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13.06.2019 · IWW-Abrufnummer 209355

Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 03.06.2019 – 29 U 203/18

Der Schaden für die Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs ist unter Berücksichtigung eines Rabattes zu berechnen, den der Fahrzeughersteller Schwerbehinderten generell gewährt.


OLG Frankfurt 29. Zivilsenat

03.06.2019

29 U 203/18

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 16.10.2018 (Az. 4 O 15/18) im Kostenausspruch abgeändert.

Die Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz haben die Beklagten zu 83 % als Gesamtschuldner zu tragen, die Klägerin trägt 17 %.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede der Parteien darf die Zwangsvollstreckung der anderen Seite durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht Ersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 15.11.2017 geltend. Die Beklagte zu 1) fuhr auf das Heck des langsam vor einer roten Ampel ausrollenden Klägerfahrzeugs Marke1 Typ1 so heftig auf, dass das Klägerfahrzeug auf das vor ihm an der roten Ampel bereits zum Stillstand gekommene Fahrzeug aufgeschoben wurde. Die Beklagte zu 2) ist der Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 1). Der Unfallhergang und die alleinige Einstandspflicht der Beklagten sind dem Grunde nach unstreitig (Bl. 61).

Die Parteien streiten um die Höhe des entstandenen Schadens.

Das Klägerfahrzeug war zum Unfallzeitpunkt erst eine Woche alt (Zulassung auf die Klägerin XX.11.2017, Laufleistung … km). Die Klägerin hatte das Fahrzeug am XX.10.2017 für 30.525 € neu erworben (Bl. 18). Beim Kauf war ihr ein Rabatt für Menschen mit Behinderung i.H.v. 4.440,15 € (entsprechend 15 %) gewährt worden.

Einen solchen Preisvorteil gewährt die Marke1 AG nach ihren Bedingungen unter anderem Kunden mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 % für höchstens 2 Fahrzeuge im laufenden Kalenderjahr, die nach der Lieferung mindestens 6 Monate lang gehalten werden müssen (Verpflichtungserklärung Bl. 47). Der Sondernachlass und der behindertengerechte Umbau von Fahrzeugen werden von Marke1 unter anderem mit der Aussage beworben, das Unternehmen trage dazu bei, den Alltag von Menschen mit Handicap zu erleichtern (Bl. 89, siehe auch https://www.(...).html).

Nach einer von den Beklagten erstinstanzlich nicht mehr bestrittenen Zusammenstellung des ADAC (Stand Mai 2017) gewähren die in Deutschland am Markt tätigen Autohersteller in unterschiedlichem Umfang und unter unterschiedlichen Voraussetzungen beim Neuwagenkauf Rabatte zwischen 0 % und 25 % für Menschen mit Behinderung. Die Preisnachlässe sind demnach teils verhandelbar, teils modellabhängig und lediglich bei der Marke2 AG und der Marke1 AG mit einem festen Prozentsatz bemessen. Auf die Anlage zum Schriftsatz vom 26.9.2018 wird verwiesen (Bl. 109).

Nach dem Unfall nahm die Klägerin eine Ersatzbeschaffung vor. Sie bestellte am 22.11.2017 erneut einen neuen Marke1 (anderes Modell) für sich zum Preis von 30.670 € (Bl. 19). Auch bei diesem Kauf wurde ihr wiederum ein Rabatt i.H.v. 15 % für Menschen mit Behinderung gewährt, entsprechend 4.720,50 €.

Zwischen den Parteien umstritten ist die Frage, ob der Rabattvorteil zum Schaden gehört und von den Beklagten auszugleichen ist.

Die Beklagten haben teils vor, teils nach Rechtshängigkeit der Klage (Bl. 36) auf den Fahrzeugschaden 17.235,26 € gezahlt und die weiteren Schadenspositionen (Sachverständigenkosten, Abschleppkosten und Unfallpauschale) i.H.v. 2.130,34 € vollständig reguliert. Auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten haben die Beklagten 1.171,67 € bezahlt.

Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit in Bezug auf den ursprünglichen Klageantrag zu 1) (22.950,34 € zuzüglich Zinsen) i.H.v. 19.365,60 € und in Bezug auf den Klageantrag zu 2) (1.242,84 €) i.H.v. 1.171,67 € für erledigt erklärt.

Zugleich hat sie die Klage auf der Basis des Listenpreises des unfallbeschädigten Fahrzeugs (31.865,01 €) abzüglich Restwert i.H.v. 9.850 € sowie abzüglich der Zahlungen auf den Fahrzeugwert (17.235,26 €) um 4.779,75 € erweitert.

Die Beklagten haben der Teilerledigungserklärung unter Protest gegen die Kosten zugestimmt (Bl. 60).

Die Klägerin hatte den Schaden mit Schreiben vom 23.11.2017 zur Regulierung bei der Beklagten angemeldet und übersandte am 27.11.2017 das Gutachten des TÜV über den Schaden und die Bestellungen des unfallbeschädigten Fahrzeugs und des Ersatzfahrzeugs und setzte Frist zur Regulierung bis zum 12.12.2017 (Bl. 71). Nachdem die Beklagte nicht reagiert hatte, mahnte die Klägerin am 14.12.2017 unter Nachfrist bis zum 5.1.2018.

Die Beklagte zu 2) forderte am 22.12.2017 Rechnungen über die Ersatzbeschaffung an. Am 4.1.2018 forderte der Versicherer vom Klägervertreter die Ermittlungsakten an.

Am 25.1.2018 erhob die Klägerin die Zahlungsklage, welche am 21.2.2018 zugestellt wurde.

Das Landgericht Limburg wies die Klage mit Urteil vom 16.10.2018 (Bl. 123 ff.) mit der Begründung ab, der Klägerin sei in Höhe des Rabatts von 15 % für Menschen mit Behinderung kein Schaden entstanden. Der Rabatt sei zu Gunsten der Beklagten im Wege des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen, weil er regelmäßig gewährt werde. Insoweit gelte für den Schwerbehindertennachlass nichts anderes als für Werksangehörigenrabatte oder Großkundenrabatte, die ohne überobligatorische Anstrengungen des Betroffenen zu erlangen seien. Die Kosten des Rechtsstreits erlegte das Landgericht insgesamt der Klägerin auf mit der Begründung, die Beklagten hätten sich nicht im Verzug befunden, weil die Klägerin keine Rechnungen über die Fahrzeuge vorgelegt habe. Auf das Urteil wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Die Zustellung des Urteils an die Klägerin erfolgte am 16.10.2018 (Bl. 142).

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 15.11.2018 eingegangenen (Bl. 146) Berufung, die sie am 14.12.2018 begründet hat (Bl. 151 ff.).

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, den Neuwagenrabatt von 15 % auf die Ersatzbeschaffung, den sie persönlich nur aufgrund ihrer Schwerbehinderung erhalten habe, müsse sie sich nicht auf den ihr entstandenen Schaden anrechnen lassen. Es handele sich um einen von persönlichen Merkmalen der unfallgeschädigten Person abhängigen wirtschaftlichen Vorteil, der nicht dem Schädiger, sondern nur ihr persönlich zu Gute kommen solle. Es handele sich nicht um einen marktüblichen Rabatt, der zudem von besonderen persönlichen Merkmalen der Geschädigten abhänge und der an weitere Bedingungen geknüpft sei (mindestens 6-monatige Haltefrist gemäß Verpflichtungserklärung für Menschen mit Behinderung gegenüber Marke1 vom 22.11.2017, Bl. 47). Die Rabattierung habe ersichtlich eine soziale Komponente zur Erleichterung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung und diene nicht der Besserstellung eines Schädigers. Verfehlt sei das landgerichtliche Urteil auch hinsichtlich der Kostenentscheidung, weil der Schaden nach der Rechtsprechung des BGH (VI ZR 110/08) bereits bei Bestellung eines Ersatzfahrzeugs als Zahlungsanspruch abgerechnet werden konnte. Die Beklagten seien daher weder ihrer Freistellungspflicht noch ihrer Zahlungspflicht rechtzeitig nachgekommen. Ergänzend wird auf den Schriftsatz vom 14.12.2018 verwiesen (Bl. 151 ff.).

Die Berufungsklägerin beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 4.779,75 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie

2. Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung i.H.v. 388,77 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit

zu zahlen.

Die Berufungsbeklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil aus den vom Landgericht gefundenen Gründen. Die Rabattierung für Menschen mit Behinderung diene in erster Linie der Kundenbindung und könne von der Klägerin jederzeit wieder erzielt werden. Insoweit liege dem Rabatt kein Leistungsbeitrag der Klägerin zu Grunde. Die Rabattierung sei nicht anders zu bewerten als ein Werksangehörigenrabatt. Die Berufung verkenne die Bedeutung der Entscheidung des BGH vom 9.6.2009 (VI ZR 110/08); der Anspruch auf eine Neupreisentschädigung entstehe erst mit Kauf eines Neufahrzeugs. Auf den Schriftsatz vom 27.12.2018 wird verwiesen (Bl. 162 ff.).

II.

A. Zulässigkeit

Die gemäß § 511 ZPO statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Fristen gemäß der §§ 517, 519, 520 ZPO sind gewahrt. Die Berufungsbegründung enthält die notwendigen, konkreten Rügen im Sinne von § 520 Abs. 3 ZPO. Die Klägerin ist durch die Abweisung der Klage i.H.v. 5.168,52 € beschwert.

B. Begründetheit

Das Rechtsmittel ist jedoch in der Hauptsache unbegründet. Die Entscheidung des Landgerichts, der Klägerin die materielle Unfallentschädigung lediglich auf der Grundlage des für Menschen mit Behinderung rabattierten Neuwagenpreises zuzusprechen, steht im Einklang mit der materiellen Rechtslage im Sinne von § 513 Abs. 1 ZPO. Abzuändern war das angefochtene Urteil lediglich hinsichtlich der Kostenentscheidung. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

1. Hauptforderung

Das Landgericht hat die Höhe des Ersatzanspruches aus dem Verkehrsunfall, für dessen Folgen die Beklagten alleine einzustehen haben, zutreffend bemessen gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB.

a)

Für die Bemessung des Ersatzanspruchs ist nach der Differenzhypothese als Ausgangspunkt die Vermögensentwicklung beim Geschädigten mit und ohne das schädigende Ereignis zu bilanzieren (juris PK/Rüßmann § 249 BGB, Stand November 2018, Rn. 5). Zu berücksichtigen sind dabei nur adäquat-kausale Schadensentwicklungen und solche innerhalb des Schutzbereichs der die Ersatzpflicht begründenden Norm (juris PK aaO Rn. 7).

Durch das Ereignis mit verursachte Vorteile sind nach wertenden Gesichtspunkten schadensmindernd in die Berechnungen einzustellen (Juris PK aaO Rn. 7).

Im Rahmen der Vorteilsausgleichung werden mit dem schädigenden Ereignis zufließende Vorteile nach wertenden Gesichtspunkten in die Schadensbilanz mit eingestellt. Anzurechnen sind demnach nur adäquat verursachte Vorteile (BGHZ 49, 56 ff.). Die Vorteilsanrechnung darf nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führen (BGH VI ZR 28/69). Nach der Rechtsprechung des BGH müssen die Vor- und Nachteile bei wertender Betrachtung in Rechnungseinheit verbunden sein (vergleiche BGH VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206 ff).

Vertreten wird insoweit unter anderem eine Differenzierung zwischen unselbständig und selbständig zufließenden Vorteilen (vgl. Rüssmann in juris PK § 249 Rn. 51 ff.). Bei unselbständigen Vorteilen (z.B. ersparte Lebenshaltungskosten während eines vom Schädiger bezahlten Krankenhausaufenthalts) hängt eine Anrechnung davon ab, ob sie dem Geschädigten zumutbar ist und nicht gegen rechtliche Wertungen verstößt (BGH NJW 1959, 1078 ff.). Bei selbständigen Vorteilen (z.B. Wertsteigerung des Grundstücks infolge Zerstörung eines unter Denkmalschutz stehenden Hauses) ist der Vermögenszufluss anzurechnen, solange er nicht auf der Leistung eines Dritten beruht.

Nicht zu Gunsten des Schädigers anzurechnen sind nach der Rechtsprechung und der Literatur in der Regel freiwillige Leistungen Dritter (juris PK/Rüßmann § 249 BGB Rn. 55; Münchener Kommentar/Oetker 8. Aufl. 2019, § 249 BGB Rn. 251 mit zahlreichen Nachweisen der Rechtsprechung). Will der Dritte nur dem Geschädigten einen Vorteil zuwenden, so soll dieser den Vorteil daraus über den reinen Vermögensausgleich hinaus beim Schädiger liquidieren dürfen (juris PK/Rüßmann § 249 BGB Rn. 55). Als solche freiwilligen, nicht anzurechnenden Leistungen anerkannt sind in der Rechtsprechung Sammlungen für den Geschädigten, freiwillige Unterhaltsleistungen und freiwillige Zuwendungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer.

Nicht anzurechnen sein sollen auch Vorteile, die aus Verträgen nach dem Schadensfall erst entstehen (Münchener Kommentar/Oetker 8. Aufl. 2019, § 249 BGB Rn. 253).

Anzurechnen sind hingegen solche Vorteile, die der Geschädigte ohne besondere Anstrengungen jederzeit wieder erreichen kann. Dazu gehören nach der Rechtsprechung Rabatte, die regelmäßig gewährt werden wie z.B. an Werksangehörige bei dem Erwerb von Fahrzeugen (vgl. BGH IV ZR 169/73, NJW 1975, 307 zu § 13 Abs. 2 AKB; BGH VI ZR 17/11, NJW 2012, 50 zu § 249 BGB; LG Karlsruhe NJW 2017, 2924).

Maßgebliches Kriterium bei der wertenden Betrachtung ist immer, ob die Leistung des Dritten auch den Zweck hat, den Schädiger zu entlasten, oder ob sie ausschließlich im Interesse des Geschädigten erbracht wird.

Aus dem Urteil des BGH vom 18.10.2011 (NJW 2012, 50, Rn. 9) entnimmt das Berufungsgericht, dass wertende Korrekturen der Differenzhypothese angebracht sind, wenn die Vermögenseinbuße durch freiwillige Leistungen Dritter, die den Schädiger nicht entlasten sollen, rechnerisch ausgeglichen wird. Eine Korrektur ist demnach nur angebracht, wenn nach einer umfassenden Bewertung der gesamten Interessenlage, wie sie durch das schädigende Ereignis zwischen Schädiger, Geschädigten und dem freiwillig leistenden Dritten besteht, sowie unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck aller in Betracht kommenden Rechtsnormen, die Differenzbilanz der Schadensentwicklung nicht gerecht wird.

b)

Auf der Basis der reinen Differenzhypothese ist der Klägerin durch das Unfallereignis kein Schaden in Höhe des Behindertenrabattes entstanden.

Denn sie hat diesen Rabatt sowohl für den kurz vor dem Unfall erst angeschafften Neuwagen als auch für die durchgeführte Ersatzbeschaffung eines Neufahrzeugs nach dem Unfall erhalten. Daher hat sie rein rechnerisch keine über die von den Beklagten geleisteten Zahlungen hinausgehende, unfallbedingte Vermögenseinbuße erlitten.

Das Berufungsgericht ist im Rahmen der Abwägung nach den oben dargestellten Kriterien zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Korrektur der Schadensberechnung nach der reinen Differenzhypothese aufgrund wertender Gesichtspunkte nicht geboten ist.

Für die individuelle Schadensbetrachtung nach wertenden Gesichtspunkten ist die Abstraktheit des Entschädigungsbegriffs ebenso zu beachten wie die Dispositionsbefugnis des Geschädigten. Entschiede sich die Geschädigte, die Entschädigungsleistung zur Ersatzbeschaffung eines Fahrzeugs zu verwenden, für das ihr kein Rabatt gewährt wird - dieser ist nach den Feststellungen markenabhängig und unterschiedlich hoch bemessen - so wäre ihr schon nach der reinen Differenzhypothese der bei der Anschaffung des geschädigten Fahrzeugs erzielte Rabatt als Schaden entstanden.

Dasselbe würde gelten, wenn sich die Geschädigte ihrer Dispositionsbefugnis entsprechend entschließen würde, statt eines Neuwagens ein Gebrauchtfahrzeug zu erwerben oder nach einem Unfall auf den Erwerb eines Ersatzfahrzeuges zu verzichten und die Entschädigungsleistung anderweitig zu verwenden, etwa für Fahrdienstleistungen.

Andererseits war bei der Entscheidung über die Höhe des Entschädigungsanspruchs die konkrete Schadensabrechnung durch die Klägerin zu berücksichtigen. Sie hat ihre Dispositionsbefugnis auf eine Weise ausgeübt, die ihr auch bei der Ersatzbeschaffung den Rabatt gesichert hat.

Das Berufungsgericht hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass besondere Wertungsgesichtspunkte es gleichwohl erforderlich machen, der Klägerin in Höhe des von ihr erlangten Rabatts eine weitere Entschädigung zuzusprechen.

Dabei hat das Berufungsgericht berücksichtigt, dass der Rabatt aufgrund besonderer, ungünstiger gesundheitlicher Umstände der Klägerin persönlich gewährt wurde. Es handelt sich um die Leistung eines Dritten, die dieser Menschen mit Behinderungen freiwillig und nur unter bestimmten Voraussetzungen erbringt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit muss mindestens 50 % betragen, der Rabatt kann nur im Neuwagengeschäft beansprucht werden, die Klägerin muss das Fahrzeug nach der Zulassung mindestens 6 Monate selber halten und kann im Kalenderjahr nur 2 Fahrzeuge mit diesem Rabatt erwerben.

Damit hängt die Rabattierung von besonderen persönlichen Merkmalen bei der Geschädigten ab, sie schränkt ihre Dispositionsfreiheit ein, weil sie nur im Neuwagengeschäft und nicht von allen Herstellern gewährt wird, und die Rabattierung durch den Autohersteller dient nicht dazu, den Schädiger zu entlasten.

Der Senat hat allerdings auch nicht festzustellen vermocht, dass der Rabatt vorrangig eine soziale Funktion hat oder eine freigebige Leistung ist.

Es fällt zwar auf, dass lediglich zwei große deutsche Autohersteller Menschen mit Behinderungen bei Nachweis der Voraussetzungen auch ohne Verhandlungsgeschick einen fest voreingestellten Rabatt gewähren. Auch unter Berücksichtigung der Leistungsbeschreibung durch die Marke1 AG, die Anhaltspunkte für eine soziale Komponente bietet, vermag das Berufungsgericht darin keine freigebige Leistung eines Dritten zu erkennen.

Solche sind dem gewerblichen Warenverkehr regelmäßig wesensfremd. Ebenso nahe liegend ist, dass es sich um ein von einer sozialen Komponente mitbestimmtes Element der Absatzförderung und der Kundenbindung handelt.

Das Berufungsgericht ordnet den der Klägerin gewährten Rabatt für Menschen mit Behinderungen daher rechtsähnlich dem Werksangehörigenrabatt ein, weil die Klägerin den Rabatt bei Fortbestand ihrer gesundheitlichen Einschränkungen bei einer Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs wie vorliegend und bei einer Beschränkung auf zwei deutsche namhafte Autohersteller ohne weitere Anstrengungen erneut erzielen kann, solange sie nicht mehr als zwei Fahrzeuge im Jahr neu anschafft und jeweils mindestens 6 Monate hält.

c)

Der Anspruch auf die Zinsen und auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten teilt das Schicksal der Hauptforderung.

2. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils war auf die zulässige Berufung von Amts wegen abzuändern. Soweit die Klägerin mit ihrem Rabattanspruch endgültig unterlegen ist, hat sie die darauf entfallenden Kosten gemäß § 92 Abs. 1 ZPO anteilig zu tragen. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils sind die Kosten gemäß der §§ 91a, 93 ZPO analog von den Beklagten zu tragen, weil sie Veranlassung zur Klage gegeben haben. Denn der beklagte Versicherer hat auf das Unfallereignis vom 15.11.2017 und die Schadensanmeldung vom 23.11.2017 und wiederholte Zahlungsaufforderungen durch die Klägerin erstmals am 15.2.2018 und zuletzt am 14.3.2018 Zahlungen geleistet. Zu diesem Zeitpunkt bestand Verzug. Zwar war die bis zum 12.12.2017 zunächst gesetzte Zahlungsfrist zu kurz bemessen. Die zu kurze Frist verlängert sich auf die angemessene Frist. Für die Schadensberechnung bedurfte es keiner Vorlage einer Rechnung über die Ersatzbeschaffung, sondern die Beklagte konnte bereits anhand der verbindlichen Bestellung für das neue Fahrzeug vom 22.11.2017 - die einen Kauf im Sinne der Entscheidung BGH VI ZR 110/08 darstellt - und aus dem Gutachten des TÜV die notwendigen Daten entnehmen. Demgegenüber hat der Versicherer die Regulierung durch nicht gebotene Rückfragen zu den Rechnungen und den Ermittlungsakten vorwerfbar verzögert. Jedenfalls waren die Beklagten daher beim Einreichen der Klageschrift am 26.1.2018 mit der Regulierung im Verzug und haben die Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits zu tragen.

Die Kosten der in der Hauptsache erfolglosen Berufung hat die Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen

3. Nebenentscheidungen

Die Revision gegen dieses Urteil war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Die Frage, ob der Rabatt für Menschen mit Behinderungen bei der Abrechnung von Unfallereignissen dem Schädiger zu Gute kommen soll oder ebenfalls zu entschädigen ist, ist eine in der obergerichtlichen Rechtsprechung bisher nicht ersichtlich entschiedene Rechtsfrage, die sich in zahlreichen weiteren Fällen stellen kann.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB