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· Fachbeitrag · Agenturführung

Bilder sorgenfrei nutzen: Rechtliche Fallstricke sicher umgehen

von Rechtsanwalt Stephan Dirks, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, und Björn Fleck, Jurist und Sachbuchautor

| Ein Bild sagt bekanntlich mehr als 1.000 Worte. Viele Agenturinhaber überlegen daher, Bilder auf der Internetseite der Agentur einzustellen oder die eigenen Agentur-Broschüren mit Bildern zu versehen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Nicht jede Veröffentlichung ist erlaubt, die Regeln sind oft unscharf und wenig praktikabel. Der folgende Leitfaden verrät Agenturinhabern, wie sie es richtig machen. |

Recht am (eigenen) Bild

Fremde Bilder dürfen nur mit Erlaubnis des Rechteinhabers verwendet werden. So will es das Urheberrecht. Rechteinhaber können zum Beispiel Fotografen („Urheber“) oder Abgebildete sein. Erstellen Sie eigene Bilder, so ist das Problem des Urheberrechts am Bild zwar gelöst. Aber damit sind Sie noch nicht aus dem Schneider:

 

  • Unbedenklich erstellen und verwenden können Sie Fotos von Landschaften, Tieren, Pflanzen und Sachen in der freien Natur.

 

  • Auch Gebäude in Deutschland - es handelt sich um „Werke der Baukunst“ nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Urheberrechtsgesetz - dürfen Sie fotografieren. Voraussetzung ist, dass Sie die Aufnahme von einem öffentlich zugänglichen Platz/Straße aus einer üblichen Position tätigen (Panoramafreiheit). Nicht erlaubt ist eine Aufnahme aus dem Stockwerk des Gebäudes von gegenüber oder von einer mitgebrachten Leiter aus. Private Grundstücke, auch wenn sie für jedermann zugänglich sind, sind keine öffentlichen Plätze.

 

  • Kunstobjekte, die dauerhaft an einem öffentlichen Platz verweilen, können Sie ebenfalls fotografieren. Ist eine Aktion befristet, gilt die Ausnahme nicht. Ein Beispiel dafür wäre der verhüllte Reichstag.

 

Erlaubnis des Veranstalters einzuholen

Können die Kunstgegenstände, Tiere oder andere Gegenstände nur mit Erlaubnis besichtigt werden, zum Beispiel in Museen, auf Ausstellungen oder bei Sportveranstaltungen, müssen Sie wissen: Die Veranstalter können über ihr Hausrecht bestimmen, wer zu welchen Zweck den Platz oder das Gebäude betreten darf (BGH, Urteil vom 8.11.2005, Az. KZR 37/03, Abruf-Nr. 053573) und damit wer Fotos schießen darf.

 

  • Beispiel

Mit dem Kauf einer Karte für ein Bundesligaspiel haben Sie noch nicht die Berechtigung, im Stadion Aufnahmen für die eigene Vermittlerseite zu machen. Der „Hausherr“ kann darüber bestimmen.

 

 

PRAXISHINWEISE |

  • Als Faustformel können Sie sich merken: Wo Eintrittsgeld bezahlt wird oder eine Akkreditierung der Presse erforderlich ist, muss die Erlaubnis des Veranstalters in jedem Fall eingeholt werden (BGH, Urteil vom 1.3.2013, Az. V ZR 14/12, Abruf-Nr. 131410).
  • Möchten Sie mit einem eigenen Stand auf einer Gewerbeshow präsent sein, sollten Sie vertraglich auch festlegen, dass Sie Fotos machen dürfen.
 

Einwilligung der abgelichteten Personen einholen

Sind Personen auf dem Bild zu sehen, wird es (noch) komplizierter. Jeder Mensch darf selbst bestimmen, ob er mit einem Bild abgelichtet und veröffentlicht werden will. Es bedarf damit der Einwilligung der Person. Die Einwilligung zur Veröffentlichung ist natürlich nur erforderlich, wenn die Person auf dem Foto erkennbar und individualisierbar ist, das Foto also ein „Bildnis“ darstellt (BGH, Urteil vom 8.4.2014, Az. VI ZR 197/13, Abruf-Nr. 141726).

 

Die Einwilligung einholen, können Sie am sichersten mit einem schriftlichen Vertrag, der Umfang und Leistungen festgelegt. Doch in Alltagssituationen ist dies nicht immer möglich. Hier kann die Einwilligung auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen, zum Beispiel am Tag der offenen Tür im Büro.

 

So kann etwa eine Pose, wie ein Lächeln in die Kamera, eine Einwilligung in die Veröffentlichung des Fotos darstellen. Voraussetzung ist aber, dass die Person weiß, dass es sich bei dem Fotografen zum Beispiel um einen Pressejournalisten handelt. Die Person willigt nur in dem Umfang der Nutzung ein, von dem sie ausgehen konnte, zum Beispiel in die Veröffentlichung auf einem Blog zur Gestaltung eines Berichts über die Veranstaltung, nicht aber als Werbefigur auf dem nächsten Flyer für ein Versicherungsprodukt.

 

Wichtig | Die Einwilligung ist widerruflich. Das ist selbst dann der Fall, wenn sie zeitlich unbeschränkt erteilt wurde. Dann dürfen Sie die Fotos, auf der die Person zu sehen ist, nicht weiter veröffentlichen. Etwas anderes gilt nur, wenn Sie schriftlich etwas anderes vereinbart haben, etwa wenn Sie ein Werbemodel für eine Plakatkampagne buchen und bezahlen und die Nutzungsarten der Fotos vertraglich regeln. Das Model kann dann seine Einwilligung nur in Ausnahmefällen widerrufen.

 

Auch Ihre Mitarbeiter können die Einwilligung, dass Sie mit ihren Bildern werben dürfen, widerrufen. Davon betroffen sind Teamabbildungen, Einzelfotos oder teuer erstellte Imagevideos, auf denen der Mitarbeiter nur kurz zu sehen ist. Oft ist dieses ein Streitpunkt bei ausgeschiedenen Mitarbeitern.

 

PRAXISHINWEISE |

  • Möchten Sie verhindern, dass Ihr Mitarbeiter seine Einwilligung zurückzieht, müssen Sie sich die Einwilligung schriftlich geben lassen (BAG, Urteil vom 19.2.2015, Az. 8 AZR 1011/13, Abruf-Nr. 144050). Dann ist ein Widerruf zwar nicht ausgeschlossen, aber die abgelichtete Person braucht dafür einen guten Grund. Je weniger ein individueller Bezug durch das Foto/Video zur Person hergestellt wird, umso gewichtiger muss der Grund sein, damit das Foto/Video entfernt werden muss.
  • Die Einwilligung muss schriftlich vorliegen. Ihr Mitarbeiter muss Ihnen die Einwilligung für die Aufnahme individuell erteilen. Sie dürfen die Einwilligung nicht mit anderen Einwilligungen einholen oder schon im Arbeitsvertrag verankern.
  • Der Inhalt der Einwilligung muss den Umfang der Nutzung benennen: Die Aufnahmen der Mitarbeiter dürfen zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Versicherungsagentur verwendet und veröffentlicht werden.
 

Keine Einwilligung in bestimmten Konstellationen erforderlich

Keine Regel ohne Ausnahme. Eine Einwilligung ist in den folgenden drei Konstellationen nicht erforderlich.

 

  • 1. Keine Einwilligung ist bei Bildern von öffentlichen Veranstaltungen wie Straßenfesten, Demonstrationen oder Versammlungen notwendig, solange keine Person oder Gruppe besonders hervorgehoben wird. Es muss zusätzlich immer eine Gesamtabwägung stattfinden. Sie als Fotograf sollten also auch in diesen Fällen mit gesundem Menschenverstand ans Werk gehen und sich fragen, ob es einen offensichtlichen Aspekt gibt, der die Veröffentlichung eines bestimmten Fotos heikel macht.
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  • PRAXISHINWEISE |

    • Die „Ausnahme“ hat es schon begrifflich an sich, dass sie nur ausnahmsweise gilt. Gruppenfotos sind natürlich keine Versammlungen. Sie sind zu behandeln wie eine Ansammlung von Portraits, also „Bildnissen“, für deren Veröffentlichung eine Erlaubnis notwendig ist.
    • Hüten Sie sich auch vor Rechtslegenden, wie sie unter Fotografen verbreitet sind, wie zum Beispiel der sogenannten „Sieben-Personen-Regel“. Diese besagt angeblich, dass ab einer bestimmten Anzahl Abgebildeter keine Einwilligung mehr notwendig ist. Eine solche rechtliche Regel existiert nicht, mag sich das Gerücht auch noch so hartnäckig halten.
     
  • 2. Keine Einwilligung ist bei Bildern erforderlich, wenn die Personen nur „Beiwerk“ sind. Es ist tagsüber oft nicht möglich, ein Foto von einem Gebäude zu erstellen, ohne dass Personen am Rande des Bilds zu sehen wären. Ob die Personen aber nur Beiwerk sind, hängt von einer Gesamtbewertung ab.

 

  • 3. Keine Einwilligung ist bei der Aufnahme von Bildnis der Zeitgeschichte notwendig. Zu diesen Personen gehört der örtliche Bürgermeister oder ein Sprecher auf einem Stadtteilfest.
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    • Beispiel

    Die Agentur hat am verkaufsoffenen Sonntag in der Fußgängerzone einen eigenen Werbestand. Sie können die Aufnahme des Werbestands mit Passanten im Hintergrund ohne deren Einwilligung nutzen (Gesamtsituation ohne Hervorhebung einzelner Personen).

     

Folgen einer Verletzung

Es ist Ihre Aufgabe als Ersteller (Fotograf) und Nutzer, sich zu vergewissern, dass Sie die Bilder nutzen dürfen. Wer unerlaubt fremde Bilder verwendet oder die erforderlichen Einwilligungen/Erlaubnisse nicht einholt, muss mit Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen und letztendlich sogar mit „Strafe“ rechnen.

 

1. Schritt: Abmahnung

In der Regel erhält der unberechtigte Benutzer eine Abmahnung, in der er aufgefordert wird, die störende Handlung innerhalb einer Frist einzustellen und für die Zukunft nicht zu wiederholen. Dazu wird die Abgabe einer verbindlichen Unterlassungserklärung gefordert. Mit Abgabe der Erklärung wird ein Vertrag zwischen den Parteien geschlossen.

 

Bei einem erneuten Verstoß muss der Unterzeichner an den Abmahner eine vorher in der Unterlassungserklärung festgelegte Geldsumme zahlen. Damit soll erreicht werden, dass das Bild nicht weiter bzw. erneut unerlaubt genutzt wird. Zusätzlich fallen Kosten an. Dieses sind die Anwaltskosten des Geschädigten und in bestimmten Fällen eine Lizenzgebühr für die genutzten Bilder. Bei Personenbildern kann noch Schmerzensgeld anfallen.

 

2. Schritt: Streit vor Gericht

Können sich die Parteien außergerichtlich nicht einigen, so kann der Rechteinhaber vor Gericht ziehen. Dann entscheidet das Gericht über die Unterlassungspflichten und alle Geldforderungen. Dies kann im Einzelfall schnell gehen. Denn Unterlassungsansprüche werden oft im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt. Dabei entscheidet ein Gericht innerhalb weniger Tage und sogar ohne mündliche Verhandlung über den Anspruch. Das ist für Betroffene oft überraschend und sehr schmerzlich. Deswegen kann nur dazu geraten werden, Abmahnungen wegen Verletzung von Urheber- oder Persönlichkeitsrechten nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und gegebenenfalls auch den Gang zum Rechtsanwalt nicht zu scheuen.

 

  • Übersicht: Einwilligung/Erlaubnis - ja oder nein

Einwilligung/Erlaubnis

(Grundsatz)

Keine Einwilligung

(Ausnahme)

  • Bei Aufnahmen, auf denen der einzelne Mensch klar zu identifizieren (Einwilligung je Person)
  • Bei Aufnahmen, die auf einem Privatgelände gemacht werden (Zoo, Museum, Sportveranstaltung, Bahnhof)
  • Bei Fotos von Landschaften, Tieren, Pflanzen, Sachen (Kunst nur, wenn sie am öffentlichen Ort verbleiben soll), wenn diese in der freien Natur/von öffentlich zugänglichen Plätzen aufgenommen werden.
  • Bei Bildnissen von Personen der Zeitgeschichte (zum Beispiel Bürgermeister auf öffentlicher Veranstaltung; nicht aber: Bürgermeister privat)
  • Bei Aufnahmen einer öffentlichen Veranstaltung, ohne einzelne Personen in den Vordergrund zu stellen. Gesamtsituation wird aufgenommen (Foto in die Menge; nicht: Gruppenbild von Volleyballmannschaft)
  • Bei Aufnahmen, bei denen Personen nur zufälliges Beiwerk sind (Gebäude steht im Vordergrund und Menschen sind am Rand zu sehen; nicht: 8 Personen stehen im Vordergrund, am linken Bildrand ist der Kölner Dom erahnbar)
 
Quelle: Ausgabe 12 / 2015 | Seite 5 | ID 43684062