Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

01.02.2006 | Ausgleich nach "Grundsätzen" unschlagbar günstig?

Skepsis bei "absolut richtigen" Versichererbehauptungen angebracht

von Helmut Braun, Köln

Bei Vertreterprozessen gegen Versicherer tritt häufig folgendes Phänomen auf: Der Versicherer behauptet in den Schriftsätzen wider besseres Wissen haarsträubend falsche Fakten. Die Absicht liegt auf der Hand: Das Gericht soll irregeführt werden.

Aktuelles Beispiel

Ein schönes Beispiel dafür liefert jüngst die Frankfurter Versicherungs AG als Beklagte in dem laufenden Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht (OLG) München, der die Zulässigkeit des Abzugs der vom Versicherer "finanzierten Versorgung" zum Gegenstand hat - Abzug, obwohl tatsächlich kein Cent in die Versorgung eingezahlt wird (sehen Sie dazu Ausgabe 6/2005, Seite 8). Der Versicherer-Anwalt trägt Folgendes vor:

Vortrag im Schriftsatz

"Alle bisher bekannt gewordenen und in der Rechtsprechung entschiedenen Rechenbeispiele haben ... jeweils ergeben, dass die Berechnung des Ausgleichs nach den ‚Grundsätzen der Versicherungswirtschaft' in keinem einzigen Fall zu einem geringeren Betrag geführt haben als jene Summe, die dem Versicherungsvertreter bei konkreter Berechnung nach den Vorschriften des §  89b Abs.  1 Nr.  1 und 2 i.V.m. Abs.  5 Satz 1 HGB zustünde."

Das ist nun wirklich ein Bravourstück. Der Frankfurter Versicherungs AG stehen ebenso wie dem Anwalt beste Informationsquellen zur Verfügung. Da wäre es ein Leichtes gewesen, insbesondere auf das Paradebeispiel eines Urteils zurückzugreifen, das die Behauptung der Frankfurter auf den Kopf stellt.

Schlagender Gegenbeweis: Urteil des OLG Köln

Es handelt sich um die Entscheidung des OLG Köln vom 5. Juni 1974 (Az: 2 U 93/72, VersR 1974, 995). Sie betrifft den Ausgleichsanspruch in der Kraftfahrtversicherung. Dieses Urteil hat dem Vertreter sage und schreibe einen Ausgleich in sechsfacher Höhe des nach den "Grundsätzen" errechneten Betrags zugesprochen. Das hat verständlicherweise große Aufmerksamkeit in der Versicherungswirtschaft erregt.

Wie vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) selbst ohne weiteres eingestanden, gab es im Übrigen seinerzeit bereits durchaus auch andere Entscheidungen, die bei der Anwendung des §  89b Handelsgesetzbuch unter Weglassung der "Grundsätze" zu besseren Ergebnissen als diesen zufolge kamen.

Die Entscheidung des OLG Köln stand später auch bei mehreren Verhandlungen auf Verbandsebene, bei denen es um eine Verbesserung der "Grundsätze" in punkto Kfz ging, allen Beteiligten deutlich vor Augen; je nach Standpunkt in unterschiedlichem Blickwinkel.