16.08.2013 · IWW-Abrufnummer 132589
Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 17.05.2013 – 20 U 149/12
Voraussetzung für die substantiierte Darlegung eines Betriebsunterbrechnungsschadens ist die Darlegung des betriebsbezogenen Erlöses und der betriebsbezogenen produktionsabhängigen Kosten. Die Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten, in dem entsprechende betriebsbezogene Zahlen fehlen, genügt nicht.
OLG Hamm
17.05.2013
I-20 U 149/12
In dem Rechtsstreit
der D GmbH & Co. KG,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
g e g e n
W Versicherung AG, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm
auf die mündliche Verhandlung vom 17.05.2013durch
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.05.2012 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um die Zahlung einer Betriebsausfallversicherung.
Das Geschäftsfeld der Klägerin ist die Zucht, Aufzucht und der Vertrieb von Geflügel jeder Art, insbesondere Legehennen verschiedenster Rassen, u.a. auch sog. Grünleger. Die Tiere werden am Stammsitz der Klägerin sowie auf verschiedenen weiteren Farmen gehalten. Auf dem Gelände des Stammsitzes befinden sich zwei Wirtschaftsgebäude, drei Lagerhallen und vier Geflügelställe. Die Klägerin hatte bei der Beklagten u.a. eine Feuerversicherung für Inventar- und Betriebsunterbrechungsschäden geschlossen. Diesem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung landwirtschaftlicher Betriebe in der Fassung November 2005 zugrunde.
Am 30.12.2008 brannte einer der Geflügelställe ab. In diesem hielt die Klägerin sogenannte Grünlegerhybriden zur Aufzucht. Die Beklagte holte zur Bewertung der beschädigten Betriebseinrichtung, der Wirtschaftsvorräte und der Aufräumkosten ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Agrar T vom 08. Oktober 2009 ein, in dem diese Positionen mit insgesamt 84.836,00 € bewertet wurden. Diesen Betrag erstattete die Beklagte an die Klägerin. Zur Frage der Bewertung der Positionen Geflügel und Betriebsunterbrechung holte die Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen Geflügelzuchtmeister S ein, die unter dem 14.01.2010 ergänzt wurde. In der darin enthaltenen Produktkalkulation sind für den Zeitraum von 12 Monaten bis zum 31.12.2009 Erträge von insgesamt 57.270,08 €, für die Zeit bis zum Ende der erwarteten Nutzungszeit von 118.249,74 € errechnet. Die Beklagte zahlte für den Tierbestand einen Betrag in Höhe von 55.000,00 €.
Die Klägerin machte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.12.2009 als Betriebsunterbrechungsschaden insgesamt einen Betrag von 407.600,00 € geltend. Die Beklagte kündigte daraufhin den Feuerversicherungsvertrag mit Schreiben vom 23.12.2009. In der Folge holte die Klägerin ein Gutachten des Sachverständigen Diplom-Kaufmann H vom 21./27. September 2010 ein, in dem der Betriebsunterbrechungsschaden auf der Grundlage verschiedener von der Klägerin vorgegebener Prämissen mit insgesamt 226.859,59 € bewertet wurde.
Die Klägerin hat behauptet, bei den Grünlegerhybriden handele es sich um eine wettbewerbsrechtlich geschützte Sonderrasse, deren einziger Züchter in Deutschland Herr L aus M sei. Wegen der Einmaligkeit dieser Sonderrasse würden deutlich höhere Erlöse sowohl bei Eintagsküken als auch bei legereifen Hennen erzielt. Der Züchter L habe der Klägerin 6.060 Elternküken dieser Rasse am 7.12.2008 geliefert. Der Preis habe bei Vereinbarung einer Bruteirücknahme für 0,13 € lediglich 1 €/ Stück betragen. 15 % der gelieferten Tiere seien Hähne gewesen. Diese Tiere seien im Zeitpunkt des Brandes am 30.12.2008 3 Wochen alt gewesen. Bei dem Brand seien sämtliche 6.060 Tiere zu Tode gekommen, zuvor habe es keine Verluste gegeben. Die Tiere seien normalerweise ab der 23. Woche voll reproduktionsfähig. Bei 1.000 Elternküken sei binnen einer Woche mit 2.000 Legehennenküken zu rechnen, so dass sich der Ausfall in der Reproduktion auf 329.600 Küken berechne. Hiervon hätten 50 % als Eintagsküken mit einem Mehrgewinn von 0,50 € und die weiteren 50 % mit einem Mehrgewinn von 1,50 € als legereife Hennen verkauft werden können. Sie, die Klägerin, sei infolge des Brandes nicht in der Lage gewesen, während 32 Kalenderwochen neue Elterntiere zur Reproduktion einzusetzen und/oder zu remontieren. Kosten seien andererseits nicht erspart worden, da der brandgeschädigte Hühnerstall nur einen unwesentlichen Teil der insgesamt gepachteten Gebäude ausgemacht habe.
Die Klägerin hat beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 226.859,59 € nebst 4 % Zinsen seit dem 05.11.2010 zu zahlen,
2.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.174,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 05.11.2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Klage für unschlüssig gehalten und den geltend gemachten Schaden für unsubstantiiert, weil zu einer Nachbestellung von Grünlegern während der Haftungszeit und zu den entgangenen Erlösen und den konkret ersparten Kosten nicht vorgetragen sei.
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, die Klägerin habe auch unter Berücksichtigung des vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen H einen Betriebsunterbrechungsschaden nicht substantiiert dargelegt. Dem Vorbringen der Klägerin lasse sich schon nicht entnehmen, ob sie die Grünlegerzucht zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt wieder aufgenommen habe oder insgesamt aufgegeben und damit diesen Betriebszweig eingestellt habe. Zu der von der Beklagten in der Klageerwiderung angesprochenen Möglichkeit, Grünlegerküken nachzubestellen, habe sich die Klägerin nicht geäußert. Die Feststellung der Dauer der Unterbrechung oder Beeinträchtigung eines landwirtschaftlichen Betriebes durch einen Sachschaden, der durch eine versicherte Gefahr an einer versicherten Sache ausgelöst werde, sei für die Bestimmung des Ertragsausfallschadens relevant. Die Beklagte hafte nicht schlechthin für die gesamte Haftzeit. Die vereinbarte Haftzeit stelle vielmehr wirtschaftlich eine Begrenzung der Höhe der Versicherungsleistung in der Betriebsunterbrechungsversicherung dar. Die Betriebsunterbrechung während der ganzen vertraglich vereinbarten Haftzeit sei das versicherte Risiko, auf das der Versicherer sich einstellen müsse.
Der geltend gemachte Betriebsunterbrechungsschaden aus der Grünlegerzucht sei aber auch deshalb nicht nachvollziehbar dargetan, weil die Grundlagen für die behaupteten Preise und Erlöse nicht angegeben worden seien. Der vorprozessual von der Beklagten eingeschaltete Sachverständige S habe hierzu ausdrücklich ausgeführt, er sehe sich außerstande, in diesem speziellen Fall objektive und kaufmännisch korrekte Fakten zu ermitteln, da die hier zu Schaden gekommenen Grünleger im normalen Legehennengeschäft nur eine Nischenrolle besetzten. Deshalb sei es praktisch nicht möglich, für dieses Produkt Vergleichspreise aus der Praxis heranzuziehen. Die ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen versetzten ihn nicht in die Lage, daraus eine objektive und belastbare Schadensberechnung zu erstellen. Die gestellten Forderungen beruhten fast ausschließlich auf nicht belegbaren Konstellationen, die ihm zumindest nicht bekannt seien. Auch der Sachverständige H habe betont, dass es sich bei den Grüneilegern um ein Nischenprodukt handele, welches in der Wirtschaftsgeflügelhaltung keine Rolle spiele und nahezu vollständig in Hobby- und Freizeithaltungen verkauft werde.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
Zur Begründung führt sie aus, das Urteil beruhe auf der Verletzung rechtlichen Gehörs. Mit Schriftsatz vom 16.05.2012 habe sie, die Klägerin, noch umfangreich vorgetragen, Beweisantritte wiederholt und zusätzlich neue Beweismittel vorgelegt. So seien eine DPM-Registerauskunft, eine Vergleichsrechnung der Klägerin vom 10.07.2007, der Pachtvertrag zwischen der Klägerin und dem Landwirt G zur weiteren Substantiierung zu den Akten gereicht worden. Dieser Schriftsatz sei per Fax am 16.05.2012 an das Landgericht übermittelt worden. Dennoch befinde sich der Schriftsatz nebst Anlagen nicht bei den Gerichtsakten und sei daher vom Gericht nicht zur Kenntnis genommen worden. Dies stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin dar. Aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 18.05.2012, in dem diese auf den Schriftsatz der Klägerin vom 16.05.2012 Bezug nehme, habe erkannt werden können, dass es einen solchen Schriftsatz gegeben habe. Verfahrensfehlerhaft sei auch, dass das Gericht keinen Hinweis nach § 139 ZPO erteilt habe. Die Kammer habe ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Dass sie selbst nicht über die erforderliche Sachkunde verfügt habe, ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass die Kammer gegen zwei Privatgutachten entschieden habe. So komme der Diplom-Kaufmann H zu einem Betriebsunterbrechungsschaden in Höhe von 226.859,59 €, aber selbst der Gutachter der Beklagten komme auf einen Betriebsunterbrechungsschaden in Höhe von 57.270,08 €. Auch wenn die Höhe divergiere, so kämen doch beide Sachverständige zu einem Betriebsunterbrechungsschaden.
Soweit das Landgericht ausführe, dass sich dem Klagevorbringen nicht entnehmen lasse, dass eine Unterbrechung der Grünlegerzucht während des fraglichen Zeitraumes wesentlich durch den Verlust des Stallgebäudes infolge des Brandes bedingt sei, werde offensichtlich, dass das Gericht ihren Vortrag völlig missverstanden habe. Der Betriebsunterbrechungsschaden resultiere daraus, dass die 6.060 Grünleger während des Brandes in ihrem Stall verendet seien. Der Schaden solle somit nicht dadurch entstanden sein, dass die Klägerin nicht mehr die Möglichkeit gehabt habe, die Grünleger unterzubringen, sondern dass diese schlichtweg nicht mehr dagewesen seien. Insofern sei auch unerheblich, dass lediglich ein sehr kleiner Teil der zur Verfügung stehenden Stallungen betroffen gewesen sei.
Soweit das Landgericht der Klägerin vorgehalten habe, dass diese sich nicht zu der angesprochenen Möglichkeit, Grünlegerküken nachzubestellen, geäußert habe, sei zu berücksichtigen, dass, worauf auch der Sachverständige H in seinem Gutachten hingewiesen habe, zu berücksichtigen sei, dass die Tiere im Herbst und Winter ihre Legetätigkeit einstellen würden. Insofern hätte, selbst wenn man hypothetisch unterstellen wolle, dass neue Grünlegerküken in der entsprechenden Menge hätten zugekauft werden können, dies am Betriebsunterbrechungsschaden nichts geändert.
Tatsächlich sei aber ein Neukauf nicht möglich gewesen. Auch dies ergebe sich schon aus den Ausführungen des Sachverständigengutachtens, in dem heiße es: "Soweit mir bekannt, greifen die in Deutschland verfügbaren Grüneileger auf Mutterstämme der inzwischen aufgelösten und untergegangenen Meisterhybridenzucht des Geflügelzuchtringes Bayern zurück. Von diesen Muttertieren sind keine Vergleichszahlen mehr zu beschaffen, da der Untergang der Meisterhybridenzucht einige Jahre zurückliegt". Daraus ergebe sich eindeutig, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen sei, Ersatz zu beschaffen.
Insoweit sei auch unerheblich, ob sie, die Klägerin, später die Grünlegerzucht wieder aufgenommen hätte oder eingestellt habe. Für den Betriebsunterbrechungsschaden sei dies ohne Bedeutung. Die Beklagte habe den aufgrund des Brandes entstandenen entgangenen Gewinn der Klägerin zu ersetzen. Versicherter Betriebsunterbrechungsschaden sei der entgehende Betriebsgewinn und der Aufwand an fortlaufenden Kosten. Soweit die Kammer die Auffassung vertrete, dass der geltend gemachte Betriebsunterbrechungsschaden aus der Grünlegerzucht auch deshalb nicht nachvollziehbar dargetan sei, weil die Grundlagen f ür die behaupteten Preise und Erlöse nicht angegeben worden seien, habe die Kammer das Beweismaß verkannt. Mit der ständigen Rechtsprechung des BGHs sei das Beweismaß des § 287 ZPO anzuwenden und der Schaden notfalls zu schätzen. Die Kammer habe aufgrund der vorgelegten Gutachten der Sachverständigen H und S eine ausreichende Schätzgrundlage. Sie, die Klägerin, stelle unter Beweis, dass die Höhe des Erlöses, 1,10 € pro Eintagsküken und 0,13 - 0,15 pro Brutei betragen hätte. Die Kammer habe jedenfalls einen rechtlichen Hinweis gem. § 139 ZPO erteilen müssen.
Im Rahmen des ihr nachgelassenen Schriftsatzes vom 03.05.2013 trägt die Klägerin vor, dass ihre eine über das Gutachten H hinausgehende betriebsbezogene Darlegung des Betriebsunterbrechungsschadens schon im Hinblick auf die Menge der von ihr jährlich erstellten Rechnungen und des Umfangs ihres Geschäftsbetriebes nicht möglich sei. Die im Gutachten H berücksichtigten Kosten seien auch auf Vorgaben der Klägerin zurückzuführen.
Die Klägerin beantragt,
1.
das am 24.05.2012 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht Münster zurückzuverweisen,
2.
hilfsweise,
das vorstehend bezeichnete Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
a)
an die Klägerin 226.859,59 € nebst 4 % Zinsen seit dem 05.11.2010 zu zahlen,
b)
an die Klägerin weitere 1.174,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 05.11.2010 zu zahlen,
3.
äußerst hilfsweise,
wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt aus, am Schluss der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2012 habe die Klägerin ausweislich der Sitzungsniederschrift den behaupteten Betriebsunterbrechungsschaden daraus hergeleitet, dass 12 Monate lang während der Dauer der gesamten Versicherungszeit kein Ersatz für die verwandten Tiere (damals 23 Tage alte Grünkernlegerküken) hätten beschafft werden können. Es werde insoweit ein Remontierungsschaden geltend gemacht.
Die Kammer habe nicht entgegen zweier Privatgutachten entschieden, sondern habe vielmehr dem Vortrag der Klägerin mit Recht nicht entnehmen können, warum ein Betriebsunterbrechungsschaden während der gesamten Haftzeit von 12 Monaten entstanden sei und hierauf beruhend ein Schaden von 226.859,59 €.
Was zunächst die angestrebte vollständige Ausschöpfung der Haftzeit angehe, so könne die Klägerin nicht bestreiten, dass in den nicht abgebrannten 97,5 % ihrer Stallflächen ohne nennenswerten Aufwand neue Eintagsküken hätten untergebracht werden können. Insbesondere habe der am Tag des Brandschadens geräumte Stall, in welchem die verbrannten Küken in den ersten 23 Lebenstagen gehalten worden seien, für neue Küken zur Verfügung gestanden. Während der 23 Tage, die auf der Grundlage der Erfahrung mit dem ersten Durchgang zu vergehen hatten, bevor die Küken in ein für größere Tiere vorgesehenen Stall aufgestallt werden konnten, habe sich ein anderer Stall als der abgebrannte entsprechend herrichten lassen. Das verkenne in Wirklichkeit auch die Klägerin nicht. Deshalb behaupte sie, dass eine Ersatzlieferung während der gesamten Haftzeit nicht zu erhalten gewesen wäre. Dies bleibe mit Nachdruck bestritten. Ebenso bleibe zunächst bestritten, dass der Hühnerlieferant L tatsächlich verpflichtet gewesen sei, 184.414 Eier zu einem Preis von 15 Cent und damit zu einem Gesamtpreis von 27.662,10 € zurückzunehmen.
Die ganze Widersprüchlichkeit des Vortrags der Kl ägerin zeige sich auch darin, dass sie einerseits - durch Inbezugnahme des Gutachtens H - vortrage, Grünlegereier seien ein nur saisonal absetzbares Liebhaberprodukt, andererseits aber eine vollständige Verkäuflichkeit der angeblich erwarteten Produktion in den 12 Monaten der Haftzeit behaupte. Sie betrachtet die Aufzucht von Grünlegern als außerordentlich profitabel, trägt aber andererseits vor, dass alle übrigen bayrischen Betriebe die Zucht von Grünlegern aufgegeben hätten und nur noch der Z üchter L verblieben sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des Betriebsunterbrechungsschadens, da die Klägerin diesen nicht schlüssig dargelegt hat.
Versicherter Betriebsunterbrechungsschaden ist gem. § 8 Nr. 1 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung landwirtschaftlicher Betriebe der entgangene Deckungsbeitrag. Der Deckungsbeitrag errechnet sich aus der Differenz zwischen Erlös und produktionsabhängigen Kosten. Bei der Feststellung des Betriebsunterbrechungsschadens sind alle Umstände zu berücksichtigen, die den Ablauf und das Ergebnis des Betriebes während der Haftzeit günstig oder ungünstig beeinflusst haben würden, wenn die Beeinträchtigung nicht während der Haftzeit von 12 Monaten (§ 8 Nr. 3 ABL) eingetreten wäre.
Voraussetzung für die substantiierte Darlegung des Betriebsunterbrechnungsschadens ist die Darlegung des betriebsbezogenen Erlöses und der betriebsbezogenen produktionsabhängigen Kosten.
Ein Geschädigter, der Schadensersatz in der Form eines Betriebsunterbrechungsschadens geltend macht, muss wie bei der Geltendmachung des entgangenen Gewinns gemäß § 252 S. 1BGB alle konkreten Umstände darlegen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die Erlöserwartung ergibt. Es ist somit darzulegen, welche konkreten betriebsbezogenen Erlöse nicht erwirtschaftet werden konnten und welche konkreten betriebsbezogenen Kosten erspart wurden. Dabei genügt entsprechend § 252 Satz 2 BGB die bloße Wahrscheinlichkeit der Erwartung des Erlöses anstelle des positiven Nachweises, sofern die Vorkehrungen und Anstalten, aus denen die Erlöserwartung hergeleitet wird, in der geschilderten Weise dargetan werden. Erforderlich ist mithin die schlüssige Darlegung von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen, die geeignet sind, dem Ermessen bei der Wahrscheinlichkeitsprüfung eine Grundlage zu geben und eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zu ermöglichen (vgl. zum entgangenen Gewinn BGH WM 1998, S. 1787 [BGH 17.06.1998 - XII ZR 206/96]; BGH WuM 1991, S. 545 [BGH 05.07.1991 - V ZR 115/90]).
Eine entsprechend schlüssige Darlegung der Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen durch die Klägerin ist hier nicht erfolgt. Ausreichende, eine Schätzung ermöglichende Anknüpfungstatsachen ergeben sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus den Gutachten der Sachverständigen H und S . Es fehlt sowohl in dem Vortrag der Klägerin als auch in den erwähnten Gutachten völlig an einem konkreten auf den Betrieb der Klägerin bezogenen Nachweis.
Soweit die Klägerin sich zur Darlegung des Betriebsunterbrechungsschadens auf das von ihr eingeholte Gutachten des Sachverständigen H bezieht, so beruht dieses Gutachten zwar auf von der Klägerin gemachten Preisvorgaben. Dass diese Preise im Betrieb der Klägerin jedoch erzielt wurden oder zu erzielen gewesen wären, ist nicht ersichtlich. Der Gutachter weist insoweit selbst darauf hin, dass die aufgegebenen Preise als Prämisse angesehen werden, für deren Bestand er, der Gutachter, nicht hafte. Weiterhin führt der Gutachter auf Seite 5 des Gutachtens ausdrücklich aus, dass sich die Frage, die sich dem Gutachter bezüglich der korrekten Ermittlung des Betriebsunterbrechungsschadens stelle, nicht sei, ob in Einzelfällen die vom Gutachtenauftraggeber reklamierten Vergleichspreise tatsächlich erzielt werden konnten, sondern ob diese Vergleichspreise für die Gesamtproduktion an Bruteiern und mittelbar dazu an Küken im entsprechenden Vergleichszeitraum zu erzielen gewesen wären. Der Sachverständige führt weiter aus, dass dazu eine vollständige Überprüfung der betrieblichen Rechnungslegung des Auftraggebers notwendig wäre.
Die Klägerin hat nicht dargelegt oder unter Beweis gestellt, welche tatsächlichen Preise für Grünlegereier oder Küken in der Vergangenheit in ihrem Betrieb erwirtschaftet wurden. Im Termin hat der Vertreter der Klägerin auf Nachfrage des Senats erklärt, die Klägerin habe seines Wissens bereits in der Vergangenheit Grünleger aufgezogen. Es wäre der Klägerin in diesem Falle ohne weiteres möglich gewesen, die konkreten betriebsbezogenen Zahlen für die Verkaufspreise in der Vergangenheit vorzutragen. Aber selbst dann, wenn die Klägerin zuvor noch keine sogenannten Grünleger aufgezogen hätte und eine solche Aufzucht -trotz des nach dem Vortrag der Klägerin hohen Gewinnpotentials bei Grünlegern- nach dem Schadensereignis nicht weiter geführt worden wäre, und somit für den Betrieb der Klägerin keine Zahlen im Hinblick auf Gewinne aus der Grünlegeraufzucht vorlagen, hätte die Klägerin jedenfalls die von ihr im Betrieb erzielten Erlöse für die Aufzucht anderer- ggfls. vergleichbarer- Hühnersorten darlegen können und müssen. Stattdessen hat die Klägerin, wie sich auch aus dem von ihr selbst eingeholten Sachverständigengutachten ergibt, völlig abstrakte Zahlen vorgegeben, bei denen nicht ersichtlich ist, ob und inwieweit diese in ihrem Betrieb erzielt wurden. Es ist auch nichts dazu vorgetragen, worauf die Klägerin die Preise, die auf ihre Veranlassung im Gutachten des Sachverständigen H zugrunde gelegt wurden, stützt. Die pauschalen Behauptungen der Klägerin zu den zu erzielenden Preisen genügen den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag nicht. Vielmehr hätte es insoweit konkreter Ausführungen dazu bedurft, aus welchen Vorgaben die Klägerin diese Preise ableitet. Die Klägerin hat auch keinerlei aussagekräftige Unterlagen aus ihrem Betrieb vorgelegt, aus dem sich eine Gewinnerzielung in der Vergangenheit ableiten ließe.
Die Klägerin hat weiterhin nicht substantiiert dargetan, wie in ihrem Betrieb die von ihr zur Aufzucht angekauften Grünlegerküken bzw. die von diesen erzeugten Bruteier und Legehennenküken tatsächlich vermarktet wurden bzw. werden sollten. So ist nicht vorgetragen, ob im Betrieb der Klägerin die erzeugten Küken als Eintagsküken oder Legehennenküken verkauft werden sollten, wie die Klägerin es noch in der Klageschrift vorgetragen hat, oder die Gewinne aus Bruteierlösen erzielt werden sollten, wovon der Sachverständige H in seinem Gutachten ausgegangen ist.
Die Klägerin hat schließlich auch nicht dargelegt, welche konkreten Kosten in ihrem Betrieb erspart wurden. Die Bezugnahme auf die Sachverständigengutachten genügt auch hier nicht, da der Sachverständige auch im Hinblick auf die entstehenden Kosten nicht die Kosten im Betrieb der Klägerin zugrunde gelegt hat. So hat der Sachverständige zur Berechnung der Futterkosten zwar einige von der Klägerin zur Verfügung gestellte Rechnungen berücksichtigt. Zur Berechnung der im Durchschnitt benötigten Futtermenge hat er aber z.B. auf allgemeine Unterlagen zurückgegriffen, die exemplarisch die Futteraufnahme von sogenannten "dekalb" Muttertieren wiedergaben. Hinsichtlich der Kosten für die Bereitstellung des Stalles hat der Sachverständiger H die geschätzten Kosten des Sachverständigen S zugrunde gelegt, die sich jedenfalls nicht auf die konkreten Kosten im Betrieb der Klägerin bezogen. Die Tierarztkosten hat der Sachverständige H aufgrund einer Bescheinigung des Tierarztes der Klägerin Dr. Pöppel bzw. nach Rücksprache mit diesem ermittelt. Ob diese Kosten im Betrieb der Klägerin in der Vergangenheit aber tatsächlich angefallen sind, ist nicht ersichtlich. Es fehlt insoweit wiederum an betriebsbezogenen Unterlagen.
Im Hinblick auf die in jeder Hinsicht fehlende Betriebsbezogenheit der von der Klägerin bzw. dem von ihr beauftragen Sachverständigen H gemachten Angaben und Zahlen fehlt es auch an einer Grundlage für eine eventuelle Schätzung des Schadens gem. § 287 ZPO.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt und solche des Einzelfalls.
Verkündet am 17.05.2013