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· Fachbeitrag · Unternehmensnachfolge

Unternehmensnachfolge im Maklerunternehmen richtig gestalten - Teil III

von Rechtsanwalt Dr. Günther Heinicke, Kanzlei Dr.Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth & Kollegen, München

| Die Unternehmensnachfolge im Maklerunternehmen ist ein komplexes Thema mit vielen Facetten. Der „WVM“ greift daher in einer Beitragsserie alle Aspekte der Veräußerung eines Maklerunternehmens oder der Übertragung von Versicherungsbeständen auf und gibt Ihnen Denk- und Lösungsansätze an die Hand. In dieser Ausgabe erfahren Sie, wie Sie die Übernahme von Verbindlichkeiten regeln, den Kaufpreis sowie die Zahlungsmodalitäten festlegen und datenschutzrechtliche Probleme lösen. |

Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Käufer

Beim Asset Deal gilt: Grundsätzlich übernimmt der Käufer keine Altverbindlichkeiten des Verkäufers, weil er nur die Einzelwirtschaftsgüter des Unternehmens und nicht das Unternehmen als Ganzes übernimmt.

 

Haftung für Steuern

Es gibt jedoch eine Ausnahme: Der Erwerber haftet nach § 75 Abgabenordnung für betriebliche Steuern. Dazu zählen Gewerbe-, Lohn-, Umsatz- und die Verbrauchsteuer. Die Voraussetzungen für diese erweiterte Haftung sind:

 

  • Es handelt sich um eine Übereignung des Unternehmens oder eines gesondert geführten Betriebs im Ganzen.
  • Die Steuern sind seit Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entstanden.
  • Die Steuern wurden bis zum Ablauf eines Jahres nach Anmelden des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt.

 

PRAXISHINWEIS | Für die Vertragsgestaltung bedeutet dies:

  • In den Kaufvertrag muss eine Erklärung zu den rückständigen Betriebssteuern und Steuerabzugsbeträgen aufgenommen und der Käufer im Innenverhältnis von einer Zahlungspflicht freigestellt werden.
  • Gegebenenfalls sollte eine mehrstufige Kaufpreiszahlung vereinbart werden, damit aus den Zahlungsraten zunächst Rückstände bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen beglichen werden können.
  • Ferner sind Regelungen für die nachträgliche Festsetzung von Steuern und sonstigen Abgaben etwa im Rahmen einer Betriebsprüfung erforderlich.
 

Wichtig | Die Haftung ist beschränkt auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Folgende Gestaltung zur Haftungsvermeidung ist möglich: Die Unternehmensübertragung erfolgt in mehreren Transaktionen zwischen verschiedenen Beteiligten.

 

  • Beispiel

Ein Maklerunternehmen vermittelt Versicherungen und Immobilien. Zunächst wird die Versicherungssparte an einen anderen Makler und mit einem zeitlichen Abstand die Immobiliensparte an die Ehefrau des anderen Maklers veräußert.

 

Übernahme von Verbindlichkeiten durch Vertrag

  • Unterliegen im Rahmen eines Asset-Deals übertragene Gegenstände noch fremdem Eigentumsvorbehalt, sind auch hierfür Regelungen im Vertrag zu treffen.

 

  • Gleiches gilt für bekannte und bestimmte Verbindlichkeiten, die auf den Käufer übergehen sollen. Diese müssen beim Asset-Deal von den Parteien präzise in dem Vertrag aufgelistet werden.

 

  • Eine ausdrückliche Regelung ist auch im Hinblick auf unbekannte oder vergessene Verbindlichkeiten wichtig. Hier muss vertraglich eine Abgrenzung vorgenommen werden, welche Risiken der Käufer übernimmt und von welchen Risiken der Verkäufer den Käufer freizustellen hat, etwa durch Abgrenzungen, inwieweit die Risiken durch Rückstellungen gedeckt und deshalb bereits im Kaufpreis berücksichtigt sind.

 

Besonderheiten beim Share-Deal

Beim Share-Deal bleiben sämtliche Verbindlichkeiten bei der Gesellschaft, deren Anteile übernommen werden. Das birgt hohe Risiken für Käufer.

 

Dabei werden häufig spezielle Garantien und Freistellungen zulasten des veräußernden Anteilseigners für den Fall gefordert, dass Verbindlichkeiten nicht aus der Bilanz ersichtlich oder durch Rückstellungen abgedeckt sind.

 

Das Interesse des Veräußerers besteht darin, Garantien und Freistellungsvereinbarungen möglichst einzuschränken und gegebenenfalls eine kurze Verjährung zu vereinbaren. Soweit veräußernde Anteilseigner Dritten gegenüber, insbesondere gegenüber Banken, persönliche Garantien übernommen oder Sicherheiten gestellt haben, liegen Regelungen an deren Ablösung durch den Käufer im Interesse der Veräußerer.

Kaufpreis und Zahlung

Beim Kaufpreis besteht die Alternative, einen festen oder variablen Kaufpreis zu vereinbaren. Im Interesse des Verkäufers liegt dabei regelmäßig ein fester Kaufpreis, der Käufer dürfte eher an einem variablen interessiert sein:

 

  • Bei einer variablen Kaufpreisvereinbarung kann die Entwicklung des Unternehmens nach Übergang auf den Käufer berücksichtigt werden (earn-out). Der Veräußerer nimmt dann an der positiven Entwicklung teil, der Käufer kann bei negativer Entwicklung den Kaufpreis reduzieren.

 

  • Als Alternative bietet sich ein Festkaufpreis mit Nachbesserungsschein an, zum Beispiel für den Fall, dass ein kundenbezogener Umsatzschwund nach Übernahme geringer ausfällt, als Verkäufer und Käufer im Vertrag angenommen haben.

 

Die Ermittlung des Kaufpreises selbst erfolgt auf Basis einer Firmenwertberechnung nach Stichtagsbilanz mit Aufschlägen für bestimmte Zukunftschancen und Abschlägen für besondere Risiken, wobei es unterschiedliche Wertermittlungsformen gibt.

 

Alternativ bietet sich an, die Grundsätze des Instituts der Wirtschaftsprüfer (DIW) heranzuziehen oder vereinfacht auf das bei Versicherungsmaklern bisher übliche Vergleichsverfahren oder Faktorverfahren zurückzugreifen. Die Berechnung erfolgt dann bezogen auf den Netto-Courtage-Umsatz des Maklers. Die Bandbreite der Kaufpreise bewegt sich heute in der Größenordnung des 1,5- bis 2,5-fachen der Jahres-Courtage.

 

PRAXISHINWEIS | Als weitere Regelungen im Zusammenhang mit dem Kaufpreis sind Regelungen über folgende vier Punkte ins Auge zu fassen:

  • Eine Aufteilung des Kaufpreises zur Bemessung der steuerlichen Abschreibungsgrundlagen für den Käufer oder Berechnung etwaiger Gewährleistungsansprüche, zum Beispiel durch gesonderten Ausweis der Sachwerte.
  • Die Absicherung der Kaufpreiszahlung, zum Beispiel durch eine Bankbürgschaft oder einen Eigentumsvorbehalt beim Asset Deal (beim Share-Deal wären Gewinnbezugsrechte und Ausüben der Gesellschafterrechte bis zur Kaufpreiszahlung zu regeln)
  • Frage der Umsatzsteuer regeln: Geschäftsveräußerungen im Ganzen sind umsatzsteuerfrei (§ 1 Abs. 1a UStG), ebenso Veräußerungen von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft (§ 4 Nr. 8 Buchst. f UStG). Dagegen sind Bestandveräußerungen oder Teilübertragungen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig
  • Eine Regelung zum Stichtag für die Übertragung des Unternehmens und für die Kaufpreiszahlung sowie für die Zuordnung der Gewinnbezugsrechte zum Verkäufer oder Käufer.
 

Überleitung von Verträgen und Ansprüchen

Beim Asset-Deal werden Unternehmensgegenstände einzeln nach den jeweils hierfür vorgesehenen Vorschriften übertragen, zum Beispiel Warenbestände durch Einigung und Übergabe, Ansprüche durch Abtretung. In diesem Zusammenhang ist Folgendes zu beachten:

 

  • Abtretungsverbote
  • Eigentumsvorbehalte
  • Verträge, die nur mit Zustimmung des Vertragspartners übertragen werden können

 

Bei letzteren muss die Zustimmung zur Überleitung von Verträgen vom Vertragspartner eingeholt werden, anderenfalls bleibt dem Käufer nur die Möglichkeit, den Vertrag über den Veräußerer zu erhalten. Das geschieht im Wege der Erfüllungsübernahme, indem der Käufer im Innenverhältnis zum Veräußerer in alle Recht und Pflichten aus dem betreffenden Vertrag eintritt, zum Beispiel durch Untervermietung. Dies kann freilich ausgeschlossen sein, wenn der betreffende Vertrag dem Veräußerer untersagt, Sachen und Rechte Dritten zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen; dann ist die vorherige Zustimmung des Dritten unumgänglich.

 

  • Beispiele
  • Mietverträge: Bei verweigerter Zustimmung gegebenenfalls Untermietvertrag mit Veräußerer schließen.
  • Lieferverträge: Übergang sollte vor Veräußerung geklärt werden.
  • Handelsvertreterverträge: Bei Nichtzustimmung von Untermaklern kann eine Kündigung erforderlich und der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB ausgelöst werden.
  • Arbeitsverträge: Diese gehen nach § 613a BGB (Betriebsübergang) auf den Käufer über, sofern der Arbeitnehmer nicht widerspricht. Letzterenfalls ist eine Kündigung möglich.
  • Leasingverträge: Übergang des Vertrags bedarf der Zustimmung der Leasinggesellschaft, gegebenenfalls Untervermietung, wenn der Vertrag dies zulässt.
 

Datenschutzrechtliche Probleme bei Asset-Deals

Bei Asset-Deals sollten datenschutzrechtliche Probleme vermieden werden.

 

Nutzung personenbezogener Daten datenschutzrechtlich relevant

Die Nutzung personenbezogener Daten ist nur insoweit zulässig, als dies durch Rechtsvorschriften ausdrücklich erlaubt ist oder der Betroffene eingewilligt hat. Diese Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung beruht; dabei ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten hinzuweisen. Die Einwilligung bedarf der Schriftform (§ 4 Abs.1 BDSG). Soweit die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erklärt werden soll, ist sie drucktechnisch besonders hervorzuheben. Soweit Daten unter anderem auch über die Gesundheit des Kunden übermittelt werden sollen, ist hierauf ausdrücklich hinzuweisen (§§ 3 Abs.9, 4 a Abs.3 BDSG).

 

Zustimmung durch Klausel im Maklervertrag

Damit ist die Einwilligung des Kunden zur Übertragung des Maklervertrags erforderlich. Diese kann - drucktechnisch hervorgehoben - auch in einem formularmäßigen Maklervertrag erklärt werden. Sie ist aber nur wirksam, wenn dem Kunden zugleich das Recht eingeräumt wird, sich bei einer Vertragsübertragung vom Vertrag zu lösen. Letzteres ist keine wesentliche Einschränkung, weil der Kunde den Maklervertrag immer kündigen kann.

 

Die entsprechenden Klauseln im Maklervertrag des veräußernden Maklers müssten wie folgt formuliert sein:

Musterklauseln / Zustimmung zur Übertragung des Maklervertrags

  • 1.Um die nahtlose Betreuung des Auftraggebers auch bei Veränderungen beim Makler sicherzustellen, ist der Makler berechtigt, den Maklervertrag als Ganzen mitsamt der damit zusammenhängenden Maklervollmacht, der Datenschutzerklärung und der Vollmacht zur Entgegennahme von Leistungen auf ein ihm geeignet erscheinendes anderes Maklerunternehmen zu übertragen.
  •  
  • 2. Der Auftraggeber stimmt einer solchen Übertragung auf ein anderes Maklerunternehmen, das damit in alle Rechte und Pflichten aus diesem Maklervertrag eintritt, schon jetzt zu.
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  • 3. Dem Auftraggeber wird für den Fall der Vertragsübertragung das Recht eingeräumt, den Maklervertrag durch Erklärung gegenüber dem übertragenden Makler oder dem übernehmenden Makler mit sofortiger Wirkung zu beenden.
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  • 4. Der Auftraggeber willigt ein, dass der Makler bei einer Vertragsübertragung alle für die Fortführung des Maklermandats relevanten Daten an den neuen Makler weitergeben darf. Hierzu gehören insbesondere auch Daten über den Gesundheitszustand des Auftraggebers (Einwilligung nach § 4 Abs. 1 und 3 BDSG).
 

Alternativen zur Überleitung von Verträgen bei fehlender Klausel

  • Geht es allein um den Datenschutz, kann der übertragende Makler dem übernehmenden Makler Untervollmacht erteilen. Beide bemühen sich um die Umschreibung der Maklerverträge und Vollmachten beim Kunden auf den übernehmenden Makler. Das ist zwar einfach, kann aber dauern.

 

  • Wird das Einzelunternehmen insgesamt übertragen oder verwaltet der übertragende Makler die zu übertragenden Bestände in einem eigenständigen Unternehmensteil, kann der Bestand in eine neu gegründete Personen- oder Kapitalgesellschaft steuerneutral ausgegliedert werden (Ausgliederung nach § 152 UmwG). Aus dieser scheidet der übertragende Makler nach einer Übergangszeit aus. Das hat den Vorteil, dass die Rechte und Pflichten aus den Maklerverträgen und die sonstigen Verträge des Unternehmens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergehen.

 

  • Ferner kommt in Betracht eine Umwandlung des Einzelunternehmens in eine GmbH oder GmbH & Co. KG oder die Ausgliederung in eine solche nach dem Umwandlungsgesetz mit anschließendem Verkauf der Anteile im Wege eines Share Deals. Der Vorteil: Das Maklerverhältnis besteht mit dem identischen Rechtsträger fort. Es entstehen weder vertrags- noch datenschutzrechtliche Probleme bei der Übertragung ohne Einwilligung des Kunden. Der Wechsel der Anteilseigner an der Gesellschaft oder der Geschäftsführer ist in der Rechtsform des Maklerunternehmens bereits angelegt. Die Gesellschaft, deren Anteile übergehen, haftet jedoch für in der Vergangenheit begründete Verbindlichkeiten, insbesondere auch für die ordnungsgemäße Erfüllung der Maklerverträge.

 

Weiterführende Hinweise

  • In der nächsten Ausgabe wird die Serie „Unternehmensnachfolge im Maklerunternehmen richtig gestalten“ mit Teil IV fortgesetzt. Dann geht es um steuerliche Fragen.
Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 5 | ID 42581267