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· Fachbeitrag · Berufsrecht

Neue Regeln für Vermittler von Finanzanlagen und Krankenversicherungen im Überblick

von Rechtsanwalt Norman Wirth, Wirth-Rechtsanwälte, Berlin

| Wer Finanzanlagen und Krankenversicherungen vermittelt, muss sich auf neue Regeln einstellen: Für die Vermittlung von Investmentfonds, geschlossenen Fonds sowie sonstigen Vermögensanlagen braucht man künftig eine Erlaubnis. In der Krankenversicherung ist die Provisionsdeckelung und fünfjährige Stornohaftzeit beschlossene Sache. Das alles steht im Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, auf das Sie sich einstellen müssen. |

Finanzanlagenvermittlung wird erlaubnispflichtig

Das Gesetz (Abruf-Nr. 114207) regelt, angelehnt an die 2007 regulierte Versicherungsvermittlung, jetzt auch die Finanzanlagenvermittlung. Die Vermittlung von Investmentfonds, geschlossenen Fonds sowie sonstigen Vermögensanlagen wird erlaubnispflichtig (§ 34f GewO). Die Erlaubnis wird in ein öffentliches Register eingetragen. Dafür wird das bestehende Versicherungsvermittlerregister beim DIHK entsprechend erweitert.

 

Vier Voraussetzungen für die Erlaubnis

Die Erlaubnis erhält grundsätzlich nur, wer

  • geordnete Vermögensverhältnisse,
  • einen guten Leumund,
  • eine Berufshaftpflichtversicherung (VSH) und
  • Sachkunde (IHK-Prüfung) nachweist (§ 34f Abs. 2 GewO).

 

WICHTIG | Die Details zur Sachkundeprüfung, Vermögensschadenshaftpflicht und zu den Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten wird die „Verordnung zur Einführung einer Finanzanlagenvermittlungsverordnung“ regeln. Diese soll der Bundesrat im Frühjahr 2012 beschließen.

 

Drei regulierte Bereiche

Der neue § 34 f GewO unterteilt die Vermittlung in drei Bereiche, nämlich

  • Investmentfonds,
  • Anteile an geschlossenen Fonds (KG-Fonds) und
  • sonstige Vermögensanlagen: Das sind
    • Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren,
    • Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen) und
    • Anteile an sonstigen geschlossenen Fonds, Genussrechte und Namensschuldverschreibungen.

 

WICHTIG | Vermittler können auch nur für einzelne Teilbereiche die Erlaubnis beantragen. Dem Umfang ihres Antrag entsprechend müssen sie dann die VSH-Deckung und den Sachkundenachweis erbringen.

 

Sachkundeprüfung

Die Sachkundeprüfung wird in einen allgemeinen und einen speziellen Teil aufgeteilt. Der spezielle Teil ergibt sich aus dem jeweiligen Bereich des § 34f GewO, für den der Vermittler die Zulassung beantragt. Folgende Berufsqualifikationen werden als Sachkundenachweis anerkannt:

 

  • Anerkannte Berufsqualifikationen
  • Abschlusszeugnis eines betriebswirtschaftlichen Studiengangs der Fachrichtung Bank, Versicherungen und Finanzdienstleistung (Hochschulabschluss oder gleichwertiger Abschluss)
  • Abschlusszeugnis als Bankfachwirt(-in) (IHK)
  • Abschlusszeugnis als Fachwirt(-in) für Versicherungen und Finanzen (IHK)
  • Abschlusszeugnis als Investmentfachwirt(-in) (IHK)
  • Abschlusszeugnis als Fachwirt(-in) für Finanzberatung (IHK)
  • Abschlusszeugnis als Bank- oder Sparkassenkaufmann oder -frau
  • Abschlusszeugnis als Kaufmann oder Kauffrau für Versicherungen und Finanzen „Fachrichtung Finanzberatung“
  • Abschlusszeugnis als Investmentfondskaufmann oder -frau
  • Abschlusszeugnis als Kaufmann oder -frau für Versicherungen und Finanzen „Fachrichtung Finanzberatung“, wenn zusätzlich eine mindestens einjährige Berufserfahrung im Bereich Finanzanlagenberatung und -vermittlung vorliegt.
  • Abschlusszeugnis als Fachberater oder Fachberaterin für Finanzdienstleistungen (IHK) bei abgeschlossener allgemeiner kaufmännischer Ausbildung, wenn zusätzlich eine mindestens zweijährige Berufserfahrung im Bereich Finanzanlagenberatung und -vermittlung nachgewiesen wird.
 

Auch bei der mündlichen Prüfung gibt es eine Erleichterung: Wer bereits eine Erlaubnis nach § 34d GewO hat, Versicherungsfachmann (IHK) ist oder eine in der VersVermVO gleichgestellte Qualifikation hat und nur eine Erweiterungsprüfung für einen weiteren Teilbereich des § 34f GewO erlangen will, muss die mündliche Prüfung nicht bzw. nicht erneut ablegen.

 

WICHTIG | Für langjährig am Markt tätige Finanzdienstleister gilt eine Qualifizierungsfiktion: Personen, die seit dem 1. Januar 2006 ununterbrochen unselbstständig oder selbstständig als Anlagevermittler oder -berater gemäß § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 GewO tätig waren, bedürfen keiner Sachkundeprüfung. Selbstständig tätige Anlagevermittler oder -berater können die ununterbrochene Tätigkeit nachweisen, indem sie die erteilte Erlaubnis und die lückenlosen Prüfungsberichte nach § 16 Abs. 1 Satz 1 der Makler- und Bauträgerverordnung vorlegen. Der letzte Punkt wirft derzeit eine Vielzahl von Fragen auf, die noch zu diskutieren und zu regeln sein werden.

 

Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung

Bei der Vermögensschaden-Haftpflicht werden die Summen aus der VersVermVO übernommen: 1,13 Mio. Euro pro Schadensfall und 1,7 Mio. Euro pro Jahr müssen jeweils nachgewiesen werden.

 

Offenlegung von Provisionen

Der Vermittler muss die von ihm vereinnahmte Provision dem Kunden gegenüber offenlegen - entsprechend den Wohlverhaltensregeln des WpHG.

Aufsichtsbehörden

Die Aufsicht wird - gegen den Willen der politischen Opposition und der Verbraucherverbände - bei den Gewerbeämtern und IHKen liegen.

 

Übergangszeiten

Das Gesetz ist am 6. Dezember 2011 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und am 1. Januar 2012 wie geplant in Kraft getreten. Es sieht folgende Übergangsregelungen vor:

 

Die gewerberechtlichen Voraussetzungen sowie die Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten gelten ab dem 1. Januar 2013. Berufseinsteiger müssen ab dem 1. Januar 2013 alle Voraussetzungen erfüllen.

 

WICHTIG | Heutige § 34c-Vermittler haben ab dem 1. Januar 2013 sechs Monate Zeit, die Erlaubnis nach § 34f GewO zu beantragen. Dann müssen die geordneten Vermögensverhältnisse und der gute Leumund nicht erneut nachgewiesen werden. Für den Nachweis der Sachkunde sind 24 Monate Zeit, also bis zum 31. Dezember 2014.

Neue Provisionsdeckelung und Stornohaftzeit in der PKV

En passant wurde bei dem Gesetzgebungsverfahren eine Provisionsdeckelung für die private Krankenversicherung beschlossen:

 

  • Die Abschlussprovisionen und sonstigen Vergütungen dürfen in einem Geschäftsjahr nicht über drei Prozent der Bruttobeitragssumme des Neuzugangs liegen, was einer durchschnittlichen Abschlussprovision von neun Monatsbeiträgen entspricht.
  • Weiterhin dürfen die in einem Geschäftsjahr für den Abschluss von Krankenversicherungen an einen einzelnen Vermittler gewährten Zahlungen und geldwerten Vorteile 3,3 Prozent des von ihm insgesamt vermittelten Geschäfts nicht übersteigen.
  • Im Einzelfall darf die Abschlussprovision 3,3 Prozent der Bruttobeitragssumme des vermittelten Vertrags nicht übersteigen (§ 12 Abs. 7 VAG).

 

Weiterhin eingeführt wird - mit einigen, engen Ausnahmen - eine fünfjährige Stornohaftung. Bis fünf Jahre nach Vertragsschluss sollen Vermittler einen Teil der Provision zurückzahlen müssen, wenn Kunden den Anbieter wechseln. Hiermit sollen Umdeckungen erschwert werden (§ 80 Abs. 5 VAG).

 

WICHTIG | Diese Regelungen treten zum 1. April 2012 in Kraft.

Honorarberatung

Die Honorarberatung ist entgegen ursprünglicher Versuche nicht im Gesetz geregelt. Es soll ein gesondertes Gesetzgebungsverfahren geben. Das Verbraucherschutzministerium hat im Sommer 2011 ein äußerst umstrittenes Thesenpapier veröffentlicht. Es bleibt abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber zum Thema Honorarberatung tatsächlich aktiv wird oder aber auf Impulse aus Brüssel wartet.

Quelle: Ausgabe 01 / 2012 | Seite 5 | ID 30889480