· Fachbeitrag · Agenturrecht
Vertreterin kann nicht für alte Online-Branchenbucheinträge verantwortlich gemacht werden
von Rechtsanwalt Bernhard Schleicher, Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth & Kollegen, München
| Sind Online-Branchenbucheinträge einmal in der Welt, ist es schwer, sie korrigieren zu lassen. Auch nach dem Wechsel zu einem anderen Versicherer tauchen die alten Einträge des Vertreters oft weiter auf. Ruft das den alten Versicherer mit einer Unterlassungsverfügung auf den Plan, sollten Sie sich wehren. Sie haben gute Argumente. Das zeigt der Fall einer Vertreterin. |
Online-Branchenbucheinträge auch in Verzeichnissen Dritter
Eine Versicherungsvertreterin hatte die Deutsche Telekom beauftragt, ihre Adresse und Firmierung als Vertreterin für den Versicherer zu veröffentlichen. Dies geschah auch auf ausdrücklichen Wunsch des Versicherers.
Die Deutsche Telekom ist nach dem Telekommunikationsgesetz verpflichtet, die Teilnehmerdaten auch dritten Unternehmen weiterzugeben, die Auskunftsdienste anbieten, es sei denn, der Kunde widerspricht generell einer Veröffentlichung. Dann tauchen die Daten weder in den Telekom-Verzeichnissen noch in denen von Drittanbietern auf. Natürlich hatte die Vertreterin eine Veröffentlichung gewünscht, damit Kunden sie in den Verzeichnissen finden und Kontakt zu ihr aufnehmen können. In den Bedingungen der Telekom heißt es, dass der Kunde seine Daten jederzeit prüfen, berichtigen oder streichen lassen kann. Zur Kontrolle erhalte der Kunde ein Bestätigungsschreiben der Telekom. Die geänderten Daten stünden dann auch den Drittanbietern zur Verfügung.
Die Vertreterin schied zum 31. März 2010 beim Versicherer aus und begann ab 1. April 2010 bei einem anderen Versicherer als Ausschließlichkeitsvertreterin. Am 31. März teilte sie der Telekom mit, dass ab sofort ihre Daten entsprechend zu ändern seien. Dies hat die Telekom unverzüglich umgesetzt und die neuen korrekten Daten in einem Schreiben an die Vertreterin bestätigt.
Die Vertreterin hat ihre Daten stichprobenartig geprüft und festgestellt, dass bei den großen Online-Branchenverzeichnissen die Daten geändert worden waren. Im September 2011 erfuhr sie durch Zufall, dass sie in kleinen Branchenverzeichnissen immer noch unter der alten Firmierung geführt wurde. Die Anbieter, die sie um Richtigstellung bat, reagierten hierauf entweder mit Richtigstellung oder gar nicht. Auch fiel der Vertreterin auf, dass wieder neue Verzeichnisse auftauchten, die noch die alten unrichtigen Daten enthielten.
Streit um Verantwortlichkeit für alte Online-Einträge
Im Dezember 2011 - rund 21 Monate nach dem Ausscheiden der Vertreterin - wandte sich der ehemalige Versicherer an die Vertreterin, verwies auf die falschen Eintragungen in einigen Online-Branchenverzeichnissen und forderte sie auf, dies zu beseitigen und eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Die Vertreterin ließ über ihre Anwälte gegenüber dem Versicherer klarstellen, dass sie durch die rechtzeitige Mitteilung an die Telekom alles getan habe, um die Daten im Internet richtigzustellen und sie nicht die generelle Verantwortung für Daten übernehmen könne.
Daraufhin erwirkte der Versicherer vor dem LG Neuruppin eine einstweilige Verfügung. Darin wurde es der Vertreterin untersagt, im Geschäftsverkehr in Online-Branchenbucheinträgen mit Nennung des alten Versicherers zu werben und/oder werben zu lassen (LG Neuruppin, Beschluss vom 23.12.2011, Az. 5 O 267/11; Abruf-Nr. 130263). Der Einspruch der Vertreterin blieb erfolglos. Das LG Neuruppin bestätigte per Urteil den Fortbestand der Verfügung.
Laut LG Neuruppin haftet die Vertreterin für die falschen Einträge
Die Vertreterin hafte für den Inhalt der Veröffentlichungen, weil sie diese gewünscht, für ihre geschäftliche Tätigkeit genutzt und auch selbst gemerkt habe, dass immer wieder Brancheneinträge sie als Vertreterin des alten Versicherers nannten. Sie hätte dafür Sorge tragen müssen, dass die Eintragungen nach ihrem Ausscheiden wieder gelöscht bzw. geändert würden.
Die Vertreterin argumentierte, dass eine Unterlassung nur von jemandem verlangt werden kann, wenn diesem die erforderlichen Handlungen möglich und zumutbar sind. Hier sei das aber offensichtlich nicht der Fall, weil die ehemalige Vertreterin keinen Einfluss darauf habe, ob die Drittanbieter sich an die geänderten richtigen Informationen der Telekom halten; dies allein deswegen, weil sich Drittanbieter ihre Informationen oft im Internet von anderen Drittanbietern zusammenklauben und es somit in der Natur der Sache liegt, dass die Daten nicht aktuell bzw. richtig sein können.
Die Vertreterin hat die Frage aufgeworfen, ob Sie nun jeden Tag, bevor sie tätig wird, stundenlang im Internet recherchieren und sich dann sofort an alle Drittanbieter wenden müsse, die falsche Informationen verwenden, um sich an die Unterlassungsverfügung zu halten. Noch dazu wäre dann nicht gesagt, dass sich die Drittanbieter an ihre Änderungswünsche hielten, sodass die Vertreterin Gefahr liefe, erhebliche Summen aufgrund Bestrafungsanträgen oder sogar Ordnungshaft leisten zu müssen, obwohl sie die Veröffentlichungen der Drittanbieter nicht beeinflussen könne.
OLG Brandenburg hält einstweilige Verfügung für nicht haltbar
Da die Einwendungen der Vertreterin beim LG ungehört blieben, ging sie in Berufung. Das OLG Brandenburg sah die Sache so wie die Vertreterin. In der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2012 (Az. 6 U 72/12) hat das OLG den Versicherer darauf hingewiesen, dass die einstweilige Verfügung nicht haltbar sei. Ihm sei dringend anzuraten, den Antrag zurückzunehmen. Dies tat er dann auch; und ihm wurden die Kosten für beide Verfahrenszüge auferlegt.
PRAXISHINWEIS | Schreiben Sie im Fall Ihres Wechels oder Ausscheidens Ihren Telefonanbieter an, bitten Sie um Korrektur der Daten und dokumentieren dies. Ebenso verfahren Sie, wenn Sie durch Zufall sehen, dass Drittanbieter Ihre alten Daten weiterverwenden. Dann haben Sie alles in Ihrer Macht Stehende getan. Sollte Sie dennoch Ihr ehemaliger Versicherer auf Unterlassung alter Einträge verklagen, gehen Sie anwaltlich dagegen vor und zitieren das OLG Brandenburg. |