Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Unternehmensführung

    Tax-Compliance im Autohaus - Bürokratisches Monster oder steuerliches Allheilmittel?

    | Tax Compliance, also „ein innerbetriebliches Kontrollsystem, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten diento“, ist in aller Munde. Von „bürokratisches Monster“ bis „steuerliches Allheilmittel“ reicht die Bewertung. ASR wollte wissen, was wirklich dahintersteckt - und vor allem, wem es nutzt, was es kostet, wie man es installiert und am Leben erhält? ASR hat dazu Rechtsanwalt Dr. Christian Horvat von meyerhuber rechtsanwälte in Ansbach befragt. Erfahren Sie, wie er Tax Compliance im Autohaus einschätzt. |

     

    ASR: Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Tax Compliance“?

     

    Dr. Horvat: Tax ist das englische Wort für Steuer. Compliance ist ein Oberbegriff für die Einhaltung von Regeln. Bei Tax Compliance geht es darum, sicherzustellen, dass Unternehmen nicht gegen Steuergesetze verstoßen. Das Werkzeug, ein innerbetriebliches Kontrollsystem, für diese wichtige Aufgabe nennt man Tax Compliance Management System.

     

    ASR: Welche Bedeutung hat es für die Autohaus-Praxis?

     

    Dr. Horvat: Das Autohaus ist ein Paradebeispiel für die Notwendigkeit eines Tax Compliance Management Systems. Hier sind viele Mitarbeiter in Geschäftsprozesse mit großer steuerrechtlicher Bedeutung eingebunden, ohne einen steuerrechtlichen Background zu haben. Da können Fehler leicht passieren und bei der nächsten Betriebsprüfung erhebliche Probleme bereiten. Denken Sie nur an den Bereich der innergemeinschaftlichen Lieferungen, in dem es sehr schnell um hohe Summen geht. Der Buch- und Belegnachweis ist schon eine Wissenschaft für sich. Folglich braucht es eine klare Struktur, in der jeder weiß, was er und wie er etwas zu tun hat.

     

    ASR: Muss jedes Autohaus das System einrichten?

     

    Dr. Horvat: Die rechtlich zutreffende Antwort lautet „nein“. In der Praxis halte ich aber die Einrichtung eines Tax Compliance Management Systems für unumgänglich.

     

    ASR: Was bringt das System?

     

    Dr. Horvat: Das System hilft, Fehler zu vermeiden und ggf. abzustellen. Die Anforderungen an den Steuerpflichtigen sind hoch. Die Rechtsprechung versagt den Vorsteueranspruch und die Mehrwertsteuerfreiheit bereits dann, wenn der Steuerpflichtige zwar nicht wusste, aber hätte wissen müssen, dass auf irgendeiner Stufe der Lieferkette eine Steuerhinterziehung begangen wurde. Das System kann zudem unglaublich wertvoll sein, wenn der Vorwurf der Steuerhinterziehung im Raum steht. Für die Steuerhinterziehung genügt bereits der sogenannte bedingte Vorsatz. Es reicht schon die Gleichgültigkeit gegenüber dem als möglich erscheinenden Taterfolg. Wer ein entsprechendes System unterhält, zeigt, dass ihm der korrekte Umgang mit der Steuer nicht gleichgültig ist.

     

    ASR: Was kostet es, das System zu installieren?

     

    Dr. Horvat: Der finanzielle Aufwand lässt sich so pauschal nicht beziffern. Das System muss dem jeweiligen Unternehmen auf den Leib geschneidert werden. Es kommt auch darauf an, ob auf vorhandene Strukturen aufgebaut werden kann. Wer meint, Compliance sei ihren Preis nicht wert, hat gute Chancen, bei der nächsten Betriebsprüfung - oder wenn die Steuerfahndung vor der Tür steht - eines Besseren belehrt zu werden.

     

    ASR: Wie installiert ein Autohaus das System?

     

    Dr. Horvat: Zunächst ist zu klären, wer das tun soll. Derjenige braucht exzellentes Knowhow und sehr gute kommunikative Fähigkeiten. Er muss eng mit den Unternehmensangehörigen kooperieren. Diese sollen von Anfang an wissen, dass sie mit in der Verantwortung stehen. Das ist ein erster wichtiger Schritt zur guten Compliance-Kultur. Die konkrete Arbeit beginnt mit einer Bestandsaufnahme. Dazu braucht es die Offenheit der Mitarbeiter. Nur so können Risiken identifiziert und verringert werden. Dann werden passgenaue Maßnahmen erarbeitet, um Verstöße zu verhindern und ggf. aufzudecken. Das Vorgehen bei festgestellten Verstößen gehört auch zum Programm.

     

    ASR: Wie hält man das System am Leben?

     

    Dr. Horvat: Durch gute Pflege. Das System darf nicht nur eine Ansammlung salbungsvoller Worte sein. Compliance-Kultur ist auch hier ein zentraler Punkt. Die Unternehmensführung hat eine klare Vorbildfunktion, der „Tone from the top“ gibt die Richtung vor. Das System ist auch kontinuierlich zu überwachen und zu optimieren. Verstöße dürfen nicht geduldet werden und sind ggf. auch arbeitsrechtlich zu sanktionieren.

     

    ASR: Wie lautet Ihr abschließendes Fazit? Ist Tax Compliance nun ein „bürokratisches Monster“ oder ein „steuerliches Allheilmittel“

     

    Dr. Horvat: Weder noch. Solche polarisierenden Begriffe helfen in der Sache auch nicht weiter. Ein gutes System wird kein „Monster“ sein. Ein Allheilmittel kann ein solches System schon deshalb nicht sein, da es immer der Umsetzung durch Menschen bedarf. Ein Tax Compliance Management System kann aber ein sehr gutes Tool sein, um sich selbst, seine Mitarbeiter und letztlich das ganze Unternehmen zu schützen.

     

    ASR: Vielen Dank, Herr Dr. Horvat, für das Gespräch.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Sonderausgabe „60 typische Umsatzsteuer-Fehler in Autohäusern und Kfz-Servicebetrieben“ auf asr.iww.de → Abruf-Nr. 43746341
    Quelle: Ausgabe 07 / 2017 | Seite 8 | ID 44731748