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  • · Fachbeitrag · Innergemeinschaftlicher Handel / Umsatzsteuer

    Das „Strohmann-Urteil“ des BGH hilft bei Geschäften über Exportdienstleister nicht weiter

    von Rechtsanwalt und FA für Steuerrecht Dr. Alfred Meyerhuber, Ansbach

    | Der BGH hat am 12. Dezember 2012 ein Urteil zur Wirksamkeit eines „Strohmann-Geschäfts“ gefällt, das von manchen Experten als „Absegnung“ des Modells des „Exportspezialisten“ bei innergemeinschaftlichen Lieferungen gesehen wird. Trotz des „schönen“ Datums und trotz des händlerfreundlichen Ausgangs erwächst Kfz-exportierenden Autohändlern aus dem BGH-Urteil entgegen der Ansicht der Experten keine „schöne Rechtslage“. Der folgende Beitrag nennt die Gründe. |

    Das „Strohmann-Urteil“ des BGH

    Im zu entscheidenden Fall vor dem BGH hatte ein Autohändler seine Ehefrau veranlasst einen zehn Jahre alten Fiat 146 L zum Preis von 1.700 Euro unter Ausschluss der Sachmängelhaftung als Privatperson zu verkaufen. Ziel war natürlich die Sachmängelansprüche unter Verbrauchern ausschließen zu können.

     

    Der BGH hat das Strohmanngeschäft, zivilrechtlich konsequent, als wirksam angesehen (BGH, Urteil vom 12.12.2012, Az. VIII ZR 89/12; Abruf-Nr. 130232)

    Kein Grund zum Aufatmen

    Das Urteil ist aber unseres Erachtens kein Grund zum Aufatmen für Kfz-Händler.

     

    Nicht weit entfernt vom „Scheingeschäft“

    Denn in Randziffer 16 dieser Entscheidung hat der BGH einen entscheidenden Satz formuliert:

     

    • Zitat des BGH

    „Etwas anderes käme nach § 117 Abs. 1 BGB (Scheingeschäft; Anm. der Redaktion) nur dann in Betracht, wenn der Kläger Kenntnis davon gehabt hätte und damit einverstanden gewesen wäre, dass die Beklagte lediglich als „Strohmann“ für jemand aufgetreten ist.“

    Überträgt man diese Formulierung auf innergemeinschaftliche Lieferungen mit Hilfe von Exportdienstleistern ist zumindest, was die Kenntnisproblematik anlangt, jedem alles offen und klar. Der Erstverkäufer und der abnehmende Händler wissen doch beide, dass der Exportdienstleister „dazwischen geschaltet“ wird! Und sie kennen jedes Detail des Geschäfts, ebenso wie der Exportspezialist alias „Strohmann“! Die Schlussfolgerung „Scheingeschäft“ ist in diesem Fall vorprogrammiert

    Zivilrecht bindet Umsatzsteuer nicht

    Und weiter formuliert der BGH in Randziffer 17:

     

    • Zitat des BGH

    „Da es auch im vorliegenden Fall nicht um die Haftung des Händlers geht, bedarf es auch hier keiner Entscheidung, wie dessen ausschließliche Haftung bei einem Umgehungsgeschäft zu begründen ist.“

    Deshalb darf in einem solchen Fall keinesfalls verallgemeinert werden, dass das Zivilrecht das Umsatzsteuerrecht quasi bindet oder umgekehrt, dass dann, wenn eine zivilrechtliche Gestaltung im Zivilrecht als wirksam angesehen wird, diese auch im Umsatzsteuerrecht stets volle Geltung erlangt.

     

    Beleg dafür ist nicht zuletzt die auseinanderfallende umsatzsteuerliche Behandlung des Minderwertausgleichs bei der ordentlichen Beendigung eines Kfz-Leasingvertrags durch BGH und BFH.

     

    Und auch das Bayerische Landesamt für Steuern argumentiert doch gerade dahingehend, dass es „für die Umsatzbesteuerung unerheblich“ sei, wenn mit Lieferanten und Abnehmern „jeweils zivilrechtliche Kaufverträge im Sinne des bürgerlichen Gesetzbuches abgeschlossen und auch das zivilrechtliche Eigentum an den Fahrzeugen“ durch den Exportspezialisten erlangt worden ist!

     

    Es fehlt die Verschaffung von der „Verfügungsmacht“. Das heißt: Der Abnehmer ist faktisch nicht in der Lage, „mit dem Gegenstand nach Belieben zu verfahren“. Das wiederum bedeutet, dass in jeglichen Fallkonstellationen, in denen der Exportspezialist nicht tatsächlich das weiter veräußerte Kraftfahrzeug in Händen hatte, die Finanzbehörden davon ausgehen werden, dass gerade keine der Umsatzsteuer unterliegende Lieferung des Kraftfahrzeugs an den Exportspezialisten vorliegt! Damit wäre aber wiederum der Haftung des Verkäufers Tür und Tor geöffnet.

     

    Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten

    Über derartigen Gestaltungen schwebt auch stets der „Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten“ nach § 42 Abgabenordnung, Zwar darf selbstverständlich jeder Steuerpflichtige den Weg wählen, bei dem er möglichst wenig Steuern zahlen muss und niemand muss seine vertraglichen Beziehungen so gestalten, dass ein Steueranspruch entsteht.

     

    Wenn aber eine (unangemessene) Gestaltung gewählt wird und hierzu liegt gerade noch keine höchstrichterliche Entscheidung vor, dann ist wiederum größte Rechtsunsicherheit gegeben und die wird durch das „Strohmann-Urteil“ des BGH nicht beseitigt!

     

    FAZIT | Es ist im ureigensten Interesse des Kfz-Händlers äußerste Vorsicht geboten, wenn Exportspezialisten „eingesetzt werden“.

    Weiterführende Hinweise

    • Rechtsanwalt und Steuerberater Michael Böhlk-Lankes in Autohaus online vom 28.1.2013: BGH-Urteil zu „Strohmanngeschäften“ → http://tiny.cc/qd90rw
    • Rechtsanwalt und FA für Steuerrecht Dr. Alfred Meyerhuber, in Autohaus online vom 28.1.2013: BGH-Urteil zu „Strohmanngeschäften“ → http://tiny.cc/qd90rw
    • Beitrag auf asr.iww.de vom 5.12.2012; „Insolvenz eines ,Exportdienstleisters‘ - Autohäuser sollen Umsatzsteuer zurückzahlen“ → http://tiny.cc/wh90rw
    • Beitrag „Update: Minderwertausgleich bei Beendigung des Leasingvertrags“, ASR 8/2011, Seite 9
    Quelle: ID 37881160