01.02.2003 | Fusion und Bestandsübertragung
So reagieren Sie richtig auf Zusammenschluss von Versicherern
Wenn Versicherungsunternehmen ihre Vertreter über eine Fusion oder Bestandsübertragung unterrichten, ist das Anlass für den Vertreter, sich Gedanken zu machen, ob er in dem Vertretungsverhältnis verbleiben oder aus diesem ausscheiden will. Nachfolgend erläutern wir Ihnen die vertragsrechtlichen Auswirkungen der Veränderungsvorgänge und schildern Ihnen Ihre Reaktionsmöglichkeiten. Dabei beschränken wir uns auf die Bestandsübertragung und die aktienrechtliche Verschmelzung (Fusion).
Die Bestandsübertragung
Wie sieht eine "Offenbarung" des vertretenen Unternehmens über eine solche Bestandsübertragung aus? Dazu ein plakatives Beispiel von der Württembergische Versicherung AG; diese schrieb, datierend "Im Juni 1991", ihren Vertretern:
Schreiben "Auch im Zusammenhang mit der Neustrukturierung unserer Versicherungsgruppe hat die Württembergische Feuerversicherung AG mit Zustimmung des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen ihren Bestand an direktem Versicherungsgeschäft rückwirkend ab 1. Januar 1991 [Hervorhebung seitens der Redaktion] auf die Württembergische Versicherung AG übertragen. Das direkte Versicherungsgeschäft wird folglich jetzt von der Württembergische Versicherung AG betrieben. Ihr Agenturvertrag mit der Württembergische Feuerversicherung AG ist anlässlich der Bestandsübertragung nicht automatisch auf die Württembergische Versicherung AG übergegangen, eine solche Veränderung bedarf Ihrer Zustimmung. Deshalb bitten wir Sie, uns Ihr Einverständnis mit Ihrer Unterschrift auf der beiliegenden Erklärung zu geben. Wir meinen, dass sich durch diese konzernrechtlich bedingte Umstrukturierung an der Sache selbst nichts geändert hat, und es ist uns ein Anliegen, dass das traditionell gute Verhältnis zwischen der Württembergische Feuerversicherung AG und ihren Vertretern im Verhältnis zur Württembergische Versicherung AG seine Fortsetzung findet. Wir danken ihnen für die bisherige erfolgreiche Zusammenarbeit und hoffen, auch weiterhin auf ein vertrauensvolles Miteinander." Die mitgelieferte "Erklärung" lautete: "Ich erkläre mich damit einverstanden, dass mein bisher mit der Württembergische Feuerversicherung AG bestehendes Agenturverhältnis in seiner jetzt gültigen Fassung unverändert so auf die Württembergische Versicherung AG übergeht, wie zwischen dieser und der Württembergische Feuerversicherung AG vereinbart." Datum ... ... (Unterschrift) | |
Reaktionen des Vertreters
Das Interesse des Vertreters kann verschieden sein: Ihm kann an einer Fortsetzung des Agenturvertrags gelegen sein. Dann bedarf es nur der Unterschrift unter die Erklärung. Ihm kann aber auch die Beendigung zupass kommen, zum Beispiel weil er schon länger nach einer Möglichkeit sucht, mit Erhalt seines Ausgleichsanspruch auszusteigen, um sich neu zu organisieren. In diesem Fall gibt es für ihn zwei Möglichkeiten:
1. | Der Vertreter will sofort vom Unternehmen wegkommen. Er will klare Regelungen über den Zeitpunkt und über den Ausgleichsanspruch herbeiführen. Seine Reaktion könnte dann etwa so aussehen: |
Antwort-Schreiben "Haben Sie freundlichen Dank für Ihre obige Mitteilung, wonach mein seitheriges Agenturverhältnis nicht automatisch auf Sie als meinen Partner übergegangen ist. Von Ihrem Angebot mache ich keinen Gebrauch. Ich gehe davon aus, dass das Vertragsverhältnis beendet wird. Der Ordnung halber möchte ich mich mit Ihnen nur noch über die Zeitpunktfrage abstimmen. Da eine rückwirkende Beendigung des Agenturvertrags zum ... selbstredend nicht in Betracht kommt, gehe ich davon aus, dass der Vertrag zum ... endet. Bitte geben Sie mir diesbezüglich eine kurze Bestätigung und fügen Sie dieser auch die Zusage an, dass Sie sich an diesen Zeitpunkt auch mit Bezug auf meine Provisionsansprüche ausrichten. Ich meinerseits mache hiermit bereits den Ausgleichsanspruch gemäß Â§ 89b HGB geltend. Sicher darf ich davon ausgehen, dass Sie mir kurzfristig ein detailliertes Angebot für dessen Befriedigung zuleiten." | |
2. | Dem Vertreter ist die Beendigung willkommen. Aber er empfindet es als Zumutung, von heute auf morgen ohne Vertrag dazustehen. Ihm ist deshalb an einem Zeitpolster gelegen, um sich ohne Hast als Vermittler neu zu positionieren. Es liegt nahe, die Reaktion auf die Unternehmensmitteilung etwa wie folgt zu formulieren: |
Antwort-Schreiben "Ohne auch nur im geringsten die freundlichen Absichten, die Sie mit Ihrem Fortsetzungsangebot verbinden, zu verkennen, möchte ich Sie nicht im Unklaren darüber lassen, dass ich nicht gewillt bin, Ihr Angebot zu akzeptieren. Ich teile nämlich Ihre Meinung durchaus nicht, dass sich "an der Sache" nichts geändert hat. Ich habe andere Vorstellungen von vertraglicher Konstanz. Überdies gibt mir Ihre Mitteilung Anlass, Sie auf Folgendes hinzuweisen: Sie bringen die Bestandsübertragung klammheimlich ins Trockene, ohne die Vertreter auch nur mit einem Sterbenswort von Ihrer Absicht zu informieren. Dann überraschen Sie die Vertreter "im Juni" mit der Enthüllung, die Übertragung sei "rückwirkend ab 1. Januar" erfolgt. Alles was Recht ist: Sie haben wirklich merkwürdige Vorstellungen von den Treuepflichten, die zu beachten Sie Ihren Vertretern schulden. Tatsächlich haben Sie mir gegenüber die zwingenden Unterrichtungspflichten gemäß Â§ 86a Absatz 2 HGB schuldhaft verletzt. Wohlgemerkt: Ich habe nichts gegen das Ende des Vertrags als Folge der Bestandsübertragung. Ich bin aber nicht gesonnen, mich von Ihnen über Nacht gleichsam im Handstreich mit dem vertraglichen Nichts konfrontieren zu lassen. Darauf spekulierend, dass die Mehrheit der Vertreter an der Vertragsfortsetzung interessiert ist, haben Sie es sich zu richten verstanden, bis auf weiteres gegenüber den anderswilligen Vertretern den Zeitpunkt der Beendigung im Diffusen zu lassen. So geht das aber nicht. Ich darf Sie darum ersuchen, sich in Berücksichtigung vertraglicher Fairness-Regeln umgehend dazu zu erklären, welche für mich erträgliche Zeitraum-Regelung Sie mir vorschlagen wollen. Ich denke für eine solche Abstimmung zunächst an die analoge Heranziehung der vertraglichen Kündigungsfrist." | |
Wichtig: Tatsächlich ist ein klares Beendigungsdatum in mehrfacher Hinsicht bestimmungsbedürftig: mit Blick auf die Dauer der Provisionszahlungspflicht, die Gesamtdauer des Vertrags, welche nach den "Grundsätzen" die Ausgleichshöhe beeinflusst, und nicht zuletzt den AVAD-Verkehr, der auf zeitlich klare Verhältnisse angelegt ist.
Die Fusion
Die Fusion kann zweierlei Arten der Verschmelzung zum Gegenstand haben: Bei der Verschmelzung durch Aufnahme überträgt die übertragende Gesellschaft ihr Vermögen auf die übernehmende. Die übertragende Gesellschaft geht unter. Bei der Verschmelzung durch Neubildung übertragen die sich vereinigenden Gesellschaften ihr Vermögen auf eine neugebildete Gesellschaft. Die bisherigen Gesellschaften gehen unter.
Was bedeutet die Fusion für den Fortbestand des Agenturvertrags? Die Antwort lautet: Der Agenturvertrag geht auf die übernehmende oder neugebildete Gesellschaft über. Für diesen Übergang bedarf es keiner Einverständniserklärung des Vertreters.
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