Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Agenturführung

Rechtsprechungsreport: Die zehn wichtigsten aktuellen Urteile für Vertreter im Überblick

| Die Gerichte haben in jüngster Zeit eine Reihe wichtiger Urteile gefällt, die für Sie als Versicherungsvertreter relevant sind. WVV hat die zehn wichtigsten für Sie zusammengestellt. Im Fokus stehen der Buchauszug, Dynamikprovisionen, Provisionsrückforderungen, aber auch die Zusatzkrankenversicherung oder die Zustimmung in unterschiedliche Werbekanäle. |

1. Neue Details beim Buchauszug

Das OLG Hamm hat Punkt für Punkt geprüft, welche Angaben provisionsrelevant sind und daher in den Buchauszug gehören (OLG Hamm, Urteil vom 14.05.2018, Az. 18 U 85/17, Abruf-Nr. 202800).

 

Für folgende Angaben, die bisher noch nicht gängiger Inhalt des Buchauszugs waren, hat das OLG die Provisionsrelevanz bejaht:

 

  • Angaben beim Buchauszug lt. OLG Hamm
  • Datum des Eingangs des Widerrufs beim Produktgeber
  • Datum der Policierung
  • Eintrittsalter der versicherten Person
  • Abgeschlossene Ersatzverträge über dasselbe Risiko
  • Art und Datum von Beitreibungsmaßnahmen
 

 

Auch hatte der Versicherer eingewandt, im Vertrag befände sich eine verjährungsverkürzende Klausel auf zwei Jahre. Auch hiermit kam er beim OLG nicht durch. Die verjährungsverkürzende Klausel ist unwirksam. Denn sie bezieht sich auch auf Ansprüche aus vorsätzlichem Verhalten. Für diese sind Verjährungsverkürzungen nach § 202 Abs. 1 BGB verboten.

2. Anspruch auf Buchauszug verjährt selbstständig

Der Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs verjährt selbstständig in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Verjährung beginnt regelmäßig mit dem Schluss des Jahres, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung über die diesem zustehende Provision erteilt hat (BGH, Urteil vom 03.08.2017, Az. VII ZR 32/17, Abruf-Nr. 196065).

3. Erhöhung in dynamischen LV ist provisionspflichtig

Vermittelt der Versicherungsvertreter dynamische Lebensversicherungen, bei denen sich die Versicherungssumme nach dem Inhalt des Versicherungsvertrags in regelmäßigen Zeitabständen erhöht, wenn der Versicherungsnehmer nicht widerspricht, gehen die Erhöhungen auf die Vermittlungstätigkeit bei Abschluss des Versicherungsvertrags zurück. Sie sind im Zweifel provisionspflichtig, so der BGH im Fall eines ausgeschiedenen Consultants (BGH, Urteil vom 20.12.2018, Az. VII ZR 69/18, Abruf-Nr. 206860).

 

Der BGH hat bestätigt, dass die Provisionsansprüche auch nach Vertragsende fortbestehen. Er hat die Sache aber an das OLG zurückverwiesen, weil dies in dem speziellen Fall noch einem Beweisangebot nachgehen muss. Das OLG muss klären, ob eine Nebenabrede zur vertraglichen Regelung bestand, die den Provisionsanspruch ausschließt.

4. Provisionsrückforderungen wegen Stornierungen

Bei ausgeschiedenen Versicherungsvertretern verrechnen Unternehmen häufig das Guthaben auf dem Stornoreservekonto mit Provisionsrückforderungen. Bestreitet der Vertreter die Rückforderungen, muss das Unternehmen diese im Einzelnen detailliert darlegen und beweisen.

 

Dazu gehört es, die einzelnen notleidenden Versicherungsverträge ordnungsgemäß nachzubearbeiten. Das Unternehmen muss wegen § 87a Abs. 3 S. 2 HGB für jeden Einzelfall die Gründe der Vertragsbeendigung, Zeitpunkt und Art der Mahnung sowie der Unterrichtung des Versicherungsvertreters über die Stornogefahr darlegen und die Höhe der zurückzuzahlenden Abschlussprovision errechnen. Das hat es im Urteilsfall nicht getan. Daher konnte das Unternehmen die Stornoreserve nicht angreifen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.09.2017, Az. 15 U 7/17, Abruf-Nr. 200839).

5. Bestandspflegeprovision nur für einen Teil der Kunden

Es gibt Versicherer, die ohne vertragliche Vereinbarung Kunden in verschiedene Kundengruppen schlüsseln und nur für eine Kundengruppe Bestandspflege zahlen. Einen solchen Fall hat das LG Köln entschieden, bei dem der Versicherer die Kunden in B-Kunden (Bestandskunden), R-Kunden (Regional-Kunden) und Z-Kunden (Zentral-Kunden) klassifiziert hatte. Das LG hat dem Vertreter den im Rahmen seiner Stufenklage eingeklagten Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs für die R- bzw. Z-Kundenbestände zuerkannt (LG Köln, Urteil vom 07.09.2018, Az. 89 O 67/17, Abruf-Nr. 204860, rechtskräftig, OLG Köln, Beschluss vom 24.01.2019, Az. 19 U 169/18, Abruf-Nr. 207849).

6. Zusatzkrankenversicherung kann Bar- oder Sachlohn sein

Der BFH hat sich mit der Abgrenzung von Bar- und Sachlohn bei der Zusatzkrankenversicherung befasst. Für die Abgrenzung ist allein der auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu ermittelnde Rechtsgrund des Zuflusses entscheidend. Es kommt darauf an, welche Leistung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann.

 

  • Beiträge des Arbeitgebers für eine Zusatzkrankenversicherung seiner Arbeitnehmer sind Sachbezug, wenn der Arbeitnehmer ausschließlich Versicherungsschutz (und nicht auch eine Geldzahlung) vom Arbeitgeber verlangen kann (BFH, Urteil vom 07.06.2018, Az. VI R 13/16, Abruf-Nr. 204316).
  •  
  • Der Arbeitgeber wendet Geld/Barlohn und keinen Sachlohn zu, wenn er dem Arbeitnehmer einen Zuschuss unter der Bedingung zahlt, dass der Arbeitnehmer mit einem vom ihm benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt (BFH, Urteil vom 04.07.2018, Az. VI R 16/17, Abruf-Nr. 204317).

7. Verfallklausel ohne Einschränkung des Mindestlohns

Eine vom Arbeitgeber im Arbeitsvertrag vorformulierte Verfallklausel kann gegen das Transparenzgebot verstoßen. Das gilt dann, wenn die Klausel ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den seit dem 01.01.2015 garantierten Mindestlohn erfasst. In dem Fall ist sie jedenfalls dann insgesamt unwirksam, wenn der Arbeitsvertrag seit dem 01.01.2015 geschlossen wurde, so das BAG (Urteil vom 18.09.2018, Az. 9 AZR 162/18, Abruf-Nr. 204415).

8. Freistellungsvergütung und ersparte Aufwendungen

Der Versicherer darf die Freistellungsvergütung nicht um ‒ fiktive ‒ Aufwendungen kürzen, die sich der Vertreter durch die Freistellung erspart hat. Das LG Münster hat daher den Versicherer verurteilt, die unberechtigten Abzüge an den Vertreter auszuzahlen (LG Münster, Urteil vom 06.04.2017, Az. 22 O 131/16, Abruf-Nr. 202021).

9. Opt-in für mehrere Werbekanäle ausreichend

Der BGH erklärte es für zulässig, die Zustimmung für unterschiedliche Werbekanäle in einem einzigen Opt-in zu erheben. Dem Schutzzweck von § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG werde eine getrennt von anderen Inhalten und Hinweisen abgegebene, allein auf die Einwilligung in Werbung gerichtete Erklärung gerecht. Das gelte auch, wenn sie sich auf alle Werbekanäle beziehe (BGH, Urteil vom 01.02.2018, Az. III ZR 196/17, Abruf-Nr. 199773).

 

Wichtig | Der BGH geht sogar noch weiter. Er hält die Bestimmung „zur individuellen Kundenberatung“ sachlich für ausreichend und für hinreichend bestimmt.

10. Steuerbegünstigung für eine Wechselprämie

Widerruft der Arbeitgeber einseitig die bisherige betriebliche Versorgungszusage und bietet er den Beschäftigten eine neue betriebliche Altersversorgung an, die zu wesentlich niedrigeren Versorgungsansprüchen führt, so handelt es sich bei einer Zahlung des Arbeitgebers, die den zukünftigen Einnahmenverlust teilweise ausgleichen soll, um eine Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG (BFH, Urteil vom 13.03.2018, Az. IX R 12/17, Abruf-Nr. 201232).

Quelle: Ausgabe 04 / 2019 | Seite 7 | ID 45817211