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Begriff der erstmaligen Berufsausbildung bei Jurastudium nach Ausbildung zum Diplom-Finanzwirt
| Nach Auffassung des FG Düsseldorf ist die erfolgreiche Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin (im Streitfall: im Rahmen eines dualen Studiums bei der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen) als eine abgeschlossene Erstausbildung einzustufen. Ausreichend für diese Einstufung soll sein, dass die Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin kein integrativer Teil einer weitergehenden einheitlichen Ausbildung, also keine typische Zwischenstufe darstellt, sondern eine abgeschlossene Qualifikation beinhaltet, die die Basis für eine qualifizierte Berufsausübung bietet, wobei die anschließende Berufstätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung die wirtschaftliche Existenz auch während der Studienzeit absichert und Berufserfahrung ermöglicht, die im Lebenslauf auch ein eigenes Gewicht hat. Dass ein enger zeitlicher und auch sachlicher Zusammenhang zwischen der dualen Ausbildung in der Finanzverwaltung und dem anschließenden Jurastudium besteht, das Jurastudium keine berufliche Fortbildung oder berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme darstellt, und sich im konkret zu beurteilenden Fall nicht ableiten lässt, dass die Tätigkeit als Steuerinspektorin im FA die Hauptsache und das Jurastudium (mit Schwerpunkt Steuerrecht) die Nebensache darstellt, soll danach unerheblich sein (FG Düsseldorf 14.6.21, 9 K 370/21 Kg; Rev. BFH III R 22/21, Einspruchsmuster ). |
Nach der Rechtsprechung des BFH können mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG zusammenzufassen sein, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden soll. Hierfür müssen objektive Beweisanzeichen vorhanden sein. Es ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Abschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Dabei kommt es darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden (BFH 3.7.14, III R 52/13, BStBl. II 15, 152). Keine Zusammenfassung findet statt, wenn eine berufspraktische Tätigkeit Voraussetzung für die Aufnahme (nicht: Abschluss) des zweiten Ausbildungsabschnitts ist oder wenn das Kind nach dem ersten Ausbildungsabschnitt eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung dient (BFH 4.2.16, III R 14/15, BStBl. II 16, 615). Diese Rechtsprechung hat der BFH im Urteil vom 11.12.18 (III R 26/18) weiterentwickelt: Danach ist eine einheitliche Erstausbildung nicht mehr anzunehmen, wenn die von dem Kind aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und sich die weiteren Ausbildungsmaßnahmen als eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen.
PRAXISTIPP | Da das FG Düsseldorf die Revision zugelassen hat, kann der BFH seine Rechtsprechungsgrundsätze im Hinblick auf diese sehr praxisrelevante Sachverhaltskonstellation hin überprüfen. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sind in vergleichbaren Fällen Einspruch und ggf. Klage geboten. |