· Nachricht · Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
Belastung einer zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Teilfläche mit einem Erbbaurecht als Zwangsentnahme
| Die neuere Rechtsprechung des BFH macht auf eine Steuerfalle aufmerkbar, die insbesondere für land- und forstwirtschaftliche Verpachtungsbetriebe relevant sein dürfte. Die Bestellung von Erbbaurechten an land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken und die anschließende Bebauung durch die Berechtigten führt danach zur Entnahme der Grundstücke, falls die endgültige Nutzungsänderung mehr als 10 % der Gesamtfläche des Betriebs betrifft (BFH 31.3.21, VI R 30/18, BFH/NV 21, 1232). Das FG Münster (15.9.21, 13 K 2130/17 E, AO; Rev. zugelassen, Einspruchsmuster) hat sich aktuell nun hierzu erstmals positioniert und entschieden, dass es unabhängig von der Realisierung der Bebauungspläne des Erbbauberechtigen zu einer Zwangsentnahme des Grundstücks kommt. |
Ist die vorgenannte Geringfügigkeitsgrenze von 10 % überschritten, kommt es nach Auffassung des BFH für das Vorliegen einer Entnahme regelmäßig nicht auf einen Vergleich der Erträge aus der Vermögensverwaltung und der Land- und Forstwirtschaft oder auf die Anwendung anderer Abgrenzungskriterien an. Höchstrichterlich noch nicht geklärt ist die Frage, ob zur Beurteilung einer Entnahme bzw. einer Betriebsaufgabe durch Belastung eines Grundstücks mit einem Erbbaurecht auf das Vertragskonzept oder auf dessen spätere Durchführung abzustellen ist, wenn das Grundstück entgegen dem Vertragskonzept später nicht bebaut wird.
Nach Auffassung des FG ist unerheblich, dass es tatsächlich nicht zu der vorgesehenen Bebauung (im Streitfall mit Hallen und Gebäuden) kommt. Dieser Umstand sei allein in der Sphäre des Erbbauberechtigten begründet. Für die Beurteilung einer Entnahme gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 EStG komme es jedoch auf die Entnahmehandlung des Betriebsinhabers an. Hierfür sei der Wille des Steuerpflichtigen maßgeblich. Aus diesem Grund kann ‒ so das FG ‒ eine spätere Änderung der Absichten eines Dritten ‒ hier des Erbbauberechtigten ‒ für die Feststellung einer Entnahme nicht von Bedeutung sein. Es komme lediglich auf die Handlung und den Willen des Betriebsinhabers selbst an.
PRAXISTIPP | Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei Erbbaurechtsbestellungen eine Zwangsentnahme nur zu verhindern, wenn die Geringfügigkeitsgrenze unterschritten wird. Das hat der BFH nochmals deutlich gemacht. Zudem hat er klargestellt, dass diese Grenze strikt zu beachten ist. Auch ihr geringfügiges Überschreiten führt zur Zwangsentnahme der erbbaurechtsbelasteten Grundstücke. Auf einen Vergleich der Erträge aus den verschiedenen Nutzungen oder auf die Anwendung anderer Abgrenzungskriterien kommt es für das Vorliegen einer Entnahmehandlung ‒ die Einräumung der Erbbaurechte zur Bebauung der Grundstücke durch die Erbbauberechtigten ‒ und die damit einhergehende Zwangsentnahme nicht an. Die steuerliche Gestaltungspraxis kann dies insoweit nutzen, als Betriebsflächen Jahr für Jahr mit entgeltlichen Erbbaurechten von weniger als 10 % belastet werden, ohne dass eine Zwangsentnahme zu befürchten wäre. Insoweit könnte es jedoch naheliegen, die Fünfjahresgrenze des gewerblichen Grundstückshandels heranzuziehen (Kanzler, FR 11, 771) und damit einer nachhaltigen und dauerhaften Verkleinerung der landwirtschaftlich genutzten Betriebsflächen „entgegenzuwirken“ (vgl. zu dieser Gestaltungsmöglichkeit Geserich, jurisPR-SteuerR 38/2021 Anm. 1). Soweit in bereits eingetretenen Konfliktfällen mit dem FA streitig ist, ob eine Entnahme auch dann vorliegt, wenn der Erbbauberechtigte seine Bebauungspläne nicht umsetzt, sollten die steuerlichen Berater Einspruch einlegen und die weitere Rechtsentwicklung abwarten. |