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· Fachbeitrag · Altersversorgung

Gestaltungsempfehlungen zur arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierten bAV bei Minijobs

von Dr. Claudia Veh, SLPM Schweizer Leben PensionsManagement GmbH, München

| Geringfügig Beschäftigte, deren Gehalt monatlich 450 Euro nicht überschreitet, können aufgrund des geringen Einkommens kaum privat Eigenvorsorge fürs Alter betreiben. Die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind minimal. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Gestaltungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) bei Minijobs möglich und sinnvoll sind. Der folgende Beitrag liefert die Antworten. |

Arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung

Der Arbeitgeber kann auch einem Minijobber eine betriebliche Versorgungszusage erteilen. Dabei sind Besonderheiten bei den Durchführungswegen zu beachten.

 

Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds (§ 3 Nr. 63 EStG)

Versorgungen über eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds sind als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4, 4c und 4e EStG abzugsfähig. Das gilt unabhängig von der Höhe der Versorgung (BMF, Schreiben vom 3.11.2004, Az. IV B 2 - S 2176 - 13/04; Abruf-Nr. 050723).

 

PRAXISHINWEIS | Auch ein Minijobber kann eine nach § 3 Nr. 63 EStG geförderte betriebliche Altersversorgung von seinem Arbeitgeber bekommen. Eine eventuelle und aufgrund des geringen Einkommens leicht eintretende Überversorgung beanstandet die Finanzverwaltung nicht. Voraussetzung für die Förderung ist jedoch, dass es sich um das erste Arbeitsverhältnis handelt.

 

Im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG können bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) jährlich steuer- und sozialversicherungsfrei für eine bAV aufgewandt werden (2014: 2.856 jährlich bzw. 238 Euro monatlich). Bei Neuzusagen ab 2005 ist darüber hinaus ein Aufstockungsbetrag von bis zu 1.800 Euro jährlich möglich, sofern nicht Beiträge nach § 40b EStG pauschal besteuert werden und es sich nicht im Zusammenhang mit einer bereits bestehenden (eventuell beitragsfrei gestellten) bAV um eine Altzusage handelt (BMF, Schreiben vom 24.7.2013, Az. IV C 3 - S 2015/11/10002 / Az. IV C 5 - S 2333/09/10005; Randziffer [Rz.] 355]; Abruf-Nr. 132690).

 

Die Crux: Dieser Aufstockungsbetrag ist zwar steuer-, nicht aber sozialversicherungsfrei. Denn es handelt sich um Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 Sozialversicherungsentgeltverordnung [SvEV]). Eine bAV, die sich auf Beiträge bis zu vier Prozent der BBG + 1.800 Euro Aufstockungsbetrag beläuft, hätte also zur Folge, dass der Minijobber seinen Minijob-Status verliert, wenn das Minijob-Gehalt und der Aufstockungsbetrag in Höhe von 150 Euro monatlich über 450 Euro liegen. Beträgt also zum Beispiel ein Minijob-Gehalt 400 Euro und zahlt der Arbeitgeber vier Prozent der BBG + 1.800 Euro in eine Direktversicherung für den Minijobber ein, liegt das sozialversicherungspflichtige Entgelt bei 550 Euro (400 Euro + 150 Euro) und damit über der „Minijob-Grenze“ von 450 Euro. Allerdings dürften solche Fälle in der Praxis kaum vorkommen.

 

PRAXISHINWEIS | Falls Beiträge über vier Prozent der BBG für eine bAV eines Minijobbers aufgewandt werden sollen, sollte man für den Teil, der über vier Prozent der BBG liegt, einen Durchführungsweg außerhalb der § 3 Nr. 63 EStG Förderung wählen. Das heißt: die Direktzusage oder Unterstützungskasse.

 

 

  • Übersicht für Kombinationen aus Minijob-Gehalt und bAV

Monatliches Gehalt 2014

450 Euro

450 Euro

4 % BBG (§ 3 Nr. 63 Satz 1 bAV)

238 Euro

238 Euro

Aufstockung (§ 3 Nr. 63 Satz 3 bAV)

-

100 Euro

sv-pflichtiges Entgelt

450 Euro

→ Minijob

550 Euro

→ kein Minijob

 

 

Direktzusage und Unterstützungskasse

Bei Zusagen über die Durchführungswege Direktzusage und Unterstützungskasse ist das Stichtagsprinzip maßgeblich. So können bei Zuwendungen zur Unterstützungskasse und bei der Bildung von Pensionsrückstellungen nur Veränderungen berücksichtigt werden, die am Bilanzstichtag feststehen. Es darf bei der Versorgung demnach keine unzulässige Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen vorliegen. Die Frage, ob und wann eine unzulässige Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen vorliegt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebend ist gemäß obigem BMF-Schreiben, ob unter Heranziehung objektiver Merkmale das überdurchschnittlich hohe Versorgungsniveau von vornherein beabsichtigt wurde oder eine Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen anzunehmen ist.

 

Wichtig |Das BMF geht regelmäßig von einer Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen aus, wenn die 75-Prozent-Grenze überschritten wird. Diese besagt, dass die zugesagten Leistungen der bAV zusammen mit einer zu erwartenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht höher als 75 Prozent der Bezüge des Versorgungsberechtigten sein dürfen.

 

PRAXISHINWEIS | Ein Arbeitgeber wird bei einem Minijob eher selten eine so generöse durch ihn finanzierte bAV zusagen, dass die 75-Prozent-Grenze eine Rolle spielt. In der Praxis werden ohnehin meist die versicherungsförmigen Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds für die bAV von Minijobbern gewählt, die - wie oben skizziert - im Hinblick auf die 75-Prozent-Grenze unproblematisch sind. Wählt ein Arbeitgeber aber die Unterstützungskasse oder Direktzusage, muss er die 75-Prozent-Grenze einhalten, wenn er den Betriebsausgabenabzug der Aufwendungen nicht gefährden will.

 

Wichtig | Arbeitgeberfinanzierte Beiträge zur bAV sind in den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse unbegrenzt steuer- und sozialversicherungsfrei. Sprich: Auch bei einer arbeitgeberfinanzierten bAV, die über vier Prozent der BBG liegt, ist der Minijob-Status nicht gefährdet.

 

  • Beispiele für Kombinationen aus Minijob-Gehalt und bAV

Gehalt

450 Euro

450 Euro

450 Euro

§ 3 Nr. 63 Satz 1 bAV

238 Euro

238 Euro

-

Zuwendung zu Unterstützungskasse

-

100 Euro

400 Euro

sv-pflichtiges Entgelt

450 Euro

→ Minijob

450 Euro

→ Minijob

450 Euro

→ Minijob

 

Arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung

Eine Entgeltumwandlung im Minijob ist grundsätzlich möglich. Einen Rechtsanspruch nach § 1a BetrAVG haben Arbeitnehmer jedoch nur, wenn sie nicht gegen die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung optiert haben. Denn nur in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte haben einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung (§ 17 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG). Dieser Anspruch beläuft sich auf vier Prozent der BBG West (2014: 2.856 Euro jährlich bzw. 238 Euro monatlich). Kaum ein Minijobber dürfte sich jedoch aus wirtschaftlichen Gründen eine Entgeltumwandlung in dieser Größenordnung leisten können.

 

Wichtig | Ist ein Minijobber nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, ist Entgeltumwandlung nur möglich, wenn der Arbeitgeber zustimmt.

 

Bei Entgeltumwandlung zählen Beiträge bis zu vier Prozent der BBG in einer nach § 3 Nr. 63 EStG geförderten bAV nicht zum Arbeitsentgelt. Das gilt ebenso für die Beiträge bis zu vier Prozent der BBG im Durchführungsweg Direktzusage bzw. Unterstützungskasse.

 

Bei Entgeltumwandlung ist keine Angemessenheitsprüfung nötig, und zwar weder hinsichtlich der umgewandelten Entgeltbeträge noch der hieraus resultierenden Leistungen.

 

Niedriglohnjob kann zu Minijob werden

Ein Arbeitnehmer kann durch eine Entgeltumwandlung von einem Niedriglohnjob in ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis rutschen, wenn das umgewandelte Entgelt kein Entgelt in der Sozialversicherung ist. Dies ist - wie gesagt - bei Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds im Rahmen von § 3 Nr. 63 EStG bei Beiträgen bis zu vier Prozent der BBG der Fall (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 SvEV), bei Unterstützungskasse und Direktzusage ebenfalls bei Beiträgen bis zu vier Prozent der BBG (§ 14 Satz 2 SGB IV).

 

Wichtig |Innerhalb dieser beiden „Gruppen“ kann der sozialversicherungsfreie Entgeltbetrag aber nur einmal genutzt werden.

 

  • Beispiele

Es ist also möglich, vier Prozent der BBG steuer- und sozialversicherungsfrei im Rahmen einer Unterstützungskasse oder Direktzusage umzuwandeln und dann noch vier Prozent der BBG in einer Direktversicherung, Pensionskasse oder einem Pensionsfonds (nach § 3 Nr. 63 EStG). Bei der gleichzeitigen Umwandlung in eine Pensionskasse und in eine Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG wären nur insgesamt einmal vier Prozent der BBG steuer- und sozialversicherungsfrei.

 

Zusammentreffen von arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierter bAV

Kommen arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierte bAV zusammen, können die steuer- und sozialversicherungsfreien Höchstbeträge insgesamt nur einmal je „Gruppe“ genutzt werden, also nicht bis zu vier Prozent der BBG für die arbeitgeberfinanzierte Direktversicherung und vier Prozent für die arbeitnehmerfinanzierte Pensionskasse, sondern eben insgesamt nur einmal vier Prozent der BBG je „Gruppe“. Möglich wäre es dagegen, Entgelt in Höhe von vier Prozent der BBG in eine nach § 3 Nr. 63 EStG geförderte bAV umzuwandeln und dies mit einer arbeitgeberfinanzierten bAV in einer Unterstützungskasse (oder als Direktzusage) zu kombinieren.

 

  • Beispiele für bAV-Kombinationen und deren Einfluss auf den Minijob-Status

Gehalt

650 Euro

650 Euro

650 Euro

650 Euro

Entgeltumwandlung

 § 3 Nr. 63 EStG

238 Euro

238 Euro

-

Arbeitgeberfinanzierte bAV § 3 Nr. 63 EStG

-

100 Euro

200 Euro

Entgeltumwandlung Unterstützungskasse/Direktzusage

100 Euro

50 Euro

100 Euro

500 Euro

Arbeitgeberfinanzierte Unterstützungskasse/Direktzusage

100 Euro

200 Euro

sv-pflichtiges Entgelt

312 Euro → Minijob

462 Euro → kein Minijob

550 Euro→ kein Minijob

412 Euro→ Minijob

 

 

Modell Minijob-Rente

Ein unter dem Begriff Minijob-Rente bekanntes Modell der bAV für Minijobber sieht vor, dass durch Mehrarbeit des einzelnen Arbeitnehmers eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung erworben werden kann. Der Arbeitnehmer erhöht seine wöchentliche Arbeitszeit um ein oder zwei Stunden, ohne hierfür mehr Gehalt zu bekommen und ohne seinen Status als Minijobber zu verlieren. Der nicht ausgezahlte Lohn für diese zusätzlichen Arbeitsstunden fließt in eine betriebliche Altersversorgung. Handelt es sich um das erste Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers, wird als Durchführungsweg im Allgemeinen die Direktversicherung gewählt, ansonsten der Durchführungsweg Unterstützungskasse. Da die Beiträge zur bAV in dieser Größenordnung steuer- und sozialversicherungsfrei investiert werden können, treffen den Arbeitgeber auch keine zusätzlichen Steuern oder Sozialabgaben.

 

Im Prinzip handelt es sich aus Sicht des Arbeitnehmers wirtschaftlich betrachtet um Entgeltumwandlung, wobei er nach wie vor sein bisheriges Minijob-Einkommen erhält und die bAV durch Mehrarbeit erarbeitet.

Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 10 | ID 42577043