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· IW Studie | Die reichen 10 Prozent

Deutsche schätzen ihre Einkommensposition falsch: „Reich sein ist ein Stigma“

Reich und schön: Wer in Deutschland vom Einkommen her zu den oberen zehn Prozent gehört, ist noch lange nicht vermögend.
Bild: © kuznetsov_konsta - stock.adobe.com

| Ab welchem Einkommen gehört man zu den reichsten 10 Prozent Deutschlands? Wer als Single monatlich 3.440 Euro netto verdient, ist bereits dabei. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Machen Sie den Selbsttest hier in diesem Beitrag! |

 

2016 betrug das bedarfsgewichtete Medianeinkommen in Deutschland 1.869 Euro pro Monat ‒ eine Hälfte der Bevölkerung hatte netto mehr Geld zur Verfügung, die andere Hälfte weniger. Zu den einkommensreichsten zehn Prozent zählt, wer als Single mindestens 3.440 Euro netto verdient. Paare ohne Kinder und Paare, deren Kinder bereits ausgezogen sind, gehören ab einem Haushaltsnettoeinkommen von 5.160 Euro zu der Gruppe der reichsten zehn Prozent. Grundlage der Berechnungen ist das Sozio-oekonomische Panel (SOEP).

 

Wenn es um die subjektive Einordnung in die Gesellschaft geht, sortieren sich die meisten Bürger in die Mittelschicht oder auch obere Mittelschicht ein. Nur wenige zählen sich selbst zur Oberschicht. Ähnlich sieht es bei einer Einsortierung in Einkommenszehntel aus. Praktisch niemand fühlt sich den einkommensreichsten 20 Prozent der Gesellschaft zugehörig, so die Autoren der Studie. „Von denjenigen, die tatsächlich einkommensmäßig in die oberen Bereiche gehörten, unterschätzten gemäß der Online-Befragung von Engelhardt und Wagener alle ihre Einkommensposition.“

Stigma der Reichen ‒ Aber Geld haben wollen alle

IW-Verteilungsexperte Maximilian Stockhausen sagt im Interview mit der Bild: „Reich sein ist mit einem Stigma verbunden: Man gehört nicht zur Mitte, hat sich nach oben abgesetzt. Das will niemand ‒ Geld haben dagegen schon. Die Menschen vergleichen sich ja mit dem, was in ihrem Umfeld passiert: Was haben meine Nachbarn, Verwandten, Freunde, was habe ich. Daraus folgt in der Regel die Selbsteinschätzung, normal zu sein ‒ und nicht arm oder reich.“

Ein Studium lohnt sich nach wie vor

Der Besuch einer Universität hat Auswirkungen auf den Geldbeutel. Akademiker haben eine besonders hohe Chance, die oberen Bereiche der Einkommensverteilung zu erreichen. Derweil haben Personen, die keinen Bildungs- oder Berufsabschluss haben, schlechtere Chancen. Im Schnitt liegen sie nur knapp oberhalb des ärmsten Viertels der Bevölkerung. Auch Alleinerziehende haben mit einem mittleren bedarfsgewichteten Nettoeinkommen von 1.309 Euro weniger Geld als ein typischer Single. Die Nettoeinkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen fallen dagegen eher gering aus.

Auch der Wohnort ist entscheidend

Landbewohner stehen im Vergleich zu Stadtbewohnern schlechter da ‒ ihr bedarfsgewichtetes Medianeinkommen ist um 116 Euro geringer. Außerdem macht es einen Unterschied, ob man im Osten oder im Westen Deutschlands lebt. Mit 2.839 Euro netto gehört ein Single im Osten zu den Top zehn Prozent, in Westdeutschland zählt man damit zu den Top 20. Kaufkraftunterschiede bleiben bei diesem Vergleich allerdings unberücksichtigt. Neben dem Wohnort spielt die Wohnung eine wichtige Rolle. „Wer im Eigenheim wohnt, findet sich oftmals im oberen Bereich der Einkommensverteilung wieder“, sagt Studienautorin Judith Niehues. Das bedarfsgewichtete Medianeinkommen der Mieter beträgt 1.493 Euro, bei den Eigentümern liegt es bei 2.252 Euro.

 

Bild: IW Medien GmbH

 

Quelle | IW-Kurzbericht ‒ hier

Quelle: ID 46077921