12.05.2011 · IWW-Abrufnummer 111636
Bundesfinanzhof: Urteil vom 03.03.2011 – IV R 45/08
1. Schließt eine Personenhandelsgesellschaft eine Lebensversicherung auf das Leben eines Angehörigen eines Gesellschafters ab, so können Ansprüche und Verpflichtungen aus dem Vertrag dem Betriebsvermögen zuzuordnen sein, wenn der Zweck der Vertragsgestaltung darin besteht, Mittel für die Tilgung betrieblicher Kredite anzusparen und das für Lebensversicherungen charakteristische Element der Absicherung des Todesfallrisikos bestimmter Personen demgegenüber in den Hintergrund tritt.
2. Der Anspruch der Gesellschaft gegen den Versicherer ist in Höhe des geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals zum Bilanzstichtag zu aktivieren. Die diesen Betrag übersteigenden Anteile der Prämienzahlungen sind als Betriebsausgaben abziehbar.
Tatbestand
I. Streitig ist, ob Prämien für Lebensversicherungsverträge als Betriebsausgaben abziehbar sind.
Unternehmensgegenstand der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist der Ankauf und die Verwertung durch Verkauf oder Vermietung bzw. Verwaltung der Grundstücke in S. Es handelt sich dabei um ein Fachmarktzentrum im Gewerbepark S.
In den Streitjahren 1995 bis 1997 waren an der Klägerin die A-GmbH als Komplementärin und 18 natürliche Personen als Kommanditisten beteiligt. Am 18. September 2002 schied die A-GmbH als Komplementärin aus. An ihre Stelle trat die B-GmbH. Nach § 7 des Gesellschaftsvertrags vom 10. Dezember 1994 ist die Komplementärin alleinvertretungsberechtigt. Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der A-GmbH wie auch der B-GmbH ist Frau P.T. Außerdem war P.T. zunächst mit 5,35 v.H. und ab dem 12. Juni 1997 mit 5,99 v.H. als Kommanditistin an der Klägerin beteiligt. Ihr geschiedener Ehemann F.T. war zunächst mit 0,13 v.H. und ab dem 12. Juni 1997 mit 0,15 v.H. als Kommanditist beteiligt.
Zur Finanzierung des Objekts schloss die Klägerin am 2. Mai 1995 mit der ... Bank zwei Darlehensverträge ab. In dem Vertrag über einen Darlehensbetrag von 7.700.000 DM mit der Nr. ...1 war vereinbart, dass eine näher bezeichnete Lebensversicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von rund 20 Mio. DM zur Sicherung des Darlehens an die Bank abgetreten wird. Die Tilgung war vorerst ausgesetzt. Bei dem zweiten Darlehensvertrag über ein Darlehen von 3.300.000 DM mit der Nr. ...2 war keine Abtretung einer Lebensversicherung vereinbart. Das Darlehen war mit 2 v.H. zu tilgen.
Zeitgleich schloss die Klägerin zwei Lebensversicherungsverträge bei der X-Versicherung mit den Nrn. ...3 und ...4 ab. Beide Verträge begannen am 1. Mai 1995 und hatten eine Laufzeit bis zum 1. Mai 2041. Die Versicherungssummen betrugen 20.721.075 DM bzw. 14.087.500 DM. Versicherte Personen waren zunächst C.T., geboren 1984 (Nr. ...3) und B.S., geboren 1989 (Nr. ...4). Ab dem 1. Juli 1998 wurde Letzterer durch Q.T., geboren 1976, ersetzt. Eltern von C.T. und Q.T. sind P.T. und F.T..
In der Abtretungserklärung zur Sicherung der Provisionsrückforderungsansprüche aus der Vermittlung des Lebensversicherungsvertrags Nr. ...3 ist als Versicherungsnehmer die Klägerin vermerkt. Im Versicherungsschein dieser Versicherung ist die A als Versicherungsnehmer genannt. In der Kopie des Nachtrags zum Versicherungsschein mit der Nr. ...4 ist die Klägerin als Versicherungsnehmer aufgeführt.
Nach dem 1. Juli 1998 wurden für beide Versicherungsverträge keine Prämien mehr entrichtet. Beide Verträge sind durch Kündigung der X-Versicherung zum 1. Januar 2000 erloschen. Zum Kündigungszeitpunkt standen keine Rückkaufswerte zur Verfügung. Die ohne Berücksichtigung von Beitragsrückständen bestehenden Überschussguthaben wurden mit höheren Beitragsrückständen verrechnet, so dass keine Auszahlungen vorgenommen wurden. In ihren Gewinnermittlungen für die Streitjahre machte die Klägerin Versicherungsprämien in folgender Höhe als Betriebsausgaben geltend:
Jahr Vertrag Nr. ...3 Nr. ...4 Summe
1995 159.056 DM 116.644,60 DM 275.700,60 DM
1996 238.584 DM 178.160,30 DM 416.744,30 DM
1997 241.672 DM 181.634,10 DM 423.306,10 DM
Infolge der Feststellungen einer Betriebsprüfung kam das Prüfungsfinanzamt zu dem Ergebnis, dass die Versicherungsprämien nicht als Betriebsausgaben abziehbar seien. Die Betriebsprüferin vertrat die Auffassung, die Versicherungsbeiträge seien entsprechend den Verfügungen der Oberfinanzdirektion (OFD) Nürnberg vom 29. Mai 1998 S 2134 - 93/St 31 "Betriebliche Tilgungsversicherungen nach dem sog. Optima-Modell" und der OFD Frankfurt am Main vom 21. Juli 1998 S 2144 B - Opt/96 - St II 22 "Versicherungen nach dem Optima-Modell" (nur für den Dienstgebrauch) dem Betriebsvermögen zuzuordnen und zu den jeweiligen Bilanzstichtagen zu aktivieren. Nach den bezeichneten Verfügungen zum "Optima-Modell" werde mit den laufenden Versicherungsprämien der Rückkaufswert der Lebensversicherung aufgebaut. Sie entsprächen den bei einem Annuitätendarlehen üblichen Tilgungsleistungen und seien als bloße Kapitalansammlung auf einen "Sparvertrag" anzusehen, um später den Bankkredit zu tilgen. Die Gestaltung einer Lebensversicherung werde hingegen nur gewählt, um ein günstigeres steuerliches Ergebnis, nämlich den laufenden Betriebsausgabenabzug, zu erreichen. Es liege daher ein Missbrauch von steuerlichen Gestaltungmöglichkeiten i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO) vor.
Der für den Erlass der Feststellungsbescheide zuständige Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte der Auffassung der Betriebsprüferin im Ergebnis. Das FA änderte daraufhin die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO ergangenen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre entsprechend und hob den Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 2 AO auf.
Den hiergegen gerichteten Einspruch wies es im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass mit den Versicherungsprämien private Risiken abgedeckt worden seien. Betreffend die auf das Leben von C.T. abgeschlossene Versicherung ergebe sich dies daraus, dass versicherte Person ein naher Angehöriger eines Mitunternehmers sei. Aber auch mit dem zunächst auf das Leben von B.S. abgeschlossenen Vertrag sei kein betriebliches Risiko versichert worden. Vielmehr überlagere infolge des Austauschs der versicherten Person das Risiko "Q.T." das Risiko "B.S.", so dass auch die auf diesen Vertrag geleisteten Prämien nicht als Betriebsausgaben abziehbar seien.
Die beim Finanzgericht (FG) erhobene Klage hatte zum Teil Erfolg. Das FG bezog sich auf die zur Abziehbarkeit von Versicherungsbeiträgen ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (z.B. BFH-Urteil vom 14. März 1996 IV R 14/95, BFHE 180, 313, BStBl II 1997, 343; BFH-Beschluss vom 11. Dezember 2006 VIII B 5/06, BFH/NV 2007, 689) und kam zu der Auffassung, die Lebensversicherung mit der Nr. ...4 betreffend B.S. gehöre zum Betriebsvermögen der Klägerin, weil das versicherte Risiko hier nicht der Privatsphäre der Gesellschafter zuzurechnen sei und die persönlichen Umstände der versicherten Person lediglich als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Versicherungsprämie gedient hätten. Im Gegensatz zum FA war es der Auffassung, dass eine Überlagerung durch den Austausch der versicherten Person in den Streitjahren nicht vorliege, weil der Austausch erst zum 1. Juli 1998 erfolgt sei. Die Lebensversicherung Nr. ...3 hingegen rechnete das FG nicht dem Betriebsvermögen der Klägerin zu, weil hier ein Kind der Gesellschafter --mithin ein privates Risiko-- versichert sei. Demgegenüber sei unerheblich, ob die betroffenen Gesellschafter nur zu einem geringen Prozentsatz --hier zu weniger als 10 v.H.-- an der Klägerin beteiligt seien, weil aufgrund des nach der Rechtsprechung des BFH zugrunde zu legenden Maßstabs der Natur des versicherten Risikos eine einheitliche Zuordnung zur betrieblichen oder privaten Sphäre vorzunehmen sei.
Entsprechend seiner im Urteil vertretenen Rechtsauffassung setzte das FG die gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte durch Berücksichtigung von Prämienzahlungen in Höhe von 116.644,60 DM (1995), 178.160,30 DM (1996) und von 181.634,10 DM (1997) herab.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und begehrt den weiteren Abzug von Versicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 639.312 DM.
Sie macht geltend, auch die auf den C.T. betreffenden Vertrag mit der Nr. ...3 geleisteten Beiträge seien betrieblich veranlasst, weil der Vertrag der Absicherung eines betrieblichen Kredits gedient habe. Bezugsberechtigt sei sie, die Klägerin, gewesen, mithin das Unternehmen. Die persönlichen Umstände des Versicherten seien lediglich als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Versicherungsprämie und den Eintritt des Versicherungsfalls berücksichtigt worden. Zwar sei C.T. ein naher Angehöriger der Gesellschafter F.T. und P.T.. Diese seien jedoch Minderheitsgesellschafter gewesen. Im Hinblick auf die gesellschaftsrechtliche Stellung der Kommanditisten sei zudem zu berücksichtigen, dass diese keinen maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen gehabt hätten. Hieran vermöge auch die Tatsache, dass P.T. Geschäftsführerin der Komplementärin gewesen sei, nichts zu ändern. Denn sie habe lediglich Entscheidungsbefugnisse betreffend die Geschäfte des täglichen Lebens gehabt; alle anderen Entscheidungen seien stets in enger Abstimmung mit den Gesellschaftern getroffen worden. Wären die Prämien weiter --wie vertraglich vorgesehen-- gezahlt worden, so wäre die Versicherungsleistung ihr, der Klägerin, zugute gekommen, ohne dass die Minderheits-Kommanditisten auf die Auszahlungsmodalitäten hätten Einfluss nehmen können. Entsprechend seien Versicherungsbeiträge betrieblich veranlasst, wenn die versicherte Person zwar ein naher Angehöriger der Mitunternehmer sei, die Mitunternehmer jedoch weniger als 10 v.H. an der Gesellschaft hielten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und weitere Versicherungsprämien in Höhe von 159.056 DM (1995), 238.584 DM (1996) und 241.672 DM (1997) zum Abzug zuzulassen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es vertritt die Auffassung, das von der Klägerin herangezogene Unterscheidungsmerkmal des Minderheitsgesellschafters sei vorliegend unerheblich. Entscheidend sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung vielmehr, welche Person versichert sei. Sei dies ein naher Angehöriger, so seien die Versicherungsbeiträge nicht als Betriebsausgaben abziehbar.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Vorausgesetzt, die Klägerin war Versicherungsnehmerin der streitbefangenen Versicherungsverträge, ist der aufgrund der Beitragszahlungen an die X-Versicherung zum jeweiligen Bilanzstichtag erworbene Anspruch in Höhe des zum Ende des jeweiligen Streitjahres nachgewiesenen Deckungskapitals zu aktivieren. Im Übrigen sind die Beträge als Betriebsausgaben abziehbar, soweit sie wirtschaftlich dem Jahr zuzuordnen sind, in dem sie geleistet wurden. Das FG wird jedoch noch aufzuklären haben, ob die Klägerin Versicherungsnehmer der streitbefangenen Versicherungsverträge war.
1. Bei einer gewerblich tätigen Personengesellschaft sind Wirtschaftsgüter, die zum Gesellschaftsvermögen gehören, dem Betriebsvermögen zuzurechnen, wenn sie dem Betrieb der Gesellschaft dienen. Ist ihre Zugehörigkeit zum Gesellschaftsvermögen hingegen nicht betrieblich veranlasst, so gehören sie nicht zum Betriebsvermögen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25. November 2004 IV R 7/03, BFHE 208, 207, BStBl II 2005, 354, und BFH-Beschluss vom 8. Mai 2009 IV B 38/08, juris).
a) Ob Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag zum Betriebsvermögen gehören, beurteilt sich nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich nach der Natur des versicherten Risikos. Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebliches Risiko, so sind Ansprüche hieraus dem Betriebsvermögen zuzuordnen; ist hingegen ein außerbetriebliches Risiko versichert, gehören sie zum Privatvermögen (z.B. BFH-Urteile vom 21. Mai 1987 IV R 80/85, BFHE 150, 342, BStBl II 1987, 710, und vom 19. Mai 2009 VIII R 6/07, BFHE 225, 119, BStBl II 2010, 168). Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall eines (Mit-)Unternehmers oder seiner Angehörigen sind danach selbst dann privat veranlasst, wenn sie der Absicherung und/ oder Tilgung betrieblicher Kredite dienen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10. April 1990 VIII R 63/88, BFHE 161, 440, BStBl II 1990, 1017; in BFHE 180, 313, BStBl II 1997, 343). Schließt ein Unternehmen hingegen einen Versicherungsvertrag auf das Leben oder den Tod eines fremden Dritten ab, beispielsweise eines Arbeitnehmers oder Geschäftspartners, und ist Bezugsberechtigter nicht der Dritte, sondern das Unternehmen, so kann ein betriebliches Risiko versichert sein. In diesem Fall dienen die persönlichen Umstände des Versicherten lediglich als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Versicherungsprämie und für den Eintritt des Versicherungsfalls. Diese Abgrenzung entspricht dem Grundsatz, dass Kosten der Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 EStG nur Aufwendungen für die privaten Bedürfnisse des Steuerpflichtigen selbst und seiner Angehörigen sind (BFH-Urteil in BFHE 180, 313, BStBl II 1997, 343).
In den den angeführten Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalten ging es den Versicherungsnehmern beim Abschluss von Lebensversicherungen um die Absicherung des Risikos des Versterbens bestimmter Personen und der damit verbundenen Folgen für das Unternehmen, z.B. für die Rückzahlung von betrieblichen Krediten. Entsprechend waren Lebensversicherungen regelmäßig auf das Leben Erwachsener, nämlich von Mitunternehmern oder Geschäftspartnern, abgeschlossen. Zum Teil war die Liquidität des Unternehmens bereits angespannt. Die Laufzeit der Versicherungen betrug in der Regel 12 bis 15 Jahre (z.B. BFH-Urteil in BFHE 161, 440, BStBl II 1990, 1017).
b) Wie der erkennende Senat allerdings bereits im seinem Urteil in BFHE 180, 313, BStBl II 1997, 343 erkannt hat, kann die Veranlassung des Abschlusses einer Versicherung nicht stets (allein) aus der Natur des versicherten Risikos hergeleitet werden; vielmehr können sich unter den besonderen Umständen des Einzelfalls auch andere Gesichtspunkte ergeben, aus denen sich die Bestimmung der Veranlassung ergeben kann. Derartige Umstände sind im Streitfall gegeben.
Bei der vorliegenden Vertragsgestaltung steht der Zweck im Vordergrund, Geld für die Tilgung betrieblicher Kredite anzusparen. Demgegenüber tritt das für Lebensversicherungen charakteristische Element der Absicherung des Todesfallrisikos einer bestimmten Person in den Hintergrund. Dies ergibt sich daraus, dass Personen niedrigen Lebensalters versichert waren, die für den Bestand bzw. die Fortführung des Unternehmens zunächst nicht von Bedeutung waren und deren Versterben in absehbarer Zeit nicht zu erwarten war. Hieraus folgten durch hohe Laufzeiten (46 Jahre) und ein geringes Todesfallrisiko niedrige Prämien, die es ermöglichten, zu günstigen Konditionen Mittel zur Tilgung der durch die Lebensversicherungen gesicherten betrieblichen Kredite anzusparen. Auch die Möglichkeit des Austauschs der versicherten Person --wie im Vertrag mit der Nr. ...4 auch tatsächlich erfolgt-- legt nahe, dass es nicht darum ging, sich für den Fall des Versterbens einer bestimmten Person abzusichern. Schließlich stellt auch der Umstand, dass die Klägerin für den Abschluss der Versicherung mit der Nr. ...4 vom Vermittler der Versicherung eine Abschlussprovision erhalten hat (vgl. Schreiben vom 1. Mai 1995 sowie Tz. 1.9 des Betriebsprüfungsberichts vom 10. August 1999) eine Besonderheit dar, die für die Gestaltung eines Vertragsverhältnisses betreffend eine Lebensversicherung im Allgemeinen unüblich, für eine "Tilgungsversicherung nach dem sog. Optima-Modell" hingegen typisch ist (vgl. Verfügung der OFD Nürnberg vom 29. Mai 1998 S 2134 - 93/St 31, nur für den Dienstgebrauch, unter "1. Kurzbeschreibung des Optima-Modells").
Angesichts des wirtschaftlichen Gehalts der vertraglichen Gestaltung im Streitfall tritt auch der Umstand, dass der Vertrag mit der Nr. ...3 auf das Leben eines Kindes zweier Gesellschafter abgeschlossen war, unabhängig von deren Beteiligungsquote in den Hintergrund. Es wurden möglichst junge Menschen als Versicherte eingesetzt, um durch hohe Laufzeiten wegen des geringen Todesfallrisikos niedrige Prämien zahlen zu müssen, ohne dass es auf die Absicherung des Todesfallrisikos eines Angehörigen angekommen wäre. Damit dienten die persönlichen Daten der Versicherten lediglich dazu, Kapital zur Tilgung betrieblicher Kredite zu möglichst günstigen Konditionen ansparen zu können. Da es danach auf die Frage der Angehörigeneigenschaft nicht ankommt, kann für die Entscheidung des Streitfalls auch offenbleiben, ob der Austausch von B.S. gegen Q.T. im Vertrag Nr. ...4 --wie vom FA in der Einspruchsentscheidung angenommen-- eine Risikoüberlagerung bewirkt hat.
2. Der zu den jeweiligen Bilanzstichtagen bestehende Anspruch der Klägerin gegen die X-Versicherung ist mit dem vom Versicherer nachzuweisenden Deckungskapital zum Bilanzstichtag zu aktivieren.
a) Der Abschluss der Versicherungen ist im Streitfall --wie unter II.1. ausgeführt-- betrieblich veranlasst. Damit zusammenhängende Aufwendungen sind damit Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG). Die Beiträge sind jedoch insoweit nicht als Betriebsausgaben abziehbar, als sie Anschaffungskosten für ein zu den jeweiligen Bilanzstichtagen zu aktivierendes Wirtschaftsgut darstellen.
b) Im Streitfall hat die Klägerin durch die Prämienzahlungen eine Forderung gegen die X-Versicherung erworben. Forderungen sind nach § 253 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Anschaffungskosten diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben, soweit sie dem Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können. Die Anschaffungskosten eines Lebensversicherungsanspruchs ergeben sich aus den Aufwendungen für den angesammelten Sparanteil.
aa) Die Höhe der Prämien einer Lebensversicherung muss so kalkuliert werden, dass sowohl die voraussichtlichen Versicherungsleistungen als auch die Verwaltungskosten gedeckt werden können. Die Versicherungsgesellschaft erhebt entsprechend eine Prämie, die ein Spar- und ein Risikoelement enthält. Die vom Versicherungsnehmer zu zahlende Bruttoprämie setzt sich zusammen aus der Sparprämie, deren verzinsliche Ansammlung das Deckungskapital ergibt, aus der Risikoprämie, die zur Deckung der im laufenden Jahr eintretenden Versicherungsfälle benötigt wird, aus der Kostenprämie, aus der einmalige und laufende Kosten zu bestreiten sind sowie aus Sicherheitszuschlägen zum Ausgleich nicht vorhergesehener Abweichungen zwischen dem kalkulierten und dem tatsächlichen Kapitalbedarf. Die Anteile für Risiko, Kosten und Sicherheitszuschläge gelten mit Ablauf des Versicherungsjahres als verbraucht, weil der Versicherungsnehmer hierfür als Gegenwert lediglich den Versicherungsschutz für das jeweilige Versicherungsjahr erwirbt und dieser Gegenwert mit Ablauf des Jahres verbraucht ist. Die Sparprämie hingegen wird nach Maßgabe des Geschäftsplans verzinslich angesammelt und ergibt das geschäftsplanmäßige Deckungskapital, das die Versicherungsgesellschaft passivieren muss. In ihrer Buchführung belasten die Versicherungsgesellschaften den Versicherungsnehmer mit den Kosten, die beim Abschluss des Versicherungsvertrags entstanden sind. Geschieht das zu Beginn des Versicherungsvertrags in voller Höhe, so wird das Deckungskapital um diese Kosten gemindert (gezillmertes Deckungskapital). Im Falle der Kündigung hat der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Erstattung der auf die Versicherung entfallenden Prämienreserve. Die Versicherung kann dabei einen angemessenen Abzug vornehmen, der zum sog. Rückkaufswert führt (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1961 I 191/59 S, BFHE 74, 266, BStBl III 1962, 101).
bb) Danach gehören zu den Aufwendungen, die geleistet wurden, um den Anspruch auf den angesammelten Sparanteil zu erwerben, die Sparanteile der Versicherungsprämien zuzüglich der rechnungsmäßigen Verzinsung, die vertraglich garantiert wurde und daher entsprechende Ansprüche des Versicherungsnehmers begründete. Da der als Anschaffungskosten zu aktivierenden verzinslichen Ansammlung der geleisteten Sparbeiträge das geschäftsplanmäßige Deckungskapital entspricht, hat die Klägerin ihre Forderung gegen die Versicherung zu den jeweiligen Bilanzstichtagen in dieser Höhe zu aktivieren (vgl. BFH-Urteile vom 25. Februar 2004 I R 54/02, BFHE 205, 434, BStBl II 2004, 654, und vom 10. Juni 2009 I R 67/08, BFHE 226, 43, BStBl II 2010, 32). Das gezillmerte Deckungskapital hingegen ist deshalb nicht anzusetzen, weil die Versicherungsgesellschaften den Versicherungsnehmer hier mit den Kosten belasten, die bei Abschluss des Versicherungsvertrags entstanden sind, obwohl diese wirtschaftlich der gesamten Laufzeit des Vertrags zuzurechnen sind (BFH-Urteil in BFHE 74, 266, BStBl III 1962, 101).
cc) Ein Ansatz mit einem unter den Anschaffungskosten liegenden Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) kommt nicht in Betracht. Teilwert i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Hierbei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Entsprechend ist anzunehmen, dass der gedachte Erwerber des Betriebs auch in bestehende Versicherungsverträge eintreten und daher die vom Versicherer kalkulierten und als Deckungskapital verzinslich angesammelten Sparbeiträge entgelten würde. Denn sie entsprechen dem marktgerechten Entgelt für den Erwerb des Anspruchs und damit dessen Teilwert (vgl. BFH-Urteil in BFHE 205, 434, BStBl II 2004, 654). Insbesondere rechtfertigt auch die Tatsache, dass der Rückkaufswert einer Versicherung das angesammelte Deckungskapital regelmäßig unterschreitet, eine Teilwertabschreibung nicht, solange der Rückkauf nicht ernstlich beabsichtigt ist (BFH-Urteile in BFHE 205, 434, BStBl II 2004, 654, und in BFHE 74, 266, BStBl III 1962, 101). Denn die Auszahlung des niedrigeren Rückkaufswerts ist Folge der vorzeitigen Kündigung des Vertrags. Die Kündigung mit ihren wirtschaftlichen Folgen stellt indes einen Geschäftsvorfall dar, der wirtschaftlich dem Jahr der Kündigung zuzurechnen ist. Auf die Bewertung des Anspruchs gegen die Versicherung aus einem ungekündigten Vertrag haben die von der Versicherung für den Fall des Rückkaufs berechneten Werte demgegenüber keinen Einfluss (vgl. BFH-Urteil in BFHE 74, 266, BStBl III 1962, 101).
3. Dem Abzug von Betriebsausgaben steht im Streitfall auch nicht § 42 AO entgegen.
§ 42 Satz 1 AO in seiner für die Streitjahre geltenden Fassung bestimmt, dass das Steuergesetz durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts nicht umgangen werden kann. Ein Missbrauch im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonstige beachtliche außersteuerrechtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Eine rechtliche Gestaltung ist dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zur Erreichung eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll. Ein Gestaltungsmissbrauch erfordert überdies eine zweckgerichtete Handlung zur Umgehung eines Steuergesetzes. Es ist dem Steuerpflichtigen allerdings grundsätzlich nicht verwehrt, seine rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine möglichst geringe steuerliche Belastung ergibt (BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 25/08, BFHE 228, 509, BStBl II 2010, 622).
Im Streitfall sind die Voraussetzungen des § 42 AO schon deshalb nicht erfüllt, weil mit der Entscheidung, Kapital im Wege einer Lebensversicherung anzusparen, keine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wurde, sondern eine solche, die die Möglichkeit versprach, Kapital zu besonders günstigen Bedingungen anzusparen und im Zeitpunkt der Fälligkeit der Darlehen zur Rückzahlung zu verwenden. Dem Steuerpflichtigen kann insoweit nicht vorgeschrieben werden, welche Anlageform er zu einem bestimmten Zweck zu wählen hat. Entscheidet er sich für eine Kapitallebensversicherung, so kann ihm entsprechend nicht entgegengehalten werden, er hätte einen Sparvertrag wählen müssen.
Zudem würde die vorliegende Vertragsgestaltung --sähe man sie als unangemessen i.S. des § 42 AO an-- durch die vorzunehmende steuerliche Behandlung auch nicht zu einer ungerechtfertigten Steuerminderung führen. Die Klägerin hat im Wege einer Lebensversicherung mit Kapitalanteil Beträge angespart, um betriebliche Kredite zu tilgen. Entsprechend dem wirtschaftlichen Gehalt dieser Vertragsgestaltung sind als Aufwendungen der jeweiligen Wirtschaftsjahre lediglich diejenigen Beträge anzusehen, die nicht zu den Anschaffungskosten der am Bilanzstichtag zu aktivierenden Forderung gegen die Versicherung zählen. Aufwendungen sind danach in den Streitjahren lediglich die Anteile für Risiko, Kosten und Sicherheitszuschläge, mithin die "verlorenen" Anteile der Versicherungsprämien, nicht hingegen der Gesamtbetrag. Dies entspricht der wirtschaftlich angemessenen Behandlung derartiger Aufwendungen, soweit sie --wie im Streitfall-- betrieblich veranlasst sind. Denn der teilweisen Abziehbarkeit der Prämien steht --wie der Streitfall bestätigt-- das Risiko gegenüber, diese ganz oder teilweise zu verlieren.
4. Die Sache ist nicht spruchreif. Im zweiten Rechtsgang wird das FG zunächst festzustellen haben, ob die Klägerin tatsächlich Versicherungsnehmerin der streitigen Verträge war. Zwar ist das FG hiervon bei seiner Entscheidung ausgegangen. Indes bestehen insoweit Unklarheiten, weil in den vorliegenden Unterlagen zum Teil die Klägerin, zum Teil die A als Versicherungsnehmer aufgeführt ist. War die Klägerin Versicherungsnehmer beider Vertragsverhältnisse, so wird das FG den Betrag des geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals, das dem Anspruch der Klägerin gegen die X-Versicherung entspricht, festzustellen und zum jeweiligen Bilanzstichtag als Aktivposten zu berücksichtigen haben. Die übersteigenden Beträge der Prämienzahlungen sind in den Streitjahren als Betriebsausgaben abziehbar, soweit die Zahlungen den Streitjahren wirtschaftlich zuzuordnen sind, in denen sie geleistet wurden. Bei der Berechnung der abziehbaren Betriebsausgaben ist zu beachten, dass das FG in den Streitjahren bereits Beträge in Höhe von 116.644,60 DM (1995), 178.160,30 DM (1996) bzw. von 181.634,10 DM (1997) als Betriebsausgaben berücksichtigt hat. Ergibt die nach dieser Entscheidung vorzunehmende Berechnung geringere als Betriebsausgaben abziehbare Beträge, so wird das FG zu beachten haben, dass die Klägerin im Vergleich zum angefochtenen Urteil nicht schlechter gestellt werden darf (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179). Schließlich wird das FG auch Feststellungen betreffend die Vereinbarung einer Abschlussprovision im Zusammenhang mit den streitigen Lebensversicherungen (vgl. Schreiben der Firma Y Vermögensförderung GmbH vom 1. Mai 1995, Akte Dauerunterlagen und Verträge, unter Versicherungsschein ...4) zu treffen und hieraus die notwendigen steuerlichen Folgen zu ziehen haben.