· #MeToo-Debatte
Affäre als Kündigungsgrund: Risiken von Liebes-Beziehungen in Unternehmen (mit 5 Praxis-Tipps)
von Jörg Thole, Chefredakteur, IWW Institut
| Steve Easterbrook, McDonald‘s-CEO, wurde Anfang November 2019 wegen einer hausinternen Sex-Affäre gefeuert. Doch während in den USA der Verstoß gegen firmeninterne Ethikkodizes oft zu Kündigungen führt, wäre das nach deutschem Recht undenkbar. Schon Wal-Mart musste 2005 anerkennen, dass eine Liaison im Unternehmen nicht mit einer Verhaltens-Klausel zu unterbinden ist. Das verstößt gegen das Grundgesetz. Dennoch: Wer es zu bunt treibt, muss auch in Deutschland mit Konsequenzen rechnen. Dazu liefert CE Chef easy 5 praktische Tipps. |
Der Fall McDonald‘s
McDonald‘s-Boss Steve Easterbrook ist über eine Beziehung gestolpert, weil er damit gegen Unternehmensrichtlinien verstoßen hat. Wie das Wall Street Journal berichtet, sei das nicht seine erste Affäre in mittelbarer Jobumgebung gewesen.
Während McDonald‘s nach der Aufhebung am 04.11.2019 (rückwirkend wirksam zum 01.11.2019) kurzzeitig an der Börse abstürzte, kann Easterbrook weiter lächeln. Schließlich hat er nicht nur den Stuhl geräumt ‒ sondern 675.000 Dollar Abfindung und ein gewaltiges Aktienpaket im Wert von 37 Millionen Dollar mitgenommen. Das berichtete Bild zum Aufhebungsvertrag und verweist gleichzeitig auf Kommunikations-Spielregeln, die Easterbrook mit der Auflösung unterzeichnen musste:
So dürfe er
- nicht mehr im Namen von McDonalds auf Social-Media-Kanälen agieren,
- 5 Jahre keine Beiträge oder Bücher über McDonald‘s verfassen und auch
- keine Identitäten preisgeben oder Jobs zu McDonald‘s oder von McDonald‘s weg vermitteln.
Code of Conduct ‒ der Verhaltenskodex
In Amerika regeln viele Unternehmen in einem Code of Conduct, dass es Mitarbeitern untersagt ist, eine sexuelle Beziehung zu unterhalten. Dabei zielt der Codex in erster Linie auf sexuelle Belästigung oder sozialem Druck ab. Seit der #MeToo-Debatte in 2017, mit der vor allem in den USA sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz öffentlichkeitswirksam angeprangert wird, fokussieren Frauenverbände das Verhalten von Führungskräften streng und unnachgiebig.
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In Deutschland: Grundgesetz schützt freie Entfaltung
In Deutschland ist es im Grundsatz nicht möglich, über einen Kodex Beziehungen unter Mitarbeitern direkt zu verbieten. Das Grundgesetz (Art. 1 und 2 GG) bietet Schutz. Nach Informationen der LTO existierten aber bei McDonalds Deutschland immerhin Regeln, die Mitarbeitern eine Liebes- oder sexuelle Beziehung untersagen, die „in direkter oder indirekter Unterstellungsbeziehung“ zueinander stehen. Letztlich habe eine solche Regel auch den CEO in Amerika zu Fall gebracht, heißt es dort.
Tipp | Zwei Studien geben Aufschluss, wie weit verbreitet in Deutschland Liebesbeziehungen sind, die aus dem Arbeitsverhältnis heraus entstanden sind. Lesen Sie dazu den Beitrag Liebesabenteuer auf deutschen Schreibtischen: Junge Berufstätige sind hier besonders „agil“.
2005: Der Fall Wal-Mart vor dem LAG Düsseldorf
Wal-Mart musste im Jahr 2005 anerkennen, dass ein kategorisches Beziehungs-/Liebes-Verbot unzulässig sein kann: Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf stand damals diese Betriebsvereinbarung auf dem Prüfstand:
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Private Beziehungen/Liebesbeziehungen Von X.-N.-Mitarbeitern wird ein Verhalten verlangt, das Respekt, Vertrauen, Sicherheit und Effizienz am Arbeitsplatz fördert. Sie dürfen nicht mit jemandem ausgehen oder in eine Liebesbeziehung mit jemandem treten, wenn Sie die Arbeitsbedingungen dieser Person beeinflussen können, oder der Mitarbeiter Ihre Arbeitsbedingungen beeinflussen kann. |
Das LAG beschloss damals: Diese Regelung verstößt gegen das Grundgesetz (Art. 1 und 2 GG) und ist daher unwirksam (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2005, Az. 10 TaBV 46/05 ‒ Abruf-Nr. 053683).
Argumente des LAG Düsseldorf
- Die Würde des Menschen und dessen Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit ist ein zentraler Wert. Ausnahme wären Rechtsverletzungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz (Art. 2 GG). Jeder darf selbst entscheiden, ob und mit wem er in Beziehung tritt ‒ egal ob freundschaftlich oder aus Liebe.
- Das Leben des Arbeitnehmers wird zu einem wesentlichen Teil durch das Arbeitsverhältnis bestimmt und geprägt. Das Selbstwertgefühl wird auch dadurch beeinflusst, ob und mit welchen Kollegen er/sie sich befreundet oder in eine Liebensbeziehung tritt. Der Umgang mit Kollegen sei eine wesentliche Möglichkeit zur geistigen und körperlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit. Wird dem Arbeitnehmer diese Möglichkeit genommen, so berührt dies seine Würde als Mensch. Ein Beziehungsverbot greife tief in das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters ein. Er muss annehmen, dass er lediglich zu arbeiten hat und sein Persönlichkeitsrecht sozusagen am Betriebseingang abgeben muss.
- Zwar untersage die Ethikrichtlinie nicht generell die Freundschaft / Liebesbeziehung während der Arbeit. Sie verbietet die Beziehung in einem Abhängigkeitsverhältnis. Auch mit der Einschränkung bleibt es ein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht und gegen seine Menschenwürde. Es verletzt das Selbstwertgefühl und damit das Persönlichkeitsrecht, wenn er /sie mit unterstellten Mitarbeitern oder Vorgesetzten z.B. nicht zum Essen gehen oder sonst wie gesellschaftlich verkehren darf.
Beachten Sie | Alle Punkte zeigen, dass dies letztlich eine Privatangelegenheit der beteiligten Personen ist. Im Klartext: Das geht Sie als Arbeitgeber nichts an!
Ausnahme: Wenn es auf Grund dieser Beziehung zu Spannungen im Job-Umfeld kommt, können Sie als Arbeitgeber eingreifen. Es ist dann aber nicht die Partnerschaft oder die Liebesbeziehung, die stört, sondern das Verhalten, mit dem der eine oder der andere Partner oder beide oder außenstehende Dritte den betrieblichen Ablauf beeinträchtigen.
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Aufhebungsvertrag vs. Kündigung
Mit Aufhebungsverträgen können Sie den Kündigungsschutz aushebeln. Der Aufhebungsvertrag ist das beiderseitige Bekunden von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, den Arbeitsvertrag aufzuheben. Als Zucker für den Arbeitnehmer winkt in der Regel eine Abfindung. Bitter für den Arbeitnehmer ist, dass in der Regel eine Sperrung von drei Monaten in Bezug auf die Sozialleistungen eintritt, wenn der Arbeitnehmer keinen Anschlussjob hat.
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Risiko: Chef-Beziehung
Zwar gilt hier wie überall: Einvernehmen ist der Grundsatz. Doch das Risiko ist enorm, weil die Autorität des Vorgesetzten beim Scheitern verloren geht. Und: Sobald auch nur irgendein Kollege davon Wind bekommt, können der Chef und seine Liebelei einpacken. Sprüche vom Hochschlafen und permanente Lästereien hinter dem Rücken werden beide garantiert dünnhäutig machen.
Hier eine Video-Analyse von „The WallStreet Journal“ zum Fall von McDonald’s: