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12.06.2014 · IWW-Abrufnummer 141755

Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 27.01.2014 – 11 U 166/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Köln

11 U 166/13

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 23.8.2013 (9 O 379/12) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
3. Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

1.

Die Klägerin klagt als Gebäudeversicherer aus übergegangenem Recht. Der Beklagte hatte im Jahre 2009 im Auftrag der Eheleute L eine Dusche in deren bei der Beklagten versicherten Gebäude montiert. Hierbei kam es zu Schäden, die die Klägerin regulierte. Im Jahre 2010 führte Herr L gegen die Beklagte einen Rechtsstreit vor dem Landgericht Aachen (9 O 125/10), in dem er den Beklagten mit der Begründung auf Schadensersatz in Anspruch nahm, die Schäden seien durch eine fehlerhafte Montage der Dusche entstanden. Dieser Rechtsstreit endete durch einen Vergleich, in dem vereinbart wurde, dass mit der Zahlung eines Betrages von 1.000 € an Herrn L alle wechselseitigen Ansprüche ausgeglichen seien. Das Landgericht hat die vorliegende Klage abgewiesen, weil sich die Klägerin den Vergleich nach § 407 BGB entgegenhalten lassen müsse.

Von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

2.

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung wird auf den Beschlüsse des Senats vom 11.12. 2013 und 4.1.2014 verwiesen. Die Stellungnahmen der Klägerin enthalten keine erheblichen und noch nicht berücksichtigten Gesichtspunkte. Sie geben zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil etwaige Ansprüche, die nach § 86 VVG übergegangen sein könnten, durch den zwischen Herrn L und dem Beklagten in dem Verfahren LG Aachen 9 O 125/10 geschlossenen Vergleich ausgeglichen sind.

a) Dabei kommt es nicht darauf an, ob Herr L selbst oder – wie die Klägerin mit der Berufung vorträgt - nur dessen Ehefrau I L Versicherungsnehmerin ist. Entscheidend ist, dass Herr L den gerichtlichen Vergleich auch mit Wirkung für seine Ehefrau abgeschlossen hat. Den Auftrag an den Beklagten hatte Herr L erteilt. Auch war er ihm gegenüber als Versicherungsnehmer aufgetreten. Hieraus durfte der Beklagte aus seinem nach §§ 133, 157 BGB maßgeblichen Empfängerhorizont entnehmen, dass mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche der Ehefrau ausgeglichen sein sollten. Aus den gleichen Gründen und nach der Interessenlage der Eheleute L ist eine entsprechende Vollmacht des Ehemannes zumindest unter dem Gesichtspunkt der Anscheins- und Duldungsvollmacht anzunehmen. Davon, dass der Vergleich auch die Ehefrau als mögliche Mitanspruchinhaberin betraf, sind die Parteien erstinstanzlich denn auch als selbstverständlich ausgegangen. Der Vergleich umfasste zudem seinem eindeutigen Wortlaut nach nicht nur die von Herrn L in dem Vorprozess zuletzt geltend gemachten, sondern alle wechselseitigen und damit auch die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Ansprüche.

b) Die Klägerin muss sich den zwischen Herrn L und dem Beklagten geschlossenen Vergleich gemäß § 407 BGB entgegenhalten lassen. Diese Vorschrift gilt auch in dem Fall des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 86 VVG (BGH Urteil vom 7.2. 1966 - II ZR 279/63, VersR 1966, 330; KG VersR 2002, 1541 = NVersZ 2002, 457 m.w.N.). Zur Kenntnis der den Forderungsübergang begründenden Tatsachen gehört im Rahmen des §§ 86 VVG die Kenntnis von der Leistung des Versicherers, da erst diese den Forderungsübergang bewirkt. Anders als beim sozialversicherungsrechtlichen Regress nach § 116 SGB X (dazu BGH NJW 2008, 1162 Rn. 8) genügt nicht die Kenntnis des Schädigers davon, dass der Geschädigte versichert ist und dass mit einer Leistungspflicht ernsthaft zu rechnen ist. Die Kenntnis wird auch nicht schon dadurch begründet, dass dem Schädiger die Regressabsicht des Versicherers mitgeteilt worden ist. Denn der Schuldner verliert den Schutz des § 407 BGB nicht schon bei fahrlässiger Unkenntnis, sondern nur bei positiver Kenntnis des Forderungsüberganges, der bei § 86 VVG aber erst mit der Zahlung des Versicherers eintritt (BGH VersR 1966, 330 und KG a.a.O.). Mögliche Anhaltspunkte für eine Zahlung begründen allein auch keine weitere Erkundigungspflicht des Schädigers (BGH VersR 1966, 330).

Nach diesen Maßstäben lässt sich eine positive Kenntnis des Beklagten von den Zahlungen der Klägerin nicht feststellen. Das hat das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt. Diese Kenntnis ist auch nicht durch dem in der Klageschrift des Verfahrens LG Aachen 9 O 125/10 enthaltenen Hinweis des Herrn L begründet worden, wonach die hiesige Klägerin die Reparatur- und Handwerkerkosten übernommen habe. Dem hat das Landgericht zu Recht entgegengehalten, dass Herr L seine Klage später auf derartige Kosten erweitert hatte, so dass sich hieraus ungeachtet der nicht weiter begründeten Klagerücknahme eine Kenntnis des Beklagten nicht herleiten lässt. Ein Erkundigunspflicht traf den Beklagten nach dem Vorgesagten nicht. Zur Feststellung der Kenntnis hätte es daher konkreter Tatsachen bedurft, die den Schluss auf die positive Kenntnis des Beklagten von der Zahlung ermöglicht hätten. Daran fehlt es aber.

Dem Beweisantritt der Klägerin auf Vernehmung der Eheleute L als Zeugen ist das Landgericht zu Recht nicht nachgegangen, weil die Klägerin nicht näher ausgeführt hat, wann, wo und in welchem Wege eine Bekanntgabe des Überganges der Forderung erfolgt sein soll. Der grundsätzlich zutreffende Hinweis der Berufung, nach der Rechtsprechung genüge für einen Beweisantritt der Vortrag von Tatsachen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen (etwa BGH NJW 2009, 2137; NJW-RR 2013, 1458 Rn. 30), verfängt hier aber nicht, weil es für die Anwendung des § 407 BGB entscheidend gerade darauf ankommt, dass und wann der Beklagte gesicherte Kenntnis von den Zahlungen erhalten hat. Beides bedarf eines konkreten Vortrages, den das Landgericht auch im Hinblick auf die Ausführungen des Herrn L in dem Vorverfahren mit Recht vermisst hat.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats als Berufungsgericht durch Urteil, so dass über die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO entschieden werden konnte.

Berufungsstreitwert: 13. 363,60 €

RechtsgebieteVVG, BGBVorschriften§ 86 VVG; § 407 BGB