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Benutzung eines Privat-Pkw auf Dienstreisen trotz Dienstwagengestellung
| Das FG Niedersachsen (18.9.24, 9 K 183/23; Rev. BFH VI R 30/24 ; Einspruchsmuster ) hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der auf Dienstreisen seinen Privat-Pkw einsetzt, die tatsächlichen Kosten für jeden gefahrenen Kilometer gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a EStG auch dann ansetzen kann, wenn er von seinem Arbeitgeber einen Dienstwagen gestellt bekommt, den er grds. für dienstliche und private Fahrten nutzen kann. |
Im Streitfall hatte der Arbeitnehmer seinen Dienstwagen so konfiguriert, dass er als (einziges) Familienfahrzeug für die Ehefrau des Klägers nutzbar war und tatsächlich auch genutzt wurde. Für Fahrten zu seinem Arbeitgeber und für Dienstfahrten setzte er ‒ nach vorheriger Absprache mit seinem Arbeitgeber ‒ seinen privaten Sportwagen ein. Die Versteuerung des Privatanteils war damit auf die 1 % des Bruttolistenpreises beschränkt. Vergeblich begehrte der Kläger beim FA den Abzug der deutlich höheren tatsächlichen Kosten (2,28 EUR/km) im Rahmen der Reisekosten. Das FA nahm Anstoß daran, dass er für die Dienstreisen einen ihm dafür zur Verfügung gestellten Dienstwagen hätte nutzen müssen und im Übrigen an der Höhe der tatsächlichen Kosten. Das FA sah in diesem Fall die Angemessenheit der Aufwendungen am Maßstab des § 9 Abs. 5 EStG i. V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG nicht mehr gewahrt und wollte mit der Versagung des Werbungskostenabzugs einem Steuersparmodell vorbeugen. Erst beim FG hatte der Kläger Erfolg. Das FG erachtete die Höhe der Kfz-Kosten in Anbetracht der Stellung im Unternehmen des Arbeitgebers und des Verdienstes des Klägers nicht als unangemessen. Die Wahlmöglichkeit des Ansatzes der tatsächlichen Kosten sei gesetzlich ohne Einschränkung vorgegeben.
PRAXISTIPP | In der Tat wird die steueroptimierte Nutzung der Dienstwagengestellung bei gleichzeitigem Einsatz eines Privat-Pkw für dienstliche Belange des Streitfalls kein Einzelfall sein. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a EStG erlaubt dann zwar den Ansatz der tatsächlichen Kosten, regelt aber an sich den Fall, dass jemand ausschließlich einen privaten Pkw beruflich einsetzen kann. Ob dies auch dann gilt, wenn an sich für Dienstreisen ein dienstlicher Pkw zur Verfügung gestellt wird, ist nicht geklärt und war ‒ soweit ersichtlich ‒ noch nicht Gegenstand einer finanzgerichtlichen Rechtsprechung. Im Revisionsverfahren wird der BFH insbesondere zu klären haben, wie die Prüfung der Angemessenheit nach § 9 Abs. 5 EStG i. V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG im konkreten Einzelfall zu erfolgen hat. Zudem ist klärungsbedürftig, welche Bedeutung hierbei dem Umstand beizumessen ist, dass das vom Arbeitgeber dem Kläger für berufliche als auch private Fahrten zur Verfügung gestellte Dienstfahrzeug zu 100 % als Familienfahrzeug von der Ehefrau des Klägers genutzt wurde und nicht für die im Besprechungsfall streitigen Dienstreisen. Bis zur höchstrichterlichen Klärung ist weiterhin mit Widerstand der FÄ zu rechnen. Daher sind in Konfliktfällen der Einspruch und ggf. die Klage unter Hinweis auf die Besprechungsentscheidung geboten. |