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  • · Nachricht · Außergewöhnliche Belastung

    Prozesskosten ‒ Begriff der Existenzgrundlage umfasst auch immaterielle Lebensgrundlage

    | Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind ab VZ 2013 gemäß § 33 Abs. 2 S. 4 EStG nur noch dann zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zugelassen, wenn es sich um Aufwendungen handelt, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Im Zusammenhang mit Scheidungsprozesskosten hatte der BFH kürzlich entschieden, dass als Existenzgrundlage i. S. des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen zu verstehen ist ( BFH 18.5.17, VI R 9/16, BStBl. II 17, 988). Das FG Düsseldorf hat aktuell entschieden, dass in bestimmten Konstellationen der Begriff der Existenzgrundlage auch die immaterielle Lebensgrundlage umfassen kann (FG Düsseldorf 13.3.18, 13 K 3024/17 E, EFG 18, 838; Rev. BFH VI R 15/18, Einspruchsmuster ). |

     

    Im zugrunde liegenden Streitfall ging es um Aufwendungen für einen Familienrechtsstreit über das Umgangsrecht eines Vaters mit seinem Kind. Die getrenntlebende Kindesmutter des Steuerpflichtigen hatte die etwa 2 Jahre alte Tochter nach Südamerika entführt. Nach Auffassung des FG berührt der vom Steuerpflichtigen wegen seines Umgangsrechts und der Rückführung der Tochter nach Deutschland geführte Rechtsstreit nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung den Kernbereich menschlichen Lebens. Die Betroffenheit des Kernbereichs menschlichen Lebens sei als Bedrohung der Existenzgrundlage zu begreifen, weil der bei einem Kind wie bei den Eltern vorhandene Wunsch nach gegenseitiger Liebe und Nähe ein elementares menschliches Bedürfnis ist. Die Aufwendungen für die Führung des Rechtsstreits (Prozesskosten) seien danach auch zwangsläufig i. S. des § 33 EStG erwachsen. Ohne ein Umgangsrecht mit der Tochter und ohne deren Rückführung nach Deutschland wäre die (immaterielle) Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen gefährdet.

     

    PRAXISTIPP | Zwar handelt es sich im Streitfall um eine extreme Fallkonstellation. Gleichwohl drängt sich die Frage auf, ob die Urteilsgrundsätze zum Kernbereich des menschlichen Lebens und zur immateriellen Lebensgrundlage nicht auch auf weitere Fallgruppen zu übertragen sind (z. B. Sorgerechtsstreitigkeiten). Das FG hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob Aufwendungen für die Führung eines den Kernbereich des menschlichen Lebens berührenden Rechtsstreits über das Umgangsrecht eines Vaters mit seinem Kind und die Rückkehr des von der Mutter ins Ausland entführten Kindes nach Deutschland als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 2 S. 4 EStG abzugsfähig sind. In vergleichbaren Konstellationen sollte bis zur Klärung der Reichweite des Begriffs der immateriellen Existenzgrundlage Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

     
    Quelle: ID 45373281