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14.04.2016 · IWW-Abrufnummer 146771

Landessozialgericht Bayern: Urteil vom 23.11.2014 – L 7 R 173/14

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


LSG Bayern

23.11.2015

L 7 R 173/14

Tenor:

I.   Die Berufung gegen das Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 3.Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
II.  Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren festgesetzt auf 50.476,63 EUR.

Tatbestand

Streitig ist eine Beitragsnachforderung in Höhe von 50.476,63 Euro, resultierend aus der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin in der Zeit vom 01.03.2004 bis 30.06.2008 als Gesellschafter-Geschäftsführer.

Die in Italien ansässige O. ist dort im Bereich Medizinprodukte tätig. Um den deutschen Markt zu erschließen, wurde in Deutschland der Beigeladene zu 1), der Fachkenntnisse in diesem Bereich hat und über entsprechende Kontakte in Deutschland verfügte, kontaktiert. Man beschloss, die Zusammenarbeit in Deutschland über eine neu zu errichtende GmbH - die Klägerin - zu regeln.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 25.02.2004 wurde die Klägerin errichtet. Nach § 2 des "Gesellschaftervertrag/Satzung der GmbH" ist Gegenstand der Gesellschaft der Handel und Vertrieb von medizinischen Produkten und Instrumenten. Insbesondere werden orthopädische Hilfsmittel hergestellt und vertrieben. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit der Mehrheit des Stammkapitals der Gesellschaftsanteile gefasst nach § 10 des Vertrages.

Die Gesellschafteranteile hielten zu 75 % die in Italien ansässige O., und jeweils zu 12,5 % der Beigeladene zu 1) und Frau S. Seit dem Jahr 2009 ist der Beigeladene zu 1) nicht mehr Gesellschafter und auch nicht mehr für die Klägerin tätig, wobei die Klägerin ihre Tätigkeit inzwischen erheblich eingeschränkt hat.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 25.02.2004 wurde der Beigeladene zu 1) zum alleinigen Geschäftsführer der neu gegründeten Klägerin bestellt.

Die Geschäftsführertätigkeit des Beigeladenen zu 1) wurde zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) mit "Dienstvertrag" vom 01.03.2004 geregelt. Nach § 1.2 war der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer für den Vertrieb und die Vermarktung der Produkte der Firma O. in der Bundesrepublik Deutschland zuständig und hatte dies zu organisieren und den Umsatz zu steigern. Nach § 2 erhielt er als Geschäftsführer eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 4.000,00 Euro. Nach § 2.4 stand dem Beigeladenen zu 1) eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu. Nach § 4.1 hatte der Beigeladene zu 1) Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Der Dienstvertrag wurde für die Dauer von fünf Jahren geschlossen (§ 7.1) und war sechs Monate vor Vertragsablauf neu zu verhandeln. Während der Vertragslaufzeit konnte der Vertrag nur durch Vereinbarung der Parteien bzw. aus wichtigem Grund gekündigt werden (§ 7.2). Nach § 7.3 sollte der Beigeladene zu 1) mit Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand treten, ohne dass es einer weiteren Kündigung bedurft hätte.

Nach einer Betriebsprüfung in der Zeit vom 10.04.2008 bis 08.07.2008 forderte die Beklagte von der Klägerin nach entsprechender Anhörung mit Bescheid vom 02.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2009 für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer bei der Klägerin in der Zeit vom 01.03.2004 bis einschließlich 30.06.2008 insgesamt 50.476,63 Euro an Beiträgen und Umlagen nach. Säumniszuschläge wurden nicht erhoben.

Der Beigeladene zu 1) sei als Geschäftsführer bei der Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig geworden. Nach der Rechtsprechung des BSG müsse ein Gesellschafter-Geschäftsführer über mindestens 50 % des Stammkapitals verfügen oder aufgrund entsprechender Vereinbarung im Gesellschaftervertrag Beschlüsse der anderen Gesellschafter verhindern können, damit er entsprechenden Einfluss auf die Geschicke der GmbH habe. Der Beigeladene zu 1) verfüge jedoch nur über einen Anteil von 12,5 % des Stammkapitals und es gebe keine Regelung, die ihm eine Sperrminorität einräumen würde.

Versicherungspflicht habe im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden. In der Zeit vom 01.03.2004 bis einschließlich 31.05.2007 habe keine Versicherungspflicht der Kranken- und Pflegeversicherung bestanden, da der Beigeladene zu 1) bis dahin aufgrund seines Verdienstes die Jahresentgeltgrenze in diesen Jahren (2004: 41.850,00 Euro, 2005: 42,300,00 Euro, 2006: 42.750,00 Euro, 2007: 42.750,00 Euro) überschritten habe. Nachdem wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Klägerin der Beigeladene zu 1) jedoch einer Reduzierung seines Entgelts ab dem 01.06.2007 zugestimmt habe, sei in der Zeit vom 01.06.2007 bis 30.06.2008 die Jahresentgeltgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung unterschritten worden (Jahresentgeltgrenze 2008: 43.200,00 Euro) mit der Folge, dass der Beigeladene zu 1) ab. 01.06.2007 versicherungspflichtig auch in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gewesen sei.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Würzburg mit Urteil vom 03.12.2013 als unbegründet ab.

Der Beigeladene zu 1) sei nur Minderheitsgesellschafter gewesen und habe daher als Geschäftsführer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden. Als Minderheitsgesellschafter sei es ihm nicht möglich gewesen, Weisungen der Gesellschafterversammlung an ihn als Geschäftsführer zu unterbinden. Auch habe er über keine Sperrminorität verfügt. Dies seien bereits starke Indizien, dass seine Tätigkeit als abhängige Beschäftigung aufzufassen sei.

Der Beigeladene zu 1) sei auch nicht aufgrund seiner besonderen Kenntnisse im Bereich Medizinprodukte in Deutschland, aufgrund dessen er zum Gesellschafter und Geschäftsführer bei der Klägerin bestellt worden sei, "Kopf und Seele" der Klägerin gewesen. Zwar sei die Hauptgesellschafterin O. in Italien ansässig, und der Beigeladene zu 1) habe als Geschäftsführer der Klägerin die alleinige Vertretung für Deutschland gehabt. Jedoch habe die Klägerin nach Ausscheiden des Beigeladenen zu 1) im Jahr 2009 weiterhin in Deutschland ihr Geschäft betrieben. Auch ergebe sich keine besondere Stellung des Beigeladenen zu 1) dadurch, dass er Bürgschaften übernommen hatte im Jahr 2006. Der Bürgschaftsübernahme sei kein derartig überragendes Gewicht beizumessen, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sich als selbständige Tätigkeit darstelle.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Der Beigeladene zu 1) sei zwar nur Minderheitsgesellschafter gewesen, jedoch als Kopf und Seele der Klägerin bei seiner Tätigkeit in Deutschland völlig frei gewesen. Der Beigeladene zu 1) habe alle erdenklichen und erforderlichen wichtigen Entscheidungen des Unternehmens in Deutschland alleine getroffen. Er habe den gesamten Kundenstamm mitgebracht. Auch habe der Beigeladene zu 1) ausschließlich die Außendienstmitarbeiter der Klägerin angeworben. Der Klägerin habe es an Marktkenntnissen in Deutschland gefehlt.

Auch eine Weisungsgebundenheit sei nicht gegeben gewesen. Aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse sei der Beigeladene im Hinblick auf Zeit, Ort und Dauer seiner Arbeitsleistung frei gewesen, da sich die Hauptgesellschafterin in Italien nicht in die Angelegenheit in Deutschland eingemischt habe. Der Beigeladene zu 1) habe beispielsweise eigenständig über eine die Standortverlagerung der Klägerin in Deutschland im Jahr 2005 entschieden. Seit dem Ausscheiden des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin sei die wirtschaftliche Betätigung in Deutschland durch die Klägerin deutlich zurückgefahren. Statt früher sechs, sei jetzt nur noch ein älterer rentenfähiger Außendienstmitarbeiter überregional tätig.

Der Beigeladene zu 1) habe während seiner gesamten Tätigkeit als Geschäftsführer keinen einzigen Tag Urlaub genommen und regelmäßig mindestens 70 Stunden wöchentlich gearbeitet. Bereits ab Oktober 2004 habe der Beigeladene zu 1) weniger verdient. Ab Juni 2007 habe das reduzierte Gehalt nur noch bei brutto 1.702,00 Euro gelegen, was in Anbetracht einer 70-Stunden-Woche gegen ein Beschäftigungsverhältnis spräche. Der Beigeladene zu 1) sei durchgängig privat krankenversichert gewesen.

Auch liege ein außergewöhnliches Unternehmensrisiko des Beigeladenen zu 1) vor. Der Beigeladene zu 1) habe für ein Darlehen in Höhe von 5.625,00 Euro gebürgt. Ohne dieses Darlehen, das von der anderen Minderheitsgesellschafterin der Klägerin, Frau S., zur Verfügung gestellt wurde, wäre es zur Gründung der Klägerin in Deutschland nicht gekommen. Im Jahre 2006 habe der Beigeladene zu 1) zusätzlich für die Klägerin gebürgt für einen bei einer Bank aufgenommenen Kredit der Klägerin in Höhe von 15.000,00 Euro. Außerdem habe der Beigeladene zu 1) ohne Erhöhung seines Kapitalanteils im Jahr 2007 eine Zuzahlung in die Kapitalrücklage in Höhe von 13.350,00 Euro vorgenommen.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 03.12.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2009 aufzuheben.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des Sozialgerichts sei zutreffend.

Die Beigeladenen zu 1) bis 4) haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht mit Urteil vom 03.12.2013 die Klage gegen den Bescheid vom 02.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2009 abgewiesen. Der Beigeladene zu 1) stand bei seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin.

Streitgegenstand ist der Nachforderungsbescheid der Beklagten vom 02.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2009, gegen den die Klägerin zutreffend mit der Anfechtungsklage vorgegangen ist.

Der Nachforderungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung - hier die Beklagte - bei den Arbeitgebern u.a., ob diese ihren Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; insbesondere prüfen sie die Richtigkeit der Beitragszahlungen. In diesem Zusammenhang erlassen sie gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV Verwaltungsakte zur Beitragshöhe in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern.

Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin tätig war.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist - abhängige - Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach S. 2 dieser Vorschrift sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). Hier entfällt allerdings - wie die Beklagte zutreffend entschieden hat - wegen Überschreitens der Jahresentgeltgrenze die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum vom 01.03.2004 bis einschließlich 31.05.2007.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine solche versicherungspflichtige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, BSG, Urteil vom 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R,).

Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben.

Diese allgemeinen Grundsätze zur Unterscheidung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH.

Grundsätzlich kann ein Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Allerdings schließt ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung ein Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann. Das Bundessozialgericht bejaht eine selbständige Tätigkeit, wenn der Geschäftsführer auch Gesellschafter ist und als solcher entweder Mehrheitsgesellschafter ist oder über eine Sperrminorität dergestalt verfügt, dass er an ihn gerichtete Weisungen verhindern kann (BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, Rn. 25). Demgegenüber geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Fremdgeschäftsführer (Geschäftsführer ohne Gesellschaftsanteile) in der Regel in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (siehe BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, Rn. 21). Entscheidend ist insbesondere, ob der Geschäftsführer als Gesellschafter über die Rechtsmacht verfügt, ihm als Geschäftsführer nicht genehme Beschlüsse der Gesellschaft zu verhindern, was aus den Mehrheitsverhältnissen in der Gesellschaft herzuleiten ist (BSG Urteil vom 11.11.2015, B 12 R 2/14 R; Urteil vom 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R; Urteil vom 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R).

Der Beigeladene zu 1) hatte als Minderheitsgesellschafter mit einem Anteil von nur 12,5% nicht die Rechtsmacht, ihm nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern. Eine Vetorecht oder eine gesellschaftsrechtliche Stimmbindungsvereinbarung, die ihm eine solche Rechtsmacht eingeräumt hätte, gab es nicht. Schon daraus ergibt sich, dass die Mehrheitsgesellschafterin bei der Klägerin, die die O., letztlich die Kontrolle über die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) behalten wollte. Durch seine Bürgschaften hat der Beigeladene zu 1) eine solche Rechtsmacht jedenfalls nicht erhalten.

Dies wird untermauert durch den Geschäftsführervertrag, der wesentliche Elemente einer abhängigen Beschäftigung enthält, z.B. ein Festgehalt mit Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und einen Urlaubsanspruch.

Dass der Beigeladene zu 1) mit seinen Kontakten in Deutschland und seinem Fachwissen für den wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin von großer Bedeutung war, macht ihn nicht zu "Kopf und Seele" des Unternehmens, aus der sich nach der früheren Rechtsprechung des BSG, die das BSG inzwischen ohnehin aufgegeben hat (BSG Urteil vom 11.11.2015, B 12 R 2/14 R), eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) hätte herleiten lassen. Vielmehr geht die Klägerin ihren Geschäften auch jetzt noch in Deutschland nach, wenn auch mit eingeschränktem Erfolg. Ein größerer wirtschaftlicher Erfolg wäre jederzeit auch möglich, wenn geeignete Mitarbeiter abhängig beschäftigt würden.

Dass der Beigeladene zu 1) im Jahr 2006 auf einen erheblichen Teil seines ihm vertraglich zustehenden Entgelts verzichtete, führt auch nicht dazu, dass die Tätigkeit als selbständige Tätigkeit gewertet werden müsste. Auch abhängig Beschäftigte verzichten - wenn es um die Rettung ihres Unternehmens und damit um die Rettung ihres Arbeitsplatzes geht - erfahrungsgemäß immer wieder auf ihnen zustehendes (Teil-) -Gehalt.

Letztlich machen auch seine Bürgschaften für die Klägerin den Beigeladenen zu 1) nicht zu einem selbständigen Unternehmer. Er hat der Klägerin die Bürgschaften wie jeder andere Private gegeben - auch mit entsprechendem Risiko -, ohne hierfür mehr Mitbestimmungsrecht im Unternehmen zu bekommen. Dass er gebürgt hat, um der Klägerin wirtschaftlich zu helfen, spielt keine Rolle, da Motiv auch hier - wie bei einem abhängig Beschäftigten - der Erhalt des Arbeitsplatzes war.

Die Höhe der Nachforderung ist nach den Feststellungen des Senats zutreffend; insoweit wird Bezug genommen auf die Anlage zum Bescheid vom 02.10.2008 und die dort enthaltenen Berechnungen.

Nach alledem ist die Berufung insgesamt unbegründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Begehren erfolglos blieb.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Der festgesetzte Streitwert entspricht der Höhe der nachgeforderten Beiträge. Der Beschluss in Ziffer IV ist unanfechtbar, § 177 SGG.

RechtsgebietSGB IVVorschriften§ 28p Abs. 1 S. 1 SGB IV; § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV