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· Arbeitsrecht

Beurlaubt sich der Arbeihnehmer selber, riskiert er die fristlose Kündigung

Bild: IWW

| Wenn ein Arbeitnehmer unentschuldigt der Arbeit fernbleibt und sich eigenmächtig selbst beurlaubt, dürfen Sie ihm außerordentlich kündigen. Das folgt aus einer Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern (23.11.2021, 5 Sa 88/21 ). Wichtig ist vor allem folgender Grundsatz: Selbst wenn Angestellte in bestimmten Fällen einen Anspruch auf Urlaub oder Freistellung haben, dürfen sie diesen nicht eigenmächtig durchsetzen. |

 

Sachverhalt

Ein angestellter Busfahrer klagte gegen seine außerordentliche Kündigung. Als Mitglied der Gewerkschaft ver.di war er als Ersatzmann in eine Tarifkommission gewählt worden. Als er zwei Tage vor den anstehenden Tarifverhandlungen krankheitsbedingt nachrücken musste, hatte er bei seinem Arbeitgeber eine Freistellung von der Arbeit beantragt. Eine offizielle Anforderung des Angestellten durch die Gewerkschaft für die Verhandlungsrunde lag nicht vor. Der Arbeitgeber hatte die Freistellung abgelehnt und seine Entscheidung mit der angespannten Personalsituation begründet. Daraufhin war der Angestellte eigenmächtig der Arbeit ferngeblieben, um an den Tarifverhandlungen teilzunehmen. Dies hatte im Busbetrieb des Arbeitgebers zu Verspätungen und Ausfällen geführt. Der Arbeitgeber hatte das Beschäftigungsverhältnis daraufhin fristlos gekündigt. Vor Gericht führte der Kläger an, er habe einen Anspruch auf Arbeitsbefreiung gehabt. Die Richter waren anderer Auffassung: Die Kündigungsschutzklage blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Richter sahen keinen Anspruch des Klägers auf Arbeitsbefreiung: Der Arbeitgeber habe eine Freistellung abgelehnt. Auch eine offizielle Anforderung durch die Gewerkschaft habe nicht vorgelegen. Der Kläger habe durch sein eigenmächtiges Handeln seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt. Sein Verhalten lasse auf eine Wiederholungsgefahr schließen. Daher sei eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Die Richter betonten ausdrücklich, dass der Kläger sich selbst dann nicht eigenmächtig hätte beurlauben dürfen, wenn er einen Rechtsanspruch auf Arbeitsfreistellung gehabt hätte. Ein solcher Anspruch sei im Wege des gerichtlichen Rechtsschutzes, ggf. im Wege einer einstweiligen Verfügung, durchzusetzen, nicht aber durch eigenmächtiges Handeln.

 

FAZIT | Falls Angestellte Aufgaben im Rahmen einer Verbandstätigkeit o. Ä. während der Arbeitszeit wahrnehmen wollen, können sie das nur mit Ihrer Zustimmung bzw. auf Anforderung durch den Verband tun. Im Zweifel müssen sie ihren Anspruch auf Arbeitsfreistellung auf dem Rechtsweg durchsetzen. Andernfalls dürfen Sie ihnen kündigen.

 
Quelle: ID 48551846