· Arbeitsvertrag | Urteil zur Ausschlussklausel
Können Vorsatz und Untreue einfach erlöschen? Prüfen Sie Ihre Arbeitsverträge!
| Die Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag soll Sicherheit bieten: 3 Monate nach Trennung von einem Mitarbeiter sind alle „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ erloschen. Doch sind Vorsatz, Untreue oder Pflichtverletzung von der Klausel auch erfasst? Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen sagt: Ja ‒ entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ‒ und zum Nachteil des Arbeitgebers. |
So vermischt das LAG Niedersachsen Vertragsrecht mit anderen Tatbeständen und sagt: Die in Arbeitsvertragsmustern enthaltene Ausschlussfrist von 3 Monaten erfasse einerseits die vertraglichen Ansprüche aber auch die Ansprüche wegen vorsätzlicher Pflichtverletzung (Urteil vom 21.02.2018, Az. 2 Sa 83/17).
Der konkrete Fall
Zu dumm, dass der klagende Busbetrieb die Herausgabe einbehaltener Fahrgelder vom ehemals angestellten Fahrer erst nach der 3-Monats-Frist gestellt hat.
- Der Busbetrieb sagt: Die Ausschlussklausel ist nicht anwendbar. Es geht schließlich um Vorsatz und Untreue (§ 266 StGB). Das hat nichts mit „Ansprüchen aus dem Arbeitsvertrag“ zu tun.
- Der Busfahrer sagt: Die Fahrgelder wurden ordentlich abgerechnet. Der Anspruch nach Ausschlussklausel ist verfallen.
Das Urteil
Das LAG Niedersachsen gab dem Busfahrer Recht. Die Ansprüche seien verfallen (LAG Niedersachsen, Urteil vom 21.02.2018 Az. 2 Sa 83/17, Abruf-Nr. 200297). Damit weicht es erneut von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ab ‒ Revision zum Urteil noch offen. Ähnlich hatte schon das LAG Hamm entschieden (Urteil vom 09.09.2014, Az. 14 Sa 389/13, Abruf-Nr. 173747).
Warum Vorsatz oder Fahrlässigkeit eingeschlossen sind, begründet das LAG so:
- Die Ausschlussklausel soll alle Ansprüche umfassen.
- Sinn der Klausel sei es, Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu schaffen.
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Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind von den Vertragspartnern innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch innerhalb von 3 Monaten nach der Beendigung schriftlich geltend zu machen, andernfalls sind sie erloschen. |
Zu Ihrer eigenen Sicherheit empfiehlt CE Chef easy die Ausschlussklausel wesentlich umfangreicher auszugestalten (siehe Musterformulierung am Ende des Beitrags).
Widerspruch zur BAG-Rechtsprechung
Das BAG geht dagegen regelmäßig davon aus, dass die Haftung wegen Vorsatzes von der Klausel nicht gedeckt ist. Die Klausel soll die sonst geltende Gesetzeslage schließlich nicht aushebeln (BAG, Urteil vom 20.06.2013, Az. 8 AZR 280/12, Abruf-Nr. 132390).
Damit wird der Erfolg der Revision wahrscheinlich ‒ und der Arbeitgeber könnte doch noch erfolgreich aus dem Streit hervorgehen. Beim BAG wird diese Revision unter Az. 8 AZR 151/18 geführt.
PRAXISTIPPS |
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Musterklausel / b„Ausschlussfristen“ im Arbeitsvertrag |
§ XX Ausschlussfristen(1) Alle Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen ‒ mit Ausnahme der nachstehend in Abs. (3) bezeichneten Ansprüche ‒ verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden.
(2) Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dies gilt nicht für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzverfahrens fällig werden und von dessen Ausgang abhängen. Für diese Ansprüche beginnt die Ausschlussfrist von drei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens.
(3) Für Ansprüche, die aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie aus vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Arbeitgebers oder seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen resultieren sowie für Ansprüche auf Mindestlohn nach dem „Gesetz zur Regelung des allgemeinen Mindestlohnes ‒ Mindestlohngesetz (MiLoG)“ und für Ansprüche auf Mindestentgelt nach einer Mindestlohnverordnung nach dem „Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ‒ Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG)“ gelten die Ausschlussfristenregelungen in Abs. (1) und (2) nicht. |
(JT)
Weiterführende Links
- CE-Beitrag: Stolperfalle Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag