier - in der Regel im Wege der Selbsthilfe behoben werde. Das wird der Klausel - auch unter Zugrundelegung ihrer Deutung durch die Beklagte - nicht vollständig gerecht.

aa) Auf die Geringfügigkeit der Verletzung kommt es erst an, wenn festgestellt ist, dass es sich um eine bloße Haut- oder Schleimhautverletzung handelt. Das liegt bei einer Verletzung an einem Rosendorn nicht auf der Hand; es erscheint vielmehr auch möglich, dass der Rosendorn sämtliche Hautschichten durchsticht. Dass dies hier nicht geschehen ist, hätte - da es um die Voraussetzungen eines Wiederausschlusses geht - die Beklagte beweisen müssen. Darauf ist sie durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 10. Juni 2013 hingewiesen worden; Beweis ist daraufhin nicht angeboten worden.

bb) Die Auffassung der Beklagten, es sei mit Tatbestandswirkung festgestellt, dass es sich um eine geringfügige Verletzung handele , trifft nicht zu. Ob eine geringfügige Verletzung vorliegt oder nicht, ist eine Frage der rechtlichen Bewertung; eine tatbestandliche Feststellung kann insoweit nicht erfolgen.

5. Die Klägerin hat nach § 288 Absatz 1 BGB auch Anspruch darauf, dass die Beklagte die Entschädigungsleistung - wie beantragt - seit dem 3. März 2012 verzinst. Jedenfalls seit diesem Tage lag Verzug vor, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 20. Februar 2012 an den Bevollmächtigten der Klägerin eine Leistung aus der Unfall-Zusatzversicherung endgültig abgelehnt hatte (§ 286 Absatz 2 Nr. 3 BGB).

B.

Die Klägerin kann nicht die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten beanspruchen.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte mit der Erbringung von Leistungen aus beiden Versicherungen noch nicht in Verzug (§ 286 BGB) war, als sich der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 14. Februar 2012 gegenüber der Beklagten legitimierte . Die Klägerin trägt selbst nicht vor, dass sie die Beklagte vor der Beauftragung ihres Anwalts in Verzug gesetzt habe. Eine endgültige Leistungsverweigerung, die nach § 286 Absatz 2 Nr. 3 BGB die Mahnung entbehrlich machen würde, lässt sich nicht feststellen. Die Beklagte hatte die Klägerin mit Schreiben vom 13. Juli 2011 gebeten, zur Prüfung eines Unfalltodes "alle vollständigen ärztlichen Berichte von den Krankenhausaufenthalten seit Herbst 2010" zu übersenden. Die Vorlage dieser Unterlagen hat die Klägerin mit Schreiben vom 25. Juli 2011 angekündigt. Weiterer Schriftverkehr ist sodann vor der Mandatsanzeige des jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht erfolgt. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 12. Juli 2011 lässt sich eine endgültige Leistungsverweigerung nicht entnehmen. Vielmehr wird dies dahin verstanden werden müssen, dass ein Unfalltod anhand der bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegten Unterlagen noch nicht als nachgewiesen angesehen wird, sondern eine weitere Leistungsprüfung erfolgen soll.

III.

1. Die Entscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91 Absatz 1 Satz 1, 92 Absatz 2 Nr. 1, 97 Absatz 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Klägerin unterliegt zwar auch mit einem Teil der Hauptsache, weil sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe eines Teilbetrages ohne die Hauptforderung und damit streitwerterhöhend (§ 43 Absatz 2 GKG) geltend gemacht hat. Die Zuvielforderung ist mit rund 2% des Streitwerts aber verhältnismäßig geringfügig und hat keine Mehrkosten verursacht, da eine Gebührenstufe nicht berührt wird.

2. Der Rechtsstreit wirft keine grundsätzlichen oder einer Rechtsfortbildung bedürfenden Fragen auf; es ist auch keine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich. Auf die Frage der Wirksamkeit der Infektionsklausel in der von der Beklagten verwendeten Fassung kommt es - wie dargelegt - aus tatsächlichen Gründen nicht an. Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung (§ 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO) liegen daher nicht vor.

RechtsgebietAUB