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  • · Nachricht · Kindergeld

    Kindergeld für ein erkranktes, aber weiterhin ausbildungswilliges Kind

    | Ist ein Kind ausbildungswillig, aber zeitweise wegen einer Erkrankung nicht in der Lage, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen, ist es ebenso zu behandeln wie ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, einen solchen aber nicht findet und deshalb nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist das FG Hamburg aktuell der Dienstanweisung der Familienkassen entgegengetreten, wonach es erforderlich sein soll, dass eine Erklärung des Kindes, aus der sich ergibt, dass das Kind plant, sich nach seiner Genesung zum nächstmöglichen Ausbildungsbeginn zu bewerben, bereits vorab vorgelegt wird (FG Hamburg 31.7.18, 6 K 192/17, Rev. BFH III R 49/18, Einspruchsmuster ). |

     

    Nach Auffassung der Familienkassen setzt die Kindergeldgewährung während des Zeitraums einer Erkrankung des Kindes voraus, dass diese Erkrankung und das voraussichtliche Ende der Erkrankung durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen werden. Nach Ablauf von sechs Monaten ist eine solche Bescheinigung danach zu erneuern. Zudem muss das Kind schriftlich gegenüber der Familienkasse erklären, dass es sich nach der Genesung zum nächstmöglichen Ausbildungsbeginn bewerben will bzw. die Ausbildung fortführen wird. Im Streitfall hatte der Kläger zwar behauptet, dass sein Sohn im streitigen Zeitraum ausbildungswillig gewesen sei. Erklärungen, die eine solche Absicht glaubhaft machen, wirken nach Auffassung der Familienkasse jedoch erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs der schriftlichen Erklärung bei der Familienkasse. Eine rückwirkende Kindergeldgewährung wurde danach abgelehnt.

     

    Erst das FG Hamburg sah das anders. Die Ausbildungswilligkeit während der Krankheit sei unabhängig vom Zeitpunkt des Einreichens der Erklärung des Kindes, sich nach seiner Genesung zum nächstmöglichen Ausbildungsbeginn zu bewerben, vom Gericht zu beurteilen. Im Übrigen sei es nicht schädlich, dass das voraussichtliche Ende der Erkrankung zunächst vom Arzt nicht mitgeteilt wurde. Eine solche Erklärung ist gerade bei psychischen Erkrankungen oft nicht möglich. Dies könne nicht zulasten des Kindergeldberechtigten gehen. Auch Erkrankungen, die länger als sechs Monate dauern, führen ‒ entgegen der Auffassung der Familienkassen ‒ nach Auffassung des FG nicht zwangsläufig zur einer Versagung der Kindergeldberechtigung gemäß § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 c EStG.

     

    PRAXISTIPP | Unterbrechungen von Berufsausbildungen durch eine länger andauernde Krankheit eines Kindes oder ein zeitweises Unterbleiben ernsthafter Bemühungen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz infolge Krankheit führen immer wieder zu Streitigkeiten über die Kindergeldberechtigung während der Dauer der Erkrankung. Für ein über 18 Jahre altes Kind besteht nach Auffassung des FG Rheinland-Pfalz (20.2.18, 2 K 2487/16) ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es seine Ausbildung wegen einer Erkrankung unterbrechen muss. Das FG Hamburg sieht das nun auch so, wenn eine Erkrankung der Grund das Unterbrechen der Ausbildungsplatzsuche ist. Da weiterhin mit einer restriktiven Handhabung durch die Familienkassen zu rechnen ist, sollten betroffene Ablehnungsbescheide mit dem Einspruch angefochten und ‒ unter Hinweis auf das anhängige Revisionsverfahren ‒ das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

     
    Quelle: ID 45601691