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Coronakrise: Folgenschwerer Nachtragshaushalt und weitere Eil-Gesetze beschlossen
| Die Coronakrise zwingt die Regierung zu eiligem Handeln: Der vergangene Freitag (27.03.2020) wird in die Geschichtsbücher eingehen. Denn das, was heute Land und Leute absichern soll, wird folgenschwer in die Zukunft hineinwirken. Allein der Nachtragshaushalt führt zu Staatsschulden in Höhe von 156 Mrd. Euro! Darin enthalten sind Gesetze wie das umfassende Sozialschutz-Paket und weitreichende Anpassungen im Infektionsschutzgesetz. |
1. Der Nachtragshaushalt 2020
156 Milliarden Euro umfasst der Nachtragshaushalt von Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der Hilfspakete für die Bewältigung der Corona-Krise bereithält. Der Bundestag hatte zuvor entsprechende Gesetze verabschiedet.
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122, 5 Mrd. Euro stecken in den Hilfspaketen für Unternehmen, Krankenhäuser und Arbeitnehmer. Rund 33,5 Milliarden Euro wurden vorausschauend für Steuerausfälle eingeplant. Die Finanzierung erfolgt vollständig über Kreditaufnahmen ‒ womit die schwarze Null Geschichte ist.
- Doch das ist bei weitem nicht alles. Auch das Wirtschaftsministerium stellt 400 Mrd. Euro Staatsgarantien für Verbindlichkeiten bereit
- 100 Mrd. Euro für direkte Staatsbeteiligungen
- 100 Mrd. Euro für KfW-Kredite
Bund und Länder wollen damit insgesamt über 750 Mrd. Euro stemmen. Nicht genug mit schlechten Nachrichten: Forscher des Ifo-Instituts rechnen jetzt mit einer Rezession, die mit den Hilfsgeldern nicht abgefangen werden kann: Die Wirtschaft wird um 7,2 bis 20,6 Prozentpunkte schrumpfen, so die düstere Prognose.
Überschreiten der Schuldenbremse
Auch die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Schuldenbremse hat sich damit erledigt. Der Bundestag zog mit dem Ausrufen „einer Notsituation“ das einzige Register, das im Grundgesetz die Ausnahme von der Regel erlaubt.
Verfahren im Schnelldurchgang
So schnell war die aktuelle Regierung noch nie: Der Entwurf für den Nachtragshaushalt wurde erst am 23.03.2020 auf den Weg gebracht, am 25.03.2020 hatte der Bundesrat kurzfristig dazu Stellung genommen. Dann wurden die Gesetze am selben Tag im Bundestag in 2. und 3. Lesung verabschiedet und am schließlich am 27.03.2020 verabschiedet.
Rückwirkendes Inkrafttreten
Mit der Unterschrift des Bundespräsidenten wird das Nachtragshaushaltsgesetz rückwirkend zum 01.01.2020 in Kraft treten.
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2. Das Sozialschutz-Paket
Der Bundesrat hat dem Corona-Sozialschutz-Paket ebenfalls am 27.03.2020 im Eilverfahren zugestimmt.
Erleichterungen für Selbständige
Von der Krise betroffene Kleinunternehmer, Solo-Selbständige oder Freiberufler erhalten damit leichter Zugang zu Grundsicherungsleistungen.
Checkliste / Personen, die Grundsicherung bekommen können |
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Auch für Ältere und Erwerbsgeminderte
Die Erleichterungen gelten auch für Ältere, Erwerbsgeminderte oder nicht erwerbsfähige Menschen, da der Gesetzgeber hier krisenbedingte Einkommensbußen annimmt. Deshalb gelten die im SGB II beschlossenen Maßnahmen auch im SGB XII und werden auch ins soziale Entschädigungsrecht nach dem Bundesversorgungsgesetz übernommen. Die Erleichterungen gelten vom 01.03. 2020 bis zum 30.06.2020 ‒ gegebenenfalls kann die Bundesregierung sie bis zum 31.12.2020 verlängern.
Erleichterter Zugang zum Kindergeld
Wegen der drohenden Einkommensreduzierung durch Kurzarbeit, Arbeitslosengeld etc. wird der Kinderzuschlag vorübergehend geändert: Für den Anspruch ist ausnahmsweise nur das Einkommen im letzten Monat vor der Antragstellung maßgeblich. Das Vermögen bleibt bei der Prüfung völlig unberücksichtigt. Außerdem können diejenigen Familien, die zuletzt den höchstmöglichen Gesamtkinderzuschlag erhalten haben, einmalig für sechs Monate Verlängerung beantragen, ohne dass eine erneute Einkommensprüfung stattfindet.
Unterstützung für soziale Dienstleister
Unterstützung gibt es auch für soziale Dienstleister und Einrichtungen der Fürsorge in Deutschland, die in ihrem Bestand gefährdet sind: Sie erhalten einen Sicherstellungsauftrag der öffentlichen Hand, über den sie zur Bewältigung der Pandemie beitragen müssen. Hierzu sollen sie in geeignetem und zumutbarem Umfang Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und Sachmittel zur Verfügung stellen. Der Sicherstellungsauftrag gilt zunächst bis zum 30.09.2020 und kann bis zum 31.12.2020 verlängert werden.
Anreize zur Aufnahme systemrelevanter Beschäftigungen
Um für ausreichend Arbeitskräfte in systemrelevanten Bereichen wie dem Gesundheitssystem oder der Landwirtschaft zu sorgen, schafft das Gesetz für Bezieher von Kurzarbeitergeld Anreize, in ihrer arbeitsfreien Zeit vorübergehend eine Tätigkeit im systemrelevanten Bereich aufzunehmen.
Ausnahme von geltenden Arbeitszeiten
Darüber hinaus werden bundeseinheitliche Ausnahmen von den Arbeitszeitvorschriften ermöglicht, um sicherzustellen, dass während der Pandemie insbesondere das Gesundheitswesen, die Daseinsvorsorge, aber auch die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrechterhalten werden.
Hinzuverdienst für Rentner
Rentnern wird die Weiterarbeit oder die Wiederaufnahme einer Beschäftigung erleichtert. Sie können deshalb im Jahr 2020 statt bisher 6.300 Euro 44.590 Euro hinzuverdienen, ohne dass ihnen die Altersrente gekürzt wird.
Inkrafttreten
Das Gesetz wurde im Bundesgesetzblatt verkündet und ist somit bereits inkraft gesetzt.
3. Infektionsschutz-Gesetz
Mit dem Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite erhält die Bundesregierung mit sofortiger Wirkung zusätzliche Kompetenzen zur Epidemie-Bekämpfung.
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Grenzüberschreitenden Personenverkehr einschränken
Es ändert insbesondere das Infektionsschutzgesetz. So kann die Regierung beispielsweise den grenzüberschreitenden Personenverkehr beschränken oder Maßnahmen festlegen, um die Identität und den Gesundheitszustand von Einreisenden festzustellen.
Gesundheitsversorgung sicherstellen
Das Bundesgesundheitsministerium ist befugt, per Verordnung Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung mit Arznei-, Heilmitteln, mit Medizinprodukten, Produkten zur Desinfektion und Labordiagnostik zu treffen.
Personelle Ressourcen
Zudem werden Maßnahmen ermöglicht, um die personellen Ressourcen im Gesundheitswesen zu stärken ‒ insbesondere, indem Pflegekräfte eingesetzt werden können, die bei der Bekämpfung des Krankheitsgeschehens mitwirken.
Entschädigungsregelung für Eltern
Neu ins Infektionsschutzgesetz wurde eine Entschädigungsregelung für Eltern aufgenommen, die wegen der notwendigen Kinderbetreuung während einer Pandemie Verdienstausfälle erleiden. Voraussetzung für die Entschädigung ist, dass die Betreuung nur durch die Eltern möglich und der Verdienstausfall nicht vermeidbar ist ‒ etwa durch den Abbau von Zeitguthaben. Auch Ansprüche auf Kurzarbeitergeld gehen dem Entschädigungsanspruch vor. Die Entschädigung in Höhe von 67 Prozent des Nettoeinkommens wird für bis zu sechs Wochen gewährt und ist auf einen monatlichen Höchstbetrag von 2.016 Euro begrenzt.
Bau medizinischer Einrichtungen
Außerdem regelt das Gesetz baurechtliche Ausnahmen, um etwa kurzfristig medizinische Einrichtungen errichten zu können.
Epidemische Notlage
Damit die Bundesregierung eine epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellen kann, muss die WHO eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausgerufen haben und die Furcht bestehen, dass eine bedrohliche übertragbare Krankheit nach Deutschland eingeschleppt wird. Oder: Es droht eine dynamische Ausbreitung einer solchen Krankheit über mehrere Bundesländer.
Befugnisse zeitlich befristet
Die neuen Befugnisse des Bundes gelten nur während der epidemischen Notlage. Laut Grundgesetz ist das Krisenmanagement im Falle einer Katastrophen- oder Schadenslage von nationaler Bedeutung in erster Linie Sache der Länder und Gemeinden.
Inkrafttreten
Das Gesetz wurde im Bundesgesetzblatt verkündet und ist somit inkraft gesetzt.
(JT - mit Material von Bundesrat, Agentur für Arbeit und Ifo-Institut)