11.06.2008 · IWW-Abrufnummer 073214
Landgericht Kiel: Urteil vom 19.10.1988 – 14 O 192/88
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
14 O 192/88
verkündet am 19.10.1988
Landgericht Kiel
Urteil
In dem Rechtsstreit XXX
hat die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kiel auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 1988 durch XXX für Recht erkannt:
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung vom 21. September 1988 wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,.-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist ein Verein zur Wahrnehmung der berufsständischen Interessen der deutschen Versicherungsmakler. Er nimmt die Beklagten auf Unterlassung nach seiner Auffassung wettbewerbswidrigen Verhaltens in Anspruch.
Am 19. Oktober 1987 schloß die Beklagte zu 1), deren persönlich haftende Gesellschafter die Beklagten zu 2) a) und b) sind, mit einem Auftraggeber, der ihnen auch einen Maklerauftrag erteilt hatte, eine Vereinbarung, wonach für eine Betriebshaftpflichtversicherung eine Preisanalyse gegen ein Honorar in Höhe von 50 % der erreichten Beitragsersparnis zuzüglich Mehrwertsteuer erstellt werden sollte. Der Kläger hält die Honorarvereinbarung für sittenwidrig im Sinne des § I UWG, weil der auf eine Preisanalyse gerichtete Vertrag seiner Auffassung nach gegen Art. I § 1 des Rechtsberatungsgesetzes verstö ßt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung - wegen Eilbedürftigkeit ohne mündliche Verhandlung - zu verurteilen,
es bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Landgericht Kiel festzusetzenden Ordnungsstrafe bis zur Höhe von DM 500.000,-- ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft, ab sofort zu unterlassen, ihren Kunden bzw. potentiellen Kunden Vereinbarungen zur Preisanalyse gegen Erfolgshonorar anzubieten, solange sie nicht vom Landgerichtspräsidenten Kiel als Versicherungsberater zugelassen sind und solange sie sich als Versicherungsmakler betätigen.
Die Beklagten beantragen,
den Antrag abzuweisen.
Die Beklagten treten der Rechtsauffassung des Klägers entgegen und behaupten, daß die Tätigkeit als unabhängiger Versicherungsmakler es erfordere, Preisanalysen zu erstellen,um ihren Kunden die prämiengünstigste Versicherung für das jeweilige zu versichernde Risiko anbieten zu können. In dem Umstand, daß sie sich für ihre analytische Tätigkeit ein Erfolgshonorar, dessen Höhe sich nach den ersparten Prämien richtet, versprechen lassen; sehen die Beklagten kein wettbewerbswidriges Verhalten.
Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird verwiesen auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Erlaß der beantragten einstweiligen Verfügung mußte abgelehnt werden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Oktober 1988 hat der Kläger klarstellen lassen, daß er sich nicht dagegen wendet, wenn die Beklagten im Rahmen ihrer Tätigkeit als Versicherungsmakler Preisanalysen erstellen, sondern daß er das wettbewerbswidrige Verhalten der Beklagten darin sieht, daß sie sich ein Honorar für diese als selbstverständlich zum Maklervertrag zugehörende Tätigkeit gesondert versprechen lassen. Da der vom Kläger vorgelegte Vertrag über eine Preisanalyse vom 19. Oktober 1987 nach seinem vorletzten Absatz mit einem Kunden abgeschlossen wurde, der den Beklagten. ebenfalls einen Maklerauftrag erteilt hatte, brauchte die Kammer nicht zu überprüfen, ob bei einem von einem Maklerauftrag losgelösten Vertrag zur Preisanalyse ein Versto ß gegen das Rechtsberatungsgesetz vorliegt. Zur Beurteilung steht daher nur noch die Frage, ob die Vereinbarung des Erfolgshonorars eine Handlung zu Zwecken des Wettbewerbs darstellt, die gegen die guten Sitten verstößt (§ 1 UWG).
Die Kammer vermag darin, daß sich die Beklagten ihre Tätigkeit im Rahmen der Preisanalyse gesondert honorieren lassen, weder eine Handlung zu erkennen, die zu Zwecken des Wettbewerbs vorgenommen wird, noch die gegen die guten Sitten verstößt. Soweit der Kläger in der Honorarvereinbarung eine Täuschung der Auftraggeber der Beklagten sieht, weil diese annehmen könnten, eine qualitativ besonders hervorragende Leistung von den Beklagten auf dem analytischen Gebiet zu erhalten, weil bei anderen Versicherungsmaklern eine solche zusätzliche Vergütung nicht erhoben wird, kann sich die Kammer diese Wertung nicht anschließen. Wenn es einem Kaufmann gelingt, für Leistungen eine Vergütung zu erzielen, die Mitbewerber ohne besondere Honorierung erbringen, liegt darin kein sittenwidriges Verhalten, durch das die Mitglieder des Klägers einen wettbewerblichen Nachteil hinnehmen müssen. Das gilt selbst dann, wenn die Auftraggeber der Beklagten glauben, wegen der verlangten Vergütung eine Leistung zu erhalten, die von besserer Qualität ist, als die Analyseleistungen, die die Mitbewerber erbringen. Auf dem vom freien Wettbewerb bestimmten Markt müssen die Mitglieder des Klägers eine solche Reflexwirkung des von den Beklagten verlangten Honorars für die Preisanalyse hinnehmen. Es liegt an den Mitgliedern des Klägers, ggf. in geeigneter und zulässiger Weise ihr Leistungsangebot im Rahmen erteilter Makleraufträge herauszustellen.
Danach konnte der Antrag des Klägers keinen Erfolg haben.
Wegen der im Termin am 19. Oktober 1988 gegebenen Klarstellung der Beanstandung des Klägers brauchte die Kammer den vom Kläger aufgeworfenen Problembereich eines Verstoßes gegen die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes nicht nachzugehen. Durch die im Termin abgegebenen Erklärungen hat der Kläger klargestellt, daß er die Erstellung einer Preisanalyse im Rahmen eines Maklerauftrages zur Vermittlung von Versicherungsleistungen nicht beanstandet. Da der Kläger nicht behauptet, daß die Beklagten losgelöst von einem bestehenden Maklerauftrag Preisanalyseverträge abschließen - auch der Vertrag vom 19. Oktober 1987 ist im Zusammenhang mit einem Maklerauftrag abgeschlossen - stand die Frage eines Rechtsberatungsmißbrauchs durch Vertragsanalyse gegen Entgelt losgelöst von einem Maklerauftrag nicht zur Entscheidung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Verstreichbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Beschluß
in dem Rechtsstreit XXX
Der erkennende Teil des Urteils vom 19. Oktober 1988 wird dahin berichtigt, daß anstelle der Worte
"wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet",
die Worte treten
"wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten“.