Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Keine Bagatellgrenze bei Abfärbung durch Beteiligung an einer gewerblich tätigen Gesellschaft

    | Die Bagatellgrenze gilt nicht für die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG bei Einkünften aus einer Beteiligung einer gewerblich tätigen Gesellschaft i. S. von § 15 Abs. 1 S.1 Nr. 2 EStG (FG Baden-Württemberg 22.4.16, 13 K 3651/13, EFG 16, 1246; Rev. BFH IV R 30/16; Einspruchsmuster). |

     

    Betroffen sind in erster Linie vermögensverwaltende oder freiberufliche Personengesellschaften. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG enthält zwei Fiktionen der vollständigen Gewerblichkeit, wenn die Tätigkeit einer Personengesellschaft nicht schon dem Grunde nach einen Gewerbebetrieb darstellt.

     

    • Seitwärtsinfektion: Sie tritt auf, wenn die Gesellschaft „auch eine Tätigkeit i. S. des. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ausübt.“ Hier gilt eine Bagatellgrenze von 3 % der gewerblichen Nettoumsätze, höchstens 24.500 EUR (BFH 27.8.14, VIII R 6/12, VIII R 16/11, VIII R 41/11). Beispiel: Eine Arzt-GbR erzielt auch Vergütungen aus ärztlichen Leistungen, die in nicht unerheblichem Umfang ohne leitende und eigenverantwortliche Beteiligung der Mitunternehmer-Gesellschafter erbracht werden (BFH 3.11.15, VIII R 62/13, BStBl II 16, 381).

     

    • Aufwärtsinfektion (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG): Hier kommt es zu einer Umqualifizierung von Einkünften aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung oder selbstständiger Arbeit durch die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Gesellschaft i. S. von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG.

     

    Für die Aufwärtsinfektion gibt es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer Bagatellgrenze. Der BFH (26.6.14, IV R 5/11, BStBl II 14, 972) hatte die Frage offengelassen. In der steuerrechtlichen Literatur wird die Frage kontrovers diskutiert. Umstritten ist, ob - aus verfassungsrechtlichen Gründen - eine Bagatellgrenze hier ebenfalls gelten muss und ggf. wann eine Beteiligung von ganz untergeordneter Bedeutung vorliegt. Die Frage hat für die Praxis überragende Bedeutung (so Weiss, DB 16, 2133 ff.).

     

    PRAXISHINWEIS | Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung der Abfärbegefahren sind vorhanden (zur Seitwärtsinfektion siehe etwa Korn, NWB 15, 1042; zur Aufwärtsinfektion vgl. Markl/Zeidler in: Korn, EStG, § 15 Rz. 253). Für den Fall, dass das Problem bei bereits abgeschlossenen Sachverhalten von den Finanzämtern aufgegriffen worden ist, sollten die betroffenen Steuerbescheide bis zur höchstrichterlichen Klärung unbedingt offen gehalten werden.

     

    Sollte zweifelhaft sein, ob die Beteiligungseinkünfte überhaupt gewerblicher Art sind, beachten Sie bitte: Einwände gegen die Art der Beteiligungseinkünfte (als solche aus Gewerbebetrieb) sind in einem Verfahren gegen den Grundlagenbescheid (=Feststellungsbescheid der Beteiligungsgesellschaft) geltend zu machen, nicht im Verfahren gegen den Folgebescheid (= Feststellungsbescheid der vermögensverwaltenden oder freiberuflichen GbR)!

     
    Quelle: ID 44278434