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  • · Fachbeitrag · GW-Handel

    Rechtsprechungsreport ‒ Die wichtigsten Urteile des Jahres 2018 zum GW-Handel auf einen Blick

    | Auch wenn das Jahr 2018 aus Sicht der Rechtsprechung zum GW-Handel eher zu den ruhigen gezählt werden kann, sind doch manche bemerkenswerte Entscheidungen zu registrieren. So kann z. B. ein „Bastlerfahrzeug“ mangelhaft sein ‒ oder auch nicht. Eine zu Unrecht am Fahrzeug angebrachte grüne Plakette verschafft diesem das Attribut mangelhaft. Dagegen können bei einem älteren GW drei statt der eingetragenen zwei Vorbesitzer unschädlich sein. Verschaffen Sie sich nachfolgend einen schnellen und kompakten Überblick.

    Sachmangel ja oder nein?

    Lesen Sie nachfolgend, in welchen Fällen die Gerichte einen Sachmangel und damit eine Haftung des Händlers bejaht und in welchen Fällen sie dies verneint haben.

     

    Übersicht / Sachmängelhaftung ‒ ja oder nein?

    Sachmängelhaftung bejaht

    Eine Falschangabe zur Scheckheftpflege ist nicht nur ein Bruch der Beschaffenheitsvereinbarung, also ein Sachmangel. Sie kann auch den Vorwurf der arglistigen Täuschung begründen (Privatverkauf, aber auch für den Händler relevant).

    AG München, Urteil vom 10.01.2018, Az. 142 C 10499/17, Abruf-Nr. 204202

    Trotz der Angabe „Bastlerauto“ im Kaufvertrag musste der Händler den für 950 Euro verkauften 15 Jahre alten Hyundai Atos zurücknehmen. Begründung: keine Verkehrssicherheit u. a. wegen Durchrostung der Achsaufhängung.

    LG Osnabrück, Urteil vom 09.05.2018, Az. 2 S 57/18, Abruf-Nr. 206399

    Deutlich abgeschwächte Beleuchtungsstärke der Xenon-Scheinwerfer bei einem sieben Jahre alten, 115.642 km gelaufenen Peugeot 407

    AG Kiel, Urteil vom 09.03.2018, Az. 108 C 8/17, Abruf-Nr. 206400

    Verkauf eines Renault Master mit grüner Plakette, die aber zu Unrecht am Fahrzeug angebracht war.

    AG Düsseldorf, Urteil vom 08.03.2018, Az. 235 C 139/17, Abruf-Nr. 206401

    Sachmängelhaftung verneint

    Bei der handschriftlichen Eintragung im Kaufvertrag „Bastlerfahrzeug mit Defekten an Motor, Getriebe, Antriebsstrang und Elektrik“ ist der Händler nicht in der Sachmängelhaftung.

    LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 28.09.2018, Az. 16 S 3018/17, Abruf-Nr. 205330

    Ein als „Dienstwagen“ verkaufter BMW ist nicht deshalb mangelhaft, weil er im Rahmen eines Flottenservices an ein Unternehmen vermietet und dort von einem Geschäftsführer als Firmenwagen benutzt worden war (keine Vorbenutzung als Mietwagen im klassischen Sinn).

    LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 31.01.2018, Az. 6 O 2913/17, Abruf-Nr. 202194

    Keine Haftung bei altersgemäßer Verstopfung des Dieselpartikels bei einem Mazda 5, km-Stand 151.500, so die Quintessenz eines durch zwei Instanzen geführten Prozesses, in dem es auch um die Beweislastumkehr gegangen ist.

    OLG Schleswig, Beschlüsse vom 12.12.2018 und 25.09.2018, Az. 11 U 73/18, Abruf-Nr. 204750

    Kein erheblicher, zum Rücktritt berechtigender Sachmangel liegt vor, wenn ein älterer GW drei statt zwei eingetragene Vorbesitzer hat.

    AG Bergisch Gladbach, Urteil vom 02.11.2017, Az. 62 C 42/17, Abruf-Nr. 198675

     

    Rechtsmangel ja oder nein?

    Das OLG Köln schließt sich dem BGH an: Die Eintragung eines SIS-Suchvermerks ist ein Rechts-, und kein Sachmangel (OLG Köln, Urteil vom 01.03.2018, Az. 15 U 124/17, Abruf-Nr. 206402). Konsequenz: Der übliche, auf Sachmängel zugeschnittene Gewährleistungsausschluss zieht nicht.

    Haftungsvereinbarung bei B2C (Verbrauchsgüterkauf)

    Was vor der Reklamation eines Mangels durch den Kunden (Verbraucher) laut Gesetz strikt untersagt ist (§ 476 Abs.1 BGB n. F.), ist im Anschluss an die Reklamation zulässig, nämlich eine Haftungsvereinbarung zulasten des Verbrauchers (LG Berlin, Urteil vom 01.06.2018, Az. 96a O 3/17, Abruf-Nr. 202739).

    Beweis und Beweislastumkehr

    Nach der Kehrtwende in Sachen Beweislastumkehr durch den BGH (Urteil vom 12.10.2016, Az. VIII ZR 103/15, Abruf-Nr. 189245) haben mehrere Oberlandesgerichte auch im Jahr 2018 versucht, die Neujustierung des § 477 BGB (bis 31.12.2017 § 476 BGB) umzusetzen. Hervorzuheben sind drei Pro-Händler-Entscheidungen:

     

    • OLG Schleswig, Beschlüsse vom 12.12.2018 und 25.09.2018, Az. 11 U 73/18, Abruf-Nr. 204750 (Vorinstanz LG Kiel, Urteil vom 25.05.2018, Az. 3 O 52/15, Abruf-Nr. 202195 ‒ verstopfter Dieselpartikelfilter).

    Beweisvereitelung

    Nach der verschärften Rechtsprechung zur Beweislastumkehr ist die sog. Beweisvereitelung ein noch wichtigerer Hebel zur Abwehr von Kundenklagen geworden. Eine Beweisvereitelung durch den Käufer bei einer Fremdreparatur ohne Aufbewahrung der ausgebauten Teile bejahen

    Arglistige Täuschung/ Verletzung der Aufklärungspflicht

    Insgesamt ist die Zahl der Entscheidungen zum Themenfeld „Arglistige Täuschung/Verletzung der Aufklärungspflicht“ erfreulicherweise rückläufig.

     

    • Aus dem Berichtsjahr 2018 ist zunächst ein händlergünstiges Urteil zu melden: Infolge optimaler Risikovorsorge bei der Hereinnahme des Pkw konnte der Händler den Arglistvorwurf abwehren (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 24.05.2018, Az. 6 O 6812/17, Abruf-Nr. 201618).
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    • Sodann eine ungünstige Entscheidung: Bei fahrlässiger Sichtprüfung durch den Händler als Profi (Übersehen von im Produktionsjahr abweichender Herstellercodierungen auf den Fahrzeugscheiben) kann der Vorwurf arglistiger Täuschung berechtigt sein (LG Erfurt, Urteil vom 16.10.2018, Az. 2 O 1179/17, Abruf-Nr. 205331).
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    • Schließlich noch zwei Entscheidungen zum Privatverkauf mit Relevanz auch für den Profi-Verkäufer:

    Nacherfüllung

    Wann ist die Nachbesserung fehlgeschlagen, sodass der Käufer auf Rücktritt oder Minderung umsteigen kann? Zu diesem Klassiker des Autokaufrechts hat das OLG Bamberg (Beschluss vom 16.05.2018, Az. 3 U 54/18, Abruf-Nr. 202192) eine Entscheidung beigesteuert, die für den verklagten Händler zwar nachteilig war, an deren Richtigkeit es aber keinen Zweifel gibt.

     

    Wer als Käufer dem Händler keine Chance zur Nacherfüllung (Ersatzlieferung oder Mängelbeseitigung) gibt, läuft Gefahr, mit seinem Rücktritt oder seiner Kaufpreisminderung zu scheitern. Realisiert hat sich dieses Risiko für einen Käufer, der einen GW mit nicht fachgerecht behobenem Vorschaden gekauft hatte (LG Berlin, Urteil vom 27.03.2018, Az. 57 S 196/13, Abruf-Nr. 201620).

     

    Von der prinzipiellen Obliegenheit, dem Verkäufer eine zweite Chance zu geben, ist ein Käufer in zahlreichen Fällen befreit. Das ist der Fall, wenn die Nacherfüllung für ihn unzumutbar ist, z. B. weil der Verkäufer ihn getäuscht hat (AG Düsseldorf, Urteil vom 08.03.2018, Az. 235 C 139/17, Abruf-Nr. 206401: Verkauf eines Renault Master mit grüner Plakette, aber ohne Dieselpartikelfilter).

    Verjährung von Sachmängelansprüchen

    Nach dem EuGH-Urteil vom 13.07.2017 in der Sache Fehrenschild ist die Diskussion um die Wirksamkeit der Einjahresklausel in den AGB des GW-Handels hochgekommen (ASR 5/2018, Seite 16 → Abruf-Nr. 45236772). Dies ist zum Glück für den Handel nicht allen Käufer-Anwälten und auch nicht allen Richtern bekannt. Das zeigt ein Prozess vor dem LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 24.05.2018, Az. 6 O 6812/17, Abruf-Nr. 201618). Auch das AG Dortmund kannte die Problematik nicht. Für den Händler zusätzlich erfreulich war die Feststellung des AG, ein Kfz-Händler sei kein Rechtsberater des Verbrauchers (AG Dortmund, Urteil vom 26.06.2018, Az. 425 C 1987/18, Abruf-Nr. 202193).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „Rechtsprechungsreport ‒ Die wichtigsten Urteile des Jahres 2018 zum NW-Handel auf einen Blick“, ASR 1/2019, Seite 12 → Abruf-Nr. 45631427
    Quelle: Ausgabe 02 / 2019 | Seite 14 | ID 45671983