· Fachbeitrag · Sozialversicherung
Beschäftigung von Rentnern: Das ändert sich für Sie als Arbeitgeber durch das Flexirentengesetz
von Rechtsanwältin Sylvia Wörz, Osborne Clarke, Köln
| In vielen Autohäusern arbeiten oft Rentner als Minijobber auf 450-Euro-Basis. Sie lassen z. B. Fahrzeuge zu, chauffieren Kunden oder beaufsichtigen den Show-Room außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten. Wer Rentner beschäftigt, muss seit dem 01.01.2017 versicherungsrechtliche Neuerungen beachten, die das „Flexirentengesetz“ mit sich bringt. Lernen Sie nachfolgend die neuen Regeln im Detail kennen. |
Neue Regeln zur Rentenversicherungsfreiheit bei Vollrente
Beschäftigte, die eine Vollrente wegen Alters beziehen, waren bisher in der Rentenversicherung versicherungsfrei. Künftig gilt das nur noch, wenn sie zusätzlich die Regelaltersgrenze erreicht haben.
Altersvollrentner vor und nach Erreichen der Regelaltersgrenze
Altersvollrentner vor Erreichen der Regelaltersgrenze sind seit 01.01.2017 versicherungspflichtig. Sie zahlen weiter in die Rente ein und erwerben - jedenfalls bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze - weitere Rentenanwartschaften. Als Arbeitgeber müssen Sie diese in allen Zweigen der Sozialversicherung melden und die entsprechenden Beiträge abführen.
Versicherungsfrei sind Altersvollrentner nach Ablauf des Monats, in dem sie die Regelaltersgrenze erreicht haben. Sie können künftig durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichten. Vorteil für den Rentner: Die weiteren Beitragszahlungen (auch Ihre als Arbeitgeber) erhöhen den Rentenanspruch. Den Verzicht auf die Versicherungsfreiheit muss der Rentner mit Wirkung für die Zukunft erklären. Der Verzicht ist für die Dauer der Beschäftigung bindend.
Wichtig | Die Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung müssen Sie als Arbeitgeber auch dann entrichten, wenn den Beschäftigten aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze keine Versicherungspflicht mehr trifft und er nicht auf die Versicherungsfreiheit verzichtet.
Besonderheiten für Minijobber
Besonderheiten gelten für Altersvollrentner mit einem 450-Euro-Minijob:
- Nehmen Altersvollrentner seit dem 01.01.2017 einen Minijob auf und
- haben die Regelaltersgrenze bereits erreicht, sind sie grundsätzlich rentenversicherungsfrei. Auch sie können aber auf die Versicherungsfreiheit verzichten und somit weitere Rentenanwartschaften erwerben.
- haben die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht, besteht fortan grundsätzlich auch Rentenversicherungspflicht. Sie können sich wie alle Minijobber durch schriftlichen Antrag gegenüber dem Arbeitgeber von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen.
- Waren Altersvollrentner vor Erreichen der Regelaltersgrenze bereits im Jahr 2016 in Ihrem Autohaus geringfügig beschäftigt,
- können sie auch weiterhin rentenversicherungsfrei bleiben, oder
- durch Erklärung Ihnen gegenüber auf die Rentenversicherungsfreiheit mit Wirkung für die Zukunft verzichten. Dies gilt auch für Altersvollrentner nach Erreichen der Regelaltersgrenze.
Wichtig | Ein Verzicht auf die Versicherungsfreiheit kann nicht mehr erklärt werden, wenn der Minijobber bereits zuvor die Befreiung beantragt hatte. Diese bleibt dann für die gesamte Dauer des Minijobs unveränderbar bestehen.
Die folgende Übersicht stellt die bisherigen und neuen rentenversicherungsrechtlichen Regeln für Altersvollrentner einander gegenüber. Für Bezieher einer Erwerbsunfähigkeitsrente hat sich nichts geändert.
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Altersvollrentner | Vor Erreichen der Regelaltersgrenze | Nach Erreichen der Regelaltersgrenze | ||
Bisher | Neu | Bisher | Neu | |
| Arbeitnehmer: RV-Freiheit, keine Erhöhung der Rentenanwartschaft | Arbeitnehmer: RV-Pflicht, Erhöhung der Rentenanwartschaft | Arbeitnehmer: RV-Freiheit, keine Erhöhung der Rentenanwartschaft | Arbeitnehmer: RV-Freiheit; Verzicht möglich, dann Erhöh- ung der Anwartschaft |
Arbeitgeber: Beitragspflicht | ||||
| Arbeitnehmer: RV-Freiheit, keine Erhöhung der Rentenanwartschaft | Arbeitnehmer: RV-Pflicht, Erhöhung der Anwartschaft; Befreiung möglich, dann keine Erhöhung der Anwartschaft | Arbeitnehmer: RV-Freiheit, keine Erhöhung der Rentenanwartschaft | Arbeitnehmer: RV-Freiheit; Verzicht möglich, dann Erhöh- ung der Anwartschaft |
Arbeitgeber: pauschal 15 % |
Neue Regelung zur Arbeitslosenversicherung
Beschäftigte Rentner werden mit Ablauf des Monats versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung, in dem sie die Regelaltersgrenze erreichen. Als Arbeitgeber müssen Sie den Arbeitgeberanteil dennoch weiter entrichten. Diese Pflicht entfällt nach dem Flexirentengesetz für alle Altersrentner nach Erreichen der Regelaltersgrenze befristet bis zum 31.12.2021.
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Vor Erreichen der Regelaltersgrenze | Nach Erreichen der Regelaltersgrenze | |
Bisher | Neuerung | |
| Arbeitnehmer: Ab Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherungsfreiheit | |
Arbeitgeber: Beitragspflicht (§ 346 Abs. 3 SGB III) | Arbeitgeber: Grds. Beitragspflicht; aber ab Erreichen der Regelaltersgrenze entfällt Beitragspflicht bis 31.12.2021 | |
| Versicherungsfreiheit |
Weiterführender Hinweis
- Gesamtübersicht „Beschäftigung von Rentnern - Folgen in der Sozialversicherung“ nach der Rechtslage seit 01.01.2017 auf asr.iww.de → Abruf-Nr. 44461706.