16.08.2012 · IWW-Abrufnummer 122526
Bundesfinanzhof: Urteil vom 14.03.2012 – X R 29/11
Gründe
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1998 und 2001 ein gewerbliches Einzelunternehmen. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Gegenstand des Betriebs war im Wesentlichen die Vermittlung von Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds, zumeist in der Rechtsform der GbR (im Folgenden: Fondsgesellschaften). Der Kläger war dabei nicht unmittelbar für die Fondsgesellschaften tätig; er handelte vielmehr als Untervermittler der X-KG, die mit dem Vertrieb der Beteiligungen beauftragt war. Der Provisionsanspruch des Klägers gegen die X-KG belief sich dabei grundsätzlich auf 5 % des vermittelten Kapitals; bei Erreichen bestimmter Vermittlungsumsätze wurden ihm zusätzliche Boni gewährt.
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An zwei Fondsgesellschaften beteiligte sich der Kläger selbst. Er berechnete der X-KG dafür ebenfalls die vereinbarten Provisionen, und zwar in seiner Rechnung vom 31. Dezember 1998 gleichzeitig und einheitlich mit der Provision für die Vermittlung einer Beteiligung an einen Dritten. Die entsprechenden "Eigenprovisionen" in Höhe von 119.000 DM (5 % reguläre Provision zzgl. 2 % Bonus) für das Jahr 1998 sowie 950 DM für das Jahr 2001 behandelte der Kläger in seinen Gewinnermittlungen als Einnahmen seines Gewerbebetriebs.
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Im Anschluss an eine Außenprüfung erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) Änderungsbescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1998 sowie zur Einkommensteuer 2001 (jeweils vom 25. Oktober 2005) sowie zum Gewerbesteuermessbetrag 1998 (vom 18. November 2005). Die Vorbehalte der Nachprüfung wurden jeweils aufgehoben.
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Erstmals im Einspruchsverfahren gegen diese Bescheide machte der Kläger geltend, die Eigenprovisionen seien nicht als Betriebseinnahmen seines Einzelunternehmens, sondern als Minderung der Anschaffungskosten der von den Fondsgesellschaften erworbenen Wirtschaftsgüter anzusehen.
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Das Finanzgericht (FG) gab der nach dem insoweit erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 2156). In der Sache selbst führte es aus, die Anschaffungsvorgänge seien maßgebender Anlass sowie "conditio sine qua non" der dem Kläger von der X-KG gewährten Zahlungen gewesen. Die Provisionsvereinbarung sei nur der Rechtsgrund gewesen, nicht aber der Anlass. Bei wertender Betrachtung handele es sich damit um eine Minderung der Anschaffungskosten.
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Zwar sehe der Bundesfinanzhof (BFH) Vergütungen, die ein Versicherungsvertreter auch für den Abschluss eigener privater Versicherungsverträge erhalte, als Betriebseinnahmen an (Senatsurteil vom 27. Mai 1998 X R 17/95, BFHE 186, 256, BStBl II 1998, 618). Dies sei aber auf die Vermittlung von Anteilen an Fondsgesellschaften nicht übertragbar. Denn hier erwerbe der Anleger wirtschaftlich Anteile an den Wirtschaftsgütern der Fondsgesellschaft, für die ihm Anschaffungskosten entstünden. Eine Teilrückzahlung des investierten Kapitals mindere daher die Anschaffungskosten. Demgegenüber schaffe der Versicherungsvertreter kein Wirtschaftsgut an, so dass es nicht zu einer Minderung von Anschaffungskosten kommen könne. Der gegenteiligen Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen FG (Urteil vom 23. Juli 2010 1 K 215/05, EFG 2011, 248, Rev. X R 24/10) sei nicht zu folgen.
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Mit seiner Revision bringt das FA vor, der maßgebende Anlass für die Zahlungen der X-KG an den Kläger liege hier nicht in der Anschaffung, sondern in der Provisionsvereinbarung, die sich auch auf Eigengeschäfte des Vermittlers erstreckt habe. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien Rückflüsse nicht als Minderung der Anschaffungskosten, sondern als Einnahme zu behandeln, wenn sie als Entgelt für eine Leistung des Empfängers anzusehen seien. Dies sei hier der Fall, weil in der maßgebenden Provisionsvereinbarung auch Eigengeschäfte als provisionspflichtig und damit als Leistung angesehen worden seien. Im Übrigen sei die Auffassung des FG fehlerhaft, die Zuordnung der von der Fondsgesellschaft an die X-KG gezahlten Eigenkapitalvermittlungsprovisionen zu den Anschaffungskosten zwinge dazu, die von der X-KG an den Kläger geleistete Zahlung als Minderung der Anschaffungskosten zu beurteilen. Denn der BFH habe ausdrücklich entschieden, dass in derartigen Fällen kein Korrespondenzprinzip existiere (BFH-Urteil vom 26. Februar 2002 IX R 20/98, BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796, unter II.3.).
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Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Revision bereits für unzulässig, weil die Revisionsbegründung keine Überprüfung der vom FA bisher vertretenen Rechtsauffassung anhand des FG-Urteils erkennen lasse. Darüber hinaus sei die Revision auch unbegründet. Die Provisionsvereinbarung könne schon deshalb nicht Ursache für die Zahlung sein, weil es denkbar sei, dass Eigenprovisionen auch ohne Provisionsvereinbarung gezahlt würden oder dass Dritte Rabatte erhielten. Die Zahlung habe keine besondere Leistung des Klägers abgelten sollen. Es habe sich vielmehr um eine "Vergünstigung für den Vermittler" gehandelt.
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II. Die Revision ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Die Revision ist zulässig. Insbesondere erfüllt die Revisionsbegründungsschrift die Anforderungen des § 120 Abs. 3 FGO. Sie erschöpft sich nicht in einer bloßen Wiederholung des Vortrags aus dem finanzgerichtlichen Verfahren, sondern greift das angefochtene Urteil mit neuen Argumenten an.
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2. Die Revision ist auch begründet. Zu Unrecht hat das FG die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. den Gewerbeertrag um die Eigenprovisionen gemindert. Dabei handelt es sich um gewerbliche Betriebseinnahmen des Klägers (dazu unten a); der Zusammenhang mit dem Betrieb wird auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Minderung der Anschaffungskosten der von den Fondsgesellschaften erworbenen Wirtschaftsgüter aufgehoben (unten b).
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a) In dem Parallelverfahren X R 24/10, das Anlass für die Revisionszulassung durch das FG im vorliegenden Verfahren war, hat der Senat entschieden, dass Eigenprovisionen, die ein Vermittler von Anteilen an Schiffsfonds (geschlossene Fonds in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, die originäre Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen) erhält, zu dessen Betriebseinnahmen im Rahmen seiner gewerblichen Vermittlungstätigkeit gehören. Wegen der näheren Einzelheiten der Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 14. März 2012 X R 24/10, unter II.1.a (BFHE).
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Nichts anderes gilt auch im Streitfall, in dem der Kläger im Rahmen seines Gewerbebetriebs Anteile an geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform der GbR vermittelt hat, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen. Auch hier hat der Kläger unabhängig davon, ob er Beteiligungen an Dritte vermittelt oder selbst gezeichnet hat, in identischer Weise über seinen Vergütungsanspruch abgerechnet. Die Zugehörigkeit zu den Betriebseinnahmen aus der gewerblichen Vermittlungstätigkeit des Klägers wird auch durch dessen Vorbringen belegt, die Zahlungen für die Zeichnung eigener Beteiligungen seien als "Vergünstigung für den Vermittler" anzusehen (Bl. 14 der Revisionserwiderung).
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Entgegen der Auffassung des Klägers und des FG sind die Grundsätze des Senatsurteils in BFHE 186, 256, BStBl II 1998, 618 auch im Streitfall zu beachten. In beiden Fällen war bzw. ist darüber zu entscheiden, ob die Einnahmen vorrangig dem bestehenden Gewerbebetrieb oder aber dem "vermittelten" Vertragsverhältnis --sei es in Form einer Minderung der Anschaffungskosten oder einer Minderung der (privaten) Aufwendungen für Versicherungsbeiträge-- zuzuordnen war. Ob das Vertragsverhältnis dem Erwerb eines Wirtschaftsguts dient oder nicht, ist für diese Zuordnungsentscheidung ohne Belang.
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b) Die Eigenprovisionen mindern auch nicht die Anschaffungskosten der in den GbR-Anteilen verkörperten anteiligen Anschaffungskosten der von den Fondsgesellschaften erworbenen Wirtschaftsgüter.
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Nach gefestigter Rechtsprechung des BFH sind bei geschlossenen Fonds, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen, alle Aufwendungen, die Anleger leisten, die sich aufgrund eines vom Projektanbieter vorformulierten Vertragswerks beteiligen, als Anschaffungskosten der von der Fondsgesellschaft erworbenen Wirtschaftsgüter zu aktivieren (speziell zu Eigenkapitalvermittlungsprovisionen BFH-Urteil in BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796, unter II.2.a, m.w.N.). Die Finanzverwaltung vertritt diese Rechtsauffassung für Fondsgesellschaften, bei denen die Gesellschafter keine Möglichkeit haben, auf das vorformulierte Vertragswerk Einfluss zu nehmen, erst seit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 20. Oktober 2003 (BStBl I 2003, 546, Rz 38 i.V.m. Rz 9). Aus Sicht der Finanzverwaltung gilt im Hinblick auf die zuvor großzügigere Verwaltungsauffassung (vgl. BMF-Schreiben vom 31. August 1990, BStBl I 1990, 366, Tz. 7.1, und vom 1. März 1995, BStBl I 1995, 167) eine --für die im Streitfall maßgebenden Beteiligungen noch einschlägige-- Übergangsregelung für Fondsgesellschaften, bei denen der Außenvertrieb vor dem 1. September 2002 begonnen hat, sofern der Steuerpflichtige vor dem 1. Januar 2004 beitritt (BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 546, Rz 50).
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Daraus folgt aber nicht zugleich, dass Provisionserlöse, die ein gewerblicher Vermittler für die Zeichnung eigener Anteile in gleicher Weise wie für die Vermittlung von Anteilen an Dritte erzielt, die Anschaffungskosten der in seiner Beteiligung verkörperten Wirtschaftsgüter mindern. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung selbst f ür Fallgestaltungen, in denen die vom Gesellschafter erzielten Einnahmen als Sonderbetriebseinnahmen anzusehen waren --also einen wesentlich engeren Bezug zur Personengesellschaft aufwiesen als im Streitfall--, entschieden, dass die sofortige Besteuerung der Sonderbetriebseinnahmen beim leistungserbringenden Gesellschafter durch eine Aktivierung der korrespondierenden Aufwendungen bei der Personengesellschaft nicht ausgeschlossen wird (BFH-Urteile vom 23. Mai 1979 I R 56/77, BFHE 128, 505, BStBl II 1979, 763; vom 23. Mai 1979 I R 85/77, BFHE 128, 514, BStBl II 1979, 767, und vom 28. Juni 2001 IV R 40/97, BFHE 196, 77, BStBl II 2001, 717, unter 3.). Dies muss dann aber erst recht gelten, wenn der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Einnahmen und der Beteiligung an der Fondsgesellschaft --wie hier-- so weit gelöst ist, dass die Einnahmen als Erlöse eines eigenen Gewerbebetriebs des Gesellschafters zu erfassen sind.
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Provisionsnachlässe, die eine Vermittlungsorganisation gewährt, mindern vielmehr nur dann die anteiligen Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter der Fondsgesellschaft, wenn diese Nachlässe keine besonderen Leistungen des Gesellschafters an die Fondsgesellschaft abgelten (BFH-Urteil in BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796, betr. Nachlässe zugunsten eines Zeichners, der keinen eigenen gewerblichen Vermittlungsbetrieb unterhielt). Davon kann in Fällen, in denen bezogene Provisionen (und nicht etwa --wie in der vorgenannten BFH-Entscheidung-- Provisionsnachlässe) als Betriebs- oder Sonderbetriebseinnahmen zu behandeln sind, keine Rede sein.
===NV=(nicht amtlich veröffentlicht)==anonymisierte Fassung===