01.08.2019 · IWW-Abrufnummer 210305
Bundesfinanzhof: Beschluss vom 28.05.2019 – VIII R 7/16
1. Sog. BIP-gebundene Wertpapiere, die von gegen Argentinien-Anleihen eingetauschten festverzinslichen Schuldverschreibungen nach den Emissionsbedingungen automatisch abgekoppelt worden und mit einer eigenen Wertpapierkennnummer eigenständig handelbar sind, bei denen die Rückzahlung des Nennkapitals ausgeschlossen ist und die Zahlung eines Entgelts von der Entwicklung des argentinischen Bruttoinlandsprodukts sowie anderen variablen Größen abhängig ist, sind keine Kapitalforderungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am 31.12.2008 anzuwendenden Fassung. Es handelt sich um Kapitalanlagen mit ausschließlich spekulativem Charakter (sog. Vollrisikopapiere).
2. Laufende Kapitalerträge aus solchen BIP-gebundenen Wertpapieren sind gemäß § 52a Abs. 8 Satz 1 i.V.m. § 52a Abs. 10 Satz 8 EStG nach dem 31.12.2008 nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. steuerpflichtig, wenn die Wertpapiere vor dem 15.03.2007 erworben wurden.
Tenor:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 17.02.2016 – 2 K 11398/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Gründe
I.
1
Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welchem Umfang laufende Zahlungen, die der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) aus sog. argentinischen BIP-gebundenen Wertpapieren erzielt hat, im Streitjahr (2011) der Besteuerung unterliegen.
2
Der Kläger hatte ursprünglich in festverzinsliche Argentinien-Anleihen investiert. Er nahm im Jahr 2005 am öffentlichen Umtauschprogramm für diese notleidend gewordenen Anleihen teil und tauschte sie gegen DL–Bonds 2005 (24-33) Disc. (sog. Discounts), die in US Dollar (USD) notiert und ebenfalls vom Staat Argentinien emittiert worden waren. Die Discounts waren mit einem festen Zinssatz zu verzinsen. Zwischen den Beteiligten ist die Besteuerung der im Streitjahr auf die Discounts ausgezahlten Kapitalerträge nicht mehr streitig.
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Von den Discount-Anleihen wurden nach den Emissionsbedingungen noch im Jahr 2005 DL–FLR Bonds 2005 (35) IO GDP automatisch getrennt. Sie erhielten eine eigene Wertpapier-Kennnummer und waren getrennt handelbar. Bei diesen Wertpapieren handelte es sich um die streitbefangenen Wertpapiere (im Folgenden: BIP-gebundene Wertpapiere).
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Den BIP-gebundenen Wertpapieren war ein fiktiver Nennbetrag in USD zugewiesen. Dieser entsprach dem Nennbetrag der vom Kläger eingetauschten festverzinslichen Argentinien-Anleihen. Der Nennbetrag war nach den Emissionsbedingungen durch den Staat Argentinien bei Laufzeitende nicht an den Gläubiger zurück zu zahlen.
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Zahlungen auf die BIP-gebundenen Wertpapiere waren dem Grunde und der Höhe nach abhängig von der Entwicklung des sog. "verfügbaren BIP-Überschusses" des Staates Argentinien für das jeweils betrachtete Referenzjahr. Dieser Wert wurde multipliziert mit dem fiktiven Nennbetrag der BIP-gebundenen Wertpapiere des Anlegers. Ob im jeweiligen Referenzjahr ein "verfügbarer BIP-Überschuss" vorhanden war, hing davon ab, ob das sog. "tatsächliche BIP" das sog. "Basis BIP" des Staates Argentinien überschritt. War dies der Fall, musste ferner das jährliche Wachstum des "tatsächlichen BIP" für das jeweilige Referenzjahr größer als die für dieses Jahr in den Emissionsbedingungen angegebene Wachstumsrate des "Basis BIP" sein. Zudem durften die früheren laufenden Zahlungen die Zahlungsobergrenze nicht überschritten haben.
6
Der Kläger hielt im Streitjahr in seinem Depot BIP-gebundene Wertpapiere mit einem Nennbetrag in Höhe von 3 Mio. USD. In Höhe eines Nennbetrags von 2.089.575 USD handelte es sich um BIP-gebundene Wertpapiere, die von den im Jahr 2005 getauschten und noch in seinem Depot befindlichen Discounts abgekoppelt worden waren. Zudem hatte der Kläger im Jahr 2006 BIP-gebundene Wertpapiere, die einen Nennbetrag in Höhe von 361.721 USD auswiesen, und am 5. Januar 2009 weitere BIP-gebundene Wertpapiere zu einem Nennbetrag in Höhe von 548.704 USD (jeweils ohne die zugrunde liegenden Anleihen, von denen diese abgetrennt worden waren) erworben.
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Die depotführende Bank bescheinigte dem Kläger für das Streitjahr Kapitalerträge in Höhe von insgesamt 133.416,12 €. Hiervon entfiel ein Betrag in Höhe von 101.001 € auf die BIP-gebundenen Wertpapiere.
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Der Kläger beantragte im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr für die Kapitalerträge aus den BIP-gebundenen Wertpapieren die Überprüfung des Steuereinbehalts gemäß § 32d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG). Er war der Auffassung, die Kapitalerträge aus den BIP-gebundenen Wertpapieren seien in Höhe eines Betrags von 82.528 € nicht steuerbar. Es handele sich insoweit um sog. Vollrisikopapiere, die er vor dem 15. März 2007 erworben habe. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des Art. 1 des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) —im Folgenden: EStG n.F.— sei gemäß § 52a Abs. 8 Satz 1 i.V.m. § 52a Abs. 10 Sätze 6 bis 8 EStG für nach dem 31. Dezember 2008 zufließende Kapitalerträge aus solchen Vollrisikopapieren nicht anzuwenden, wenn die zugrunde liegende Kapitalforderung vor dem 15. März 2007 erworben worden sei. Eine andere Rechtsgrundlage für die Besteuerung der laufenden Kapitalerträge aus den BIP-gebundenen Wertpapieren sei nicht gegeben.
9
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr hingegen die auf die BIP-gebundenen Wertpapiere im Streitjahr empfangenen Zahlungen in vollem Umfang gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. als steuerpflichtige Kapitalerträge. Den hiergegen erhobenen Einspruch des Klägers wies das FA als unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit Urteil vom 17. Februar 2016 – 2 K 11398/14 statt. Die Begründung des FG ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1347 mitgeteilt.
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Mit seiner Revision macht das FA geltend, die aus den BIP-gebundenen Wertpapieren im Streitjahr erzielten Erträge seien in vollem Umfang steuerpflichtig.
12
Die BIP-gebundenen Wertpapiere stellten sog. Ertragsscheine gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG dar, sodass die gezahlten Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. steuerpflichtig seien. Folge man dem nicht, verletze das angefochtene Urteil § 52a Abs. 8 Satz 1 EStG und § 52a Abs. 10 Sätze 6 bis 8 EStG .
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Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
14
Der Kläger beantragt,
die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.
II.
15
Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) . Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
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Das FG hat ohne Rechtsfehler entschieden, dass die Kapitalerträge des Klägers aus den BIP-gebundenen Wertpapieren in Höhe von 82.528 € im Streitjahr nicht der Besteuerung unterliegen. Es hat die BIP-gebundenen Wertpapiere zu Recht als eigenständige Kapitalanlagen beurteilt (s. unter II.1.). Zudem hat es zutreffend eine Steuerpflicht der streitigen Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG verneint (s. unter II.2.). Ferner hat das FG rechtsfehlerfrei entschieden, dass die streitigen Kapitalerträge im Streitjahr im Ergebnis auch nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. steuerpflichtig sind. Diese Regelung ist gemäß § 52a Abs. 8 Satz 1 i.V.m. § 52a Abs. 10 Satz 8 EStG auf die streitigen Kapitalerträge nicht anzuwenden, da die zugrunde liegenden BIP-gebundenen Wertpapiere vom Kläger vor dem 15. März 2007 erworben wurden (s. unter II.3.).
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1. Die BIP-gebundenen Wertpapiere sind für die ertragsteuerliche Qualifikation als eigenständige Kapitalanlagen zu beurteilen.
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a) Die BIP-gebundenen Wertpapiere sind für Zeiträume nach der automatischen Abkopplung von den zugrunde liegenden Schuldverschreibungen im Jahr 2005 von den ursprünglichen Schuldverschreibungen getrennt und mit eigener Wertpapierkennnummer separat handelbar. Auf dieser Grundlage ist die vom FA geforderte Einordnung der BIP-gebundenen Wertpapiere nach den Verhältnissen im Emissionszeitpunkt (im Jahr 2005), als die BIP-gebundenen Wertpapiere unselbständige Bestandteile der mit ihnen verbundenen Schuldverschreibungen waren, nicht sachgerecht.
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b) Mit dieser eigenständigen Betrachtung der BIP-gebundenen Wertpapiere weicht der Senat entgegen der Sichtweise des FA nicht von den im Senatsurteil vom 24. Februar 2015 – VIII R 54/12 (BFHE 249, 228, BStBl II 2015, 693) aufgestellten Grundsätzen ab. Zwar sind nach diesem Senatsurteil die im Rahmen des öffentlichen Umtauschprogramms des Staates Argentinien erhaltenen Schuldverschreibungen (dort sog. "Par-Schuldverschreibungen") samt der mit diesen verbundenen BIP-gebundenen Wertpapieren grundsätzlich nach den Verhältnissen des Emissionszeitpunkts als einheitliche Kapitalforderungen mit einer variablen Verzinsung i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 , Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG a.F. zu qualifizieren; die spätere Abkopplung der BIP-gebundenen Wertpapiere hat nach der Entscheidung für diese Typuseinordnung grundsätzlich keine Bedeutung. Dem Senatsurteil in BFHE 249, 228, BStBl II 2015, 693 lässt sich aber nicht der Grundsatz entnehmen, dass die Schuldverschreibungen und die BIP-gebundenen Wertpapiere für die ertragsteuerrechtliche Behandlung wegen ihrer Verbindung im Emissionszeitpunkt stets als einheitliche Kapitalforderung mit variabler Verzinsung zu qualifizieren sind. Der Senat hat in seiner Entscheidung bei der Beurteilung der Veräußerung einer "Par-Schuldverschreibung" im Jahr 2007 (nach Abkopplung der BIP-gebundenen Wertpapiere) nur auf die Ausgestaltung der Schuldverschreibung im Veräußerungszeitpunkt abgestellt, diese als festverzinsliche und nicht mehr als variable Kapitalforderung behandelt und damit eigenständig beurteilt.
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2. Zu Recht hat das FG eine Steuerpflicht der streitigen Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b Satz 2 EStG verneint. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach dieser Regelung zwar auch Kapitalerträge aus der Einlösung von Zinsscheinen und Zinsforderungen durch den ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung. Der Kläger ist aber weder "ehemaliger" Inhaber der im Jahr 2005 eingetauschten Schuldverschreibungen, von denen die BIP-gebundenen Wertpapiere abgekoppelt wurden, da sich diese im Streitjahr noch in seinem Depot befanden, noch ist er ehemaliger Inhaber derjenigen Schuldverschreibungen, von denen die in den Jahren 2006 und 2009 vom Kläger separat erworbenen BIP-gebundenen Wertpapiere abgekoppelt wurden.
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3. Zu Recht hat das FG die streitigen laufenden Kapitalerträge aus den BIP-gebundenen Wertpapieren im Ergebnis auch nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. als steuerpflichtig angesehen, da der Kläger die zugrunde liegenden BIP-gebundenen Wertpapiere vor dem 15. März 2007 erworben hat.
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a) Zutreffend geht das FG davon aus, dass § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. die laufenden Kapitalerträge aus den BIP-gebundenen Wertpapieren tatbestandlich erfasst. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG n.F. sind steuerpflichtig Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Der Gesetzgeber hat durch den Austausch des früheren Merkmals "gewährt" gegen das Merkmal "geleistet" Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen, bei denen sowohl die Höhe des Entgelts als auch die Höhe der Rückzahlung von einem ungewissen Ereignis abhängt, bewusst in die Steuerpflicht einbezogen (BTDrucks 16/4841, S. 54; BRDrucks 220/07, S. 89). Trotz der nach den Emissionsbedingungen ausgeschlossenen Kapitalrückzahlung und der Abhängigkeit der Zahlung des Entgelts von der ungewissen Entwicklung des argentinischen BIP und anderen variablen Größen genügt es demnach für die Steuerbarkeit von Kapitalerträgen aus den BIP-gebundenen Wertpapieren, dass der Kläger diese im Streitjahr tatsächlich vereinnahmt hat.
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b) Das FG hat im Ergebnis § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. aber zu Recht als nicht anwendbar angesehen, soweit die im Streitjahr vereinnahmten Kapitalerträge in Höhe von 82.528 € aus BIP-gebundenen Wertpapieren stammen, die der Kläger vor dem 15. März 2007 angeschafft hat. Dies hat es im Ergebnis rechtsfehlerfrei aus den maßgeblichen Anwendungsbestimmungen in § 52a Abs. 8 Satz 1 EStG und § 52a Abs. 10 Satz 8 EStG hergeleitet.
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aa) Gemäß § 52a Abs. 8 Satz 1 EStG ist § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. erstmals auf laufende Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2008 zufließen. Dies gilt nach der in § 52a Abs. 8 Satz 1 EStG enthaltenen Rückausnahme aber nur "vorbehaltlich der Regelungen in Absatz 10 Satz 6 bis 8". § 52a Abs. 10 Satz 8 EStG hat folgenden Wortlaut: "Bei Kapitalforderungen, die zwar nicht die Voraussetzungen von § 20 Absatz 1 Nummer 7 in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung, aber die Voraussetzungen von § 20 Abs. 1 Nr. 7 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 14. August 2007 (BGBl. I S. 1912) [= § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F.] erfüllen, ist § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 in Verbindung mit § 20 Absatz 1 Nummer 7 vorbehaltlich der [im Streitfall offensichtlich nicht einschlägigen] Regelung in Absatz 11 Satz 4 und 6 auf alle nach dem 30. Juni 2009 zufließenden Kapitalerträge anzuwenden, es sei denn, die Kapitalforderung wurde vor dem 15. März 2007 angeschafft."
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bb) Das FG hat die Voraussetzungen der Rückausnahme gemäß § 52a Abs. 10 Satz 8 EStG zu Recht als erfüllt angesehen.
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aaa) Bei den BIP-gebundenen Wertpapieren handelt es sich um (verbriefte) Kapitalforderungen, die gemäß § 52a Abs. 10 Satz 8 Halbsatz 1 EStG zwar nicht die Voraussetzungen von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung, aber die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. erfüllen.
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(1) Der Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung unterfielen Kapitalforderungen, bei denen —Alternative 1— entweder die Kapitalrückzahlung zugesagt, aber die Zahlung eines Entgelts dem Grunde und der Höhe nach ungewiss war oder —Alternative 2— die Kapitalrückzahlung nicht zugesagt war, aber dem Gläubiger für die Kapitalüberlassung ein Entgelt zugesagt oder gewährt wurde, wobei die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängen konnte.
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(2) Die BIP-gebundenen Wertpapiere fallen nicht unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 Alternative 1 EStG in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung, da eine Kapitalrückzahlung nach den Emissionsbedingungen vollständig ausgeschlossen war. Ihnen lag nur ein fiktiver Nennbetrag zugrunde.
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(3) Auch die Voraussetzungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Alternative 2 EStG in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung sind nicht erfüllt. Es fehlt an der erforderlichen "Gewährung eines (ungewissen) Entgelts" i.S. der Vorschrift. Um das Merkmal zu erfüllen, ist nach der Rechtsprechung des Senats erforderlich, dass aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung der Kapitalforderung die Höhe eines (Mindest-)Entgelts aus der Kapitalanlage im Vorhinein sicher ist ( Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 – VIII R 53/05 , BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563, unter II.1.d aa; vom 27. Oktober 2015 – VIII R 70/13 , BFH/NV 2016, 736, Rz 30). Die Entgeltzahlung hing bei den BIP-gebundenen Wertpapieren jedoch von der ungewissen Entwicklung des "verfügbaren BIP", der Entwicklung des "tatsächlichen BIP" und des "Basis BIP" im jeweiligen Referenzjahr sowie zusätzlich davon ab, ob die sog. Zahlungsobergrenze für laufende Kapitalerträge noch nicht erreicht war. Ein im Vorhinein "sicheres Mindestentgelt" ließ sich daher für die BIP-gebundenen Wertpapiere nicht ermitteln.
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(4) Zudem erfüllten die BIP-gebundenen Wertpapiere die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. (s. unter II.3.a).
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(5) Bei den BIP-gebundenen Wertpapieren handelte es sich damit nicht um sonstige Kapitalforderungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung, sondern um eine Kapitalanlage mit spekulativem Charakter (sog. Vollrisikopapiere, vgl. auch FG Münster, Urteil vom 21. Oktober 2015 – 11 K 457/11 E ,EFG 2016, 374).
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bbb) Aus dem Wortlaut des § 52a Abs. 10 Satz 8 EStG ist ferner entgegen dem FA abzuleiten, dass die Norm für Kapitalforderungen, welche die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung nicht erfüllen ("Vollrisikopapiere alten Rechts"), eine zeitliche Anwendungsbestimmung sowohl für Veräußerungsgewinne ( § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ) als auch für laufende Kapitalerträge ( § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ) enthält, wenn die Kapitalerträge nach dem 30. Juni 2009 zufließen.
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§ 52a Abs. 10 Satz 8 Halbsatz 1 EStG gilt nach seinem Wortlaut für Kapitalerträge aus Kapitalforderungen gemäß "§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 in Verbindung mit § 20 Absatz 1 Nummer 7". Da die Regelung sowohl die Rechtsgrundlage für die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen ( § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG n.F.) als auch die Rechtsgrundlage für die Besteuerung laufender Kapitalerträge ( § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F.) zitiert und generell auf "zufließende Kapitalerträge" abstellt, enthält die Vorschrift aufgrund des Verweises in § 52a Abs. 8 Satz 1 EStG auf § 52a Abs. 10 Satz 8 EStG eine zeitliche Anwendungsbestimmung auch für laufende Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. Der Vorbehalt in § 52a Abs. 8 Satz 1 EStG ist so zu verstehen, dass für laufende Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am 31. Dezember 2008 geltenden Fassung nicht erfüllen, die allgemeine Anwendungsregel gemäß § 52a Abs. 8 Satz 1 EStG nicht gilt.
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ccc) Ferner hat das FG die BIP-gebundenen Wertpapiere zu Recht als Kapitalforderungen eingeordnet, die der Kläger gemäß § 52a Abs. 10 Satz 8 Halbsatz 2 EStG zum Teil vor dem 15. März 2007 erworben hat. Der Kläger hat im Jahr 2005 durch den Umtausch seiner ursprünglichen Argentinien-Anleihen die Discount-Schuldverschreibungen erworben, von denen die BIP-gebundenen Wertpapiere nach den Emissionsbedingungen noch im Jahr 2005 automatisch abgekoppelt wurden. Der Umtauschzeitpunkt ist maßgeblicher Anschaffungszeitpunkt sowohl für die erhaltenen Discount-Schuldverschreibungen als auch für die später von diesen abgekoppelten BIP-gebundenen Wertpapiere. Ferner hat der Kläger die im Jahr 2006 isoliert zugekauften BIP-gebundenen Wertpapiere vor dem 15. März 2007 angeschafft.
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ddd) Im Ergebnis hat das FG danach die streitigen Kapitalerträge aus den BIP-gebundenen Wertpapieren in Höhe von 82.528 € zu Recht nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. als steuerpflichtig angesehen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO .