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  • · Fachbeitrag · Personalmanagement

    Zusatzurlaub für Schwerbehinderte: So gehen Sie als Arbeitgeber damit richtig um

    von Fachanwalt für Arbeitsrecht Rainer Hoffmann, St. Ingbert

    | Schwerbehinderte Mitarbeiter haben Anspruch auf Zusatzurlaub. Dieser wirft in der Praxis immer wieder Fragen auf. Große Unsicherheit herrscht vor allem bei den Fragen, wie der Urlaubsanspruch bei Eintritt der Schwerbehinderteneigenschaft zu berechnen und wie er abzugelten ist, wenn der Mitarbeiter den Zusatzurlaub nicht mehr nehmen kann. |

    Eckpunkte für Schwerbehinderten-Zusatzurlaub

    Schwerbehinderte haben einen gesetzlichen Anspruch auf fünf Arbeitstage bezahlten Zusatzurlaub im Kalenderjahr (§ 125 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch [SGB] IX). Verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit auf mehr oder weniger als fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend (§ 125 Abs. 1 Halbsatz 2 SGB IX). Wer also beispielsweise nur an drei Tagen in der Woche arbeitet, hat auch nur drei zusätzliche Arbeitstage Urlaub.

     

    Sehen tarifliche, betriebliche oder sonstige Urlaubsregelungen für Schwerbehinderte einen längeren Zusatzurlaub vor, gelten sie weiter (§ 125 Abs. 1 Satz 2 SGB IX).

     

    Wichtig | Der gesetzliche Urlaub des Schwerbehinderten ist wie jeder „normale“ Erholungsurlaub auf das Kalenderjahr bezogen. Sofern keine Übertragungsvoraussetzungen vorliegen, erlischt er am Ende des Jahres.

    Eintritt der Schwerbehinderteneigenschaft im Kalenderjahr

    Der Zusatzurlaub steht Ihrem Mitarbeiter neben dem vertraglich vereinbarten Urlaub zu. Besteht die Schwerbehinderteneigenschaft nicht während des gesamten Kalenderjahrs, hat Ihr Mitarbeiter für jeden Monat der Schwerbehinderteneigenschaft während des Beschäftigungsverhältnisses Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs.

     

    • Beispiel

    Verkäufer V, der an fünf Tagen in der Woche in Ihrem Autohaus arbeitet, legt Ihnen im Januar 2013 seinen Schwerbehindertenausweis vor. Daraus ergibt sich, dass er seit dem 14. September 2012 zu 50 Prozent schwerbehindert ist.

    V erhält für 2012 zwei Tage Zusatzurlaub. Diese errechnen sich wie folgt: 5 Tage : 12 Monate x 4 Monate (September bis Dezember 2012) = 1,66 Tage. Der September wird als voller Monat gezählt (§ 125 Abs. 1 SGB IX). Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, werden auf volle Urlaubstage aufgerundet (§ 125 Abs. 2 Satz 2 SGB IX).

    Ausscheiden eines Mitarbeiters innerhalb des Jahres

    Scheidet der schwerbehinderte Mitarbeiter innerhalb eines Kalenderjahrs aus Ihrem Betrieb aus, kommt es für den Anspruch auf Urlaub und Zusatzurlaub auf dem Zeitpunkt des Ausscheidens an:

     

    • Scheidet er in der ersten Jahreshälfte (bis zum 30. Juni) aus, erwirbt er nur Teilurlaubsansprüche für jeden vollen Monat, in dem das Arbeitsverhältnis besteht, also ein Zwölftel pro Monat.
    • Scheidet er in der zweiten Jahreshälfte aus, hat er Anspruch auf den vollen Jahresurlaub (§ 5 Abs. 1 Buchstabe c Bundesurlaubsgesetz [BUrlG]).

     

    Wichtig | Kann Ihr Mitarbeiter den Zusatzurlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nehmen, müssen Sie den Zusatzurlaub abgelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG).

     

    • Beispiel

    Sie erfahren erst im März 2013 von der Schwerbehinderung des V ab dem 14. September 2012. M ist im März 2013 aus Ihrem Autohaus ausgeschieden.

    V stehen für 2012 zwei Tage Zusatzurlaub zu, auch wenn Sie erst 2013 davon erfahren. Diese sind nach der gesetzlichen Regelung bis zum 31. März 2013 zu übertragen. Denn für die Übertragbarkeit des Zusatzurlaubs in das nächste Kalenderjahr gelten auch die dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden urlaubsrechtlichen Regelungen (§ 125 Abs. 3 SGB IX). Da V den Zusatzurlaub nicht mehr nehmen kann, müssen Sie ihn abgelten. Gleiches gilt für den noch nicht genommenen einen Tag Zusatzurlaub für 2013 (5 Tage : 12 Monate x 3 Monate = 1,25).

    Ausscheiden bei lang andauernder Erkrankung

    Ein Mitarbeiter verliert seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht, wenn er ihn wegen Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnte. Endet das Arbeitsverhältnis vor Inanspruchnahme des Urlaubs, besteht der Abgeltungsanspruch sogar, wenn der Mitarbeiter bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr arbeitsfähig war.

     

    Wichtig | Gleiches gilt für den Schwerbehinderten-Zusatzurlaub. Diesen müssen Sie wie den Mindesturlaub nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses abgelten, wenn Ihr Mitarbeiter den Zusatzurlaub nicht nehmen konnte, weil er arbeitsunfähig erkrankt war (BAG, Urteil vom 23.3.2010, Az: 9 AZR 128/09; Abruf-Nr. 101526).

    Exkurs: Mehrarbeit und Schwerbehinderung

    Schwerbehinderte sind auf ihr Verlangen hin von Mehrarbeit freizustellen (§ 124 SGB IX). Mehrarbeit ist dabei jede nach § 3 Satz 1 Arbeitszeitgesetz über acht Stunden werktäglich hinaus geleistete Arbeit, wozu auch Bereitschaftsdienste zählen.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 19 | ID 28074900