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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Differenz- oder Regelbesteuerung: Drei Fälle, in denen Sie zur Regelbesteuerung optieren sollten

    von Diplom-Finanzwirt Rüdiger Weimann, Dozent und Gutachter in Umsatzsteuerfragen, Partner der kmk Steuerberatungs-GmbH, Dortmund

    | Die Differenzbesteuerung bezweckt unter anderem, Wettbewerbsnachteile von Autohäusern zu vermeiden. Das heißt aber nicht, dass die Anwendung der Sondervorschrift ausnahmslos vorteilhaft ist. Daher räumt § 25a Abs. 8 UStG Ihnen die Möglichkeit ein, auf die Anwendung der Differenzbesteuerung zu verzichten und stattdessen „normal“ zu besteuern („Option zur Regelbesteuerung“). Erfahren Sie, in welchen drei Fällen der Verzicht auf die Differenzbesteuerung für Sie als Kfz-Händler sinnvoll ist und wie Sie dann im Einzelfall konkret vorgehen müssen. |

    Kein Verzicht im Privatkundengeschäft!

    Regel- und Differenzbesteuerung unterscheiden sich - grob betrachtet - dadurch, dass die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer

    • bei der Regelbesteuerung das Gesamtentgelt und
    • bei der Differenzbesteuerung nur ein Teil des Entgelts (die Marge) ist.

     

    Absolut betrachtet führt die Regelbesteuerung immer zu einem höheren Bruttokaufpreis (Zahlbetrag). Damit ist die Regelbesteuerung nur dann vorteilhaft, wenn der Kunde, weil er Unternehmer ist, einen Teil des Kaufpreises über den Vorsteuerabzug vom Finanzamt erstattet bekommt.

     

    PRAXISHINWEIS | Sinnvoll ist eine Option damit nur im Firmenkundengeschäft. Im Privatkundengeschäft sollte - wo immer möglich - differenzbesteuert werden.

     

    Fallgruppe 1: Verkauf / Inlandsgeschäft

    • Beispiel 1

    Autohaus A kauft ein Fahrzeug für 10.000 Euro von Privat an. Das Fahrzeug soll an einen Unternehmenskunden mit einem Rohgewinnaufschlag in Höhe von 1.000 Euro verkauft werden und in Deutschland verbleiben.

     

    A müsste den Verkaufspreis (VKP) wie folgt kalkulieren:

     

    • Vergleichende Kalkulation / Inlandsgeschäft

    Differenzbesteuerung

    Regelbesteuerung

    Einkaufspreis

    10.000 Euro

    10.000 Euro

    + Rohgewinnaufschlag

    1.000 Euro

    1.000 Euro

    = Nettoverkaufspreis

    11.000 Euro

    11.000 Euro

    + Umsatzsteuer: 19 % auf …

    … die Marge

    190 Euro

    … den NettoVKP

    2.090 Euro

    = VKP

    11.190 Euro

    13.090 Euro

     

     

    Bei Differenzbesteuerung USt nie offen ausweisen!

    Bei Anwendung der Differenzbesteuerung darf die Umsatzsteuer nie offen ausgewiesen werden (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG). Das Verbot des gesonderten Ausweises der Steuer in einer Rechnung gilt auch dann, wenn das Autohaus - wie im Beispielsfall - das Fahrzeug an einen anderen Unternehmer liefert, der eine gesondert ausgewiesene Steuer aus dem Erwerb als Vorsteuer abziehen könnte.

     

    PRAXISHINWEIS | Weist ein Autohaus - entgegen der Regelung in § 14a Abs. 6 Satz 2 UStG - die auf die Differenz entfallende Steuer gesondert aus, entsteht aus dem Verkauf eine zweifache Umsatzsteuerschuld (Abschnitt 25a.1. Abs. 16 Umsatzsteuer-Anwendungserlass [UStAE]):

    • Das Autohaus schuldet die gesondert ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG.
    • Zusätzlich zu dieser Steuer schuldet das Autohaus für die Lieferung des Gegenstands die Steuer nach § 25a UStG.
     

    Vorteile der Regelbesteuerung im Firmenkundengeschäft

    Im Beispielsfall muss der Firmenkunde bei Anwendung der Differenzbesteuerung 11.190 Euro bezahlen und wäre mit diesem Betrag mangels Vorsteuerabzugs endgültig belastet. Bei der Regelbesteuerung muss der Firmenkunde zunächst 13.090 Euro bezahlen, bekäme aber 2.090 Euro erstattet und wäre endgültig nur mit 11.000 Euro belastet. Bei Anwendung der Regelbesteuerung spart der Firmenkunde damit - im Vergleich zur Differenzbesteuerung - die Umsatzsteuer auf die Marge in Höhe von 190 Euro (1.000 Euro x 19 %).

     

    Beachten Sie | Der Privatkunde ist immer mit dem VKP endgültig belastet. Daher zeigt das Beispiel zugleich, dass beim Verkauf an Privatkunden die Differenzbesteuerung immer die günstigere Alternative ist. Gleiches gilt für den Verkauf eines Fahrzeugs an Firmenkunden, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Dazu zählen zum Beispiel Humanmediziner, Versicherungsvertreter oder Kleinunternehmer. Die Differenzbesteuerung kommt aber immer nur in Betracht, wenn es nicht um ein Neufahrzeug handelt (§ 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a) UStG). 

     

    Händler-Händler-Geschäft

    • Beispiel 2

    Ein Autohaus erwirbt ein Fahrzeug (zulässigerweise) differenzbesteuert von einem Händler-Kollegen.

     

     

    Das Autohaus hat das Wahlrecht „Differenz- oder Regelbesteuerung“ auch dann, wenn es einen Gebrauchtwagen von einem Händler-Kollegen ankauft, den Letzterer an das Autohaus unter Anwendung der Differenzbesteuerung verkauft.

     

    PRAXISHINWEIS | Beim Ankauf von einem Händlerkollegen sollte dann aber auch der Einkauf optimiert werden. Sehen Sie dazu unten.

     

    Fallgruppe 2: Verkauf / EU-Geschäft

    • Beispiel 3

    Autohaus A kauft ein Fahrzeug für 10.000 Euro von Privat an. Das Fahrzeug soll an einen italienischen Unternehmenskunden mit einem Rohgewinnaufschlag in Höhe von 1.000 Euro verkauft werden. Die Lieferung erfüllt die Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung (§§ 4 Nr. 1 Buchst. b), 6a UStG).

     

    Für differenzbesteuerte Umsätze gelten die üblichen Steuerbefreiungen - mit Ausnahme der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 25a Abs. 5 Satz 2 UStG, Abschnitt 25a.1. Abs. 15 Sätze 3f. Umsatzsteuer-Anwendungserlass). A müsste daher den VKP wie folgt kalkulieren:

     

    • Vergleichende Kalkulation / EU-Geschäft

    Differenzbesteuerung

    Regelbesteuerung

    Einkaufspreis

    10.000 Euro

    10.000 Euro

    + Rohgewinnaufschlag

    1.000 Euro

    1.000 Euro

    = Nettoverkaufspreis

    11.000 Euro

    11.000 Euro

    + USt: 19 % auf …

    … die Marge

    190 Euro

    … den NettoVKP

    0 Euro

    = VKP

    11.190 Euro

    11.000 Euro

     

     

    Wieder spart der Firmenkunde bei Anwendung der Regelbesteuerung die Umsatzsteuer auf die Marge - dieses Mal aber nicht wie beim Inlandsgeschäft über den Umweg des Vorsteuerabzugs, sondern direkt über einen umsatzsteuerfreien Warenbezug und damit einen günstigeren Kaufpreis.

    Fallgruppe 3: Verkauf / Drittlandsgeschäft

    • Beispiel 4

    Wie Beispiel 3. Der Kunde ist Russe; die Lieferung erfüllt die Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 1 Buchst. a), 6 UStG an eine steuerfreie Ausfuhrlieferung.

     

     

    A müsste den VKP wie folgt kalkulieren:

     

    • Vergleichende Kalkulation / EU-Geschäft

    Differenzbesteuerung

    Regelbesteuerung

    Einkaufspreis

    10.000 Euro

    10.000 Euro

    + Rohgewinnaufschlag

    1.000 Euro

    1.000 Euro

    = Nettoverkaufspreis

    11.000 Euro

    11.000 Euro

    + USt: 19 % auf …

    … die Marge

    0 Euro

    … den Netto VKP

    0 Euro

    = VKP

    11.000 Euro

    11.000 Euro

     

     

    Hier ist es - bei einem Fahrzeugankauf von Privat - auf den ersten Blick egal, welche der beiden Besteuerungsformen das Autohaus anwendet: immer erfolgt der Verkauf durch das Autohaus umsatzsteuerfrei. Denn bei Exporten in Drittländer arbeitet das Gesetz nach der Devise: „Exporte bringen Devisen und Devisen sind gut!“; beide Besteuerungsformen stellen daher die Umsätze steuerfrei.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Es kann aber sinnvoll sein, die Differenzbesteuerung anzuwenden.Bei einem unvollständigen Beleg- und Buchnachweis könnte dann das Finanzamt nur die Differenzsteuer von Ihnen nachfordern.
    • Auf der Rechnung müssen Sie sowohl auf die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG14a Abs. 6 UStG) hinweisen als auch auf die Anwendung der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. a), § 6 UStG14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG).
     

    Fallgruppe 4: Einkauf / Händler-Händler-Geschäft

    • Beispiel 5

    Autohaus B nimmt von einem Privatkunden ein sehr spezielles Fahrzeug in Zahlung und verkauft dieses sofort an Autohaus A weiter. A bietet derartige Fahrzeuge deutschlandweit an.

     

    Auch wenn A das Fahrzeug von einem anderen deutschen Händler (B) ankauft, gelten die Ausführungen zu Fallgruppe 1 entsprechend. Das heißt: A hat beim Verkauf die Wahl zwischen Differenz- und Regelbesteuerung.

     

    Wichtig | Beim Ankauf des Fahrzeugs durch A steht noch nicht fest, ob für A ein differenzbesteuerter oder ein regelbesteuerter Ankauf günstiger ist. Das kann erst entschieden werden, wenn feststeht, ob A das Fahrzeug an einen Firmenkunden oder an einen Privatkunden verkauft. Daher sollte das Fahrzeug unter den Händlerkollegen zunächst differenzbesteuert veräußert werden und - für den Fall der Veräußerung an einen Firmenkunden - drei Zusatzvereinbarungen getroffen werden:

     

    • 1. Der Käufer (A) informiert den Händler-Kollegen (B), wenn er das Fahrzeug regelbesteuert weiterverkauft.
    • 2. B optiert in diesem Fall nachträglich zur Regelbesteuerung und erteilt A eine berichtigte Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuer-Ausweis.
    • 3. A zahlt B die daraus entstehende Mehrsteuer.

     

    Im Händler-Händler-Vertrag könnte die Klausel wie folgt aussehen:

    Musterklausel / Option zur Regelbesteuerung

    Der Käufer erwirbt das Fahrzeug zum Weiterverkauf.

     

    Optiert der Käufer bei der Weiterveräußerung zur Regel-Umsatzsteuer, ist er berechtigt, dies dem Verkäufer mitzuteilen.

     

    Der Verkäufer ist in diesem Fall verpflichtet, auch seinen Umsatz der Regelbesteuerung zu unterwerfen und dem Käufer darüber eine ordnungsgemäße Rechnung (§ 14 UStG) mit gesondertem Umsatzsteuerausweis zu erteilen. Letzteres steht unter dem Vorbehalt, dass eine Option seitens des Verkäufers umsatzsteuerlich noch möglich ist, also die Jahressteuerfestsetzung noch nicht bestandskräftig ist.

     

    Der Käufer verpflichtet sich in diesem Fall zur Zahlung der Mehr-Umsatzsteuer.

     

    Beachten Sie | Die nachträgliche Option ist dem Verkäufer nur bis zur formellen Bestandkraft der Jahressteuerfestsetzung möglich (BFH, Urteil vom 10.12.2008, Az. XI R 1/08; Abruf-Nr. 090668; Abschnitt 25a.1. Abs. 21 in Verbindung mit Abschnitt 9.1. Abs. 3 und Abs. 4 UStAE).

    Checkliste für das Tagesgeschäft

    Die folgende Checkliste fasst die vorstehenden Überlegungen für Ein- und Verkäufer zusammenfassen. Damit können Sie auch auf einen Blick die drei Fälle erkennen, in denen Sie zur Regelbesteuerung optieren sollten:

     

    Checkliste / Differenzbesteuerung oder Regelbesteuerung?

    Differenz-

    besteuerung

    Regel-

    besteuerung

    Verkauf / Inland / Privatkundengeschäft

    ?

    Verkauf / Inland / Firmenkundengeschäft

    ?

    Verkauf / EU / Privatkundengeschäft

    ?

    Verkauf / EU / Firmenkundengeschäft

    ?

    Verkauf / Drittland / Privatkundengeschäft

    ?

    Verkauf / Drittland / Firmenkundengeschäft

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    Einkauf „Händler-Händler“ für ein differenzbesteuertes Verkaufsgeschäft

    ?

    Einkauf „Händler-Händler“ für ein regelbesteuertes Verkaufsgeschäft

    ?

    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 6 | ID 42524504