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· Fachbeitrag · Ehegatten-Arbeitsverhältnisse

Ehegatten-Arbeitsverhältnisse in der Agentur rechtssicher und optimal gestalten

von Fachanwalt für Arbeitsrecht Rainer Hoffmann, St. Ingbert

| Viele Versicherungsagenturen wären ohne die Mitarbeit des Ehe- oder Lebenspartners nicht so erfolgreich. Erfahren Sie, wie Sie entsprechende Arbeitsverhältnisse rechtssicher gestalten und optimieren können. Nachfolgend lernen Sie die arbeitsrechtlichen Spielregeln kennen. Ein Musterarbeitsvertrag am Ende des Beitrags unterstützt Sie bei der Umsetzung in die Praxis. |

Der große Unterschied: Familienrecht oder Arbeitsrecht

Familienrechtlich sind Ehegatten grundsätzlich zur Mitarbeit verpflichtet(§ 1356 BGB). Durch das Lebenspartnerschaftsgesetz gilt das auch für gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartnerschaften. Demnach liegt kein Dienst- oder Arbeitsvertrag vor, wenn die Mitarbeit des Ehe- oder Lebenspartners allein aufgrund familienrechtlicher Verpflichtung erfolgt.

 

Wichtig | Für außereheliche Lebenspartner besteht keine familienrechtliche Mitarbeitspflicht. Ohne besondere Regelung geht man bei ihnen aber von unentgeltlichen Gefälligkeitsschuldverhältnissen aus.

Das „echte“ Ehegatten-Arbeitsverhältnis

Dienst- und Arbeitsverträge können auch bei familienrechtlicher Mitarbeit geschlossen werden. Ob dies gewollt ist, richtet sich - wie bei einem „normalen“ Arbeitsvertrag auch - nach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten.

 

PRAXISHINWEIS | Ein Arbeitsvertrag mit dem Ehe- oder Lebenspartner kann nach ständiger Rechtsprechung auch mündlich wirksam geschlossen werden, sofern sich ein Schriftformerfordernis nicht aus Tarifvertrag oder dem Teilzeitbefristungsgesetz ergibt. Wegen der Abgrenzungskriterien zur familienrechtlichen Mitarbeit empfiehlt sich jedoch aus Beweisgründen ein schriftlicher Arbeitsvertrag. Dieser trägt die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit in sich (§ 125 BGB).

 

Ein Arbeitsverhältnis mit dem Ehe- oder Lebenspartner wird arbeitsrechtlich unter folgenden Kriterien anerkannt:

 

  • Klar abgegrenzte Arbeitsleistung in zeitlich erheblichem Umfang, die eine familienrechtlich übliche Mitarbeit überschreitet.
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  • Einsatz als Ersatz für eine fremde Arbeitskraft.
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  • Eingliederung in die Agentur wie ein fremder Arbeitnehmer.
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  • Unterwerfung unter das Direktions- und Weisungsrecht des Arbeitgebers. Unschädlich ist es, wenn das Weisungsrecht eingeschränkt ausgeübt wird, weil die Abhängigkeit unter Ehe- oder Lebenspartnern im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist.
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  • Zahlung des ortsüblichen oder tariflichen Lohnes (nicht nur „Taschengeld“): Der Lohn sollte wie an fremde Arbeitnehmer regelmäßig und vollständig auf ein eigenes Konto des Ehe- oder Lebenspartners überwiesen werden. Auch wenn die Überweisung auf ein „Oder-Konto“ steuerlich anzuerkennen ist (BVerfG, Beschluss vom 7.11.1995, Az. 2 BvR 802/90), wird zur absichernden Klarstellung ein Konto empfohlen, über welches nur der Ehe- oder Lebenspartner alleine verfügen kann.

 

  • Abführung der Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge.

 

Wichtig | Ziehen Ehe- oder Lebenspartner aus der Vertragsgestaltung lediglich steuer- und abgabenrechtliche Vorteile, ohne dass das Vereinbarte tatsächlich durchgeführt wird, spricht dies für das Vorliegen eines nichtigen Scheingeschäfts (§ 117 Abs. 1 BGB). Der Arbeitsvertrag ist dann unwirksam.

Kündigung des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses bei Scheidung

Kommt es wegen einer Scheidung oder Trennung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses, ist wie beim „normalen“ Arbeitsverhältnis zu unterscheiden:

 

  • Erfüllt die Versicherungsagentur - was der Regelfall sein dürfte - nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG, in der Regel maximal zehn Beschäftigte), ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus Anlass einer Scheidung nicht treuwidrig (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.5.2008, Az. 6 Sa 598/08; Abruf-Nr. 133358).

 

  • Findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, ist die soziale Rechtfertigung im Sinne des § 1 KSchG erforderlich (BAG, Urteil vom 9.2.1995, Az. 2 AZR 398/94; Abruf-Nr. 133359). Diese liegt vor, wenn der Arbeitgeber nachvollziehbare Gründe zur Annahme hat, dass der Ehegatte seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht mehr mit der geschuldeten Sorgfalt und Loyalität ausführen werde bzw. die Trennung zu einer Störung des Betriebsfriedens führe. Dem Ehegatten-Arbeitgeber unterliegt die Pflicht, auch bei der Arbeit in der Agentur eine räumliche Trennung herzustellen und den Kontakt auf ein Mindestmaß zu reduzieren (LAG Köln, Urteil vom 28.11.2002, Az. 5 Sa 566/02; Abruf-Nr. 032233). Es gelten also die gleichen Voraussetzungen wie bei einem normalen Arbeitsverhältnis. Ist dem Arbeitnehmer-Ehegatten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar, verhängt die Bundesanstalt für Arbeit keine Sperrfrist (§ 159 SGB III).

Musterarbeitsvertrag zwischen Ehegatten

Nachfolgend finden Sie einen Musterarbeitsvertrag zwischen Ehegatten. Den Mustervertrag können Sie auch auf wvv.iww.de unter Downloads → Musterverträge → Familienverträge herunterladen.

 

Mustervertrag / Musterarbeitsvertrag zwischen Ehegatten

 

Zwischen Herrn / Frau / Agentur .............................................. (im folgenden Arbeitgeber)

und Herrn / Frau ....................................................... (im folgenden Arbeitnehmer)

wird folgendes Ehegatten-Arbeitsverhältnis geschlossen:

 

§ 1 Beginn und Art der Beschäftigung

  • 1. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin arbeitet ab dem ... entgeltlich bei dem o. g. Arbeitgeber mit.
  • 2. Dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin werden folgende Aufgaben übertragen …
  • 3. Der Arbeitsort befindet sich ... (oder am Sitz der Agentur)

 

§ 2 Arbeitszeit

  • 1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt … Stunden. Beginn, Dauer und Beendigung richten sich nach ... (dem Tarifvertrag, der Betriebsvereinbarung, dem Direktions- und Weisungsrecht) des Arbeitgebers. (Alternativ feste Verteilung vorgeben).
  • 2. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin ist im Rahmen der betrieblichen Notwendigkeiten verpflichtet, auch Über- und Mehrarbeitsstunden zu leisten.

 

§ 3 Arbeitsvergütung

  • 1. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält eine monatliche Vergütung in Höhe von … Euro.
  • (Die Vergütung ist in Anlehnung an das Entgelt der Vergütungsgruppe ... des Tarifvertrags ... festgesetzt.)
  • 2. Daneben erhält der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin folgende Leistungen:
    • a) Zuschläge für Über- und Mehrarbeit
    • b) Leistungszuschlag
    • c) Sonderzuwendungen, Urlaubsgeld und Weihnachtsgratifikation
    • d) Ggf. übertarifliche Zulage
  • 3. Die Auszahlung wird monatlich zum ... auf folgendes Bankkonto des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin ... IBAN ... bei der (Bank) ... überwiesen.
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§ 4 Urlaub

Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält einen Jahresurlaub von ... Arbeitstagen.

 

§ 5 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

  • 1. Der Arbeitsvertrag ist mit den Fristen aus § 622 BGB ordentlich kündbar.
  • 2. Unberührt bleibt das Recht zur außerordentlichen Kündigung.
  • 3. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin gibt bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sämtliche dem Arbeitgeber gehörenden Gegenstände und Unterlagen vollständig und unaufgefordert zurück. Dazu zählen insbesondere ...
  •  
  • § 6 Lohnfortzahlung bei Verhinderung

In Krankheitsfällen und in sonstigen Fällen, die der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin nicht zu vertreten hat, steht Lohnfortzahlung nach den gesetzlichen Bestimmungen ab dem ersten Tag der Verhinderung zu.

§ 7 Schlussbestimmungen und Schriftformklausel

  • 1. Nebenabreden und Änderungen dieses Vertrags bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.
  • 2. Sind einzelne Bestimmungen dieses Vertrags unwirksam, so wird hierdurch die Wirksamkeit des übrigen Vertrags nicht berührt.

Ort, Datum ...

 

... ...

Arbeitgeber Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin

Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 15 | ID 42581139