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  • · Nachricht · Grundsteuer

    Verfassungswidrigkeit der Regelungen des GrStG sowie der Regelungen in dem siebenten Teil des II. Abschnitts des BewG

    | Die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung zur Feststellung des GrSt-Werts für den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.22 erfolgte durch öffentliche Bekanntmachung im BStBl I vom 30.3.22. Danach waren die Erklärungen dem zuständigen FA bis zum 31.10.22 nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung (elektronisches Formular) zu übermitteln. Mittlerweile haben sich die Finanzminister der Länder auf eine bundesweite Verlängerung der Abgabefrist für die GrSt-Feststellungserklärung um drei Monate, also bis zum 31.1.23 verständigt. Da sich die Stimmen mehren, die verfassungsrechtliche Bedenken gegen die GrSt-Reform haben, wird derzeit insbesondere von einigen Verbänden angeraten, Einspruch einzulegen und die Steuerbescheide bis zu einer verfassungsrechtlichen Überprüfung offenzuhalten. Hierzu wird auf das Einspruchsmuster verwiesen. |

     

    Da das Verfahren von der Feststellungserklärung bis zum GrSt-Bescheid verschiedene Besonderheiten aufweist, sind folgende verfahrensrechtliche Besonderheiten zu beachten:

     

    • Nach § 180 Abs. 1 Nr. 1 AO sind die GrSt-Werte nach Maßgabe des BewG gesondert ‒ und ggf. einheitlich ‒ festzustellen. Hierzu ist die Abgabe einer GrSt-Erklärung gesetzlich vorgeschrieben. Im GrSt-Wertbescheid (auf den 1.1.22) wird die Höhe des GrSt-Werts festgestellt werden. Dies setzt denknotwendig eine Entscheidung über die Art der wirtschaftlichen Einheit und bei Grundstücken über die Grundstücksart voraus. Zwingend erforderlich ist auch eine Feststellung über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe ihrer Anteile. Der Bescheid ist darüber hinaus mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

     

    • Mit dem Bescheid über die Feststellung des GrSt-Werts ergeht regelmäßig auch zeitgleich der Bescheid über den GrSt-Messbetrag auf den 1.1.25 (Folgebescheid). In diesem Bescheid wird der GrSt-Messbetrag durch die Multiplikation das GrSt-Werts mit der Steuermesszahl festgesetzt. Der GrSt-Messbetrag ist lediglich die Bemessungsgrundlage für die GrSt, die von der Gemeinde (bzw. in den Stadtstaaten vom FA) mit einem gesonderten GrSt-Bescheid festgesetzt wird. Auch dieser Bescheid ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.

     

    • Nach § 182 Abs. 1 S. 1 AO sind Feststellungsbescheide, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar geworden sind, für Folgebescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Es handelt sich insoweit um einen Grundlagenbescheid nach § 171 Abs. 10 S. 1 AO. Es ist nicht erforderlich, dass der Feststellungsbescheid rechtmäßig ist, d. h., die Bindungswirkung besteht auch dann, wenn feststeht, dass der Grundlagenbescheid (GrSt-Wertbescheid) rechtswidrig ist. Hieraus folgt, dass der GrSt-Wertbescheid mit dessen wirksamer Bekanntgabe Bindungswirkung für den GrSt-Messbescheid nach § 184 Abs. 1 AO entfaltet. Der GrSt-Messbescheid ist dabei einerseits Folgebescheid zum GrSt-Wertbescheid, gleichzeitig aber wiederum Grundlagenbescheid für den GrSt-Bescheid auf den 1.1.25 (Hauptveranlagungszeitpunkt). Die Gemeinde multipliziert dabei den GrSt-Messbetrag mit dem von ihr festgelegten gemeindlichen Hebesatz und setzt die GrSt letztlich betragsmäßig fest.

     

    Bei der Anfechtung mit dem Einspruch ist die vielfach übersehene Regelung des § 351 Abs. 2 AO zu beachten. Danach können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden. Einwendungen gegen den festgestellten Wert des Grundstücks können daher nur! in einem Einspruchsverfahren gegen den GrSt-Wertbescheid bei dem Finanzamt, das den GrSt-Wertbescheid erlassen hat, geltend gemacht werden. Derartige Einwendungen können nicht im Einspruchsverfahren gegen den GrSt-Messbescheid (Folgebescheid zur Feststellung des GrSt-Werts bzw. Grundlagenbescheid für den GrSt-Bescheid) und schon gar nicht gegen den GrSt-Bescheid erhoben werden.

     

    Da der wegen der verfassungsrechtlichen Bedenken allein in Betracht kommende GrSt-Wertbescheid nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) erlassen wird, bleibt insoweit nur der Einspruch gegen diesen Bescheid innerhalb der Einspruchsfrist.

     

    Beachten Sie | Soweit ersichtlich ist aktuell am 7.12.22 bereits eine erste (Muster-)Klage des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg gegen die GrSt- B in Baden-Württemberg beim dortigen FG eingereicht worden. Diese Sprungklage, deren Wirksamkeit noch von der Zustimmung des FA abhängt, wird beim FG unter dem Az. 8 K 2368/22 geführt. Die GrSt B im neuen GrStG Baden-Württemberg gilt für Miet- und Geschäftsgrundstücke, Häuser, Gebäude auf fremden Grund und Boden, Wohnungseigentum und auch Teileigentum sowie Erbbaurechte. Daher sollte ein Antrag auf Ruhen des Verfahrens gegen die angefochtenen GrSt-Wertbescheide bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Musterklage(n) gestellt werden.

    Quelle: ID 48967889