Mitarbeiter-Fortbildung
So bleibt der Fiskus bei der Fortbildung Ihrer Mitarbeiter außen vor
von Diplom-Finanzwirt Michael Seifert, Steuerberater, Troisdorf
Weil auch im Kfz-Gewerbe die Neukundengewinnung immer schwieriger wird, gewinnt die Kundenbindung an Bedeutung. Der wichtigste Stützpfeiler ist ein hohes Qualitätsniveau Ihres Kfz-Betriebs. Das erreichen Sie nur mit gut ausgebildeten Mitarbeitern. Wenn Sie Kos-
ten für die Fortbildung Ihrer Mitarbeiter übernehmen, kann aber schnell ein steuer- und sozialversicherungspflichtiger geldwerter Vorteil entstehen. Wie Sie das verhindern, lesen Sie im folgenden Beitrag.
Steuerliche Behandlung von Bildungsaufwendungen
Die steuerliche Behandlung von Fortbildungskosten hängt davon ab, wer die Kosten trägt und in wessen Interesse die Maßnahme erfolgt.
Arbeitnehmer trägt die Kosten
Wenn Ihr Arbeitnehmer eigene Fortbildungskosten selbst trägt, das heißt Aufwendungen zur Erhaltung und Erweiterung von Qualifikationen in seinem bereits ausgeübten Beruf, kann er sie in voller Höhe als Werbungskosten geltend machen.
Arbeitgeber trägt die Kosten
Tragen Sie als Arbeitgeber die Fortbildungskosten, liegt grundsätzlich steuer- und beitragspflichtiger Arbeitslohn vor, da es sich um den Ersatz von Werbungskosten handelt. Das gilt unabhängig davon, ob Sie dem Arbeitnehmer die Aufwendungen ersetzen oder die Kosten direkt selbst zahlen. Ihr Arbeitnehmer kann die Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen, benötigt bei direkter Zahlung durch Sie aber eine Bescheinigung über die Höhe der übernommenen Kosten. Im Ergebnis tritt für Sie als Arbeitgeber als auch Ihren Arbeitnehmer nur eine Belastung mit Sozialversicherungsbeiträgen ein.
Anders sieht es aus, wenn Sie als Arbeitgeber Kosten für Fortbildungsmaßnahmen aufwenden, die in Ihrem „ganz überwiegenden betrieblichen Interesse“ durchgeführt werden. Diese Leistungen sind steuer- und beitragsfrei. Unerheblich ist, ob die Fortbildung am Arbeitsplatz, in betrieblichen oder außerbetrieblichen Einrichtungen oder durch Fremde auf Ihre Rechnung erfolgt.
Was ist „ganz überwiegendes betriebliches Interesse“?
Ihr „ganz überwiegendes betriebliches Interesse“ an der Fortbildungsmaßnahme wird angenommen, wenn Sie dadurch die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb erhöhen wollen. Davon ist nach den derzeitigen Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) „insbesondere“ dann auszugehen, wenn Sie die Teilnahme an der Fortbildung als Arbeitsleistung werten und wenigstens teilweise auf die regelmäßige Arbeitszeit anrechnen. Aber auch wenn sich Ihr Arbeitnehmer in seiner Freizeit fortbildet, kann „ganz überwiegendes betriebliches Interesse“ vorliegen.
Beispiel
Ein Mitarbeiter besucht auf Ihren ausdrücklichen Wunsch hin in seiner Freizeit einen Meisterkurs. Sie erstatten ihm die Lehrgangskosten, weil Sie in Ihrem Betrieb unbedingt einen weiteren Meister brauchen. Der Besuch des Meisterkurses wird nicht als Arbeitszeit gewertet, weil Sie ohnehin schon zu wenig Personal haben.
Der Besuch des Lehrgangs erfolgt im „ganz überwiegenden betrieblichen Interesse“, die Kostenübernahme ist daher nicht steuer- und beitragspflichtig. Unerheblich ist, dass keine Anrechnung auf die Arbeitszeit erfolgt. Gleiches würde gelten, wenn Sie einer Fachangestellten einen Lehrgang zur Bilanzbuchhalterin bezahlen. Brauchen Sie eine solche Arbeitskraft und wird dies von Ihnen schriftlich dokumentiert, ist die Kostenübernahme kein steuerpflichtiger Arbeitslohn.
Wichtig: Nach den neuen LStR 2002 ist die zumindest teilweise zeitliche Anrechnung nicht mehr Voraussetzung für die Steuerfreiheit.
Einzelfälle aus der Rechtsprechung
Mit der Lohnsteuerpflicht von Fortbildungskosten, die der Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer übernimmt, haben sich schon mehrere Finanzgerichte (FG) und auch der Bundesfinanzhof (BFH) befasst. Das Ergebnis sieht folgendermaßen aus:
Allgemeinbildende Kurse
Werden durch die Bildungsmaßnahme allgemeinbildende Kenntnisse vermittelt (zum Beispiel Sprachkurs, Benimmkurs, PC-Kurs, Kurs über Sprechbewältigung, autogenes Training, Yoga, Raucherentwöhnung), liegt „ganz überwiegendes betriebliches Interesse“ nur vor, wenn die Kurse dazu dienen, das Betriebsklima zu fördern (BFH, Urteil vom 22.3.1985, Az: 6 R 170/82, BStBl 1985 II, 532; FG Saarland, Urteil vom 7.7.1993, Az: 2 K 260/89, EFG 1994, 26).
Fortbildungsreise
Findet die Fortbildungsmaßnahme im Rahmen einer Reise statt, wird die betriebliche Veranlassung besonders unter die Lupe genommen: Die Fortbildung muss so im Vordergrund gestanden haben, dass der private Aspekt keine oder nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat (BFH, Urteil vom 14.7.1988, Az: IV R 57/87, BStBl 1989 II, 19; Urteil vom 9.3.1990, Az: VI R 48/87, BStBl 1990 II, 711; Urteil vom 5.9.1990, Az: IV B 169/89, BStBl 1990 II, 1059). Inlandsreisen und Auslandsreisen innerhalb der Europäischen Union dürfen bei der Beurteilung nicht unterschiedlich bewertet werden.
Umfang der steuerfreien Kostenübernahme
Sie haben drei Möglichkeiten, den Fortbildungsaufwand für Ihre Arbeitnehmer zu tragen. Sie können diese erbringen
- als Sachleistung, indem Sie die Fortbildungsmaßnahme selbst durchführen und finanzieren,
- durch Abrechnung der Kosten gegenüber einem fremden Unternehmer, der die Fortbildung durchführt oder
- durch Erstattung der Fortbildungskosten an den Arbeitnehmer, wenn er die Kosten selbst getragen hat.
Erstattungsfähig sind Kurs- und Prüfungsgebühren sowie Ausgaben für Fachliteratur und Schreibmaterial. Fahrt- und Übernachtungskos-
ten, Verpflegungsmehraufwand sowie Kosten für doppelte Haushaltsführung können Sie mit den Pauschalen für Dienstreisen ansetzen.
Dokumentationspflicht
Ihr „ganz überwiegendes betriebliches Interesse“ sollten Sie zeitnah dokumentieren. Wir empfehlen dazu eine schriftliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer. Darin sollten Sie gegebenenfalls festhalten, in welchem Umfang die Lehrgangszeit auf die Arbeitszeit angerechnet wird. Bei umfangreichen Fortbildungsmaßnahmen sollten Sie dokumentieren, dass es Ihnen nicht möglich war, auf dem Arbeitsmarkt Fachpersonal mit den erwarteten Qualifikationen zu finden (zum Beispiel Sammlung von geschalteten Stellenanzeigen).
Rückzahlungsklausel
Eine Rückzahlungsklausel allein beweist noch nicht das „ganz überwiegende betriebliche Interesse“. Sie müssen Ihrer Dokumentationspflicht trotz einer solchen Klausel in vollem Umfang nachkommen.
Durch eine Rückzahlungsklausel verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der von Ihnen als Arbeitgeber aufgewendeten Kosten für eine Schulungsmaßnahme, falls das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit endet. Meist mindert sich bei mehrjähriger Bindung der zurückzuzahlende Betrag mit steigender Beschäftigungsdauer zeitanteilig. Die Klausel muss gesondert und ausdrücklich im Tarifvertrag, im Einzelarbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden. Sie bedarf keiner Form. Aus Beweisgründen sollten Sie diese aber schriftlich niederlegen.
Beachten Sie: Wenn eine Schulungsmaßnahme der Einarbeitung des Arbeitnehmers dient, ist dieser trotz Klausel nicht zur Rückzahlung verpflichtet. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf entschieden (Urteil vom 29.3.2001, Az: 11 Sa 1760/00; Abruf-Nr. 011061). Im Urteilsfall hatte ein Autohaus die Kosten für die Umschulung eines Telefonverkäufers zum Autoverkäufer getragen. Diese Maßnahme sah das LAG als Einarbeitung für einen bestimmten Arbeitsplatz und nicht als Aus- oder Weiterbildung an. Bei einer Einarbeitung sei eine Rückzahlungsklausel aber immer unwirksam, so das LAG.
Steuerfreiheit vom Fiskus im Voraus bestätigen lassen
Sie können das Finanzamt um eine verbindliche Auskunft bitten, ob die geplante Übernahme konkreter Fortbildungskosten als im „ganz überwiegend betrieblichen Interesse“ akzeptiert wird. Eine günstige Anrufungsauskunft bindet aber nur denjenigen, der sie gestellt hat. Das heißt: Wenn das Finanzamt Ihnen bestätigt, dass eine Fortbildungsmaßnahme steuerfrei ist, ist das Veranlagungsfinanzamt Ihres Arbeitnehmers daran nicht gebunden. Es kann im Nachhinein die von Ihnen übernommenen Kosten als Arbeitslohn versteuern.
Unser Tipp: Stellen Sie die Anrufungsauskunft auch im Namen des Beschäftigten und unterschreiben Sie beide das Dokument, um auch das Veranlagungsfinanzamt Ihres Arbeitnehmers zu binden.
Quelle: Auto - Steuern - Recht - Ausgabe 10/2001, Seite 7